Elias
Die Drachenschuppen in Elias Nacken begannen aufzuleuchten, als er die Gefahr roch. „Zane, lass uns gehen….“ versuchte er noch einmal den Kontakt zu dem Menschen zu bekommen und die Eskalation abzumildern. Noch immer rieb er sich die schmerzende Faust und als sein Blick die roten Knöchel seiner Hand fokussieren wollte, spürte er deutlich den Alkohol, den er bereits intus hatte.
„Das Zeug fährt ganz schön ein…“ dachte er sich, als er bei der wenigen Bewegung einen halben Schritt zur Seite wankte. Die kraftvolle und schnelle Bewegung vorhin, als er seine Faust an Zanes Kinn platziert hatte, war mit seinem angeschlagenen Gleichgewichtssinn nicht gerade kompatibel.
So versuchte Elias sein Schwindelgefühl zu ignorieren und seine verbliebenen Sinne auf Zane zu richten. Er ärgerte sich, dass er zum einen nicht schlauer und zum andern nicht vorsichtiger gewesen war. Wer war Zane? Woher kam der Junge überhaupt? Von welchem Volk stammt er ab? Diese Fragen hätte er sich schon viel früher stellen sollen, ehe er mit dem Fremden einen Spaziergang in ein offensichtlich bedrohliches Gebiet unternahm. Wieder dachte Elias an Gareth. Er wußte wer er war. Er hatte es sofort bemerkt, auch wenn ihm die unverholene Neugier, die der Halbvishap ihm entgegen brachte genervt hatte. Dennoch hatte er bei Gareth gewußt, dass sie eine Gemeinsamkeit hatten, dass sie etwas verband. Doch Zane?
„Wo ist Gareth?“ fragte Elias den Menschen,… sofern er denn überhaupt ein Mensch war... Dann blickte sich der Vishap um, wobei er sich zwingen mußte, seinen Blick von Zane zu lösen. Irgendetwas ging mit dem Typen vor. Elias konnte nicht genau sagen, was es war, denn im Moment war er nicht in der Lage einen rationalen Gedanken zu fassen. Als sein Blick die verblassenden Schatten streiften, hinter denen Gareth lag, glaubte Elias den Fuß des Halbvishaps erkennen zu können. Oder war das nur ein Teil des Schattens?
Er war gerade dabei, seine Augen zu verengen und die Stelle zu fokussieren, als er eine fremde und doch vertraute Stimme vernahm. Elias folgte irritiert der Stimme und sah, wie Zanes Lippen sich synchron zu den gesprochenen Worten bewegten. Hätte er es nicht mit eigenen Augen gesehen, hätte er gewettet, dass noch jemand anders hier anwesend war, der das Wort ergriffen hatte.
Elias ging einen weiteren Schritt zurück. War es wirklich Zane, oder war es diese Umgebung, die diese Veränderung in dem Menschen hervorgerufen hatte. Eigentlich wollte er das nicht genauer ergründen und spielte sogar mit dem Gedanken sich in seine Gestalt des Drachens zu verwandeln, sich Gareth zu schnappen und abzuhauen, doch die kratzige und dunkle Stimme hatte den Vishap erschaudern lassen und lähmte nun seine Gliedmassen.
Als sich der fremde Zane bei ihm entschuldigte, erwiderte Elias nichts. Er versuchte die Lage zu begreifen, was vergeblich war.
Schizophren? schoss es ihm durch den Kopf und ließ seine Augen über Zanes Körper wandern. Dabei war ihm nicht klar, wie nah er der Sache mit seinem Verdacht kam. Elias folgte dem schnellen Blick, den der fremde Zane einem Schatten zu warf, doch Elias erkannte an dieser Stelle nichts, doch sein Gefühl sagte ihm ganz etwas anderes, was sein Gesicht noch mehr verfinstern ließ. Er hatte keine Ahnung wer sich dort verbergen mochte, doch das es ihm nicht gut gesinnt war, stand ausser Frage.
„Sag mal hast du sie noch alle?“ fragte Elias, mit viel mutigerer Stimme, als er es von sich erwartet hatte. „Was soll der Scheiss mit Astaroth? Lass die Spielerei und lass und endlich mit dem Scheiss aufhören“ meinte er und deutlich erkannte man an seiner Wortwahl, wie unsicher Elias geworden war. Sein Blick folgte der Geste, die Astaroth tief verbeugen ließ und da fiel dem Vishap plötzlich auf, dass nicht wie gewöhnlich das Amulett von Zanes Hals baumelte, sondern das es weit entfernt im schwarzen Gras lag.
Elias hatte erneut was sagen wollen, doch als sein Blick am Amulett hängen blieb, schien ihm endlich ein Licht aufzugehen. Auch wenn es nur ein schwaches Licht war. Irgendetwas hatte es mit dem Amulett auf sich, aber was? Während Astaroth etwas über Freiheit sagte, blickte Elias zurück zu dem Halbdämon. Was sollte das heißen, er wäre die dämonische Seite in Zane? Die Handbewegung bemerkte Elias nicht, doch den aufkommenden Wind schon. Seine, vom Alkohol gehemmten, Reflexe reagierten zu spät und schon lag diesmal Elias auf dem Boden, wobei er bemerkte dass sich das schwarze Gras merkwürdig anfühlte, fast wie Gummi. Verletzt hatte er sich, dank des Grases nicht, doch sein gestörter Gleichgewichtssinn verhinderte es, dass er schnell wieder auf die Beine kam.
Benommen schüttelte er den Kopf und fasste sich an seine Haare. Er mußte nüchtern werden. Jetzt. Doch er wußte, dieser Wunsch war vergeblich und vielleicht war es so sogar besser, dachte er sich. Wenn er betrunken war, war er auch nicht wehleidig und wenn sich dieser Astaroth noch lange mit ihm spielen würde, dann würde er den Drachen in ihm kennen lernen. „Dich weg gesperrt? Wieso das denn, du scheinst ja ein sehr liebenswerter Typ zu sein….“ meinte Elias ironisch, als er Astaroth Stimme nah an seinem Ohr hörte. Noch etwas, was dem Alkohol zu zurechnen war: Jetzt wo die Bedrohung unausweichlich war, konnte Elias mit der Situation wie gewohnt ironisch und etwas anstfreier umgehen.
Elias mühte sich immer noch damit ab, sich aufzurichten. Er lag auf der Seite und versuchte nun sich auf den Bauch zu rollen, um sich dann auf alle viere hochzustemmen, doch kaum hatte er sein erstes Ziel erreicht, spürte er plötzlich ein kraftvolles Zerren an seinem Kragen. Wie ein Hund kam er sich vor, der am Nacken hochgezogen wurde und um sich schlagend versuchte er sich aus dem Griff zu befreien. Das er ins Leere schlug, ließ ihn erneut etwas erschaudern, denn die Geste, die er an seinem Nacken vermutete, sah er einige Schritte entfernt durch Zane ausführen. „Lass das!“ fauchte er ihn wütend an und drehte sich gegen die unsichtbare Hand, bis er spürte, dass er wieder frei war. Elias fuhr sich mit seiner Hand in den Nacken und spürte tatsächlich schmerzhafte Dellen, die wohl von Fingern stammten.
„Spiel nur mit mir…“ grollte es tief aus Elias heraus. Der Drache in ihm war geweckt worden, doch noch sah Elias keinen Grund, sich zu verwandeln. „Aber an deiner Stelle würde ich etwas vorsichtiger sein und mich nicht unterschätzen, wenn du nicht noch mehr Schmerzen von mir spüren willst.“ grollte diesmal er bedrohlich weiter und innerlich nickte sich Elias selbst zufrieden zu, selbst er hätte seinen Worten geglaubt, so überzeugt kamen sie über seine Lippen. Noch während er zufrieden mit seinen Erwiderungen war, spürte er erneut, wie es ihn von den Beinen hob. Doch diesmal ging es höher hinaus und Elias ruderte hilflos mit den Armen, bis er schmerzhaft gegen einen Schatten knallte, der die Höhe und die Form einer Kletterwand hatte.
Elias rutschte benommen daran herunter und landete unsanft erneut in dem gummiartigen Gras. Die Wucht des Aufpralls hatte ihm jegliche Luft aus der Lunge gepresst, sodass er jetzt vornüber gekippt schmerzvoll nach Atem rang. Seine Rippen schmerzten beim Einsaugen der Luft und automatisch hielt er sich seinen Brustkorb fest, während er zu Zane aufblickte. Oder besser gesagt zu Astaroth. Kaum dass er Luft holen konnte, so brauchte Elias nicht einmal daran denken Astaroth irgendeinen Fluch entgegen zu schleudern, um ihn zu beschimpfen. Deshalb sahen seine Augen ihn nur zornerfüllt an. Was erlaubte sich der kleine Wicht eigentlich, ihn! Einen Vishap! Durch die Luft segeln zu lassen? Erneut grollte sein innerer Drache wütend und verlangte nach der Verwandlung, doch Elias sah Astaroth grinsend auf sich zukommen und die Verwandlung würde jetzt zuviel Zeit benötigen. Er wollte Rache. Jetzt, nicht erst nach Minuten.
Elias nahm seine Hand vom Brustkorb und machte eine schleudernde Geste in Richtung Zane. Mit dieser Geste stieß nun er Zane von sich weg, um Zeit zu gewinnen und achtete gar nicht so darauf, wie weit seine Telekinese Zane zurückstolpern ließ, und ob es überhaupt eine Wirkung zeigte. Dann erhob er sich, zwar mühseelig, aber nun motivierter als zuvor und wollte zum nächsten Angriff setzen. Er fühlte bereits die elektrischen Impulse in ihm, die er sammeln und in Form eines oder sogar mehreren Blitzen auf Zane nieder gehen lassen wollte, als ihm einfiel, dass hinter Astaroth immer noch Zane steckte. Zane war ihm nicht besonders sympathisch, aber soviel hatte er mittlerweile begriffen, er war unschuldig.
Elias hielt seinen Blitz zurück, den er direkt auf Zane einjagen lassen wollte, stattdessen entschied er sich den grellen Blitz nur dicht vor Zane sich entladen zu lassen. Gleissend schlug er in den Boden ein. Verästelungen sprühten um den Hauptblitz umher und versenkten lediglich Zanes Haare an den Armen. Ein Surren war deutlich zu vernehmen und ließ erahnen, wieviel Kraft in dem Blitz vorhanden war, der nun zwar nicht lähmte, aber zumindest Zane für einige Zeit blenden sollte.
„Ich und rennen? Ein Drache rennt nie!“ spie er dem Halbdämon entgegen, nun seine eigene Kraft spürend und selbstsicher wie eh und je. Er wußte, dass er Astaroth nun seine Herkunft verraten hatte, aber genau darauf hatte er es auch angelegt. Er hoffte, dass Astaroth auch ihm verraten würde, wer und vorallem was er überhaupt war, denn auch wenn Elias sich mutig fühlte, sein Herz fürchtete das Unbekannte und der Halbdämon hatte so einiges furchterregendes an sich.
@Imari, ich hoffe das passt für dich so!