• Willkommen auf Traumfeuer.com!
    Registriere Dich kostenlos und mach mit bei Fanart, Fanfiction, RPGs, Rollenspielen und Diskussionen zu Serien/Filmen/Kino

[NCIS] A Heart as cold as Ice

[NCIS] A Heart as cold as Ice - Chapter 6 Part I "Christmas Memories"

Hier kommt endlich die erste Hälfte des neuen Kapitels.
Ich wünsche euch wie immer viel Spaß.

LG Claudia


ncisff3106.jpg


Singing Carols, stringing Popcorn, making Footprints in the Snow,
Memories, Christmas Memories, they're the sweetest ones I know.
Cookies taking in the Kitchen, calls in Rhythm everywhere,
Proxies, Christmas Memories, float like Snowflakes in the air.

Oh, the Joy of waking Christmas Mornings, the Family round the Tree,
We had a Way of making Christmas Morning as merry as can be.

'Christmas Memories' - Frank Sinatra


Christmas Day, December 25th 1976
Huntington Bay, Long Island, New York


Das gedämpfte Glockengeläut der nahe gelegenen Kirche, das den Beginn der Morgenmesse ankündigte, drang durch die geschlossenen Fenster in das Schlafzimmer des kleinen Jungen. Hatten ihn die Aufregung des vergangenen Abends und die Vorfreude auf den kommenden Tag lediglich in einen leichten Schlummer fallen lassen, tat dieses leise Geräusch nun ein übriges, ihn aus seinem Traum, in dem ihn geweihte Vierbeiner auf seiner langen Reise zum Nordpol begleiteten, zu wecken. Mit einem herzhaften Gähnen vertrieb er den letzten Sand aus seinen Augen, bevor er mit einem Ruck entschlossen seine kuschelige Decke zurück schlug, um dann seine Beine aus dem Bett zu schwingen. Seine nackten Füße tasteten auf dem flauschigen Teppichboden nach den warmen Hausschuhen, die seine Mutter am Abend, ehe sie ihm eine ihrer Gute-Nacht-Geschichten erzählt, akkurat zurecht gerückt hatte. Schon immer war ihre Ordnungsliebe ein wenig übertrieben gewesen, eine Ordnungsliebe, die er noch nie geteilt hatte, von der er jedoch zum Glück zumeist verschont blieb. Dennoch hatten weder er noch sein Vater es sich jemals nehmen lassen, sie hin und wieder mit diesem kleinen Tick aufzuziehen, eine Tatsache, die sie immer wieder dazu brachte, theatralisch zu seufzen und sich über ihre 'Männer' zu beschweren.
Mit einem Griff nahm er seinen dicken Bademantel von der Lehne des Stuhl in der Ecke des Raumes und zog sich diesen über, da so früh am Morgen noch die Kälte der vergangenen Nacht in der Luft des riesigen Hauses hing. Die Heizung würde vermutlich erst in der nächsten Stunde für angenehme Temperaturen sorgen, doch so lange konnte und wollte er nicht mehr warten, davon hätte ihn schon seine Neugier abgehalten. Eilig öffnete er die schwere Holztür, die ihn in sein Kinderzimmer und dann in den Korridor des Obergeschosses führen würde, bevor er durch diese hindurch huschte. Ohne auf die Spielsachen zu achten, die mehr oder weniger chaotisch auf dem Fußboden verstreut lagen und bisher noch nicht dem Wunsch seiner Mutter nach Ordnung zum Opfer gefallen waren, durchquerte er den Raum, um kurz darauf in den Flur zu treten. Sein Weg führte ihn zielstrebig zu seiner Seite der weitläufigen, von einem gläsernen Dach überspannten, Galerie, die dieses in ein imposantes Atrium verwandelte, durch das der silberne Schein des Mondes das Innere des Hauses in ein sanftes Licht tauchte. Flink lief er die breiten mit Marmor bekleideten Stufen des rechten Treppenlaufs hinab, der sich nach wenigen Schritten mit dem linken vereinte, der ihn in das Erdgeschoss leitete.
Seine Eltern hatten sich an den Wochenenden und ihren freien Tagen stets ausgebeten, dass im Haus bis neun Uhr morgens Stille herrschte, sodass sie den Schlaf nachholen konnten, den ihnen ihre Arbeit die Woche über geraubt hatte. Aus diesem Grund bewegte sich der Fünfjährige nahezu lautlos über die polierten Marmorfliesen vorwärts, denn für diese unumstößliche Regel bildeten auch die nun beginnenden Feiertage keine Ausnahme. In der Mitte des eindrucksvollen Salons, der sich vor ihm erstreckte, stand ein gewaltiger Christbaum, den er am vergangenen Vormittag gemeinsam mit seiner Mutter mit unzähligen Kugeln und Lichtern geschmückt hatte, die nun in der Dunkelheit leuchteten und ihm den Weg wiesen. Unwillkürlich schweifte sein Blick zu dem antiken Sekretär, der seinen Platz vor einem der großen Fenster gefunden hatte und auf dem er selbst, bevor er zu Bett gegangen war, den traditionellen Teller Kekse und ein Glas Milch für den Weihnachtsmann hingestellt hatte. Wie erwartet, war auf der gebeizten Tischplatte des Möbelstücks das leere Geschirr zurückgeblieben, das lediglich einige Krümel des Gebäcks zierten, eine Tatsache, die nahe legte, dass es Santa Claus geschmeckt hatte.

Auf dem blanken Fußboden vor der dekorierten Tanne, der am Tag zuvor noch vollkommen leer gewesen war, stapelten sich mittlerweile förmlich die vielen großen und kleinen sorgfältig verpackten und verzierten Weihnachtsgeschenke, die unwillkürlich sein Herz höher schlagen ließen. Besonders hatte es ihm dabei ein unförmiges Paket angetan, dessen Umriss jedoch einen Schluss auf den Inhalt zuließ und damit die Ungeduld des Jungen ins Unermessliche steigen ließ. Nach Abwägung der Vor- und Nachteile, nach Abschätzung der eventuellen Folgen seines Handelns entschied er nach einigen Minuten der stillen Betrachtung, nicht länger warten zu können. Niemals hätte er es jedoch gewagt, ohne Beisein seiner Eltern, das farbenfrohe Geschenkpapier zu entfernen, dafür hatte er noch immer viel zu viel Respekt vor dem Weihnachtsmann und dessen wachsamem Auge. Immerhin befand er sich in einem Alter, in dem ein Kind noch nicht von seinen Freunden davon überzeugt worden war, nicht länger an diese Legende zu glauben, weshalb er auch weiterhin an der Tradition festhielt, Milch und Kekse neben dem Christbaum hinzustellen.
Da er nun nicht länger auf die Bescherung warten konnte, würde ihn doch ansonsten die Neugier umbringen, entschloss er sich, die strikte Regel seiner Eltern an diesem Tag außer Kraft zu setzen. „Mum. Dad.“ Sein durchdringender Schrei hallte an den hohen Wänden des Salons wider, schien, sich im gesamten Haus auszubreiten, bevor sein Echo schließlich verstummte. Die folgenden Minuten zogen sich endlos in die Länge, bis er endlich das Geräusch einer sich schließenden Tür vernahm, dem schlurfende Schritte folgten, ehe sein Vater, gefolgt von seiner Mutter, beide in ihre Morgenmäntel gehüllt, am Absatz der imposanten Treppe erschien. Während das Gesicht der jungen Frau ein verständnisvolles Lächeln zierte, konnte er nur mit Mühe ein Gähnen unterdrücken, bevor er seinen Sohn zurecht wies: „Anthony, wie oft habe ich dir gesagt, dass du uns nicht wecken sollst.“ Die sonore Stimme hatte ihren gewohnt strengen Klang angenommen, mit dem er den Jungen stets maßregelte, sodass dieser bei dessen Worten schuldbewusst den Kopf senkte. „Es tut mir sehr leid, Dad.“
Der Angesprochene seufzte bei dieser Entschuldigung kaum hörbar auf, setzte dazu an, etwas hinzuzufügen, als er die Hand seiner Frau beschwichtigend auf seinem Oberarm spürte und sich verwundert zu ihr umwandte. „Lass ihn, Alessandro! Es ist Weihnachten. Und er will endlich seine Geschenke öffnen. Habe ich nicht Recht, Tony?“ Die letzte Frage richtete sie an ihren Sohn, der sie daraufhin mit großen Augen anblickte und als Antwort heftig nickte, was nun auch seinem Vater ein leichtes Schmunzeln entlockte. Immerhin konnte er sich noch sehr gut daran erinnern, dass er selbst als Kind die Bescherung kaum hatte erwarten können, sodass er sich schließlich nachsichtig mit der Ungeduld des Jungen zeigte. Dennoch war er der Ansicht, dass dieser sich an gewisse Regeln zu halten hatte, die er mit der nötigen Strenge durchsetzte, um die Flausen, die hin und wieder dessen Kopf bevölkerten, nicht die Überhand gewinnen zu lassen. Gleichzeitig nahm er zufrieden wahr, dass der Fünfjährige ihn respektierte und achtete, wie er selbst es bei seinem Dad stets getan hatte, ohne jedoch zu vergessen, dass er ihm nicht nur ein Vorbild sondern auch ein Vater sein sollte, was er selbst viel zu selten erfahren hatte.
 
Werbung:
[NCIS] A Heart as cold as Ice - Chapter 6 Part II "Christmas Memories"

So, hier kommt der zweite Teil.
Wie immer wünsch ich viel Spaß.

LG Claudia


Die beiden traten die Treppe nach unten und gingen auf ihren ungeduldig wartenden Sohn zu, um diesen nacheinander in den Arm zu nehmen und ihm ein frohes Weihnachtsfest zu wünschen. Mit dieser Geste war die Bescherung nun offiziell eröffnet, sodass dieser sich förmlich auf die Geschenke stürzte und eines nach dem anderen in die Hand nahm, vorsichtig schüttelte, um dadurch vielleicht auf den Inhalt schließen zu können. Obwohl ihn natürlich die Neugier plagte, gefiel ihm dennoch dieses kleine Ritual, um die Überraschung damit noch ein wenig hinaus zu zögern und seine Freude zu steigern. Doch es dauerte nur ein paar Sekunden, bis er den Entschluss gefasst hatte, die Päckchen endlich von ihren leidigen Verpackungen zu befreien, die zwar schön aussahen, ihm jedoch den Blick in das Innere verwehrten. Lächelnd beobachteten seine Eltern diese Szene, schüttelten hin und wieder den Kopf über ihren ungestümen Sohn und nahmen zufrieden dessen ausgelassene Freude wahr. Der Vater hatte den Arm um seine Frau gelegt, die sich noch immer ein wenig müde an seinen Oberkörper lehnte und die Wärme, die von diesem und dem Bild, das sich ihr bot, ausging, genoss.
Nachdem sich auf der einen Seite das Papier und auf der anderen sowohl Spielsachen als auch Kleidung türmten, wandte der Fünfjährige sich endlich dem interessantesten Geschenk zu, das ihn bereits kurz nach dem Aufstehen in seinen Bann gezogen hatte, denn wie hieß es so schön: das Beste kam zum Schluss. Natürlich hatte ihn der Umriss des unförmigen Pakets schon ziemlich genau wissen lassen, was sich darin befand und dass damit sein größter Weihnachtswunsch in Erfüllung gehen würde, sodass er beinahe ein wenig ehrfürchtig die Verpackung entfernte. Als er schließlich das glänzende Metall des Fahrrades erblickte, begannen seine Augen, förmlich zu leuchten, bevor er eilig aufsprang und seine Eltern stürmisch umarmte. Die große Freude, die sie ihrem Sohn damit hatten machen können, war beinahe Dank genug, sodass der Vater den Jungen auf den Arm nahm und erklärte: „Aber bevor du mit deinem Geschenk nach draußen verschwindest, ziehst du dich erst an und hilfst deiner Mum beim Tisch decken.“ Ein heftiges Nicken war die Antwort, ehe die beiden jeder einen dicken Kuss auf die Wange gedrückt bekamen, der Kleine sich von ihnen löste und im Laufschritt die Treppe nach oben rannte.

Kaum hatte die kleine Familie sich an dem festlich gedeckten Frühstückstisch niedergelassen, als das Geräusch der Klingel die besinnliche Stille des großzügigen Hauses durchbrach. Noch bevor einer der Erwachsenen die Möglichkeit hatte, sich zu erheben, war der Fünfjährige bereits aufgesprungen und nach draußen gelaufen, um ihrem Gast zu öffnen, von dem er glaubte zu wissen, wer dieser war. Stürmisch riss er die schwere Eichentür auf, durch deren Holz gedämpft die letzten Glockenschläge drangen, die vom Ende der weihnachtlichen Morgenmesse kündeten. Als er nur Sekunden später in das verschmitzt grinsende Gesicht seiner besten Freundin blickte, stieg seine Laune ein beträchtliche Stufe an, falls dies in Anbetracht der überaus einträglichen Bescherung überhaupt möglich war. „Liz, endlich.“ Innerlich hatte er in den vergangenen Minuten ungeduldig dem Moment entgegen gefiebert, an dem das Mädchen endlich von seinen Eltern die Erlaubnis bekam, ihn zu besuchen. „Ich habe als Erste die Kirche verlassen, damit ich so schnell wie möglich bei dir bin.“ Der Junge hatte bereits am vergangenen Abend gemeinsam mit seinem Vater und seiner Mutter den Gottesdienst besucht, sodass er den neuen Tag in aller Ruhe hatte beginnen können.
Nun erschien auch die junge Frau im Salon, die mit einer stummen Geste die Freundin ihres Sohnes bat, herein zu kommen, bevor sie dieser die dicke Jacke abnahm, die ihren Platz ordnungsgemäß an der Garderobe fand. „Frohe Weihnachten, Lissy. Möchtest du mit uns essen? Wir wollten gerade mit dem Frühstück beginnen.“ Ein zustimmendes Lächeln breitete sich auf dem Gesicht der Angesprochenen aus, denn gemeinsam mit der Familie am Tisch zu sitzen, versprach nicht nur gute Unterhaltung sondern auch ein wohlschmeckendes Mahl. „Ihnen auch frohe Weihnachten, Mrs. DiNozzo. Ja, ich würde sehr gern mit Ihnen essen.“ Der in der Nacht frisch gefallene Schnee konnte immerhin noch ein wenig länger auf sie warten, um diesen dann in eine ordentliche Schneeballschlacht und einen stattlichen Schneemann zu verwandeln, der für die nächsten Tage die Einfahrt des Herrenhauses schmücken würde. Aus diesem Grund folgte sie den beiden in das Esszimmer, wo sie auch den Vater begrüßte und sich dann an dem langen Tisch niederließ, auf dem eine üppige Auswahl an Speisen bereit stand. Die beiden Erwachsenen sahen sich schmunzelnd an, während sich die Kinder auf das Essen stürzten wie ein Rudel ausgehungerter Wölfe, bevor auch sie sich endlich ihrem Frühstück widmeten.

Die Nordküste Long Islands war an diesem Morgen von einem tiefblauen Himmel gerahmt, an dem die blasse Sonne ungeachtet der eisigen Kälte unermüdlich ihre Strahlen zur Erde schickte, der dieses Bild in eine vollkommene Winterlandschaft verwandelte. In diesem Licht blendete das Glitzern der unberührten Schneedecke, deren letzte dicke Flocken erst in der vergangenen Nacht gefallen waren, jeden Betrachter und ließ diesen unwillkürlich die Augen zusammen kneifen. Hin und wieder entdeckte man Familien, die sich in warme Jacken, Schals und Mützen gekleidet hatten, um die Behaglichkeit ihrer Häuser für einige Zeit zu verlassen und die frische Luft zu genießen, die eisig in ihren Lungen prickelte. Trotz der niedrigen Temperaturen, die typisch für diese Jahreszeit waren, konnte man noch immer das leicht salzige Aroma des Meeres wahrnehmen, dessen leises Rauschen in der Stille dieses Tages weithin zu vernehmen war. Auch die Eltern des Jungen, der noch wenige Stunden zuvor mit großen Augen seine Weihnachtsgeschenke ausgepackt hatte, schlenderten eng aneinander gelehnt, um die Körperwärme ihres Ehepartners zu spüren, über den Schnee bedeckten Strand der nahe gelegenen Küste, während die beiden Kinder einige Meter entfernt noch immer ausgelassen tobten. Das Fahren mit dem neuen Weihnachtsgeschenk hatte bei dieser Witterung beinahe doppelt so viel Spaß gemacht, auch wenn die beiden Fünfjährigen einige blaue Flecke von diesem Vergnügen davon getragen hatten. Dennoch hatte dies ihrem Gelächter keinen Abbruch getan, das über das weitläufige Anwesen gehallt, bevor es in den hohen Bäumen, die die breite Auffahrt säumten, verstummt war. Mittlerweile wachte ein riesiger Schneemann vor dem Eingang des Herrenhauses über die Sicherheit dessen Bewohner vor ungebetenen Gästen, die beabsichtigten die Ruhe ihres Weihnachtsfestes zu stören. Der Vater hatte ihnen geholfen, die großen Schneekugeln, die sie gemeinsam unermüdlich geformt hatten, zu einem stabilen Ganzen zusammen zu fügen, bis die Gestalt ihre Form angenommen hatte. Auch die Mutter hatte ihren Beitrag geleistet und die Kinder mit jenen Utensilien versorgt, die für dieses Vorhaben unerlässlich gewesen waren, sodass bald darauf eine Karotte die Nase des Schneemannes geziert, dunkle Kieselsteine sowohl Gesicht als auch die Knöpfe seines Mantels dargestellt und er einen metallenen Eimer auf seinem Kopf getragen hatte. Mit einem letzten Handgriff hatte die stattliche Figur einen Reisigbesen unter den Arm geklemmt bekommen, bevor die vier zufrieden ihr Werk betrachtet hatten und schließlich von den beiden Jüngsten eine hitzige Schneeballschlacht ausgerufen worden war.
Während die Erwachsenen, in die Betrachtung der idyllischen Landschaft versunken, am Meer entlang spazierten, lagen ein Mädchen und ein Junge nur wenige Meter entfernt nebeneinander im Schnee, blickten still zum Himmel auf, dessen strahlendes blau mittlerweile vereinzelte weiße Schäfchenwolken zierten. Die Abdrücke, die ihre kleinen Körper auf dem Erdboden hinterließen, glichen den Umrissen zweier Engel, die ihre Flügel ausgebreitet hatten, um nunmehr in die Unendlichkeit der Lüfte aufzusteigen. Durch die dicken Wollhandschuhe berührten sich ihre Finger, hatten sich förmlich ineinander verschränkt, während sie in dieser Position verharrten, ohne sich darum zu kümmern, dass die Feuchtigkeit der unter ihrer Wärme schmelzenden Eiskristalle langsam begann, durch ihre Winterkleidung zu dringen. Noch immer schweigend wandten sie einander ihre Köpfe zu, begegneten sich zwei Paar unergründlich grüner Augen, die sich so sehr glichen und doch so verschieden waren. Kein Lächeln zierte ihre kindlichen Mienen, beinahe um den Ernst jener Worte zu unterstreichen, die sie dabei waren auszusprechen, um die Bedeutsamkeit ihres Versprechens zu bekräftigen. „Wir beide gehören zusammen. Für immer.“ „Wir beide. Für immer.“
 
[NCIS] A Heart as cold as Ice - Chapter 7 Part I "Sometimes you can't see"

Und auch hier gibt es ein neues Kapitel.
Viel Spaß beim Lesen!

LG Claudia


ncisff3107.jpg


Sometimes you can't see the other Side.
It's too well hidden for the naked Eye.
One time Lover with his Heart in his Hand.
Two time Loser. A broken Man.

'Cold hearted Man' - AC/DC


Monday, December 4th 2006
Mayfair Lane, Alcova Heights, Washington D.C.


Während Kate sich hastig auf den Rückweg zum Haus begibt, setze ich seufzend meine Sonnenbrille zurück auf die Nase, als könnte ich mich mit dieser vor den neugierigen Blicken meiner Kollegen schützen. Mit einem Griff nehme ich meinen Ausrüstungskoffer mit den gesicherten Beweisstücken an mich, bevor ich ihr in einigem Abstand durch den Wald folge und mich auf eine erneute Zurechtweisung unseres Vorgesetzten gefasst mache. Aber vielleicht können ihn diesmal die von mir entdeckten Spuren ein wenig besänftigen und von einer allzu harten Kopfnuss abhalten, würde doch auch diese meine wirren Gedanken, die noch immer unermüdlich meinen Verstand quälen, nicht dazu bringen, endlich zu verstummen. Beinahe habe ich mich schon mit der Tatsache abgefunden, dass sich wohl daran nichts ändern wird, solange wir die Ermittlungen in diesem Mordfall führen, der Bruchstücke meiner verdrängten Kindheitserinnerungen äußerst schmerzhaft zurück ans Tageslicht zerrt. Damit muss ich wieder einmal auf eine nicht sehr angenehme Art und Weise lernen, dass jedes verborgene Gefühl irgendwann zurück die Oberfläche dringt, mit einer Härte, die die Wunden, die dieses erneut hinterlässt, für lange Zeit daran hindert zu verheilen.
Doch das weitaus größere Problem als meine angeschlagene Psyche wird mit Sicherheit mein Boss darstellen, entgeht es ihm doch niemals, wenn ich mich auch nur eine Kleinigkeit anders verhalte als an jedem anderen Tatort. Es mag mir vielleicht gelungen sein, meine Freundin mehr oder weniger von meiner Geschichte zu überzeugen, sie zumindest vorerst zu besänftigen, doch Gibbs wird sich mit dieser Ausrede unter keinen Umständen begnügen. Vielmehr wird er mich nicht mehr aus den Augen lassen, wird so lange nachbohren und forschen, bis er eine Antwort erhält, die ihn nicht nur zufrieden stellt, sondern von der er auch sicher ist, dass es sich um die Wahrheit handelt. Aber ich werde mich hüten, ihm diese zu liefern, auch wenn ich weiß, dass er mir helfen würde, dass ich mich früher oder später einem Menschen anvertrauen muss. Ich bin von dieser Sache persönlich viel zu stark betroffen, als dass er guten Gewissens zulassen könnte, dass ich weiterhin an diesem Falle beteiligt wäre, eine Tatsache, die ich nicht riskieren kann, dafür ist diese Ermittlung zu wichtig, zu wichtig für mich, meine Seelenheil, im Grunde sogar für meine Familie oder das, was von dieser noch übrig ist.
Mit dieser Vorgehensweise bleibt mir vermutlich eine, vielleicht zwei Wochen mehr, um diesen Schweinehund zu finden, Zeit, in der mein Boss damit beschäftigt sein wird, nicht nur meine Akte sondern auch meine Vergangenheit nach der Wahrheit zu durchsuchen, eine Wahrheit, die er früher oder später finden wird. Doch mir ist dieses später weitaus lieber, verschafft es mir doch einen gewissen Vorsprung bei meinen Nachforschungen, bevor Gibbs schließlich meinen Quellen auf die Schliche kommen wird. Wieder einmal sind meine Überlegungen an dem Punkt angekommen, an dem ich meinem Vater tatsächlich dankbar bin, so absurd dies in meinen Ohren auch klingen mag, dem sein guter Ruf wichtiger war als das Wohlergehen seines einzigen Kindes, das gerade seine Mutter verloren hatte. Doch er sorgte dafür, dass niemand jemals die Wahrheit erfahren würde, dass nicht einmal ich selbst mehr wusste, was genau geschehen war, das hatte die ein oder andere Therapiestunde bei Doktor Hunter erledigt, die mir, seinen Worten nach, lediglich helfen sollte, die schrecklichen Bilder zu verarbeiten. Selbst meinem Boss dürfte es unter diesen Voraussetzungen schwer fallen, in den Tiefen meiner Vergangenheit zu graben und die Wahrheit zu Tage zu fördern.

Während ich mich meinen wirren Gedankengängen hingebe, nehme ich meine Umgebung kaum wahr, sodass erst Kates Feststellung mich aufschreckt: „Du weißt, dass Gibbs dahinter kommt. Früher oder später wird er es herausfinden. Wie sagt Abby so treffend? Er ist wie der Weihnachtsmann.“ Ihre Worte entlocken mir unwillkürlich ein kleines Schmunzeln, habe ich doch nun unweigerlich die Forensikerin vor meinem inneren Auge, die mit ihrer üblichen belehrenden Stimme eine ihrer Weisheiten zum Besten gibt. Sie liebt es, in unsere verwunderten Gesichter zu blicken, während sie uns allen immer wieder von den übernatürlichen Kräften unseres Vorgesetzten erzählt, an die ich hin und wieder gewillt bin zu glauben, denn anders ist sein unbegrenztes Wissen meist nicht zu erklären. Dennoch wandert meine Augenbraue zweifelnd nach oben, als ich meiner Partnerin einen fragenden Blick zuwerfe, auch wenn ich in meinem Inneren nur zu gut weiß, wie Recht sie mit ihrer Warnung hat. So sehr ich auch versuche, diese Tatsache zu verdrängen, ist sie fortwährend präsent, denn sie ist das, was er mich in den vergangenen Jahren stets lehrte.
Nicht nur, dass ich unser Opfer tatsächlich kenne, dass ich die junge Frau mehr als nur gut kenne, viel schlimmer noch verschweige ich meinem Boss die Wahrheit, jene Wahrheit, von der ich weiß, dass diese ihm wichtiger ist, als all die Probleme, die diese birgt. In all der Zeit, die ich mittlerweile für ihn arbeite, Teil seines Teams bin, befreite er mich aus nahezu jeder Zwickmühle, aus jeder Gefahr, und ich weiß, dass er es jederzeit wieder tun würde. Den Umstand, dass ich mich oft genug selbst in diese Misere manövriere, verdränge ich bei dieser Überlegung nur zu gern, halten mir diesen doch meine Kollegen bereits oft genug vor. Aber egal, ob ich selbst wieder einmal zu unvorsichtig oder zu unbekümmert war, gelang es Gibbs jedes einzelne Mal, alles zum Guten zu wenden. Aus diesem Grund habe ich nicht den leisesten Zweifel daran, dass er mein Fehlverhalten auch in diesem Fall wieder gerade biegen würde, egal zu welchen Preis. Dennoch schweige ich weiterhin, kann es nicht über mich bringen, mich ihm zu offenbaren, zu wichtig ist mir diese Ermittlung, wichtig, um meine Schuldgefühle zu beruhigen und damit mein Seelenheil wieder herzustellen.
„Ich werde es ihm bald erzählen“, gebe ich schließlich seufzend zurück, sodass es nun an Kate ist, mich zweifelnd anzusehen, beinhaltet diese Aussage doch im Grunde rein gar nichts. Da ich jedoch keine Anstalten mache, etwas hinzu zu fügen, lässt sie es sich nicht nehmen, mich scharf zu ermahnen und mir damit ihre Meinung in dieser Sache zu verdeutlichen: „DiNozzo.“ Es hätte mir klar sein müssen, dass sie sich mit dieser Antwort niemals zufrieden geben würde, liegt dies doch einfach nicht in ihrer Natur, und dennoch beschwor ich ihre stumme Zurechtweisung herauf. Mit einem kurzen Schulter zucken gebe ich mich deshalb geschlagen, will ich doch nicht schon wieder Auslöser eines Streits sein, nicht nachdem es mir erst heute Morgen schwerlich gelang, den letzten aus der Welt zu schaffen. „Schon gut. Ich werde ihm die Wahrheit sagen. Und zwar bevor er sie selbst herausfindet“, erkläre ich mehr oder minder überzeugend, während ich mir jedoch sicher sein kann, dass meine Partnerin mich bei meinem Wort nehmen wird, sollte ich mich nicht daran halten, denn nun nickt sie zufrieden.

Nachdem unsere kleine Meinungsverschiedenheit ausgeräumt ist, legen wir die letzten Meter erneut schweigend zurück, sodass ich unwillkürlich zurück in meinen wirren Gedanken versinke. Dieser Fall bringt mich dazu, in jeder mehr oder weniger ruhigen Minute in meine Vergangenheit abzutauchen, quält mich doch die Ungewissheit viel zu sehr, als dass ich sie hinnehmen könnte. Mittlerweile akzeptierte ich im Grunde lediglich die Tatsache, eine eher weniger behütete Kindheit gehabt zu haben, als dass ich wirklich erklären könnte, was damals geschah. Auch wenn ich sehr gut weiß, dass ich seit jeher ein Meister der Verdrängung war, ist es dennoch für mich unvorstellbar, dass es möglich sein soll, all diese Jahre vollkommen aus meiner Wahrnehmung auszublenden. Es passt nicht zu mir, dass ich mich damit abfand, dass ich in dem Glauben weiterlebte, dass es besser wäre, mich niemals daran erinnern zu müssen. Ich war noch nie ein Mensch, der Dinge wie diese einfach auf sich beruhen lassen konnte, sodass ich mir im Klaren darüber bin, dass mir wohl einige schlaflose Nächte bevor stehen werden. Es ist für mich wie ein Zwang, sodass mich die Unwissenheit vermutlich bis in meine Träume verfolgen wird, aus denen mich die bruchstückhaften Bilder jener längst vergessenen Zeit aufschrecken lassen werden.
Mein Blick schweift wachsam über die Umgebung des Grundstückes, in dem Versuch, mir nichts entgehen zu lassen und gleichzeitig eine Verbindung in die Vergangenheit herzustellen. Aber es ist mehr das Gefühl der Vertrautheit, das mich an diesem Ort überkommt, als dass ich mich tatsächlich eines früheren Besuches entsinnen könnte. Es war schon immer schwer für mich zu ertragen, etwas nicht zu wissen, doch die Empfindung, etwas erlebt zu haben, das nun in meinem Inneren verborgen ist und möglicherweise auch bleiben wird, ist schier unerträglich. Dass der Druck unter den ich mich damit setze, vermutlich nicht gerade förderlich ist, um meinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, ist dabei nebensächlich, bin ich doch vor allem in diesen Dingen nicht gerade geduldig. Gleichzeitig bin ich mir jedoch sicher, dass es irgendetwas in diesem spießigen Vorstadtidyll geben muss, das mir, wenn auch nur ein klein wenig, bekannt erscheint. Aus diesem Grund bemühe ich mich, etwas vertrautes zu entdecken, und sei es auch nur ein Geräusch oder auch ein Geruch, der mich der Vergangenheit näher bringt.
 
[NCIS] A Heart as cold as Ice - Chapter 7 Part II "Sometimes you can't see"

Hier kommt Teil 2 des 7. Kapitels.
Viel Spaß beim Lesen!

LG Claudia


Der Versuch, meine Erinnerungen an die Oberfläche zurück zu bringen, ist jedoch wenig erfolgreich, zu viel lenkt mich an diesem Ort von meinem Vorhaben ab, sodass ich mit einem leisen Seufzen versuche, mich wieder auf die Gegenwart zu konzentrieren. Keinen Moment zu früh, lässt mich doch bereits Gibbs' ungeduldige Stimme, die plötzlich an mein Ohr dringt, unweigerlich zusammen zucken: „Legt eure Waldsparziergänge gefälligst in eure Freizeit!“ Nur mit Mühe kann ich mir eine sarkastische Erwiderung verkneifen, doch der Tonfall seiner Worte hält mich schließlich davon ab, um die unübersehbar schlechte Laune nicht noch zusätzlich zu verschlimmern. In Augenblicken wie diesem möchte ich nur zu gern, meinem Unwillen über sein Verhalten Luft machen, bemühen wir uns doch immerhin alle, Beweise zu finden, die diese Ermittlung zügig voran treiben. Aber nicht nur der Gedanke an seine Reaktion lässt mich zögern, sondern auch die Tatsache, dass er im Grunde Recht hat, wenn auch die Art seiner Aussage nicht unbedingt anspornend gewählt war, ein Umstand, der ihm jedoch mit Sicherheit egal ist.
Ich werde das Gefühl nicht los, dass die Laune unseres Vorgesetzten in der vergangenen Stunde noch weiter gesunken ist, falls dies überhaupt möglich sein sollte, und frage mich gleichzeitig wie weit der nächste Coffee-Shop wohl entfernt ist. Aber vermutlich bekommt er in dieser Gegend weit und breit keine Gelegenheit, seinen Koffeinpegel auch nur ein wenig anzuheben, sodass wir uns wohl für die nächsten Zeit damit abfinden müssen. Deshalb bleibt mir nichts, als zu hoffen, dass ich ihn nicht bei unserer obligatorischen Zeugenbefragung begleiten muss, wäre doch in dieser Situation ohnehin McGees beruhigende Ausstrahlung viel besser geeignet, um ihn nicht noch stärker zu reizen. Vielleicht würde sich ja eine der Vorzeigehausfrauen in der Nachbarschaft bereit erklären, ihn mit einer Tasse des koffeinhaltigen Gebräus zu versorgen und uns damit von seinem knurrigen Verhalten zu erlösen. Bis dahin ziehe ich es jedoch vor, ihn nicht unnötig gegen mich aufzubringen, immerhin ist ihm vermutlich mein seltsames Benehmen von heute Morgen noch in Erinnerung. Und genau das bedeutet, dass mir demnächst einige unangenehme Fragen bevorstehen werden, Fragen, auf die ich keine Antworten habe, will ich damit nicht meine Vergangenheit offenbaren.

„Ich hoffe, ihr habt etwas gefunden und nicht nur geturtelt“, fügt unser Boss nach einem gewohnt durchdringenden Blick, vornehmlich an mich gewandt, abwartend hinzu. Er war noch nie für seine überaus große Geduld bekannt, aber heute scheint, doch mehr dahinter zu stecken, denn ich glaube beinahe, einen sogar für ihn ungewöhnlichen Unterton aus seiner Stimme heraus zu hören. Aus diesem Grund drängt sich mir die Frage auf, ob mein Verhalten am Tatort der Auslöser dafür war, immerhin bin ich bisher der Einzige, der sich darüber im Klaren ist, dass unser Mörder ein Serientäter ist, und ich weiß, wie sehr unser Boss diese Fälle verabscheut. Aber auch er hat zu viel Erfahrung, ist ein zu guter Ermittler, um nicht zu wissen, dass dieser Schweinehund nicht zum ersten Mal getötet hat, war er doch dafür viel zu organisiert, viel zu gewissenhaft. Nicht nur dass die Planung und Vorbereitung für diese Tat viel Mühe kosteten, ist es auch offensichtlich, dass lediglich ein erfahrener Mörder das Können und gleichzeitig auch die Ruhe besitzt, eine junge Frau in ihrem eigenen Haus zu töten und die Leiche auf diese Weise zu präsentieren, ohne dabei die kleinste Spur zu hinterlassen.
Mit Gewalt presse ich meine Kiefer aufeinander, während ich dem forschenden Blick meines Bosses Stand halte, darum bemüht, kein Knurren von mir zu geben, sodass ich beinahe glaube, ein gedämpftes Knirschen meiner Zähne zu hören. Um keine unnötige Aufmerksamkeit zu erregen, beende ich schließlich mein verbissenes Schweigen und erkläre knapp: „Ich konnte hinter dem Haus einige Fußabdrücke sicherstellen. Außerdem habe ich im Wald Reifenspuren entdeckt.“ Ich weiß, dass diese Ausbeute äußerst dürftig ist, dass wir mit diesen wenigen Hinweisen noch einen steinigen Weg vor uns haben, aber nach meiner angestrengten und zuerst vollkommen ergebnislosen Suche ist dies besser als gar nichts. Dennoch wird sich mein Boss nicht so einfach damit zufrieden geben, denn die Tatsache, etwas zu akzeptieren, widerspricht einfach seinem Wesen. Bereits an seiner Körpersprache glaube ich, seine nächsten Worte ablesen zu können, aus denen mit Sicherheit noch immer der Unmut über mein unangebrachtes Verhalten am Tatort und der für ihn unbekannte Grund dafür zu hören ist.

„Ist das schon alles?“ Obwohl ich diese Frage förmlich erwartet habe, fühlt es sich wieder einmal wie ein Schlag ins Gesicht an, implizieren diese Worte doch die Vermutung, ich hätte meine Arbeit lediglich unzureichend erledigt. Aber wie jedes Mal zuvor ignoriere ich den bitteren Beigeschmack, immerhin habe ich bereits Erfahrung in der Verdrängung unangenehmer Gefühle, und füge stattdessen nachdrücklich hinzu: „Mein Instinkt sagt mir, dass die Spuren etwas mit unserem Mord zu tun haben.“ Noch während ich diese Aussage von mir gebe, bereue ich diese bereits, doch wie so oft konnte ich einfach meinen Mund nicht halten, musste dem Drängen in meinem Inneren nachgeben. Es scheint, als könnte ich seine Gedanken lesen, glaube ich doch zu wissen, was in diesem Moment in seinem Kopf vorgeht, denn er reagiert nahezu jedes einzelne Mal in der gleichen Art und Weise auf diese Worte. Aber obwohl ich seine Erwiderung im Grunde hätte vorhersagen können, zwang mich etwas in meinem Inneren dazu, diese dennoch auszusprechen. Ohne eine Miene zu verziehen, sieht mich mein Gegenüber an, sodass ich das undefinierbare Funkeln in dessen Augen erkennen kann, das ich jedoch zu lange gewohnt bin, als dass es mich einschüchtern würde.
„Sagt er das, DiNozzo?“ Der spöttische Unterton in seiner Stimme ist nicht zu überhören, doch ich reagiere nicht darauf, während sich in meinem Inneren die Wut regt, ist er es doch, der uns stets predigt, auf unseren Instinkt zu hören. Dabei nehme ich nicht einmal wahr, dass das stumme Duell unserer Augen meine Gedanken zum ersten Mal, seit ich mich an diesem Ort befinde, verstummen lässt. Nach einigen endlosen Sekunden ist er es, der sich, ohne ein weiteres Wort an mich, abwendet und im Gehen anordnet: „Befragt die Nachbarin gegenüber! Ich will wissen, wer in diesem Haus ein- und ausgegangen ist.“ Auch unser Boss kennt Wohngegenden wie diese zur Genüge, um zu wissen, dass den Bewohnern nur selten ein Fremder in ihrer Straße entgeht, verbringen doch vor allem die Frauen den größten Teil ihrer Zeit hinter der Gardine oder tratschend am Gartenzaun. Es mag vielleicht ein Klischee sein, aber in den meisten Fällen steckt auch in diesen stets ein Körnchen Wahrheit, verdeutlicht uns unsere Arbeit diese Tatsache doch immer wieder. Mit einem viel sagenden Blick an meine Partnerin begebe ich mich zu unserem Truck, um meine Ausrüstung zu verstauen und dann der Aufforderung unseres Vorgesetzten nachzukommen.

Nur mit Mühe kann ich meinen Zorn kontrollieren, um mir nicht anmerken zu lassen, was Gibbs' Worte in meinem Inneren ausgelöst haben, um vor allem Kate nicht wieder misstrauisch werden zu lassen. Es scheint mir beinahe, als belustige er sich an meinem schlechten Gefühl, das mich unablässig verfolgt, als würde er dieses vollkommen ignorieren. Vermutlich machen mich die Erinnerungsfetzen, die mich langsam aber sicher einholen, ein wenig überempfindlich, aber ich bin es Liz und meiner Mutter schuldig, dass wir diese Ermittlung ernst nehmen, dass wir den Schweinehund endlich fassen. Eigentlich kenne ich meinen Vorgesetzten mittlerweile lange genug, um es besser zu wissen, um zu wissen, dass er, genau wie ich, alles dafür tun wird, um diesen Fall zu lösen. Aber das Wissen, wieder einmal einem Serienmörder auf der Spur zu sein, ist für ihn genauso unerträglich wie für mich und unsere Kollegen. In den nächsten Tagen können wir uns in unserer Verbissenheit überbieten, während ich jedoch stets darauf achten muss, nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, immerhin habe ich die unausweichliche Befragung durch meinen Boss noch vor mir.
„Interessantes After Shave, DiNozzo. Französisch?“ Während ich Augen rollend diese Bemerkung hinsichtlich des an mir haftenden Gestanks ignoriere und genervt darauf warte, dass McGee endlich den Laderaum des Trucks freigibt, der noch dabei ist, seine Ausrüstung im Inneren zu verstauen, sehe ich nachdenklich unserem Teamleiter nach, der sich zielstrebig der Absperrung nähert, um einige Worte mit den Beamten zu wechseln. „Du solltest dich beeilen, Bambino, wenn du Gibbs nicht warten lassen willst“, erkläre ich ungerührt, hat er doch meine Geduld bereits genug strapaziert, während ich meinen Blick nicht von jenem unscheinbaren Haus abwende, in dem mich vor zwei Stunden einer der schlimmsten Augenblicke meines Lebens erwartete. Da ich als Antwort lediglich ein kaum hörbares Brummen erhalte, verziehe ich meine Lippen zu einem breiten Grinsen, denn mein Kollege scheint, noch immer nichts von der wachsenden Ungeduld unseres Bosses und dem damit nahendem Donnergrollen zu bemerken. Von dessen dunkler Miene unbeeindruckt hat er ihm den Rücken zugekehrt, während er geschäftig in seinen Koffern kramt, bevor er diese sorgfältig in den Untiefen des Laderaums verstaut.

„Heute noch, McGee!“ Ein lautes Rumpeln dringt aus dem Inneren des Trucks, gefolgt von einem unterdrückten Fluchen, mit dem sich mein Kollege, die schmerzende Stelle an seinem Kopf reibend, beeilt, der Aufforderung unseres Vorgesetzten nachzukommen. Verfolgt von einem wissenden Blick und einem schadenfrohen Grinsen, lediglich das „Ich habe dich gewarnt.“ verkneife ich mir, hastet er nur Sekunden später einem gereizten Chefermittler nach, der bereits in einem der akkurat gepflegten Vorgärten verschwunden ist. In Momenten wie diesem bin ich froh, wenigstens für einige Zeit aus Gibbs' Schusslinie entkommen zu sein, auch wenn ich nur zu genau weiß, dass diese Ruhe vor dem Sturm nicht lange anhalten wird. Aber nach all den Jahren habe ich gelernt, dass man die Dinge nehmen muss, wie sie kommen und sich nicht lange darüber den Kopf zerbrechen sollte. Aus diesem Grund stelle auch ich meine Ausrüstung in den Laderaum, bevor ich Kate den schwarzen Koffer abnehme und auch diesen verstaue, um daraufhin die Tür mit einem dumpfen Knall ins Schloss fallen zu lassen.
Als ich meiner Partnerin in die Augen sehe, erkenne ich unwillkürlich den missbilligenden Ausdruck darin, den sie mit einem knappen Kopf schütteln noch verstärkt. Aber obwohl sie sich bemüht, kann sie dennoch das belustigte Funkeln in ihrem Blick nicht verbergen, das mir lediglich ein breites Grinsen entlockt. Immerhin lässt sie sich oft genug zu einem meiner kleinen Streichen hinreißen, mit denen ich nur zu gern unserem Bambino das Leben schwer mache und das meine damit gleichzeitig ein wenig aufheitere. Auch wenn sie es niemals zugeben würde, findet sie doch hin und wieder Gefallen an einer an der Tastatur haftenden Hand, ganz zu schweigen von anderen Körperteilen, verbunden mit den überaus unterhaltsamen Verrenkungen unseres Kollegen, um diese wieder zu entfernen. Es gibt eben doch Dinge, die man sich im Laufe einer Beziehung von seinem Partner aneignet, so wie meine notorische Unordnung sich mittlerweile in ein geordnetes Chaos gewandelt hat. Gibbs würde vermutlich wie so oft behaupten, dass ich einen schlechten Einfluss auf seine Agenten habe, aber diese Vorwürfe nehme ich ohnehin zumeist nicht sonderlich ernst, auch wenn sie mich zugegebenermaßen hin und wieder stärker treffen, als mir lieb ist.
 
[NCIS] A Heart as cold as Ice - Chapter 8 Part I "Far away"

Und auch hier gibt es ein neues Kapitel.
Viel Spaß beim Lesen!

LG Claudia


ncisff3108.jpg


This Time, this Place.
Misused, Mistakes.
Too long, too late.
Who was I to make you wait.

'Far away' - Nickelback


Monday, December 4th 2006
Mayfair Lane, Alcova Heights, Washington D.C.


„Dein Duft ist wirklich verführerisch, Tony.“ Der Blick, den meine Partnerin mir bei diesen Worten zuwirft, lässt mich seufzend die Augenbrauen nach oben ziehen, ist mir diese Tatsache doch selbst bereits unangenehm genug. Ganz abgesehen von der Aussicht, mich in diesem Aufzug in das Wohnzimmer einer der spießigen Hausfrauen dieser Straße setzen zu müssen, um ihr Fragen über den Tod meiner besten Freundin stellen zu müssen. Schon jetzt kann ich vor meinem inneren Auge sehen, wie sie bei meinem Anblick pikiert die Nase rümpft, nur um umgehend nach unserer Verabschiedung ihr Sofa zu reinigen. Nicht dass ich etwas auf ihre Meinung geben würde, aus diesem Verhalten bin ich mittlerweile weit heraus gewachsen, aber dennoch bereitet mir dieses Wissen schon im Voraus ein merkwürdiges Gefühl. Im Grunde kann es mir vollkommen egal sein, was unsere mögliche Zeugin von mir denkt, eher im Gegenteil könnte ihr angeekelter Gesichtsausdruck die kleine Blamage wert sein. Deshalb lässt mich nun doch bereits der Gedanke daran, ihr pedantisch geordnetes und hygienisch gereinigtes Haus ein wenig durcheinander zu bringen, innerlich grinsen.
Mit dieser Überlegung wende ich mich meiner Kollegin zu, eine gezwungen freche Antwort auf den Lippen: „Du darfst mich später gern unter die Dusche begleiten, Katie. Immerhin hast du ein Versprechen einzulösen.“ Mein anzügliches Zwinkern entlockt ihr dennoch ein leises Auflachen, während dieses Thema an diesem Ort mich zunehmend unwohler fühlen lässt. Es zieht mich mittlerweile unaufhaltsam zurück in unser Hauptquartier, aber zuvor haben wir noch immer eine Zeugenbefragung vor uns, der ich mich nun umgehend zu widmen gedenke. Je früher wir diesen Besuch hinter uns bringen, desto schneller kann ich diese Umgebung verlassen und komme vor allem auch aus dieser penetrant duftenden Kleidung heraus. Auch die Kälte meiner feuchten Hosenbeine, die sich langsam an meinem Körper nach oben arbeitet, lässt in mir den Wunsch nach einer warmen Dusche wachsen. Ohne es wirklich wahrgenommen zu haben, hat meine Spurensuche in dem Schnee bedeckten Garten auch an mir ihre Spuren hinterlassen, die nun langsam beginnen, sich unangenehm zu rächen.

Während ich vor Kate die Einfahrt entlang gehe, lasse ich nachdenklich meinen Blick schweifen, der an dem gegenüber gelegenen Haus hängen bleibt, sodass es mir beinahe scheint, als wollte die Bewohnerin meine Vorurteile bestätigen. Ihre undeutliche Gestalt zeichnet sich deutlich hinter der Gardine ab, die abrupt in ihre Ausgangsposition zurück fällt, als wir, auf ein stummes Zeichen hin, die ruhige Straße überqueren, um uns dem strahlend weißen Zaun zu nähern, der das Grundstück umgibt. Wenn ich glaubte, Liz' Heim wäre spießig, hatte ich mich nicht in der Nachbarschaft umgesehen, deren akkurat gemähter Rasen in jedem einzelnen Garten der Umgebung die gleiche Höhen aufzuweisen scheint. Der Kiesweg zu der weißen Eingangstür ist von unzähligen grinsenden Keramikzwergen gesäumt, von denen mit Sicherheit jeder einen Namen hat. Bei diesem Anblick schüttelt sich alles in meinem Inneren, doch auch meine Partnerin zieht, eine Tatsache, die ich erleichtert zu Kenntnis nehme, skeptisch eine Augenbraue nach oben. Somit besteht bei uns wohl nicht die Gefahr, dass wir zu einem spießbürgerlichen Paar mutieren, das in seinem Heim eine Horde Katzen beherbergt, auf die ich ohnehin allergisch reagiere, und mit seinen Gartenzwergen spricht.
Als ich meine Hand ausstrecke, um unseren Besuch anzukündigen, nehme ich ein leichtes Zittern meiner Finger wahr, lässt mich doch der auffrischende Wind leicht frösteln. Die nasskalten Stellen an meinen Hosenbeinen haben sich in den vergangenen Minuten weiter ausgebreitet, sodass ich mittlerweile beinahe dankbar dafür bin, die Befragungen, die wir hoffentlich in das Inneres des Hauses verlegen können, durchführen zu müssen. „Alles in Ordnung mit dir“, hakt Kate mit ihrem leicht besorgten Unterton in der Stimme nach, sodass ich mich zu ihr umdrehe und ihr ein stummes Nicken schenke. Bevor ich jedoch in der Lage bin, etwas darauf zu erwidern, zwingt mich ein Kribbeln in der Nase, mich hastig abzuwenden und das heftige Niesen in einem Taschentuch zu ersticken. „Gesundheit.“ Erstaunt sehe ich auf und unvermittelt in die freundlichen braunen Augen einer Frau mittleren Alters, sodass ich, noch immer ein wenig überrascht, lediglich murmelte: „Danke.“ „Wir sind die Special Agents Todd und DiNozzo. NCIS“, übernimmt meine Partnerin meinen Part, während ich mir ein wenig umständlich die Nase putze.

Unser Gegenüber sieht verwundert zwischen uns hin und her, bevor sie uns, ohne ihre Neugier verbergen zu können, fragt: „Geht es um Alyssa Forrester?“ Nun ergreife ich, nach einem unauffälligen Blick auf das Türschild, das Wort: „Dürften wir vielleicht hereinkommen, Mrs. McBright? Wir hätten einige Fragen an sie.“ „Oh, ich bin nicht verheiratet. Aber nennen Sie mich doch bitte Emily“, klärt sie uns lächelnd auf, sodass ich mir ein viel sagendes Nicken nicht verkneifen kann, dessen Grund ihr jedoch zu entgehen scheint. Mit einer einladenden Geste bittet sie uns schließlich, einzutreten, sodass ich meiner Kollegin den Vortritt lasse, um ihr dann zu folgen und die Tür hinter uns zu schließen. Während ich endlich mein Cap absetze, nehme ich aufmerksam die Umgebung in mich auf, betrachte kurz die unzähligen Fotos an den Wänden, die vermutlich die Kinder aus der Nachbarschaft zeigen, deuten doch zumindest die Widmungen auf den Kunstwerken der Kleinen darauf hin. In mir wächst die Vermutung, dass sie oft und gern den Babysitter für die Jungen und Mädchen der Straße spielt, deren Eltern ihre dadurch freie Zeit mit Theaterbesuchen oder anderen ehelichen Aktivitäten verbringen.
Unsere Gastgeberin tritt mit einem Lächeln auf den Lippen neben mich, folgt meinem Blick und betrachtet nun ihrerseits die Bilder, die ihren Flur zieren. Mit einem leisen Seufzen erklärt sie mir nachdrücklich: „Ich passe gern auf die Kleinen auf, um meinen Nachbarn auszuhelfen. Wissen Sie, ich habe keine Kinder und keine Enkel. Sie sind für mich so etwas wie ein Ersatz für eine eigene Familie.“ Nur mit einem stummen Nicken reagiere ich auf ihre Erzählung, während meine Augen weiterhin starr auf die Wand vor mir gerichtet sind. Doch sie scheint, mittlerweile in einer Art sentimentaler Erinnerung gefangen zu sein, sodass sie wehmütig hinzufügt: „Als ich ein junges Mädchen war, glaubte ich, alle Zeit der Welt zu haben. Aber irgendwann war es zu spät. Ich habe den Richtigen gehen lassen, anstatt ihn zu halten. Und nun bin ich allein. Machen Sie nicht den gleichen Fehler!“ Mittlerweile hat sie ihren Blick auf mich gerichtet, sieht mich mit ihren grauen Augen an, die sich in meine Seele zu bohren scheinen, während die letzten Worte nur flüsternd ihre Lippen verlassen. Für einen Moment wende ich mich meiner Freundin zu, die bereits den Flur entlang gegangen ist und unserer Unterhaltung nicht gefolgt zu sein scheint, bevor ich mich erneut um ein wenig Professionalität bemühe.

Viel interessanter als ihr anscheinend großmütterliches Verhältnis zu den Kindern der Nachbarn ist für uns jedoch jenes, das sie zu Alyssa pflegte, dem wir nunmehr versuchen werden, auf den Grund zu gehen. Etwas in meinem Inneren hofft, durch diese Frau auch ein wenig mehr über meine beste Freundin zu erfahren, die mir mittlerweile fremd geworden zu sein scheint. Zu viele Jahre gingen wir getrennte Wege, als dass ich diese Zeit nun so einfach aufholen könnte, aber vielleicht würde es mir auf diese Weise gelingen, mir ihr Andenken erhalten zu können. Während ich noch einmal, tief in Gedanken versunken, meinen Blick über die Bilder schweifen lasse, lenkt mich ein erneut heftiges Kribbeln meiner Nase ab, das mich meiner Umgebung noch eingehender mustern lässt. „Haben Sie zufällig eine Katze?“, hake ich unwillkürlich nach, als sich das unangenehme Gefühl mit jedem Schritt zu verstärken scheint, bevor ein Besucher auf der bunt geblümten Couch im Wohnzimmer bereits eine ausreichende Antwort gibt. „Das ist Carlo“, erklärt die Angesprochene mit einem stolzen Lächeln auf den Lippen, als deute sie in diesem Moment auf ihr Enkelkind anstatt auf einen grauen Kater, neben dem sie sich nun niederlässt und ihre Finger durch dessen kurzes Fell gleiten lässt.
In dem Versuch, das Tier zu ignorieren, dessen Blick ich förmlich auf mir zu spüren glaube, sehe ich mich interessiert in dem gemütlich aber dennoch spießig eingerichteten Raum um. Während in mir eine ungewöhnliche Unruhe herrscht, die mich durch das Zimmer streifen lässt, nimmt meine Partnerin auf einem der Sessel gegenüber des Sofas Platz. Mittlerweile fühle ich nicht nur die Augen des Katers auf mir ruhen, sondern auch die der beiden Frauen, die mich prüfend mustern, jeden meiner Schritte zu beobachten scheinen. Ich glaube, die Gedanken meiner Kollegin erahnen zu können, aber so lange wir uns an diesem Ort befinden, muss ich immerhin keine neugierigen Fragen befürchten. Trotzdem sind diese wohl nur verschoben, sodass ich mir keine Hoffnung machen muss, ihnen vielleicht doch noch entkommen zu können, weder den ihren noch denen meines Bosses. Aber im Moment sollte ich vermutlich nicht darüber grübeln, denn nun habe ich eine wichtigere Aufgabe, auf die es sich zu konzentrieren gilt, will ich dieses Monster endlich aufhalten, alles andere kann warten.
 
Werbung:
[NCIS] A Heart as cold as Ice - Chapter 8 Part II "Far away"

Und weiter geht's. Viel Spaß!.

LG Claudia


Vorsorglich lasse ich mich schließlich auf dem zweiten Sessel nieder, um einen möglichst großen Abstand zwischen mich und dieses pelzige Vieh zu bekommen, das ich währenddessen nicht aus den Augen lasse. Ich kann nicht sagen, ob der leise Ton, der an mein Ohr dringt, eher ein Knurren oder eine wohlige Antwort auf das Streicheln ihrer Besitzerin ist, die sich neben dem Tier sitzt, das mich aus seinen zu Schlitzen geformten grünen Augen förmlich anstarrt. Aber ich ignoriere diesen Blick, indem ich meine Handschuhe ausziehe und meinen Schal ein wenig lockere, umgibt uns doch in diesem Raum eine angenehme Wärme. Als ich mich kurz zu Kate wende, neben der ich Platz genommen habe, stelle ich fest, dass auch ihre Wangen bereits einen leichten Rotton angenommen haben, bevor sie mir mit einem leichten Nicken zu verstehen gibt, das sie mit der Befragung beginnen würde. Deshalb lehne ich mich in den weichen Polstern zurück und konzentriere mich auf das Gespräch, das uns hoffentlich bei unseren Ermittlungen helfen würde. Bevor meine Partnerin jedoch ihre erste Frage stellen kann, gelingt es unserer Gastgeberin nicht länger, ihre Neugier zu zügeln: „Was ist denn passiert? Wir alle hatten uns schon Sorgen gemacht, dass die junge Frau niemand mehr zu Gesicht bekommen hat. Ich meine, nicht dass sie sehr gesprächig gewesen wäre. Aber man macht sich ja so seine Gedanken. Und nun das.“
Ungläubig schüttelt die Frau den Kopf, während meine Augenbrauen bei ihren Worten nach oben wandern, bestätigen diese doch auch meine Vorbehalte dieser Nachbarschaft gegenüber. Es mag ja sein, dass sie sich um die Menschen in ihrer Umgebung kümmern, aber meist nicht realisieren, an welchem Punkt die Sorge aufhört und die Neugier beginnt. „Wir sind gerade dabei, herauszufinden, was genau passiert ist, Miss McBright“, antwortet meine Kollegin gewohnt zurückhaltend, was unser Gegenüber kaum zu registrieren scheint, als sie nachdrücklich wiederholt: „Bitte nennen Sie mich Emily. Das tun alle meine Nachbarn.“ „Gut, Emily“, setzt Kate zu ihrer ersten Frage an, ehe sie erneut davon abgehalten wird: „Ich habe Ihnen gar nichts zu trinken angeboten. Entschuldigen Sie, aber es war ein wenig aufregend heute Morgen. Darf ich Ihnen einen Kaffee bringen?“ Obwohl ich im Moment absolut nichts gegen ein heißes Getränk einzuwenden hätte, um auch die letzten Teile meines Körpers aufzutauen, bin ich mir sicher, dass wir dann dieses Haus wohl nicht wieder verlassen würden. Aus diesem Grund mische ich mich mit einem Lächeln auf den Lippen nun in die Unterhaltung ein, in der Hoffnung, ihr mit ein wenig Charme einige Informationen entlocken zu können: „Vielen Dank für Ihr Angebot, Emily. Aber wir müssen es leider ablehnen.“
Ihr enttäuschter Blick lässt mich nur mich Mühe ein Seufzen unterdrücken und hinzufügen: „Unser Boss ist ein wenig ungeduldig. Deshalb haben wir nicht so viel Zeit. Aber ich bin sicher, dass wir das bei Gelegenheit nachholen können.“ Abgesehen davon kann ich es kaum erwarten, endlich meine streng riechende, mittlerweile ziemlich feuchte Kleidung wechseln zu können, denn sie ist die Einzige, die sich nicht daran zu stören scheint. Meine Worte scheinen, sie etwas zu versöhnen, denn nun bildet sich auf ihrem Gesicht ein erleichtertes Lächeln, das ihre Augen erfreut leuchten lässt. Ich unterdrücke das Bild einer im Grunde einsamen Frau, als ich mit ernsterem Unterton fortfahre: „Kannten Sie Alyssa Forrester näher?“ Ihr zögerndes Nicken lässt mich ahnen, dass sie uns wohl auch nicht viel erzählen kann, während ich jedoch weiterhin aufmerksam zuhöre: „Ich glaube, niemand hier kannte sie wirklich. Sie kam hin und wieder zu mir, um mich zu bitten, auf das Haus aufzupassen, wenn sie im Einsatz war.“ Für einen Moment schüttelt sie schweigend den Kopf, als könne sie noch immer nicht begreifen, was in dieser Nacht in ihrer beschaulichen Straße geschah. Aber vielleicht nimmt sie der Tod ihrer Nachbarin doch stärker mit, als ich bisher angenommen habe, denn ich glaube, ein verräterisches Glänzen in ihrem Augenwinkel wahrzunehmen.

Obwohl es mir schwer fällt, gebe ich ihr die Zeit, um tief durchzuatmen, warte ab, bis sie weiter spricht: „Ich konnte am Anfang gar nicht glauben, dass diese zierliche Frau bei der Navy sein sollte. Doch sie schien, ihre Sache gut zu machen. Sie erzählte mir einmal von einer Beförderung, und ich konnte den Stolz in ihren Augen sehen.“ Bei diesen Worten breitet sich erneut ein Gefühl von Wehmut in meinem Inneren aus, denn sie konnte diesen Moment nicht mit mir teilen, konnte ihn nicht mit dem Menschen teilen, der ihr versprach, immer für sie da zu sein. Die Schuldgefühle, die seit heute Morgen an mir nagen, haben sich mittlerweile vervielfacht, sodass es mir förmlich die Luft abschnürt, glaube ich doch, nicht nur für ihren Tod sondern auch für ihre Einsamkeit verantwortlich zu sein. Meine Partnerin wirft mir einen irritierten Blick zu, bevor sie, als ich mich noch immer nicht aus meinem Schweigen befreie, mit der Befragung fortfährt: „Kennen Sie die Freunde von Lieutenant Forrester? Besuchte sie vielleicht einer von ihnen?“ Für einen Moment scheint sie, darüber nachzudenken, bevor sie verneinend den Kopf schüttelt und erklärt: „Sie war verlobt. Aber die Trennung ist bereits über sechs Monate her. Das war vor ihrem letzten Auslandseinsatz. Seitdem habe ich den Mann nicht mehr gesehen. Und seinen Namen hat sie mir auch nie gesagt.“
Unvermittelt krampft sich mein Herz in meiner Brust zusammen, sodass ich beinahe verzweifelt nach Atem ringe, eine Tatsache, die auch die unzähligen Katzenhaare, die mit Sicherheit durch die Luft schwirren, nicht besser machen. „Alles in Ordnung mit Ihnen, junger Mann? Sie sind ganz blass.“ Ich zwinge mich zu einem gequälten Lächeln, während ich wortlos abwinke, ohne dass mir dabei jedoch der prüfende Blick meiner Freundin entgeht, der auf mir ruht. Unsere Gastgeberin hat sich eilig erhoben und hält mir nur Sekunden später ein Glas Wasser hin, das ich dankbar annehme und einen Schluck trinke. Noch immer spüre ich das unangenehme Kratzen in meinem Hals, doch mit einem kurzen Räuspern vertreibe ich dieses Gefühl und erwidere: „Vielen Dank, Emily. Es geht schon wieder.“ Auch wenn sie meiner unbekümmerten Miene zu glauben scheint, bin ich mir doch darüber im Klaren, in Kates Blick auch weiterhin die Sorge zu lesen. Aber zu erfahren, dass meine beste Freundin verlobt war, dass sie es mir nicht erzählte, oder eher dass ich mich nicht dafür interessierte, sie nicht einmal nach ihrem Leben fragte, macht mir mehr zu schaffen, als ich jemals erwartet hätte. Sie war bis vor ein paar Jahren der Mensch, der immer für mich da gewesen war, der immer zu mir gestanden hatte, egal was ich getan hatte oder wie schlecht es mir gegangen war, und ich ließ sie eiskalt im Stich.
Nachdem mein Gesicht eine nun wieder normale Farbe angenommen hat, wendet sich unser Gegenüber erneut meiner Kollegin zu, um ihrem Bericht etwas hinzuzufügen: „Aber in den vergangenen Monaten habe ich häufig einen dunklen Wagen aus New York vor ihrem Haus stehen sehen. Es war ein älterer Mann, der sie immer spät am Abend besuchte und nach einigen Stunden wieder ging. Wissen Sie, ich arbeite oft in meinem Garten. Da bekommt man so einiges mit. Aber natürlich habe ich nicht genau darauf geachtet. Ich bin ja nicht neugierig.“ Während die Augenbrauen meiner Partnerin verwirrt nach oben wandern, sodass ich nicht wissen will, in welche Richtung ihre Gedanken gehen, habe ich unvermittelt ein Bild vor mir, das die Visitenkarte meines Vater und der Termin in ihrem Kalender bestätigen. Wäre diese Situation nicht so ernst, würde sie mich nicht in gewisser Weise persönlich betreffen, würde mich ihre letzte Aussage vermutlich laut auflachen lassen. Mittlerweile strotzt diese Unterhaltung nur so von Klischees, genau wie es dieses Haus und dessen Bewohnerin, auch wenn sie noch so freundlich ist, mit ihrer Katze es tun.

Während ich diese Überlegung jedoch nach ein paar Sekunden entschieden verbanne, drängt sich Alessandro DiNozzo erneut in den Vordergrund, nicht nur meiner Gedanken sondern auch dieser Ermittlungen. So entschlossen ich ihn auch vor einiger Zeit aus meinem Leben verbannte, werde ich wohl nun nicht umhin kommen, erneut mit ihm in Verbindung zu treten, kann ich doch nicht ausschließen, dass er etwas mit ihrem Tod zu tun hatte. Zumindest das Treffen heute Morgen spricht dafür, obwohl es nicht in das Muster passen will, sodass ich nachhake: „Haben Sie diesen Wagen vielleicht gestern Abend oder heute Morgen gesehen?“ „Nein, tut mir leid. Ich habe niemanden bei Alyssa gesehen“, verneint sie Kopf schüttelnd meine Frage, woraufhin ich nur mit Mühe ein resigniertes Seufzen unterdrücke. Nun wird mein Vater mir einige Fragen beantworten müssen, doch zuvor muss Abby die gesicherten Reifenspuren analysieren, von denen ich hoffe, für ihn hoffe, dass diese nicht zu seinem Wagen gehören. Die Wut, die dabei unwillkürlich in meinem Inneren beginnt zu brodeln, lässt mich meine rechte Hand zur Faust ballen, um zu verhindern, dass ich ungehemmt fluche.
Nicht einmal diese Bewegung entgeht meiner Partnerin, die nun erneut das Wort ergreift und ein wenig ungläubig nachbohrt: „Was ist mit anderen Freunden? Hatte Sie nie Besuch?“ Die Frau uns gegenüber blickt uns einige Sekunden verständnislos an, ehe sie lediglich mit den Schultern zuckt. „Nein. Nicht, dass ich wüsste. Sie lebte ziemlich zurück gezogen, müssen Sie wissen. Hatte kaum Kontakt zu den Nachbarn.“ Diese Beschreibung will so gar nicht zu der Frau passen, die ich seit Kindesbeinen kenne, war sie doch stets ein freundlicher, offener Mensch, der sich mit jedem verstand. Gleichzeitig kann ich jedoch sehen, wie unsere Gastgeberin zu überlegen scheint, bevor sie hinzufügt: „Ich weiß nicht, ob das wichtig ist. Sie erzählte mir einmal von ihrem Freund.“ „Ihrem Freund?“, hake ich verwundert nach, hatte sie doch erklärt, Alyssa hätte ihre Verlobung gelöst, woraufhin sie jedoch nachdrücklich den Kopf schüttelt. „Nicht, was Sie denken. Er wäre ihr Seelenverwandter, hat sie gesagt. Aber sie hatte ihn schon lange nicht mehr gesehen. Und sie vermisste ihn.“ Dieser Frau gelingt es mit diesen Worten erneut, mir einen heftigen Schlag zu versetzen, sodass ich abrupt aufstehe und mich zum Gehen wende: „Vielen Dank für Ihre Hilfe, Emily.“
Doch es sind nicht nur die Katze, die mich noch immer aus ihren funkelnd grünen Augen fixiert, oder gar meine juckende Nase, die mich förmlich aus diesem Haus fliehen lassen. Die Tatsachen, die ich in der letzten Viertelstunde über meine einstmals beste Freundin erfuhr, ließen die Schuldgefühle, das schlechte Gewissen in meinem Inneren wachsen, die mich nun zu Boden drücken wollen. Ohne auf meine Kollegin zu achten oder ein weiteres Wort des Abschieds zu verlieren, verlasse ich hastig das Wohnzimmer, um dann aus der Eingangstür nach draußen zu treten. Tief nehme ich die eisige Luft in mich auf, während ich mechanisch meine Mütze zurück auf den Kopf setze und meinen Schal enger um den Hals ziehe. „Was zum Teufel ist mit dir los, DiNozzo? Dein Verhalten ist mehr als unprofessionell.“ Die Stimme meiner Kollegin dringt an mein Ohr, die jedoch in diesem Moment mehr nach meiner Freundin klingt, sodass ich lediglich erschöpft den Kopf schüttele und erwidere: „Ich bin allergisch gegen Katzen. Ich brauchte frische Luft.“ Ein heftiges Niesen bestätigt meine Worte, bevor ich, ohne auf Kates Reaktion zu warten, diese einfach stehen lasse und die Straße überquere, um endlich zurück in unser Hauptquartier, weg von diesem Tatort zu kommen.
 
Zurück
Oben