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[NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

So, es geht mit einem neuen Kapitel weiter.
Viel Spaß!

LG Claudia


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15. Februar 2008 - Washington D.C., USA


Das Schloss klickt leise, als ich die Tür meines Hauses spät an diesem Tag aufschließe, um endlich meinen verdienten Feierabend zu genießen. Nach dem Abschluss eines langwierigen Falls hatte ich mein Team früh aus dem Büro entlassen, und nach einem Besuch auf dem Friedhof, freue ich mich auf meine Couch. Gerade geht die Sonne am Horizont unter und taucht die Umgebung in ein warmes rötliches Licht, das durch das große Wohnzimmerfenster ins Innere fällt. Ich fühle mich einfach nur erschöpft und vollkommen kraftlos, als ich wie in Trance meine Sachen im Flur ablege und mich meiner Jacke und Schuhe entledige. In der Küche angekommen, stelle ich den Wasserkessel auf den Herd, um mir eine Tasse Tee zur Entspannung zu kochen. Langsam gehe ich zu meinem großen weißen Sofa, das in dem Licht beinahe orange schimmert, und lasse mich seufzend darauf nieder. Ich ziehe meine Knie dicht an meinen Körper heran, stütze mein Kinn darauf und schließe dann meine Augen, um alles um mich herum einfach auszublenden.
Langsam scheint sich mein Leben wieder einzupegeln, der Alltag verläuft so ruhig weiter, als wäre nie etwas geschehen, aber dieser Schein trügt. Ich kann genau sehen, wie sehr auch Tim noch immer unter dem Verlust leidet, doch ich habe nicht die Kraft auch noch für ihn stark zu sein. Tag für Tag gebe ich mir alle Mühe, meine Arbeit zu machen und das neue Team zusammen zu halten, doch manchmal fühle ich mich einfach überfordert. Als ich das Angebot der Direktorin annahm, erschien es so einfach, endlich mein normales Leben zurück zu bekommen, doch erst jetzt erkenne ich, welche Anstrengungen dies noch immer bedeutet. Ich versuche, stark zu sein, für mich, für meine Kollegen und irgendwie auch für Tony, aber genau dies zehrt an meinem Körper, der mittlerweile völlig ausgebrannt ist.
In diesen Momenten bricht der ganze Schmerz wieder hervor, die Trauer kehrt zurück an die Oberfläche und scheint mich zu überrollen. Die Minuten verstreichen, meine Umgebung verschwimmt immer mehr, ich höre weder das leise Ticken der Uhr noch das Pfeifen des Wasserkessels in der Küche. Mittlerweile rinnen stumme Tränen meine Wangen hinab, sie lassen sich nicht aufhalten, denn Tony ist nicht da, um sie wieder zu trocknen. Meine Arme schlingen sich noch enger um meinen Körper, ich versuche, die Kälte, die sich plötzlich in meinem Inneren ausbreitet, zu vertreiben. Doch je mehr ich mich bemühe, mich wieder zu beruhigen, desto schlimmer wird es, und die Bilder der Vergangenheit erscheinen erneut in meinem Kopf. Meine Gedanken wandern zurück zu der Zeit, die ich fern von meiner Heimat verbracht hatte und in der ich meine quälenden Erinnerungen weit von mir zu schieben suchte, doch sogar dort hatten sie mich eingeholt.

Mein neues Leben sollte an diesem Tag beginnen, doch in Wahrheit versuchte ich nur, vor meiner Vergangenheit wegzulaufen. Die schwüle Nacht lag tiefschwarz über Ciudad del Este, nicht die kleinste Brise strich durch die Palmen vor den großen Fenstern, um etwas Abkühlung zu verschaffen. Den klaren Himmel zierte keine einzige Wolke, und die schmale Mondsichel wurde von zahllosen funkelnden Sternen umringt, die sich in den dunklen Wellen des Meeres widerspiegelten. Noch immer flimmerte die Luft da draußen vor Hitze, während die Geräusche des Tages nahezu vollständig verstummt waren. Auch im Inneren des Gebäudes, in dem ich mich befand, breitete sich eine gespenstische Stille aus, die lediglich mein leiser Atem durchbrach. Das Großraumbüro um mich herum war vollkommen verlassen und ließ kaum erahnen, dass noch vor wenigen Stunden hier der hektische Büroalltag geherrscht hatte.
Der Tag neigte sich langsam dem Ende zu, doch ich saß noch immer regungslos im Dunkeln und wartete, worauf konnte ich selbst nicht sagen. Das Einzige, was ich wusste, war die Tatsache, dass ich noch nicht nach Hause wollte, wenn man das überhaupt so nennen konnte. Washington D.C. war nach wie vor meine Heimat und würde es auch bleiben, egal was passiert war oder wie weit ich davon lief. Alles an diesem Land war so anders, die Menschen, das Wetter, ich fühlte mich hier fremd und allein, sehnte mich fast noch mehr nach meinem alten Leben als zuvor. Doch es war mein eigener Wunsch gewesen, die Vereinigten Staaten für einige Zeit zu verlassen, um Abstand zu gewinnen und endlich vergessen zu können. Ich wünschte mir so sehr, dass dies alles so einfach wäre, aber die schrecklichen Erinnerungen ließen mich nicht mehr los. Sobald ich meine Augen schloss, befand ich mich wieder vor dem 'Army and Navy Country Club', spürte die Erschütterung der Druckwelle, roch den Rauch der Explosion und hörte die aufgeregten Stimmen der Menschen. Diese ganzen Eindrücke hatten sich so tief in meinen Kopf eingebrannt, dass es mir unmöglich war, sie wieder zu vertreiben. Früher hatte ich diese angenehme Stille genossen, die mich umgab, doch in diesem Moment verstärkte sie nur meine Einsamkeit.
Ich versuchte, die bedrückenden Gedanken zur Seite zu schieben, um mich wieder auf meine Arbeit konzentrieren zu können. In diesem Augenblick nahm ich mir vor, mich ab sofort in das Einzige zu vertiefen, das zur Zeit meinem Leben noch so etwas wie einen Sinn gab. Noch einmal atmete ich tief durch, um wieder in die Gegenwart zu gelangen, und als ich meine Augen öffnete, blinzelte ich in das diffuse Licht meiner Schreibtischlampe. Nachdem ich mich an die Helligkeit gewöhnt hatte, blickte ich in das Gesicht meines neuen Kollegen Pablo García, der mich freundlich und zugleich ein wenig besorgt anlächelte. Entgegen meiner Erwartungen versuchte er jedoch nicht, herauszufinden, was mich bedrückte, sondern dirigierte mich nur schweigend zu seinem Wagen, um mich in mein kleines Appartement zu fahren. Es tat mir gut zu wissen, dass es auch fern von meiner Heimat jemanden gab, der sich um mich sorgte, denn bereits am Nachmittag hatte ich festgestellt, dass der junge Agent sehr sympathisch wirkte.
Dieser Mann war der Einzige, mit dem ich während der folgenden Zeit gemeinsame Aufträge ausführte, was ich trotzdem so oft wie möglich vermied, um mich nur auf mich selbst konzentrieren zu müssen. Mit der Zeit wurden wir jedoch zu einem richtig guten Team, und es entwickelte sich so etwas wie Freundschaft zwischen uns. Nach einigen Monaten hatte ich ihm sogar von Tony und dem schrecklichen Anschlag, bei dem er ums Leben gekommen war, erzählt. Ich hatte ihm anvertraut, dass ich die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen wollte, und bei meiner Rückkehr nach D.C. versprach er mir, die Ohren offen zu halten. Es war ein winziger Strohhalm, an den ich mich klammern konnte und der mich schließlich dazu veranlasste, dem Befehl meiner Direktorin zu folgen, denn ich wusste, dass mir durch Pablo eine Verbindung nach Paraguay blieb, die mir vielleicht bei meinen Ermittlungen helfen konnte.

Die Tränenspuren auf meinem Gesicht beginnen, langsam zu trocknen, als ich mich endlich wieder aus meinen Erinnerungen befreie. Plötzlich verstummt das Pfeifen des Wasserkessels, und ich höre erneut das leise Ticken der Uhr, das bis zu diesem Moment übertönt wurde. Diese Geräusche verstärken den Eindruck, mein Kopf würde jeden Moment zerspringen, und ich massiere kurz erschöpft meine Schläfen. Zögernde Schritte schleichen aus der Küche über das Parkett, nähern sich, und nur Sekunden später setzt sich jemand neben mich. Ich spüre Zivas Anwesenheit, die unsicher ihre Hand auf meine Schulter legt und dann einfach schweigend neben mir verharrt. So sehr sehne ich mich nach der Nähe meines Ehemannes und nach seiner Stärke, denn nur er konnte mir in Situationen wie diesen die nötige Kraft geben, die ich im Moment dringend brauche. Kurz schließe ich die Augen, bevor ich beteuere, dass es mir gut geht, mich von ihr löse und schließlich nach oben eile, um in meinem Schlafzimmer zu verschwinden. Dennoch bin ich mir sicher, dass mich dieser Rückschlag auf meinem Weg zurück in mein altes Leben in Zukunft nur noch stärker um ein Stück Normalität kämpfen lässt.
 
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AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

So, auch hier geht es schon wieder weiter.
Wie immer wünsch ich viel Spaß!

LG Claudia


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18. Juni 2008 - Washington D.C., USA
Auch wenn Kate in den letzten Wochen immer wieder geglaubt hatte, ihr Leben endlich wieder im Griff zu haben, erwies dies sich als Irrtum, denn es gab noch immer Dinge, die sie vollkommen aus der Bahn warfen, und heute war ein solcher Moment, in dem all ihre Hoffnungen erneut in sich zusammenbrachen.
In den vergangenen Monaten hatte das Team sich gut zusammen gefunden, besser als die junge Frau es erwartet hatte, was ihr ihren Job spürbar erleichterte. Doch sowohl die Zusammenarbeit, als auch die Wohngemeinschaft mit Ziva gestalteten sich überraschend angenehm und unkompliziert. Diese Tatsachen ließen es zu, dass sich ihre innere Anspannung ein wenig legte, aber stattdessen verwendete sie ihre Kraft erneut auf die Suche nach Hinweisen auf den Anschlag, der vor über einem Jahr ihrem Mann das Leben gekostet hatte. Noch immer handelte sie auf eigene Faust, vertraute sich keinem ihrer Agenten an, denn sie wusste, wie gefährlich diese Ermittlungen sein konnten.
Sobald die Schreibtische ihres Teams verlassen waren, nutzte sie ihren Posten als Chefermittlerin und gab sich ihren Nachforschungen hin. Dass jedoch all ihre Bemühungen noch immer keine Ergebnisse gebracht hatten, ließ sie langsam verzweifeln, so dass, als sie an diesem Abend das Grab ihres Mannes besuchte, der Schmerz über seinen Verlust sie erneut überrollte. In der letzten Zeit war es ihr gelungen, ihre Gefühle zu kontrollieren, wenn sie vor den weißen Stein trat, doch an diesem besonderen Tag schien ihr dies nicht länger gelingen zu wollen. Lange Zeit stand die junge Frau regungslos auf dem Friedhof, während stumme Tränen unaufhörlich über ihre Wangen rannen, vermischt mit den Regentropfen, die von Himmel prasselten, ehe sie sich irgendwann abrupt abwandte und zu ihrem Wagen ging.

Zwanzig Minuten später betritt Kate völlig durchnässt und aufgelöst ihr Haus, wo sie ihre Sachen achtlos auf den Boden fallen lässt, sich auf ihre Couch setzt und gedankenverloren aus dem Fenster starrt. Ziva, die ihr Eintreffen registriert hat, bleibt dieses Verhalten nicht verborgen, was sie sichtlich verwirrt und die Sorge um ihre Kollegin wachsen lässt. Im ersten Moment sucht sie Hilfe bei McGee, den sie jedoch telefonisch nicht erreichen kann, so dass ihr keine andere Wahl bleibt, als sich selbst ihrer anzunehmen, obwohl es nicht zu ihren Stärken gehört, Andere zu trösten. Nach kurzem Zögern beschließt die Israelin, ihrer Kollegin einen Tee zur Beruhigung zu kochen, um selbst ein wenig Zeit zu gewinnen. Doch auch Minuten später hat sie keine andere Lösung gefunden, so dass sie sich neben Kate setzt und ihr schweigend eine dampfende Tasse entgegen hält. Mit einem dankbaren Nicken nimmt diese einen Schluck von der heißen Flüssigkeit und lehnt sich dann mit geschlossenen Augen zurück, um sich ein wenig zu beruhigen.
Die Mossad-Offizierin unterdrückt ein leises Seufzen, bevor sie sich schließlich einen Ruck gibt und vorsichtig fragt: „Geht es wieder?“ Da sie sich nicht sicher ist, ob ihre Kollegin bereit ist, darüber zu sprechen, will sie sie nicht bedrängen und ihr dennoch zeigen, dass sie ihr zuhören wird. Nach einem kaum merklichen Nicken ihres Gegenübers hakt sie deshalb nach: „Willst du mir nicht sagen, was passiert ist? Vielleicht würde es dir helfen, darüber zu reden.“ Die Angesprochene starrt minutenlang schweigend vor sich hin, ehe sie leise erwidert: „Heute wäre ihr Geburtstag gewesen.“ Obwohl Ziva nicht weiß, über wen sie spricht, beschließt sie, ihr Zeit zu geben und abzuwarten, bis sie von allein darüber spricht.
Bei ihren Worten haben sich erneut Tränen den Weg über Kates Wangen gebahnt, doch sie fährt unbeirrt fort: „Tony ist jetzt seit über achtzehn Monaten tot. Ich hatte geschworen, dass ich diejenigen finde, die dafür verantwortlich waren. Ich habe es nicht geschafft. Die drei Menschen, die ich am meisten liebe, sind gestorben, und die Schuldigen sind noch immer frei.“ Für einige Augenblicke denkt die Israelin darüber nach, was sie darauf antworten soll, welche Worte ihr in dieser Situation auch nur annähernd Trost spenden können, als sie die Aussage realisiert: „Wieso drei?“ Die Agentin schließt kurz die Augen und antwortet kaum hörbar: „Ich habe nach dem Anschlag mein Baby verloren.“ „Du warst schwanger?“ Diese entsetzte Frage verlässt ungläubig ihre Lippen, woraufhin ihr Gegenüber nickt und stockend erklärt: „Im vierten Monat. Tony..., er wusste es noch nicht. Heute..., heute vor einem Jahr wäre... wäre unser kleines Mädchen auf die Welt gekommen.“ Immer mehr Tränen rinnen über das blasse Gesicht, und als Caitlin beginnt zu zittern, nimmt Ziva sie tröstend in den Arm.
Lange Zeit sitzen die Beiden still da, bis die Mossad-Offizierin das Schweigen bricht: „Du versuchst noch immer, die Täter zu finden, hab ich Recht?“ Obwohl die Agentin nicht auf die Frage reagiert, ist die Antwort eindeutig, so dass sie weiter fragt: „Hast du schon irgendwelche Anhaltspunkte?“ Die Angesprochene schüttelt den Kopf und erklärt: „Meine Kontaktperson in Paraguay will die Augen offen halten.“ Doch genau diese Worte lassen sie hellhörig und ein wenig misstrauisch werden, denn bisher hatte sie keine Ahnung, dass ihre Kollegin noch immer mit jemandem in Ciudad del Este in Verbindung steht. „Bist du sicher, dass du ihm vertrauen kannst, dass er kein Maulwurf ist?“ Bei dieser Frage sieht Kate die Israelin erstaunt an und erwidert: „Ich habe in den sechs Monaten in Südamerika oft genug mit ihm zusammen gearbeitet.“ Ziva ist noch immer besorgt und versucht darum, sie zur Vernunft zu bringen, auch wenn sie im Grunde weiß, dass dieses Vorhaben sinnlos ist: „Du kannst nicht allein und auf eigene Faust ermitteln. Das sind Terroristen, du hast keine Ahnung, wozu sie im Stande sind. Sie werden dich auch umbringen, wenn du damit nicht aufhörst.“ „Was habe ich denn noch zu verlieren?“, erwidert Kate bitter, erhebt sich von der Couch und verschwindet ohne ein weiteres Wort nach oben.

Als Ziva am nächsten Morgen wie immer um fünf erwacht und nach unten in die Küche geht, hat Caitlin das Haus bereits verlassen. Sie ist ein wenig verwundert, dass ihre Vorgesetzte bereits so früh verschwunden ist, doch vermutlich hatte sie überhaupt nicht geschlafen. So beschließt die Israelin, joggen zu gehen, um einen klaren Kopf zu bekommen und über den vergangenen Abend nachzudenken. Um diese Uhrzeit ist es noch angenehm kühl, denn die Sonne schickt gerade erst die ersten vorsichtigen Strahlen über den Horizont. Die Straßen sind noch beinahe leer, und auch auf den Gehwegen sind noch nicht viele Menschen unterwegs, so dass sie kaum jemandem begegnet. Auf ihrem Weg durch den Park kommen Ziva erneut die Worte ihrer Kollegin ins Gedächtnis, und sie überlegt krampfhaft, was sie jetzt tun soll. Eigentlich müsste sie Gibbs darüber informieren, doch irgendetwas lässt sie zögern, so dass sie entscheidet, zuerst mit Kate darüber zu sprechen. Mit diesem Gedanken im Kopf macht sie sich auf den Weg zurück ins Haus, um sich für die Arbeit umzuziehen.
Pünktlich um kurz vor sieben betritt die Israelin das Büro, sieht sich im Arbeitsbereich ihres Teams um und erkennt zufrieden, dass McGee noch nicht anwesend ist. Sie beschließt, diese Chance zu nutzen, um allein mit der Chefermittlerin reden zu können und tritt nach kurzem Zögern an deren Schreibtisch: „Kann ich bitte mit dir sprechen?“ Kate mustert sie für einen Moment fragend und erwidert dann: „Wenn es um die Sache von gestern Abend geht, da gibt es nichts mehr zu sagen.“ Sie wendet sich wieder der vor ihr liegenden Akte zu, um zu demonstrieren, dass das Gespräch für sie beendet ist, doch die junge Frau gibt nicht auf: „Bitte, lass mich dir helfen! Meine Erfahrung beim Mossad und meine Verbindungen können dir nützlich sein.“ Erstaunt blickt die Teamleiterin auf und sieht sie einen Moment nachdenklich an, doch dann erklärt sie bestimmt: „Nein. Das ist allein meine Sache. Ich werde nicht zulassen, dass Andere sich deswegen in Gefahr bringen.“ Als Ziva etwas entgegnen will, fügt sie laut hinzu: „Das ist mein letztes Wort, Officer David.“ Resigniert wendet sich die Israelin ab, begibt sich zu ihrem Schreibtisch und lässt sich seufzend auf dem Stuhl nieder, denn ihr ist klar, dass ihre Vorgesetzte sich nur weiter verschließen würde, wenn sie sie erneut bedrängt.
Nur Sekunden später ertönt das vertraute 'Pling' des Aufzugs, McGee tritt heraus und setzt sich nach einem freundlichen „Guten Morgen.“ auf seinen Platz. Verwirrt registriert der Agent die verhaltene Antwort auf seinen Gruß und die angespannte Stimmung zwischen seinen Kolleginnen, doch er wagt nicht, nachzufragen. Deshalb wendet er sich wie die Beiden der Bearbeitung seiner Akten zu, und unangenehmes Schweigen breitet sich über dem Team aus. Während sie versucht, sich auf ein Verhörprotokoll zu konzentrieren, schweifen Zivas Gedanken immer wieder zu dem Gespräch mit Kate. Mittlerweile macht sie sich ernsthaft Sorgen um die junge Frau, die sich viel zu sehr in ihre gefährlichen Nachforschungen hineinsteigert. Noch immer überlegt sie, ob sie Gibbs darüber informieren oder ob sie versuchen soll, ihr allein dabei zu helfen. Doch so sehr sie den ehemaligen Teamleiter schätzt, ist sie doch der Meinung, dass dieser zu stark auf seine eigenen Ermittlungen fixiert ist. Abgesehen davon glaubt sie, dass ihre Kollegin eine Freundin braucht, der sie vertrauen kann und sich dann auch von ihr helfen lassen wird.
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

So, diesmal kommt das neue Kapitel ein wenig später, aber mein Internet wollt nicht so wie ich.
Trotzdem wünsche ich euch viel Spaß!

LG Claudia


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19. Juni 2008 - Washington D.C., USA

Seit Tagen schon lag die heiße Sommerluft über den Straßen Washingtons, doch heute schien sie sich in eine drückende Schwüle zu verwandeln. Es war noch immer hell, als ich mich an diesem Abend wie jeden Tag nach der Arbeit auf den Weg zum Friedhof machte. Ich öffnete vorsichtig das schmiedeeiserne Tor und ging hindurch, bevor ich es hinter mir verschloss, so dass es mir erschien, als könnte ich den Lärm und die Hektik der Großstadt aussperren, als würde ich einen Ort der absoluten Ruhe betreten. Der Kies knirschte wie immer leise unter meinen Schritten, während ich langsam den schmalen Weg zwischen den Gräbern entlang schritt. Ein leichter Wind kam auf, fuhr durch die grünen Blätter an den hohen Bäumen und ließ die schwere Luft ein wenig erträglicher werden. Nach einigen Metern erreichte ich endlich mein Ziel und blieb wie schon so oft vor einem weißen Grabstein stehen.
In den Minuten und Stunden, die ich täglich am Grab meines Mannes verbrachte, war alles andere um mich herum verschwunden, schien die Zeit einfach still zu stehen und gemeinsam mit mir zu trauern. Hier war ich ganz allein mit mir, meinem Verlust und meinem Schmerz, der noch immer tief in meinem Herzen brannte. Es gab keine Worte, die das beschrieben, was ich seit seinem Tod fühlte, denn den Menschen zu verlieren, den man auf dieser Welt am meisten liebte, war das Schlimmste, was einem passieren konnte. Wenigstens die Erinnerungen an ihn wollte ich festhalten, mich an ihnen festklammern, doch sie schienen mir immer mehr zu entgleiten. Ich hatte keine Möglichkeit gehabt, mich von ihm zu verabschieden, und diese Tatsache war fast so schmerzhaft wie das Wissen, ihn niemals wiederzusehen. Wie oft hatte ich mir gewünscht, ihn in Sicherheit zu wissen, an seiner Stelle gestorben zu sein oder wenigstens mit ihm, doch diese Hoffnung hatte sich nicht erfüllt. Während mein Körper noch immer hier verweilte, war meine Seele jedoch mit ihm gegangen, mein Herz hatte mit seinem aufgehört zu schlagen. Die Sehnsucht nach ihm hatte auch den Rest meines Inneren aufgefressen, und bald war ich nicht mehr als eine leere Hülle gewesen, doch das war unwichtig, denn ich würde nie wieder einen anderen Mann so lieben können wie ihn.

Nachdem ich eine Ewigkeit regungslos vor dem Stein stand, glitt mein Blick zu dem kleinen einfachen Holzkreuz, das ich vor einiger Zeit daneben hatte aufstellen lassen. 'Alessandra DiNozzo' war schlicht mit geschwungenen Lettern auf der Querlatte zu lesen, sonst nichts, denn unsere Tochter hatte ihren Geburtstag nicht mehr erleben dürfen. Ich hatte sie nicht einmal begraben können, denn das wäre nicht üblich in diesem frühen Stadium der Schwangerschaft, und ich hatte damals keine Kraft gehabt, dagegen anzukämpfen. Nun waren da lediglich diese zwei miteinander verbundenen Hölzer, die mir zeigen sollten, dass das kleine Mädchen jetzt bei seinem Vater war, was mir wenigstens ein klein wenig das Gefühl vermittelte, sie in Sicherheit und bei einem geliebten Menschen zu wissen.
Ich schloss meine brennenden Augen und stellte mir vor, wie die Beiden in diesem Moment lächelnd auf mich hinab sahen, als ich fast lautlos flüsterte, wie sehr ich sie vermisste, seit einem anderthalben Jahr bereits. Doch dann ließ mich seine Stimme aufschrecken, ich hatte ihn gehört, wie er mir antwortete, wie er mir sagte, dass auch ich ihnen fehlte. Waren es nur der Wind und das leise Rascheln der Bäume gewesen? Aber es war seine Stimme, das hatte ich mir nicht eingebildet, obwohl ich schon so oft geglaubt hatte, ihn vor mir zu sehen. Natürlich hatte ich das getan, denn schließlich hatte er versprochen, immer bei mir zu sein, und auch, wenn er nicht mehr körperlich anwesend war, wurde mir in diesem Augenblick erneut bewusst, dass sein Geist, seine Seele noch immer da waren. Ich sollte mich mit diesem Wissen besser fühlen, doch ich konnte den Verlust einfach nicht vergessen, ich wollte meine Familie zurück.
Für eine Weile hielt ich einfach inne und schwieg, lauschte lediglich dem sanften Rauschen der Blätter und dem Zwitschern der Vögel. Immer hatte dieser Ort etwas beruhigendes auf mich ausgestrahlt, hatte mir die Nähe zu meinem Ehemann stets Kraft gegeben. Doch an diesem Tag wollte es mir nicht gelingen, denn obwohl ich ihm so nah war, wie ich nur konnte, verspürte ich doch die Einsamkeit und hatte das Gefühl unendlich weit weg zu sein. Es hieß immer, die Zeit würde alle Wunden heilen, doch das schien bei mir nicht zuzutreffen, denn der Schmerz war noch immer so stark wie am ersten Tag. Vielleicht heilten unsere Wunden auch nur, weil wir vergaßen, doch ich wollte das nicht, ich wollte nicht einfach vergessen, und wenn ich daran zu Grunde gehen würde, ich konnte und wollte Tony nicht vergessen.

Noch vor ein paar Wochen hatte ich geglaubt, mein Leben endlich weiter führen zu können, aber der heutige Tag ließ meine über Monate schwer erarbeitete Stärke in sich zusammen fallen wie ein Kartenhaus. Mittlerweile konnte ich meine Tränen nicht mehr zurück halten, eine nach der anderen löste sich aus meinen Augenwinkeln und rann langsam meine Wangen hinunter, eine kaum sichtbare Spur darauf hinterlassend. Mein Körper begann zu zittern, und meine Beine schienen mich nicht länger tragen zu wollen, also gab ich nach und ließ mich auf die Knie sinken.
Der Wind nahm zu, die Äste der Eiche hinter mir schwangen bedrohlich und ließen kaum sichtbare Schatten von den letzten Sonnenstrahlen, die sich durch die Wolkenberge kämpften, über das Gras huschen. Als endlich die ersten Tropfen vom Himmel fielen, schien es, als würde die Natur, sogar die ganze Stadt, aufatmen und das Nass in sich aufsaugen. Der Regen, der immer stärker auf die Erde prasselte, begann, sich mit den Tränen auf meinem Gesicht zu vermischen. Ich suchte keinen Schutz vor den Tropfen, ließ es zu, dass sie meine Haare und meine Kleidung durchnässten, bevor sie meine darunter liegende Haut angenehm kühlten. Ein greller Blitz erhellte für einen kurzen Moment die Umgebung, als ich mich nach vorn beugte und vorsichtig über die Gravur des Kreuzes fuhr, um die Inschrift zu trocken, auch wenn nur Sekunden danach der Regen erneut daran hinablief. Der Schmerz, den diese bloße Berührung in mir auslöste, trieb mir immer mehr Tränen in die Augen, die kurz darauf unaufhörlich über meine Wangen rannen und ein heftiges Schluchzen auslösten.
Meine Alessandra, mein kleines Mädchen, wäre an diesem Tag ein Jahr alt geworden, wenn das Schicksal nicht verhindert hätte, dass sie jemals das Licht der Welt erblickte. Machtlosigkeit - in den letzten Monaten hatte dieses Gefühl immer öfter von mir Besitz ergriffen und ließ sich einfach nicht mehr abschütteln. Immer weiter breitete sie sich in meinem Inneren und meiner Seele aus, ließ keinen Platz mehr, um ein kleines Fünkchen Hoffnung zu schöpfen. Erneut öffnete sich vor mir dieser bodenlose Abgrund, schien mich verschlingen zu wollen, und ich konnte nichts dagegen tun. Vor zwölf Monaten hatte mich dieser Tag in ein tiefes schwarzes Loch fallen lassen, und auch diesmal hatte ich Mühe, nicht wieder abzustürzen. Schließlich richtete ich mich jedoch langsam wieder auf, ohne meinen Blick von dem Namen meiner Tochter abzuwenden. Wieder stand ich bewegungslos auf dem Friedhof und starrte hinab, ehe ich mich irgendwann gewaltsam aus meiner Starre löste, kurz meine Augen schloss und beinahe fluchtartig diesen Ort verließ, als könnte ich damit meinen Gefühlen entfliehen, doch dass dies nicht möglich war, hatte ich schon so oft feststellen müssen.
 
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Es geht weiter. Viel Spaß!

LG Claudia


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21. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Während draußen die Sommersonne unbarmherzig vom wolkenlosen Himmel brennt, verbringen die drei Agenten die nächsten Stunden im Hauptquartier und arbeiten noch immer schweigend ihre Akten ab. Bereits seit einigen Tagen haben sie keinen Fall mehr gehabt, doch bei dieser Hitze ist die langweilige Büroarbeit in den klimatisierten Räumen um einiges angenehmer als eine Tatortuntersuchung im Freien. Die Einzige, die sich nicht damit anfreunden kann, ist Ziva, denn die Mossad-Offizierin ist diese Temperaturen aus ihrem Heimatland gewöhnt, und dieses ununterbrochene Herumsitzen lässt sie zunehmend unruhiger werden. Einige Stunden nach ihrem Gespräch mit der jungen Israelin klingelt Kates Telefon, und das Team wird zu einem neuen Fall im Fort Stanton Park gerufen. „Tim, hol die Ausrüstung! Ziva, sag Dr. Morrison Bescheid! Ich warte am Truck auf euch“, verteilt die Agentin die Aufgaben, und nachdem sie ihre Marken und Waffen gegriffen haben, folgen ihr die Beiden hastig in den Fahrstuhl.
Die kurze Fahrt zum nahe gelegenen Tatort verläuft schweigsam, doch McGee registriert erleichtert, dass sich die Stimmung zwischen den beiden Frauen wieder ein wenig entspannt zu haben scheint. Während Ziva und Tim die Ausrüstung aus dem Laderaum holen, lässt Kate ihre schwarzen Haare unter ihrer Mütze verschwinden und geht zielstrebig auf das gelbe Flatterband zu. Die Agentin muss sich den Weg zwischen zahlreichen Schaulustigen hindurch bahnen, denn an diesem heißen Sommertag sind im Park viele Menschen unterwegs und werden durch die Aufregung zu dieser abgelegenen Lichtung gelockt. Den beiden Streifenpolizisten zeigt sie kurz ihren Ausweis und die Marke, ehe sie die Absperrung passiert und sich einen Überblick über den Tatort verschafft. Der Gerichtsmediziner ist bereits anwesend und über die Leiche gebeugt, als auch die Israelin und der junge Agent bei ihrer Teamleiterin eintreffen.

Während der neue Pathologe die Leiche des Toten untersucht, dessen Uniform ihn als Seaman der US Navy identifiziert, gibt Kate Ziva und McGee die Anweisung, Fotos zu machen, den Fundort zu skizzieren und Beweise zu sichern. Danach wendet sie sich dem Ermordeten zu, und jegliche Farbe weicht aus ihrem Gesicht, während ihr Körper wie erstarrt scheint. Der junge Mann, der, beinahe friedlich wirkend, zu ihren Füßen liegt, hat auf den ersten Blick eine unglaubliche Ähnlichkeit mit Tony, die ihr für einige Sekunden einen Schock versetzt hat. Als sie ihre Augen von seinem Gesicht weiter nach unten gleiten lässt, glaubt sie, ihr Herz würde aussetzen, denn in seinen Händen hält das Opfer zwei Rosen - eine weiße und eine rote. Sie spürt, wie sich ihr Inneres schmerzhaft verkrampft, doch sie versucht, dieses Gefühl abzuschütteln und sich professionell um den Fall zu kümmern.
Kurz schließt sie die Augen und atmet tief durch, um endlich den Blick von dem Toten ab- und dem Pathologen zuwenden zu können. „Können Sie mir schon etwas sagen, Dr. Morrison?“ „Tut mir leid, aber Auskünfte gebe ich erst nach der Autopsie, Agent DiNozzo“, erwidert dieser unfreundlich, ohne auch nur aufzubsehen, doch sie fragt erneut: „Teilen Sie mir wenigstens den ungefähren Todeszeitpunkt mit?“ Nach einem skeptischen Blick erklärt er schließlich: „Vor etwas mehr als 14 Stunden. Er hat übrigens keine Papiere bei sich.“ Die Zusammenarbeit mit diesem Mann ist wirklich nicht sehr angenehm, zudem er auch nicht sehr hilfsbereit erscheint. Noch immer hat die Teamleiterin sich nicht an den Gerichtsmediziner gewöhnt und zweifelt stark daran, dass dieser genauso gründlich arbeitet, wie Ducky es tat. Mit diesem Gedanken beugt sie sich nach unten, befreit vorsichtig die beiden Rosen aus der Umklammerung des Toten und lässt diese in einem Beweismittelbeutel verschwinden.
Seufzend wendet sie sich wieder ab, während der Pathologe die Leiche in seinen Truck bringt und geht zu den Streifenpolizisten hinüber, um deren Aussagen aufzunehmen. Leider hilft ihr dies nicht viel weiter, denn die Beiden hatten die Leiche bei ihrer Runde entdeckt, da sie in der Nähe des Parkplatzes abgelegt wurde, doch sie haben weder Zeugen noch sonstige Verdächtige gesehen. Der jungen Frau ist bereits jetzt klar, dass dieser Fall noch eine Menge Arbeit bedeutet, sollten sie nicht noch irgendwelche Hinweise finden. Während sie ihren PDA in ihre Jackentasche gleiten lässt, geht sie zu ihrem Team und fragt beinahe hoffnungsvoll: „Habt ihr etwas?“ Die Beiden schütteln jedoch resigniert den Kopf, und McGee erklärt: „Wir haben den Tatort im Umkreis von fünfzig Metern abgesucht und weder ein Projektil noch eine Patronenhülse gefunden.“ „Verdammt“, flucht die Teamleiterin, doch dann fügt sie genervt hinzu: „Packt die Ausrüstung zusammen! Wir fahren zurück ins Hauptquartier.“ Auf dem Weg zum Truck befragen die Agenten die Anwesenden, doch von den Schaulustigen hat kein einziger etwas Verdächtiges bemerkt. Aber dies wäre auch verwunderlich gewesen, schließlich starb ihr Opfer gegen Mitternacht, und um diese Zeit waren kaum Menschen an diesem Ort unterwegs.

Die Rückfahrt zum NCIS verläuft ähnlich schweigsam wie die Hinfahrt, doch diesmal hängen die Agenten ihren Gedanken über den Fall nach. Eine Viertelstunde später verlassen die Drei in der Tiefgarage den Truck, verstauen die Ausrüstung und steigen in den Aufzug, als Kate erklärt: „Ziva, bring die Beweise ins Labor! Tim, finde raus, wer unser Toter ist! Ich bin in der Zwischenzeit in der Pathologie.“ Nach einigen Sekunden tritt sie aus dem Fahrstuhl, durch die automatische Schiebetür und wendet sich sofort an den Gerichtsmediziner: „Sind Sie mit der Obduktion fertig, Dr. Morrison?“ Der Angesprochene lässt die Röntgenbilder nicht aus dem Blick, als er antwortet: „Gerade abgeschlossen, Agent DiNozzo. Der Seaman starb, wie vermutet, gestern um Mitternacht. Er wurde vermutlich mit einem großen Kaliber durch einen Schuss ins Herz getötet. Es handelt sich um einen glatten Durchschuss. Kein Projektil. Fingerabdrücke, DNA und Uniform sind bereits im Labor.“ Die Agentin nickt und fragt weiter: „Haben Sie sonst etwas Auffälliges gefunden?“ Nun dreht der Mediziner sich um, als er erwidert: „Keine weiteren Verletzungen, keine Krankheiten. Nichts.“ „Danke, Doktor“, mit diesen Worten verabschiedet sich die Teamleiterin und verlässt die Pathologie.
Ein Mord ohne Anhaltspunkte, erst am Tatort, jetzt an der Leiche keinerlei Spuren, die junge Frau hofft nur, dass es sich nicht um einen Serienkiller handelt, als sie den Fahrstuhl betritt und vor dem Labor wieder aussteigt. Es scheint bereits eine Ewigkeit her zu sein, dass ihr an dieser Stelle immer Abbys laute Musik entgegen geschallt ist, jetzt herrscht hier absolute Ruhe. Mit einem Zischen gleitet die Tür zur Seite, und Kate betritt in das Reich des neuen Forensikers, der sie bereits zu erwarten scheint, so dass sie fragt: „Haben Sie etwas für mich, Carter?“ Der junge Mann nickt und berichtet: „Der tote Seaman heißt Chris Johnson. Den Namen habe ich bereits an Agent McGee weiter geleitet. Die beiden Rosen weisen keine Spuren auf und sind in jedem Blumenladen erhältlich. An der Uniform des Opfers sind weder Fasern noch Haare oder Sonstiges zu finden. Wahrscheinlich wurde die Kleidung gründlich gesäubert. In seiner Innentasche war eine Botschaft. Keine Fingerabdrücke. Das Papier und die Tinte sind noch in der Analyse. Die Mitteilung ist bei Officer David.“ „Danke“, seufzt Kate, verabschiedet sich mit einem kurzen Nicken und verlässt das Labor. Im Fahrstuhl lehnt sie sich kurz an die kühle Metallwand und atmet tief durch, denn mit diesem Fall scheint noch eine lange Nacht auf sie zu warten. Sie hofft, dass entweder diese geheimnisvolle Mitteilung oder die Akte des Opfers einen Hinweis und damit eine Spur enthalten würde.
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

Und weiter geht es.
Das ist vorerst der letzte Rückblick.
Dann geht es erst einmal mit dem Fall weiter.
Also, ich wünsch wie immer viel Spaß.

LG Claudia


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27. Juni 2008 - Washington D.C., USA

Kurz nachdem mich zum wiederholten Mal die Vergangenheit eingeholt und mich hatte zusammenbrechen lassen, bearbeitete ich mit meinem Team einen größeren Fall, der uns wochenlang beschäftigte und mir noch immer zu schaffen macht. Erneut hatte ich mich auf meinen geheimen Rachefeldzug begeben, in der Hoffnung endlich die Schuldigen und damit Erlösung zu finden, obwohl ich tief in meinem Inneren wusste, dass das niemals geschehen würde. Vielleicht waren genau diese Nachforschungen etwas, das mir nun die Kraft gab, nicht zu zerbrechen, das meinen Lebenswillen aufrecht erhielt, denn dieses Verlangen zu stillen, ließ mich nicht aufgeben. Obwohl ich seit meiner Rückkehr aus Paraguay noch immer regelmäßig mit meinem Kollegen Pablo García in Kontakt stand, der mich über seine Operationen auf dem Laufenden hielt, war es, trotz aller Anstrengung, weder ihm noch mir gelungen, Anhaltspunkte zu dem Anschlag vor achtzehn Monaten zu finden. Mittlerweile war ich diese ganze Geheimniskrämerei, die in dieser Behörde veranstaltet wurde, wirklich leid, denn noch immer war niemand bereit dazu, mir Einzelheiten zu dem damaligen Fall mitzuteilen, den die Direktorin weiterhin eisern unter Verschluss hielt.
Abgesehen von diesen Bemühungen musste ich mich jedoch auch auf meinen Job konzentrieren, denn seit wenigen Tagen hatten wir den Tod eines Marines zu untersuchen, der bei der Explosion seines Autos getötet worden war. Der Tatort hatte die schmerzhaften Erinnerungen, die ich versuchte, in meinem Inneren zu vergraben, erneut an die Oberfläche befördert, so dass es mich viel Kraft kostete, als professionelle Agentin aufzutreten. Aber das schlimmste für mich war die Aufgabe, seiner Ehefrau Fragen zu seinem Leben zu stellen und dabei zusehen zu müssen, wie sie vor meinen Augen zusammenbrach. Ich konnte nichts mehr tun oder sagen, war vollkommen erstarrt, während sie mir gegenüber saß und unaufhörlich schluchzte. Doch nach diesem Gespräch war ich darin bestärkt, den Mörder ihres Mannes zu fassen, wenn es mir schon nicht gelang, den meines eigenen aufzuspüren. Mit großem Eifer stürzte ich mich in die Ermittlungen, wie ich es schon länger nicht getan hatte, was auch meinem Team aufzufallen schien, aber sie zogen es vor, mich nicht darauf anzusprechen. In manchen Dingen ähnelte mein Verhalten wohl mittlerweile jenem von Gibbs, doch nun fühlte auch ich jenen Schmerz in mir, den ich, so wie er jahrelang, tief in meinem Inneren vergrub. Vielleicht wurde man mit der Zeit zu einem unnahbaren Menschen, wenn man sich niemandem anvertraute, stets seine Trauer für sich behielt.
Die Nachforschungen in unserem Fall brachte mein Team und mich überraschend schnell voran, ließ sich doch ein Tatmotiv bereits aus seiner Dienstakte herauslesen. Der Marine war gerade vor einer Woche zu seiner Ehefrau zurückgekehrt, nachdem er die vergangenen Monate in Guantanamo verbracht hatte. Nach langen Bemühungen hatte man endlich seiner Versetzung nach Norfolk zugestimmt, wo er seinen Dienst nach einem vierzehntägigen Urlaub antreten sollte. Doch noch ehe es soweit kommen konnte, wurde der junge Mann, der durch seinen Dienst für das Vaterland ins Visier von Terroristen geraten war, Opfer eines brutalen Anschlags. Nachdem wir uns jedoch nicht mit dem offensichtlichen zufrieden gaben und ein wenig tiefer gruben, deutete alles darauf hin, dass unser Toter auf der Abschussliste eines Mitglieds der Al Qaida stand, das auf private Vergeltung aus war, um seinen Bruder zu rächen, der vor einigen Wochen in Kuba gestorben war. Natürlich hatten wir keine Chance, ihm etwas nachzuweisen, denn wie immer fehlten die Beweise, während er sich hinter seinem schmierigen Anwalt versteckte.

Da wir in unserem Fall nicht weiter kamen, hatte ich die Nacht erneut über den wenigen Akten verbracht, die ich von dem Anschlag auf den 'Army and Navy Country Club' zur Verfügung hatte. Zum wiederholten Mal hatte ich versucht, über unsere Datenbank an die Ermittlungsergebnisse zu kommen, doch ohne die Sicherheitsfreigabe unserer Direktorin gelang es mir nicht, diese einzusehen. Schon lange hatte ich darüber nachgedacht, dass Tim sich Zugang dazu verschaffen könnte, doch ich hatte ihn nicht in diese Sache hineinziehen wollen. In dieser Nacht jedoch zwang mich schließlich eine innere Eingebung dazu, so dass ich ihn anrief und ins Hauptquartier beorderte. Ich wusste, dass er keine Fragen stellen würde, denn er wollte die Täter genauso gern fassen wie ich, nur dass er sich nicht auf einen Rachefeldzug begeben hatte, der nicht dazu diente, sie hinter Gitter zu bringen. Wie erwartet, war er umgehend zur Stelle und begab sich wortlos an seinen Computer, wo er kaum eine halbe Stunde brauchte, um mir die gewünschte Akte zu besorgen, ohne die geringste Spur auf sein Handeln zu hinterlassen.
Endlich hielt ich einen Hinweis in den Händen, nach dem ich so lange verzweifelt gesucht hatte, so dass ich umgehend damit begann, die Papiere zu studieren. McGee saß noch immer an seinem Schreibtisch, und ich bewunderte ihn für seine Geduld, denn ich hatte bisher noch kein Wort über den Inhalt verloren. Als ich bei den Untersuchungen zum Sprengsatz angelangt war, hielt ich entsetzt inne und nahm die Akte unseres aktuellen Falls zur Hand. Der Vergleich der beiden Schriftstücke bestätigte meinen Verdacht, dass beide Bomben exakt den gleichen Aufbau aufwiesen, was meine Wut erneut anheizte. Für einen Moment war ich nicht mehr dazu in der Lage, klar zu denken, bis mich die Stimme meines Kollegen aus meinen Gedankengängen riss. Mit knappen Worten erläuterte ich meine Entdeckungen und griff zum Telefonhörer, um auch Ziva darüber zu informieren. Als sie wenig später bei uns eintraf, berieten wir uns über die beste Vorgehensweise, und ich beschloss, die Israelin auf die 'Freunde' unseres Verdächtigen anzusetzen. Obwohl es mir schwer fiel, ihr diese Aufgabe zu überlassen, wusste ich, dass sie es schaffen würde, diesen Mistkerl zu bekommen. Mitten in der Nacht fielen wir in ihrem geheimen Treffpunkt ein, und die junge Frau bearbeitete sie, bis es ihr gelang, sie soweit zu verunsichern, dass sie den Mann für ein Risiko hielten und dem NCIS auslieferten.

Ich hatte den Mörder, den ich schon so lange verfolgt hatte, im Verhörraum sitzen, doch wider Erwarten breitete sich in meinem Inneren keine Genugtuung aus, denn ich wollte, dass er für seine Tat büßte. Für einige Minuten starrte ich unbeweglich durch das Fenster des Nebenzimmers, bevor ich mich aus meiner Trance riss und mein Team mit Nachdruck nach Hause schickte. Die Kameras und die Tonüberwachung waren bereits deaktiviert, abgesehen davon musste ich keine Angst haben, dass sich um diese nächtliche Stunde jemand im Hauptquartier aufhalten würde. Als ich den kleinen Raum betrat, mich dem Mann gegenüber an die Wand lehnte und ihn schweigend anblickte, verzog dieser keine Miene. Gibbs war ein sehr guter Lehrmeister gewesen, hatte ich ihm doch oft genug bei seinen Verhören zugesehen, aber auch die aufgewühlten Gefühle in meinem Inneren ließen mich zur Hochform auflaufen. Ohne mich von der Stelle zu bewegen, versuchte ich, ihn durch mein Auftreten zu verunsichern, doch Terroristen wie ihn konnte man nicht so leicht einschüchtern. Deshalb wurde es Zeit, zu drastischeren Mitteln zu greifen, um ihn endlich zum Reden zu bringen und die Antworten zu bekommen, nach denen ich bereits so lange suchte.
In Paraguay hatte ich sowohl gelernt, mich selbst zu verteidigen, als auch meine Gegner zum Reden zu bringen, worin ich mich auch seit meiner Rückkehr nach Washington oft genug übte, denn ich wollte vorbereitet sein, wenn meine Chance kommen würde, und diese ergriff ich nun. Obwohl ich Mühe hatte, mich zurück zu halten, bewegte ich mich nahezu unbeteiligt in dem engen Verhörraum um den Tisch herum, jedoch ohne ihn auch nur einen Moment aus den Augen zu lassen. Ich sah, dass er meine Bewegungen verfolgte, doch ich wusste, dass seine Haltung, eingeschränkt durch Hand- und Fußfesseln, eine schnelle Reaktion nicht erlauben würde. Innerhalb von Sekunden hatte ich einen Entschluss gefasst und den Mann in den Würgegriff genommen, während ich ihm einen Arm grob nach hinten verdrehte. Seine Knochen knackten dumpf, als ich auf meine Fragen weiterhin keine Erwiderung erhielt und ihn deshalb noch etwas härter anfasste.
Die Augen des Terroristen blickten mir in der verspiegelten Scheibe eiskalt entgegen, doch seine Lippen zierte ein verächtliches Grinsen, das meinen brodelnden Zorn noch zusätzlich schürte. Ich packte seinen Kopf und schleuderte ihn mit voller Wucht auf den Tisch vor sich, so dass daraufhin eine Platzwunde seine Stirn zierte und eine kleine dunkelrote Lache auf der Platte hinterließ. Mittlerweile hatte ich vollkommen die Kontrolle über mich und mein Handeln verloren, so dass nicht mehr die erhofften Antworten wichtig waren, sondern lediglich meine wachsende Wut. Ich hatte nicht bemerkt, wie sich die Tür geöffnet hatte und Tim und Ziva eingetreten waren, bis sie mich festhielten und von ihm wegzerrten. Für einige Sekunden starrte ich ihn reglos an, bevor ich mich schweigend abwandte, den Raum verließ und nach oben in das Großraumbüro eilte. In den letzten Minuten waren die in meinem Inneren aufgestauten Gefühle unaufhaltsam an die Oberfläche gedrungen und begannen, sich unkontrolliert zu entladen, so dass ich dringend Zeit brauchte, um meine Beherrschung zurück zu erlangen. Doch es gab noch einen weiteren Grund, dass ich die beiden Agenten mit dem Verdächtigen zurückließ, aus dem ich wohl niemals ein Wort herausbekommen würde, hatte ich doch so die Gelegenheit, Pablo anzurufen, ohne dass dieses Gespräch bemerkt wurde. Ich hoffte, wenigstens von ihm Informationen über diesen Terroristen zu erhalten, doch diese Erwartung wurde einmal mehr enttäuscht.

Mein Team verlor bis zum heutigen Tag kein Wort über die Vorfälle in jener Nacht, auch wenn ich spüre, dass sie sich noch immer Sorgen über mein Verhalten machen. Ein Ausbruch wie dieser passt nun einmal nicht zu meinem Wesen, so sehr ich mich auch in den letzten Monaten verändert hatte, bin ich doch noch immer der selbe Mensch, der Misshandlungen ablehnte, so grausam die Taten des Verdächtigen auch sein mögen. Doch es gibt nun einmal Ereignisse in unserem Leben, die uns dazu bringen, Dinge zu tun, die wir weder kontrollieren, noch auf die wir im Nachhinein besonders stolz sind. Jenes Verhör gehört für mich zu den Vorfällen, die ich gern vergessen möchte, es mir jedoch nicht gelingen will, denn es wird mich vermutlich sehr lange verfolgen. Diese Tatsache verbessert auch die Entscheidung der Direktorin nicht, den Terroristen nach Guantanamo zu überstellen und dort von Spezialisten verhören zu lassen. Ich weiß, dass damit meine Ermittlungen wieder einmal im Sand verlaufen sind, würde ich doch niemals etwas über die Ergebnisse erfahren. Dieser Mann war mein wichtigster und mein einziger Verdächtiger, doch damit verlor ich ihn und auch die Hoffnung auf Antworten endgültig.
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

Es geht weiter. Viel Spaß!

LG Claudia


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21. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Mit einem einem leisen 'Pling' kündigt sich der Aufzug in ihrer Etage an, nur Sekunden später tritt die Chefermittlerin heraus und geht zielstrebig zum Arbeitsbereich ihres Teams. Im Großraumbüro herrscht zu dieser Nachmittagsstunde reges Treiben, Telefone klingeln und Agenten laufen hastig zwischen den Schreibtischen hin und her. Doch weder Kate noch ihre beiden Kollegen bemerken etwas von dieser Geschäftigkeit, denn sie sind in ihren seltsamen Fall vertieft. „Unser Seaman ist gestern gegen Mitternacht gestorben. Die Todesursache war ein Schuss ins Herz. Ein glatter Durchschuss mit einem großen Kaliber, wahrscheinlich ein Scharfschützengewehr. Weder an seiner Kleidung noch an den beiden Rosen gab es irgendwelche Spuren“, berichtet sie von den Resultaten der Autopsie und der Laboranalyse, bevor sie sich seufzend auf ihrem Stuhl niederlässt und dann nach ersten Rechercheergebnissen fragt: „Was habt ihr herausgefunden?“
Während die Agenten ihren Blick auf den Plasmabildschirm richten, auf dem die Akte des Opfers erscheint, erläutert McGee die Hinweise: „Seaman Chris Johnson, 35 Jahre alt, verheiratet, keine Kinder. Er ist seit drei Monaten bei der Navy und auf der Naval Station in Norfolk stationiert. Seine Akte ist vollkommen sauber. Keine Beschwerden, keine Vorstrafen, keine Schulden.“ Nachdem der junge Mann seine Ausführungen beendet hat, nickt ihm die Teamleiterin kurz zu und starrt einen Moment nachdenklich auf das Foto des hellblonden Mannes, das die Personalakte des Toten ziert. Dann wendet sie ihren Blick ab und richtet sich an die Israelin, die sofort ihre Informationen mitteilt: „Da wir weder Projektil noch Patronenhülse oder Blutspuren gefunden haben, deutet alles darauf hin, dass das Opfer im Park nur abgelegt und an einem anderen Ort ermordet wurde.“ Nach dieser Vermutung legt Ziva das Bild eines weißen Papierschnippels auf den Plasmabildschirm und fährt fort: „Der Forensiker hat diese Botschaft in der Innentasche der Uniformjacke des Toten gefunden:

Der Glaube an die mächtigen Boten des Lichts
Widerstrebt dir in deinem unwissenden Nichts.
Doch alle Dinge in deinem Leben haben ihren Sinn,
Lass die Vergangenheit ruhen und starte einen Neubeginn.

Die Gerechtigkeit ist erst die Nummer eins,
Zum Schluss bist du das ungläubige Opfer meins.
Fürchte dich vor meiner ganzen Macht,
Die dich erwartet immer genau zu Mitternacht.​
Die Worte wurden mit einem Füllhalter in geschwungener Schreibschrift geschrieben. Der Täter muss sich sehr viel Mühe damit gegeben haben.“ In diesem Moment klingelt das Telefon des jungen Agenten, der eilig den Hörer abnimmt: „McGee. ... Danke, Carter.“ Mit diesen Worten legt er wieder auf und wendet sich resigniert an seine beiden Kolleginnen: „Der Drogentest des Toten war negativ. Die Botschaft in seiner Jacke wurde mit einem Füllhalter mit handelsüblicher Tinte auf einfaches Büttenpapier geschrieben. Beides gibt es in jedem Schreibwarenladen zu kaufen. Bis auf diese seltsame Mitteilung haben wir schon wieder keinen Anhaltspunkt.“ Auch Ziva nickt zustimmend und erwidert nach einem kurzen Blick auf die Uhr: „Und wir haben nicht einmal sechs Stunden Zeit, bis das nächste Opfer stirbt. Aber wen spricht der Täter in seiner Botschaft an?“
Kaum hat die Israelin diese Frage gestellt, ertönt erneut ein Telefonklingeln, doch dieses Mal vom Schreibtisch der Teamleiterin, die sich sofort meldet: „DiNozzo. ... Verstehe, Doktor.“ Kurz angebunden legt sie den Hörer wieder auf die Gabel und wendet sich an ihr Team: „Das war unser neuer Pathologe. Er hat das Opfer noch einmal näher untersucht und festgestellt, dass Seaman Johnson Kontaktlinsen trug und ihm die Haare gefärbt wurden. Die Farbe scheint noch frisch zu sein. Ziva, Tim, ihr beide fahrt zu Mrs. Johnson und befragt sie! Findet raus, ob unser Mörder das Aussehen des Toten verändert hat! Danach stattet ihr seinem Vorgesetzten und den Kollegen noch einen Besuch ab.“ Nach dieser Aufforderung nehmen sich die Angesprochenen ihre Sachen und verschwinden eilig im Aufzug, während Kate sich erneut dem Papier mit den wenigen Zeilen zuwendet.

Kurz bevor die beiden Agenten den Stützpunkt in Norfolk erreichen, wird der Wind, der die in der letzten halben Stunde aufgezogenen Gewitterwolken vor sich her treibt, zunehmend stärker. Trotzdem ist die Luft noch immer unerträglich schwül, während die aufgeladene Atmosphäre darauf zu warten scheint, sich endlich in einem Unwetter entladen zu können. Der erste Blitz zuckt über den Horizont und nur wenige Sekunden später ertönt ein dunkles Donnergrollen in der Ferne. Kurz darauf fallen die ersten großen Tropfen auf die Windschutzscheibe des Autos nieder, und innerhalb von Sekunden regnet es in Strömen. Das prasselnde Geräusch durchbricht die Stille, während Ziva und Tim noch immer schweigend nach draußen in die einsetzende Dunkelheit starren und ihren Gedanken über den Fall nachhängen. Irgendwann hält die Israelin die Ruhe nicht mehr aus und macht ihren Überlegungen Luft: „Was hälst du von diesem merkwürdigen Fall und dieser seltsamen Nachricht, McGee?“ „Ich weiß es nicht“, gibt er unumwunden zu und seufzt leise, ehe Ziva ihm einen fragenden Seitenblick zuwirft und fortfährt: „Ich glaube, dass Kate mehr weiß, als sie uns gesagt hat. Hast du ihre Reaktion gesehen, als sie vor der Leiche stand? Sie hat für einen Moment ihre Maske fallen lassen. Da waren Entsetzen und Angst in ihren Augen.“
Der Angesprochene krallt sich am Türgriff fest, als die Israelin rasant um eine Kurve fährt und zischt durch seine zusammen gebissenen Zähne: „Du kanntest ihren Mann nicht. Das Opfer hatte auf den ersten Blick eine unglaubliche Ähnlichkeit mit Tony.“ Die junge Frau krampft ihre Hände fester um das Lenkrad, so dass die Knöchel ihrer Finger weiß hervortreten, als sie antwortet: „Das ist nicht der einzige Grund für ihr Verhalten. Da steckt mehr dahinter. Glaub mir, Tim!“ Mit diesen Worten bringt die Mossad-Offizierin den Wagen mit quietschenden Reifen vor einem modernen Einfamilienhaus zum Stehen. Der junge Mann sieht seine Kollegin verwirrt an, die nachdenklich aus dem Fenster starrt, doch er kann sich keinen Reim auf ihre Aussage machen. Auch er hat festgestellt, dass Kate sich anders verhält, als früher, vor allem ihr Ausraster während des letzten Falls macht ihm Sorgen, doch auch er hatte sich verändert. Vielleicht sollte er mit ihr sprechen, immerhin hatten sie seit dem Anschlag, kaum ein Wort darüber verloren, doch sicher denkt die junge Frau, genau wie er selbst, noch oft an dieses schreckliche Erlebnis zurück. Trotzdem kann er sich nicht vorstellen, dass die Teamleiterin ihnen wichtige Informationen über diesen Mord verschweigen würde.
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

So, ein neues Kapitel wartet auf euch.
Viel Spaß.

LG Claudia


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21. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Als die Mossad-Offizierin aus dem Dienstwagen steigt und die Tür hinter sich zuwirftt, schreckt Tim aus seinen Überlegungen auf und beeilt sich, ihr zu folgen. Die beiden Agenten gehen zielstrebig den schmalen Kiesweg durch den gepflegten Garten entlang und auf das moderne Haus zu. Der sattgrüne Rasen zu beiden Seiten ist akkurat gemäht, und die farbenprächtigen Blumen gedeihen nur in den dafür vorgesehenen Beeten. Das kleine Grundstück ist wie jedes andere in dieser Straße mit einem weißen Gartenzaun von den Nachbarn abgegrenzt und mit einigen Bäumen bewachsen. Doch keiner von ihnen achtet auf diese Umgebung, sieht doch beinahe jedes Haus auf dem Stützpunkt aus wie das andere. Als sie die hölzerne Tür erreichen, betätigt Ziva die Klingel, bevor ihnen nur Sekunden später geöffnet wird, eine brünette Frau Anfang dreißig im Eingang erscheint und freundlich fragt: „Was kann ich für Sie tun?“ Die Angesprochenen ziehen mit ernsten Mienen ihre Ausweise hervor, während Tim erwidert: „Special Agent McGee, Officer David, NCIS. Könnten wir bitte herein kommen, Mrs. Johnson?“ „Natürlich.“ Verwirrt öffnet sie die Tür weiter und tritt zur Seite, um die beiden Agenten eintreten zu lassen und geht dann mit ihnen ins Wohnzimmer. Der große helle Raum ist modern eingerichtet, eine gemütliche Sitzecke befindet sich neben dem Fenster, während auf der anderen Seite die offene Küche ihren Platz hat. Die blass orangefarbenen Wände sind von mehreren Landschaftsbildern geziert, und auf einer hellen Holzkommode stehen verschiedene Fotos ihres Opfers und der jungen Frau. Verstohlen blicken sich die Beiden um und machen sich ein Bild von dem jungen Man und seiner Ehefrau, während sie dieser folgen.
„Setzen Sie sich doch bitte!“, deutet sie auf das große Sofa, lässt sich selbst in einem Sessel gegenüber nieder und fragt danach erneut: „Warum sind Sie hier?“ Mrs. Johnson sieht die Agenten neugierig an, doch ihre Anwesenheit macht ihr auch Angst, bedeutet ein Besuch wie dieser niemals etwas Gutes, und das schlechte Gefühl in ihrem Inneren verstärkt sich zunehmend. Die Israelin wirft ihrem Kollegen einen bittenden Blick zu, der schließlich kaum merklich nickt und nach einem leisen Seufzen beginnt: „Es geht um ihren Mann, wir haben ihn heute Nachmittag tot aufgefunden. Er wurde ermordet.“ „Nein. Das ist nicht wahr“, flüstert die Angesprochene verzweifelt, während vereinzelte Tränen über ihre Wangen rinnen. „Es tut mir leid, Mrs. Johnson“, erklärt der junge Agent, bevor Ziva hinzufügt: „Wir müssen Ihnen einige Fragen stellen.“ Auf ein zaghaftes Nicken hin fährt sie fort: „Hatte ihr Mann irgendwelche Probleme? Streit mit einem Kollegen? Geldsorgen?“ Auf jede dieser Fragen schüttelt die Witwe den Kopf, so dass Tim weiter fragt: „Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?“ Für einen Moment herrscht bedrückendes Schweigen in dem Raum, während die Angesprochene versucht, sich zu sammeln und ihre Emotionen unter Kontrolle zu halten. „Das war gestern am späten Abend. Er hatte über Nacht Dienst und wollte heute Vormittag zurück sein. Ich bin gerade erst aus dem Büro gekommen, deshalb wusste ich nicht, dass er nicht hier war.“ Mit jedem Wort wird die Stimme der jungen Frau leiser, während die Tränen immer stärker über ihr Gesicht rinnen, doch Ziva hat noch eine wichtige Frage: „Hat ihr Mann Kontaktlinsen getragen oder sich vor kurzem die Haare gefärbt?“ Überrascht sieht sie auf und erwidert: „Chris hat sich nie die Haare gefärbt, und eine Brille brauchte er auch nicht.“ Der junge Mann blickt seine Kollegin verwirrt an, woraufhin diese kaum merklich mit den Schultern zuckt und erklärt: „Vielen Dank, Mrs. Johnson. Sollte Ihnen noch etwas einfallen, rufen Sie uns bitte an.“ Die beiden Agenten erheben sich resigniert, überreichen ihre Visitenkarte und verabschieden sich dann von der jungen Frau.

Nachdem auch die Befragung des Master Chiefs sowie der Kollegen des Opfers keine Ergebnisse gebracht hat, machen sich Ziva und Tim auf den Weg zurück ins Hauptquartier. Noch immer regnet es in Strömen, und die dichte graue Wolkendecke hält jeden noch so winzigen Mondstrahl zurück. Doch die beiden Agenten genießen die angenehme Luft, die mit Einsetzen des Gewitters die unerträgliche Schwüle der letzten Tage abgelöst hat. Nach einer Stunde Fahrt durchbricht McGee schließlich das Schweigen, denn eine Frage lässt ihn nicht los: „Wie kommst du eigentlich darauf, dass Kate mehr über unseren Fall weiß?“ Die Israelin seufzt hörbar, bevor sie ihm antwortet: „Das sagt mir meine Erfahrung. Der Täter hat in seiner Botschaft nur eine Person angesprochen, und den Toten hat er damit sicher nicht gemeint.“ Der junge Mann denkt einige Minuten über ihre Worte nach, ehe er erwidert: „Wenn du Recht hast, hat es unser Mörder auf sie abgesehen.“ Die Angesprochene nickt zustimmend und erklärt: „Wir müssen herausfinden, was er mit diesen Versen sagen will.“
Für einen Moment krallt Tim sich an seinem Sitz fest, als die Mossad-Offizierin einmal mehr rasant um eine Kurve fährt, bevor er meint: „Ich denke, die beiden ersten Verse haben etwas mit Glauben und Engeln zu tun.“ Ziva nickt bei seinen Überlegungen zustimmend, doch sie wirft ein: „In vielen Religionen glauben die Menschen an Engel. Wir müssen nach weiteren Hinweisen suchen. Bis wir zurück sind, ist es nach Mitternacht. Wenn der Täter seine Drohung wahr macht, haben wir dann bereits das nächste Opfer.“ „Du hast Recht. Ich rufe Kate an, vielleicht ist sie weiter gekommen.“ Mit diesen Worten zieht der Agent sein Handy aus der Tasche und wählt eine Nummer: „Kate, hier ist McGee. Wir haben absolut nichts herausgefunden. Sowohl seine Frau als auch sein Vorgesetzter und seine Kollegen haben bestätigt, dass der Seaman weder Probleme noch Feinde oder ähnliches hatte. ... Wir sind in etwa einer Stunden zurück. Hast du in der seltsamen Nachricht noch etwas entdeckt? ... Aber Kate, ... Ja, geht klar.“ Kaum hat der Agent das Gespräch beendet, wirft die Israelin ihm eine fragenden Blick zu, woraufhin er erklärt: „Sie meint, wir sollen nach Hause fahren. Heute könnten wir sowieso nichts mehr tun.“ Diese Aussage wird mit einem leisen Auflachen von Zivas Seite quittiert, bevor sie erwidert: „Sie weiß definitiv etwas.“

Die tiefschwarze Dunkelheit hat sich über Washington D.C. gelegt, und eine ungewohnte Stille breitet sich langsam über den nächtlichen Straßen aus, denn abgesehen von wenigen Autos sind kaum noch Menschen unterwegs. Mittlerweile hat sich auch das Unwetter beruhigt, der Regen hat nachgelassen und die dicken Gewitterwolken haben sich verzogen. Lediglich der sanfte Wind streicht durch die wenigen hohen Bäume und lässt die noch immer warme Luft angenehm kühl erscheinen. Die schmale strahlende Mondsichel steht hoch oben am Himmel umgeben von unzähligen glitzernden Sternen, die von einem dünnen Nebelschleier verhüllt werden, und leuchtet sanft auf die Stadt hinab. Kurz nach Mitternacht haben Ziva und McGee den Dienstwagen im Fuhrpark des NCIS abgestellt und sitzen in ihren Autos auf dem Weg nach Hause. Obwohl die beiden Agenten sich noch weiter mit ihrem Fall und vor allem dieser seltsamen Botschaft beschäftigen wollen, fügen sie sich dem Befehl ihrer Teamleiterin. Dennoch nehmen sie sich, unabhängig voneinander, vor, am nächsten Tag mit ihr über ihre Ermittlungen und vor allem ihr Verhalten zu sprechen.
Während sie noch in ihre Überlegungen vertieft ist, bringt die Israelin ihren Wagen vor dem Haus ihrer Teamleiterin zum Stehen und mustert verwundert die verlassene Auffahrt. Langsam steigt sie aus und geht dann zur Haustür, die sie leise öffnet, während sie sich aufmerksam umsieht und angestrengt in die Dunkelheit lauscht. Aber das Haus ist noch immer verlassen, nicht nur Kates Auto fehlt, sondern auch ihre Sachen und vor allem die junge Frau selbst. Ziva seufzt leise, als ihr klar wird, dass ihre Kollegin wohl die Nacht an ihrem Schreibtisch über ihren Akten verbringen würde. Sie fragt sich jedoch ernsthaft, ob der Grund für dieses Verhalten der aktuelle Fall oder die Angst vor einer Konfrontation mit ihr ist. Vermutlich trifft beides ein wenig zu, denn obwohl ihre Kollegin sich in letzter Zeit mit großem Elan in die Arbeit stürzt, weiß die doch mittlerweile, dass die Mossad-Offizieren nicht so schnell locker lassen würde. Dabei ist es ihr egal, ob dies noch in dieser Nacht oder erst am nächsten Morgen geschehen würde, denn davon abhalten lassen würde sie sich gewiss nicht. Aber vielleicht ist es besser, der Chefermittlerin noch ein wenig Zeit zu geben und sie nicht zu sehr zu bedrängen, ehe sie sich erneut vor ihr zurückziehen würde. Ziva will nicht riskieren, das Verhältnis zu ihrer Vorgesetzten zu gefährden, dafür ist nicht nur ihr Auftrag zu wichtig, sondern auch die Freundschaft zu der jungen Frau.
 
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Hallo Ihr!

Es geht weiter. Viel Spaß!

LG Claudia


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22. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Die aufgehende Morgensonne schickt ihre ersten Strahlen durch die Fenster des Großraumbüros im Hauptquartier des NCIS. Von dem Gewitter des vergangenen Abends ist nichts mehr zu sehen, sogar die Straßen sind bereits wieder vollkommen getrocknet. In dem gesamten Gebäude herrscht absolute Stille, der neue Arbeitstag hat noch nicht begonnen, und die ersten Agenten treffen frühestens in einer Stunde ein. Das Klingeln ihres Telefons lässt Kate aus ihrem unruhigen Schlaf fahren, bevor sie sich kurz streckt hat, um sich wieder bewegen und den Hörer abnehmen zu können: „DiNozzo. ... Wo? ... Ich komme sofort.“ Ihr gesamter Körper fühlt sich vollkommen verspannt an, als sie sich, nachdem sie aufgelegt hat, mit einem leisen Seufzen hastig von ihren Schreibtischstuhl erhebt. Sie hat diesen Anruf schon erwartet und sich innerlich darauf vorbereitet, doch trotzdem hat sie bis jetzt gehofft, dass er ausbleiben würde. Mit einem Griff in die Schublade nimmt sie ihre Dienstmarke und die Waffe an sich, ehe wenig später im Aufzug verschwindet, um den Truck zu holen. Auf dem Weg zieht sie ihr Handy aus der Tasche, um den Gerichtsmediziner anzurufen und ihn zum Tatort zu bestellen. Danach überlegt sie einige Sekunden, ob sie ihr Team informieren soll, doch dann verwirft sie diesen Gedanken wieder und fährt schließlich allein los. Etwas in ihrem Inneren hält sie davon ab, die beiden Agenten zu informieren, aber es ist nicht die Angst vor einer Konfrontation mit ihnen, weiß sie doch, dass sie dem nicht entgehen kann und sie sie früher oder später auf ihr seltsames Verhalten ansprechen werden.
Mit hohem Tempo lenkt sie den großen Wagen über die Straßen von Washington D.C. und erreicht kurze Zeit später den East Potomac Park. Sie steigt eilig aus, schließt die Tür hinter sich und geht dann zielstrebig auf das gelbe Flatterband zu, wo sie dem jungen Polizisten ihre Marke zeigt, um zu passieren. Um diese frühe Uhrzeit befinden sich kaum Menschen im Park, und an diesen abgelegenen Ort hat sich noch niemand verirrt. Diese Tatsache unterscheidet sich nicht von der Situation des vergangenen Tages, denn bereits das erste Opfer hatten sie in einer ähnlichen Umgebung vorgefunden. Da sie ohne ihre beiden Agenten zum Tatort gefahren ist, geht sie alleinzur Leiche und beginnt, Fotos zu machen und eine Skizze anzufertigen. Wieder weist der Oberkörper eine Schusswunde auf, und die Hände halten eine weiße und eine rote Rose, was ihren Verdacht bestätigt, dass es sich um den gleichen Täter handelt. Die eigentlich gebräunte Haut des toten Petty Officers wirkt unglaublich blass, die braunen Haare stehen wirr in alle Richtungen, und seine grünen Augen blicken starr in den blauen Himmel. Als die junge Agentin auf das Opfer hinabblickt, kann sie sich erneut des Gedankens nicht erwehren, dass der Petty Officer Tony auf den ersten Blick ähnelt. Kurz denkt sie darüber nach, ob sie sich das Ganze vielleicht nur einbildet, ob lediglich ihre Anspannung und der wenige Schlaf ihre Augen dazu bringen, ihr diese Tatsache vorzugauckeln, doch dann fragt sie sich, ob es wirklich nur ein Zufall sein soll.

Nachdem Kate den Fundort fotografiert und skizziert hat, trifft zehn Minuten später der Truck des Pathologen ein, der mit seinem Ausrüstungskoffer neben ihr erscheint und sich an sie wendet: „Guten Morgen, Agent DiNozzo.“ Die junge Frau blickt kurz auf und antwortet knapp: „Guten Morgen. Können sie mir den ungefähren Todeszeitpunkt mitteilen?“ Der Angesprochene nickt wortlos und beugt sich über das Opfer, um den jungen Mann eingehend zu begutachten, bevor er mit seiner Sonde die Lebertemperatur bestimmt. „Er ist wahrscheinlich gegen Mitternacht gestorben“, erklärt der Doktor nach kurzem Überlegen, worauf die Chefermittlerin auf Grund einer Eingebung nachhakt: „Trägt er Kontaktlinsen?“ Der Gerichtsmediziner untersucht kurz die Augen der Leiche und nickt schweigend, woraufhin sich die Agentin neben ihn hockt und fragt: „Darf ich ihn anfassen?“ „Bitte.“ Als sie vorsichtig die Uniform des toten Petty Officers durchsucht, findet sie jedoch, wie erwartet, keine Papiere, lediglich in der Innentasche der Jacke entdeckt sie erneut eine Botschaft. Die Agentin faltet das Stück Papier auseinander, erkennt das gleiche sorgfältige Schriftbild wie am Tag zuvor und beginnt zu lesen:

Der Glaube an die mächtigen Boten des Lichts
Widerstrebt dir in deinem unwissenden Nichts.
Doch alle Dinge in deinem Leben haben ihren Sinn,
Lass die Vergangenheit ruhen und starte einen Neubeginn.

Der Gesandte Nummer zwei, der die Weisheit bringt,
Und dich lehrt wie die ganze Wahrheit klingt.
Fürchte dich vor meiner ganzen Macht,
Die dich erwartet immer genau zu Mitternacht.​

Die junge Frau seufzt hörbar auf, als sie die wenigen Zeilen gelesen hat, die beinahe den gleichen Wortlaut aufweisen wie die bei dem letzten Opfer, und murmelt: „Also ein Serientäter. Verdammt.“ Der Pathologe unterbricht kurz darauf die Überlegungen der Agentin, als er erwidert: „Ich werde den Toten jetzt ins Hauptquartier bringen. Die ersten Ergebnisse der Autopsie werde ich vermutlich in zwei Stunden haben.“ Nach ihrem kurzen Nicken tütet die junge Frau die beiden Rosen ein, bevor er beginnt, die Leiche zu verpacken, während Kate sich noch einmal dem Fundort widmet, doch so gründlich sie auch sucht, kann sie auch dieses Mal keinen einzigen Hinweis finden. Schon die ganze Zeit kann sie das Gefühl nicht abschütteln, beobachtet zu werden, doch so oft sie sich auch umsieht, kann sie nichts Verdächtiges erkennen. Sie schüttelt innerlich den Kopf über ihr Verhalten, jetzt fühlt sie sich schon verfolgt, nur weil sie diese seltsamen Nachrichten zu ernst nimmt. Ein wenig genervt beendet sie ihre Arbeit, packt die Ausrüstung zusammen und geht zu dem Police Officer, der den Toten gefunden hatte, um seine Aussage aufzunehmen.
Sekunden später steht sie bereits vor dem jungen Polizisten, der sie freundlich anlächelt, und beginnt ihre Befragung: „Officer Brown, können Sie mir bitte erzählen, wann Sie den Toten gefunden haben?“ „Das war gegen 6.00 Uhr. Ich gehe jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit durch den Park. Als ich die Navy Uniform gesehen habe, habe ich sofort den NCIS verständigt und danach meine Kollegen angerufen, um den Tatort abzusperren,“ erklärt der Angesprochene bereitwillig und deutet in Richtung des Polizeiautos, woraufhin die Chefermittlerin nachhakt: „Haben Sie sonst etwas Verdächtiges bemerkt? Haben sie jemanden in der Nähe der Leiche gesehen?“ Er schüttelt den Kopf und erwidert: „In diesem abgelegenen Gebiet sind um diese Uhrzeit nur selten Leute unterwegs. Aber vielleicht geben Sie mir ihre Telefonnummer, falls mir noch etwas einfällt.“ Noch immer blickt der junge Mann sie lächelnd an, doch Kate lässt kopfschüttelnd ihren PDA in der Jackentasche verschwinden und antwortet abweisend: „Lassen Sie sich von der Zentrale mit einem Agenten meines Teams verbinden.“ Danach nickt dem Polizisten noch einmal kurz zu, bevor sie sich wieder zu ihrem Truck begibt, in der Hand nichts weiter als die Beweismitteltüten mit den Rosen und der Botschaft. Als sich hinter das Steuer gesetzt hat, schließt sie für einen Moment die Augen und atmet tief durch, um ihre wirren Überlegungen zu vertreiben, bevor sie den Motor startet und den Wagen zurück zum Hauptquartier lenkt. Der junge Mann wollte sicher nur mit ihr flirten, wobei er sich zwar nicht sehr geschickt angestellt hat, aber bereits bei diesem Gedanken zieht sich ihr Herz schmerzhaft zusammen.
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

Ein neues Kapitel wartet auf euch. Viel Spaß!

LG Claudia


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22. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Im Hauptquartier angekommen, führt ihr erster Weg die Teamleiterin in die Forensik, um die wenigen Beweise, die sie nur gefunden hat, abzugeben. Als sie durch die automatische Schiebetür tritt, erwartet sie wieder diese ungewohnte Stille, doch sie zwingt sich, nicht in ihre Erinnerungen abzuschweifen. Stattdessen geht sie weiter in den Raum voll moderner Geräte hinein, während die Tür sich mit einem leisen Surren wieder hinter ihr schließt. Die Computer im Hintergrund durchsuchen die verschiedenen Datenbanken nach Fingerabdrücken anderer Fälle, während die wenigen Beweise zu ihrem Mord säuberlich aufgereiht auf einem der kleinen Tische liegen. Kate wendet sich an den jungen Mann, der an seinem Arbeitsplatz sitzt: „Guten Morgen, Carter. Ich bringe Ihnen noch zwei Beweisstücke von unserem neuen Fall. Haben Sie schon die Fingerabdrücke des Opfers überprüft?“ Der Angesprochene dreht sich zu ihr um und lächelt die Agentin freundlich an, als er antwortet: „Guten Morgen, Agent DiNozzo. Dr. Morrison hat mich bereits mit Abdrücken versucht. Ich habe die Datenbank der Navy durchsucht und unseren Toten identifiziert. Er ist Petty Officer First Class Scott Clarke. Hier ist eine Kopie von der Botschaft des Täters. Ich werde alles noch auf Spuren untersuchen. Sobald ich etwas finde, rufe ich Sie an.“ Wie immer macht die Chefermittlerin sich in ihrem PDA Notizen zu den Ausführungen des Forensikers und lässt das kleine Gerät danach wieder in ihrer Jackentasche verschwinden. Der junge Mann hat all ihre Fragen, auch die unausgesprochenen, beantwortet, so dass sie mit einem Nicken und einem „Danke.“ das Labor wieder verlässt und in den Aufzug in Richtung Pathologie steigt.

Erneut öffnet sich eine Tür mit einem leisen Zischen und gibt den Weg in das gerichtsmedizinische Labor frei, in das die junge Frau eintritt. In dem kalten trostlosen Raum mit den blank polierten Stahlbahren herrscht absolute Ruhe, nur unterbrochen von dem leisen Atem zweier Menschen. Diese Stille ist noch immer ungewohnt für sie, hatte Dr. Mallard doch die Angewohnheit gehabt, mit seinen 'Patienten' zu sprechen. Jeder Tote hat seine eigene Geschichte zu erzählen, und Ducky hatte jedem Einzelnen von ihnen bis zum Ende zugehört. Doch Dr. Morrison hat sich schweigend über die Leiche gebeugt und ist gerade dabei, den Oberkörper mit einer Naht wieder zu verschließen. Zum wiederholten Mal registriert sie dessen schnelle Arbeit, ist sie sich doch nicht bewusst, den Tatort so lange Zeit nach ihm verlassen zu haben. Aber im Moment haben andere Sorgen Vorrang, als dass sie die Zeit und die Nerven hätte, sich über die Gründlichkeit des neue Pathologen den Kopf zerbrechen könnte. Als er ihr Eintreffen registriert, richtet er sich wieder auf und beginnt sofort damit, ihr seine Ergebnisse mitzuteilen: „Der Petty Officer ist genau wie unser gestriges Opfer durch einen Schuss ins Herz getötet worden. Das Projektil, ein großes Kaliber, ist glatt durch den Körper gegangen und am Rücken wieder ausgetreten. Auf Grund der nicht vorhandenen Blutlache am Fundort, ist davon auszugehen, dass er nicht dort erschossen wurde. Der Todeszeitpunkt war, wie vermutet, um Mitternacht. Die Leiche weißt keinerlei Abwehrverletzungen auf.“ Kate ist seinen Ausführungen gefolgt, hat sich wiederum Notizen in ihrem PDA gemacht und hakt jetzt nach: „Sind die Haare unseres Toten gefärbt?“ Der Angesprochene nickt daraufhin und erläutert: „Ja, und die Farbe ist noch frisch.“ „Wieso macht sich ein Mörder so viel Mühe?“, stellt sie sich selbst eine Frage, ohne eine Antwort darauf zu erwarten. Während sie sich im Inneren Gedanken über diesen beide Fälle macht, verlässt sie die Pathologie mit ihrem grellen Licht in Richtung des Großraumbüros. Als sie den Fahrstuhl betreten hat, lehnt sie sich seufzend an die kühle Metallwand und schließt kurz die Augen, um einen Moment abzuschalten, was ihr jedoch nicht gelingen will, bestimmen doch die beiden Opfer ihr Denken.

Ein leises 'Pling' ertönt, als der Aufzug in der Etage des Squad Rooms hält und die schweren Türen sich wieder öffnen, um die Chefermittlerin zu entlassen. Die Sonne ist in den letzten beiden Stunden höher gestiegen und scheint mittlerweile hell durch die großen Fenster des Hauptquartiers, während bereits die alltägliche Hektik Einzug gehalten hat. Zielstrebig geht sie an den Schreibtischen ihres Teams vorbei, um an ihren Arbeitsplatz zu gelangen und fährt als erstes ihren Computer hoch. Tim und Ziva haben ihr Eintreffen bemerkt und werfen sich fragende Blicke zu, da ihre Vorgesetzte sie beharrlich ignoriert. Nach einigen Sekunden zuckt der junge Agent mit den Schultern und wendet sich wieder seinen Akten zu, in die er sich umgehend vertieft. Die Israelin erhebt sich jedoch von ihrem Stuhl, geht zum Schreibtisch der Teamleiterin und fragt besorgt: „Wo warst du, Kate? Gibt es einen neuen Fall?“ Die Angesprochene hebt nun den Kopf und sieht ihr Gegenüber an, doch sie erwidert nur abweisend: „Ich hatte etwas zu erledigen. Kümmert euch weiter um eure Akten.“ Damit ist die Sache für sie erledigt, und sie will sich bereits wieder abwenden, als Ziva etwas entgegnen will, doch sie fügt hinzu: „Gehen Sie an die Arbeit, Officer David.“ Nach einem zögernden Nicken, begibt diese sich wieder an ihren Tisch, aber immer wieder schweifen ihre Blicke zu ihrer Chefermittlerin, die konzentriert etwas zu lesen scheint. Obwohl sie den Entschluss gefasst hatte, mit ihr zu sprechen, ist sie sicher, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür ist und sie lediglich eine wütende Entgegnung erhalten würden.
Wieder und wieder studiert Caitlin die Botschaft des Täters, ohne sich jedoch einen Reim darauf machen zu können, so dass sie das Papier seufzend zur Seite legt und die Dienstakte des Opfers zur Hand nimmt, um diese durchzusehen: 'Petty Officer First Class Scott Clarke, 35 Jahre alt, verheiratet, keine Kinder. Seit einem Jahr bei der Navy. Stationiert auf der Naval Station in Norfolk. Keine Beschwerden, keine Vorstrafen, keine Schulden. Genau wie bei Seaman Johnson.' Ihre Augen wandern gewissenhaft über die Zeilen, bevor sie diese genervt schließt und sich kurz über die Schläfen reibt, denn diese beiden Morde bereitet ihr mittlerweile wirklich Kopfschmerzen. Etwas überaus Beunruhigendes geht von diesen Fällen ohne Beweise und vor allem von diesen ominösen Botschaften, die ihnen der Täter hinterlässt, aus. Sie kann sich dieses Gefühl nicht erklären, doch irgendetwas sagt ihr, dass mehr dahinter steckt, als sie bis jetzt angenommen hat. Lange hatte sie eine solche Empfindung nicht mehr verspürt, im Grunde seit Tony gestorben war, hatte sie doch während dieser Monate all dies unterdrückt, während der Schmerz in ihrem Inneren übermächtig gewesen war. Sollte dies ihr Instinkt sein, der sich nun plötzlich wieder zu Wort meldet?

Seit Stunden sitzt die Teamleiterin bereits über den Dienstakten der beiden Toten und den Botschaften des Täters, doch auch mehrmaliges Lesen bringt sie nicht weiter. Carter hatte nach der Mittagspause angerufen und ihr erwartungsgemäß mitgeteilt, dass die Untersuchung von Uniform, Rosen und dem Papier mit der Nachricht erneut keine Ergebnisse gebracht hat. Mittlerweile breitet sich die Dämmerung um das Hauptquartier aus, so dass sie ihre beiden Agenten mit Nachdruck, der keine Widerrede duldet, in den Feierabend entlässt. Sie spürt, dass die Beiden mit sich kämpfen, etwas zu erwidern, doch ihre bestimmte Aufforderung lässt sie schließlich doch schweigen. Aber das Gefühl in ihrem Inneren und die Angst um ihr Team zwingt sie dazu, sich diesem Fall allein anzunehmen, auch wenn sie kaum noch dazu in der Lage ist. Ein Gefühl von Müdigkeit macht sich langsam in ihrem Körper breit, denn die letzte Nacht an ihrem Schreibtisch war nicht gerade erholsam. Als sie sich wieder ihrem Computer zuwenden will, erblickt sie die junge Israelin vor ihrem Schreibtisch, die sie durchdringend mustert. Nachdem sie jedoch kein Wort von sich gibt, fordert die Chefermittlerin sie mit matter Stimme auf: „Geh nach Hause, Ziva!“ Die Angesprochene schüttelt bestimmt den Kopf und erwidert: „Nicht bevor du mir erzählt hast, was heute früh passiert ist. Es gab eine zweite Leiche, hab ich Recht?“ Kate sieht sie eine Weile nachdenklich an, doch dann wendet sie sich schweigend wieder ihrer Akte zu, so dass die Mossad-Offizierin erklärt: „Du willst es mir nicht sagen? Gut. Dann werde ich so lange hier bleiben, bis du es tust.“ Mit diesen Worten verschwindet sie wieder an ihrem Arbeitsplatz und lässt sich auf ihrem Stuhl nieder, während sie ihre Vorgesetzte nicht aus den Augen lässt. Diese hat die Aussage der Israelin schweigend hingenommen und sieht auch jetzt nicht von ihrer Arbeit auf, in die sie sich vertieft zu haben scheint. Doch stattdessen versucht sie krampfhaft, das Chaos in ihrem Kopf zu beseitigen und die wirren Gedanken in geordnete Bahnen zu lenken.
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

Es gibt ein neues Kapitel und einen neuen Mord.
Also, viel Spaß!

LG Claudia


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23. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Die ersten Sonnenstrahlen des neuen Morgens, die durch die Fenster des Großraumbüros scheinen, lassen Kate langsam erwachen. Die letzten Stunden hat sie auf dem Fußboden verbracht, da die zunehmende Erschöpfung sie immer mehr zu überwältigen drohte. Doch auch wenn die ausgestreckte Haltung um einiges bequemer ist als der Schlaf in ihrem Schreibtischstuhl, steckt die Müdigkeit der vergangenen Tage noch immer in ihren Knochen. Wie in der vergangenen Nacht haben die beiden Mordfälle sie erneut bis in ihre Träume verfolgt und die Agentin nicht richtig zur Ruhe kommen lassen. Als sie versucht, ihre steifen Glieder ein wenig zu strecken, lässt sie das Klingeln ihres Telefons hastig aufspringen und den Anruf annehmen: „DiNozzo. ... Wir sind unterwegs.“ Während sie den Hörer langsam wider auf die Gabel sinken lässt, wandert ihr Blick zu dem Arbeitsplatz, der ihr schräg gegenüber liegt. Die Israelin sitzt bereits auf ihrem Stuhl, einige Akten vor sich auf dem Tisch liegend, und blickt ihre Vorgesetzte erwartungsvoll an. Ohne nachsehen zu müssen, ist Kate klar, dass sie sich die Unterlagen des letzten Mordes genommen hat und diese nun mit dem ersten Fall vergleicht. Ein kaum hörbares Seufzen entweicht ihrer Kehle, bevor sie erklärt: „Wir haben wieder einen Toten.“ Die beiden jungen Frauen greifen nach ihren Dienstmarken und Waffen, ehe sie das Büro mit dem Aufzug verlassen, um in die Tiefgarage zu gelangen. „Wohin fahren wir?“, durchbricht Ziva schließlich die Stille, nachdem sie mit ihrem Handy den Pathologen benachrichtigt hat und nun in den Truck steigt, doch sie erhält nur eine knappe Antwort: „Anacostia Park.“ Die Mossad-Offizierin nickt und wendet den Blick nach vorn, als sie ihre Gedanken ausspricht: „Fort Stanton, East Potomac und Anacostia Park. Er kommt immer näher.“ Die Teamleiterin sieht sie sie nachdenklich an, bevor sie sich wieder schweigend der Straße widmet und den Wagen durch die erwachende Stadt lenkt.

Mit Schwung fallen die Autotüren zu, nachdem die beiden Agentinnen ausgestiegen sind und nun ihre Ausrüstung aus dem Laderaum nehmen. „Ziva, Skizze und Spurensuche. Ich werde Fotos machen, bis Dr. Morrison da ist“, gibt die Chefermittlerin Anweisungen, und sie machen sich wortlos an die Arbeit. Für einige Momente betrachtet Kate den jungen Ensign, der leblos zu ihren Füßen liegt, den Körper in eine saubere Uniform gehüllt, die braunen Haare verstrubelt und die grünen Augen starr nach oben blickend. Unvermittelt läuft ein kalter Schauer über ihren Rücken, doch sie unterdrückt die aufkommenden Gefühle und hebt den Fotoapparat vor ihr Auge, um dieses Bild für die Ermittlungen festzuhalten. „Guten Morgen, Agent DiNozzo“, schreckt sie plötzlich die Stimme des Gerichtsmediziners aus ihrer Konzentration, der sich sofort neben der Leiche niederlässt und diese begutachtet. Mit wenigen Griffen hat er die Lebersonde heraus gesucht, um mit dieser die Körpertemperatur des Opfers zu ermitteln: „Der Todeszeitpunkt liegt erneut etwa bei Mitternacht.“ Die Teamleiterin nickt lediglich und beobachtet schweigend, wie er die Augen des jungen Mannes untersucht und erklärt: „Er trägt Kontaktlinsen. Sie können sich jetzt die Taschen ansehen.“ Noch immer wortlos geht die Teamleiterin neben ihm in die Hocke und tastet daraufhin die Uniformjacke gründlich ab, bis sie ein Stück Papier in der Hand hält. Langsam faltet sie dieses auseinander, blickt erneut auf die akkurat geschriebenen Tintenbuchstaben und beginnt zu lesen:

Der Glaube an die mächtigen Boten des Lichts
Widerstrebt dir in deinem unwissenden Nichts.
Doch alle Dinge in deinem Leben haben ihren Sinn,
Lass die Vergangenheit ruhen und starte einen Neubeginn.

Die Nummer drei bringt den Tod,
Und da ist kein Retter in der Not.
Fürchte dich vor meiner ganzen Macht,
Die dich erwartet immer genau zu Mitternacht.
Mit wenigen Handgriffen ist der kleine Zettel in einer Beweismitteltüte verschwunden, und die Agentin wendet sich wieder dem Opfer zu. Vorsichtig löst sie die Finger des Toten von den beiden Blumen, um die sie sich geschlossen haben und lässt dann eine weiße und eine rote Rose in einem durchsichtigen Beutel verschwinden, den sie zusammen mit dem ersten sorgfältig beschriftet. „Sie können die Leiche mitnehmen“, richtet sie sich danach an den Pathologen, der in der Zwischenzeit eine Trage aus seinem Truck geholt hat. Mit diesen Worten geht die Chefermittlerin die wenigen Schritte auf Ziva zu, die gerade die fertige Tatortskizze in ihrem Rucksack verstaut. Als sie ihre Vorgesetzte bemerkt, sieht sie auf und berichtet von den Ergebnissen ihrer Spurensuche: „Ich konnte nicht den kleinsten Hinweis finden. Der Täter hat erneut absolut nichts hinterlassen, auch kein Projektil.“ Kate nickt lediglich, denn das hat sie schon erwartet und erklärt dann: „Wahrscheinlich wurde auch er an einem anderen Ort getötet. Es ist kein Tropfen Blut um den Toten zu finden.“ Die Israelin seufzt leise, bevor sie fragt: „Und sonst? Gibt es irgendwelche anderen Beweise?“ Die Angesprochene schüttelt den Kopf, und die Beiden machen sich auf dem Weg zum Wagen, als sie schließlich antwortet: „Es ist alles wie bei den letzten beiden Leichen. Kein Ausweis, nur eine Botschaft des Täters in der Jackentasche. Grüne Kontaktlinsen. Die braunen Haare sind vermutlich wieder gefärbt. Außerdem hatte er zwei Rosen in der Hand, eine weiße und eine rote.“
Nachdem sie die Ausrüstungskoffer im Laderaum des Trucks verstaut haben, befragt Ziva den Jogger, der das Opfer gefunden hatte und Kate die beiden Polizisten, die den Tatort abgesperrt hatten, doch keiner von ihnen hatte etwas beobachtet. Beide erklären mit einem Schulterzucken, dass der Park um diese frühe Uhrzeit noch menschenleer gewesen und auch kein verdächtiges Fahrzeug zu sehen gewesen sei. Resigniert begeben sich die jungen Frauen zu ihrem Wagen, um zurück zum Hauptquartier zu fahren, als Kates Handy klingelt: „DiNozzo. ... Tim, was gibt es? ... Nein, du gehst zum Arzt. Wir kommen auch ohne dich zu Recht. Ich will dich morgen nur sehen, wenn wirklich alles in Ordnung ist. ... Bis dann.“ Die Israelin blickt ihre Kollegin fragend an, woraufhin diese erklärt: „McGee ist heute früh gestürzt. Vermutlich hat er sich den Arm verstaucht.“ „Wir brauchen aber seine Hilfe bei diesem Fall“, wendet die Mossad-Offizierin ein, doch die Teamleiterin schüttelt den Kopf und erwidert: „Wir haben sowieso keine Hinweise. Außerdem will ich nicht noch mehr Leute in diese Sache hineinziehen und dadurch unnötig in Gefahr bringen. Es reicht schon, dass du hier bist.“ Mit diesen Worten startet sie den Truck und lenkt ihn die Straße entlang, um die kurze Strecke zum Hauptquartier zurückzulegen.
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

Hallo Ihr alle!

Es geht weiter, und Ziva macht eine wichtige Entdeckung.
Viel Spaß beim Lesen!

LG Claudia


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23. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Es ist schon beinahe Routine geworden, dass ihr erster Weg zurück im Hauptquartier die Chefermittlerin in das Labor führt, doch dieses Mal wird sie von Ziva begleitet. „Guten Morgen, Carter“, grüßen die Beiden den jungen Mann, der sich einem seiner Computer zugewandt hat. „Ich habe Sie bereits erwartet“, erklärt er freundlich, denn der Gerichtsmediziner hatte in der Zeit, die er vor ihnen zurück ins Hauptquartier gefahren war, bereits seine Spuren an den Forensiker weitergeleitet. Aus diesem Grund nimmt er eifrig die Beweismitteltüten entgegen, ehe er mit seinen Erläuterungen beginnt: „Ich habe die Fingerabdrücke unseres Opfers durch die Datenbank geschickt. Der Tote ist Ensign Lucas Mayer. Die Untersuchung der Uniform ist noch nicht abgeschlossen. Danach sehe ich mir noch die Rosen und die neue Botschaft an. Ich melde mich, sobald ich Ergebnisse habe.“ Kate nickt lediglich schweigend, hat sie doch nichts anderes erwartet und verabschiedet sich dann mit einem kurzen „Danke.“, nachdem sie eine Kopie der Nachricht, die sie in der Uniformjacke gefunden hatte, entgegen genommen hat.
Die Israelin folgt ihrer Kollegin wortlos in den Fahrstuhl und kurz danach durch die automatische Schiebetür in das Reich des Pathologen. Dieser sitzt bereits an seinem Schreibtisch, um den Autopsiebericht zu verfassen, als die Teamleiterin das Wort an ihn richtet: „Was können Sie mir sagen, Dr. Morrison?“ Der Angesprochene erhebt sich von seinem Stuhl, geht zu der Stahlbahre, auf der der Tote noch immer liegt und berichtet: „Die gleiche Todesursache wie bei den beiden letzten Leichen. Schuss ins Herz mit einem großen Kaliber. Das Projektil ist am Rücken wieder ausgetreten. Das Opfer weist keinerlei Abwehrverletzungen auf. Der Todeszeitpunkt liegt, wie vermutet, bei Mitternacht. Auch bei ihm sind die Haare frisch gefärbt.“ In der Zwischenzeit hat die Chefermittlerin aufgegeben, sich ständig zu fragen, ob sie der Arbeit ihres neuen Kollegen trauen kann, zweifelt sie doch noch immer an dessen Genauigkeit. Aber vermutlich ist dieser Fall zu offensichtlich, zumindest aus seiner Sicht, als dass er seine Zeit für eine gründlichere Untersuchung verschwenden würde, und sie hat weder die Kraft noch einen Anhaltspunkt, der sie dazu berechtigen würde, sich mit ihm anzulegen. Stattdessen sieht sie ihre Agentin fragend an, um eine Reaktion auf den Bericht des Älteren zu erkennen, doch diese blickt noch immer nachdenklich auf den leblosen Körper vor sich. Wenig später verlassen die beiden Frauen die Gerichtsmedizin mit einem kurzen Nicken und steigen in den Aufzug, um in das Großraumbüro zu gelangen.

Kate hat an ihrem Schreibtisch Platz genommen und studiert erneut die Botschaft des Täters, als Ziva sie aus ihren Überlegungen reißt: „Ich habe die Dienstakte unseres Opfers.“ Die Beiden wenden sich dem Plasmabildschirm zu, auf dem ein Foto erscheint, ehe sie fort fährt: „Ensign Lucas Mayer, 35 Jahre alt, verheiratet, keine Kinder. Seit zweieinhalb Jahren bei der Navy. Stationiert auf der Naval Station in Norfolk. Keine Beschwerden, keine Vorstrafen, keine Schulden. Ganz genau wie bei den letzten beiden Toten.“ Für einige Minuten vertiefen sich die Agentinnen in das Schriftstück, bevor die Israelin die Akten von Seaman Johnson und Petty Officer Clarke hinzu lädt. Nach einem kurzen Vergleich der Daten beginnt sie, zwischen den Schreibtischen auf und ab zu laufen, während sie die Hinweise zusammenfasst: „Wir haben drei männliche Opfer. Alle sind 35, verheiratet und haben keine Kinder. Sie alle sind Angehörige der Navy in der gleichen Einheit und aufsteigend nach ihrem Rang gestorben. Der Schuss ins Herz und die fehlenden Spuren deuten darauf hin, dass wir es mit einem Profi zu tun haben, wahrscheinlich einem Scharfschützen. Er hat sie nicht nur erschossen, er hat sie regelrecht hingerichtet.“ Bei den Ausführungen nickt die Teamleiterin zustimmend, ohne etwas zu erwidern, worauf die Mossad-Offizierin fragt: „Kann ich bitte die Nachricht sehen, die du bei der letzten Leiche gefunden hast?“ Schweigend hält Kate ihr die neue Botschaft hin, und sie beginnt, diese sorgfältig zu studieren, ehe sie sich an ihren Schreibtisch setzt und etwas in ihren Computer eintippt.
Einige Sekunden vertieft sie sich in den Text auf ihrem Monitor, bevor sie sich wieder erhebt und erklärt: „Ich weiß jetzt, worüber der Täter spricht. Die vier Erzengel des Islam, Michael - Engel der Gerechtigkeit, Gabriel - Übermittler der göttlichen Weisheit, Azrael - Engel des Todes und Israfil - Engel des jüngsten Gerichts.“ „Dann wissen wir ja, was uns für morgen erwartet“, gibt Kate sarkastisch zurück, doch Ziva lässt sich nicht beirren und fährt fort: „Moslems sehen ihre Engel als gewaltige und mächtige unsichtbare Lichtgestalten. Das bedeutet vermutlich die erste Zeile. Der Glaube an die Engel gehört zu den grundlegenden Verpflichtungen der Muslime, was die zweite Zeile deutlich machen soll, da wir in ihren Augen Ungläubige sind. Der Anfang der zweiten Strophe weist auf die Erzengel hin und der Schluss auf den Todeszeitpunkt der Opfer.“
Für einige Momente hält die Israelin inne und mustert ihr Gegenüber, ehe sie die Fotos der Leichen auf den Bildschirm lädt und hinzufügt: „Ich glaube, dass der Mörder dich in seiner Botschaft anspricht. Mit den letzten beiden Zeilen der ersten Strophe will er auf deine heimlichen Ermittlungen hinaus.“ „Wie kommst du auf diesen Unsinn?“, wird sie durch die Chefermittlerin verärgert unterbrochen, doch in ihrer Stimme liegt auch ein Hauch von Unsicherheit, so dass die Mossad-Offizierin ein weiteres Bild auf dem Monitor erscheinen lässt und erklärt: „Es kann kein Zufall sein, dass die Opfer eine solche Ähnlichkeit mit deinem Mann haben, vor allem da diese gefälscht ist. Außerdem sind sie alle 35 Jahre alt, verheiratet und haben keine Kinder, genau wie Tony.“ Als sie diesen Namen hört und in seine Augen auf dem Bildschirm blickt, wendet sich Kate abrupt ab, geht eilig zum Fahrstuhl und murmelt, ehe die Türen sich schließen: „Lass uns eine Stunde Pause machen! Wir haben noch nichts gegessen.“ Ziva will etwas erwidern, doch da ist ihre Kollegin bereits verschwunden, so dass sie, ohne zu überlegen, ihr Handy herausholt und hastig eine Nummer wählt. „Wir haben ein Problem“, erklärt sie der Person am anderen Ende der Leitung und fügt hinzu: „Ein Serienkiller scheint, Agent DiNozzo zu verfolgen. In seinen Botschaften macht er Verweise auf den Koran.“ Für einen Moment lauscht sie der Stimme, ehe sie erwidert: „In Ordnung.“

In der Zwischenzeit hat sich die Teamleiterin in ein kleines Café nahe des Hauptquartiers begeben und lässt sich mit einem Kaffee an einem Tisch im Freien nieder. Ihr Blick ist bewegungslos in die Ferne gerichtet, doch sie scheint, nichts und niemanden um sich herum wahrzunehmen, bleibt weiterhin vollkommen erstarrt. Über eine Stunde sitzt sie still da und versucht krampfhaft, ihre wirren Gedanken zu ordnen, doch dies will ihr einfach nicht gelingen. Die Nachmittagssonne brennt unbarmherzig auf sie hinab, aber die junge Frau scheint, dies überhaupt nicht zu bemerken, denn sie flüchtet nicht wie viele Andere in den Schatten der großen Schirme. Dieser Fall hatte ihr bereits in den letzten Tagen zu schaffen gemacht, doch die unerwartete Wendung, die dieser heute genommen hat, überfordert sie regelrecht. Sie hat gehofft, die frische Luft würde ihr helfen, ein wenig Ruhe zu finden und Abstand zu ihrer Arbeit zu gewinnen, doch diese verfolgt sie an jeden Ort, an den sie geht. Irgendwann reißt sie sich jedoch aus ihrer Trance, schüttet die dunkle Flüssigkeit, die mittlerweile nur noch lauwarm ist, in einem Zug hinunter und erhebt sich wieder, um an ihren Schreibtisch zurückzukehren.
Das vertraute 'Pling' kündigt das Eintreffen des Aufzugs an, der nur Sekunden später die Chefermittlerin in das Großraumbüro entlässt. „Kate! Wo zum Teufel warst du so lange?“, ruft ihr die Israelin besorgt entgegen, doch die Angesprochene winkt ab: „Ich war einen Kaffee trinken. Ich musste einfach hier raus.“ Nachdem die Chefermittlerin sich an ihren Arbeitsplatz gesetzt hat, geht Ziva zu ihr und erklärt eindringlich: „Du solltest diese Sache ernst nehmen, Kate.“ „Das tue ich, Officer David“, gibt sie zurück, doch ihr Gegenüber fügt hinzu: „Ich bin mir sicher, dass die Terroristen verhindern wollen, dass du ihnen zu nahe kommst.“ „Ich weiß, und deshalb ist es besser, wenn ich ab jetzt allein weiter mache. Diese Menschen werden mich niemals dazu bringen, einfach aufzugeben“, erklärt Caitlin bestimmt, doch die Israelin versucht, sie umzustimmen: „Du brauchst meine Hilfe. Ich habe beim Mossad ausreichend Erfahrung damit gesammelt.“ Ihre Vorgesetzte lässt sich jedoch nicht von ihrer Entscheidung abbringen und erwidert: „Sie sind von diesem Fall abgezogen. Das ist mein letztes Wort, Officer David.“ Sie vernimmt die Aussage ihrer Vorgesetzten, aber so einfach lässt sich die junge Frau nicht von ihr abwimmeln und meint bestimmt: „Ich kann dich nicht daran hindern, aber ich werde dich trotzdem nicht aus den Augen lassen.“
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

Es wird mal wieder Zeit für ein Kate-Kapitel.
Viel Spaß beim Lesen!

LG Claudia


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24. Juli 2008 - Washington D.C., USA

Ein unangenehmer Schmerz, der durch meinen gesamten Körper zieht, lässt mich langsam aus meinen wirren Träumen, die mich in den wenigen Stunden, in denen ich Schlaf gefunden habe, ununterbrochen verfolgten, erwachen. Ein vorsichtiges Blinzeln verrät mir, dass ich wie so oft in den vergangenen Tagen an meinem Schreibtisch eingenickt bin. Der kurz darauf folgende Blick auf meine Armbanduhr sagt mir, dass es gerade fünf Uhr morgens ist und mich vor etwa drei Stunden die Müdigkeit übermannt hatte. Ich versuche, meine kraftlosen Glieder ein wenig zu strecken, ehe ich mich mit Mühe aufrichte, und mein Geist nach und nach in den Wachzustand zurückkehrt. Als meine Augen sich an die Helligkeit gewöhnt haben, lasse ich meinen Blick für einen kurzen Moment aus dem Fenster schweifen. Der neue Morgen bricht gerade an, und die ersten vorsichtigen Sonnenstrahlen vertreiben die letzten Boten der vergangenen Nacht. Die kaum noch sichtbare Mondsichel verblasst mehr und mehr am hellblauen Himmel, während die kleinen weißen Schäfchenwolken einen Kontrast zu dessen Farbe bilden.
In wenigen Stunden wird uns ein Anruf zu einem weiteren Tatort und damit einer weiteren Leiche, der vermutlich letzten, rufen. Niemals wurde eine von ihnen früher gefunden, vermutlich deponierte der Täter sie erst im Morgengrauen, was mit Sicherheit auch heute nicht anders sein wird. Die letzte Nacht hatte ich mit Grübeln über diesen verwirrenden Botschaften verbracht, so wie ich es immer tat, seit mein Team diese seltsamen Morde untersuchte. Doch heute, drei Tage und drei Tote später, weiß ich, dass der Täter wohl mich als sein letztes Opfer betrachtet, auch wenn ich vor Ziva versucht habe, die ganze Sache herunter zu spielen. Aber obwohl mir mein Leben nicht mehr so wertvoll erscheint wie noch vor zwei Jahren, habe ich dennoch Angst vor dem, was mich erwartet. Trotzdem kann und werde ich, solange mein Herz noch schlägt, nicht aufhören, die Mörder meines Mann zu verfolgen, auch wenn dies meinen Tod bedeutet. Doch genausowenig werde ich zulassen, dass mein Team, die Menschen, die mir noch geblieben sind, sich meinetwegen in Gefahr bringen, deshalb verlasse ich leise das Büro, um die Israelin nicht zu wecken.

In der vergangenen Nacht war erneut ein Gewitter über Washington niedergegangen und hatte endlich für die ersehnte Abkühlung gesorgt. Die verbliebenen Nebelschwaden, die die Gräber umhüllen, lösen sich von Minute zu Minute immer weiter auf und geben den Blick auf die Gedenksteine frei. Langsam gehe ich den schmalen Weg entlang, der Kies knirscht leise unter meinen Schritten und durchbricht die Ruhe des Sommermorgens. Ich lasse meinen Blick in die Ferne schweifen, in der am Horizont die Sonne unaufhaltsam ihr schützendes Versteck verlässt. Die ersten Strahlen kämpfen sich zwischen den Wolken hervor und leuchten durch die Blätter der umstehenden Bäume, tauchen ihre Umgebung in ein sanftes orangefarbenes Licht und wärmen angenehm mein Gesicht. Wenn ich meine Augen schließe, fühlt es sich beinahe an wie die Berührung einer vertrauten Hand auf meiner Wange, die ich schon so lange vermisse. Eine angenehme, beinahe erlösende Stille herrscht an diesem Ort, zu dem der Lärm und die Hektik der Stadt nicht vorzudringen scheinen. Die Enge des Büros hatte mich heute Morgen nach den unzähligen Stunden, die ich an meinem Schreibtisch verbracht hatte, schier erdrückt, so dass ich einfach hierher geflohen war. Wieder einmal war ich weggelaufen vor meinen Gefühlen, vor dem Schmerz und der Einsamkeit, die sich seit so vielen Monaten in meinem Inneren ausgebreitet hatten.
Seit genau drei Tagen bin ich nicht mehr hier gewesen, denn ich hatte mich förmlich in diesem Fall vergraben, doch als ich mich jetzt wieder vor seinem Grab auf meine Knie fallen lasse und den weißen Marmorstein anstarre, erfüllt mich nicht die innere Ruhe, die ich so dringend suche. Noch immer ist diese kalte Angst da, die mich seit Tagen nicht mehr los lässt und die nicht einmal seine Nähe vertreiben kann. In letzter Zeit hatte mir der Besuch bei Tony immer wenigstens etwas geholfen, doch heute verspüre ich keine Linderung. Dieses beklemmende Gefühl hat von mir Besitz ergriffen, ist stärker als alles andere, und ich kann es nicht mehr abschütteln. An Tagen wie dem heutigen, an denen die Hilflosigkeit mein Inneres zu lähmen scheint, fühle ich die Einsamkeit noch stärker als sonst. So sehr wie seit Wochen nicht mehr wünsche ich mir in diesem Moment, dass er bei mir ist, mich in seine starken Arme nimmt und mir einfach nur Halt gibt. Stumme Tränen verschleiern meinen Blick, bevor sie beginnen, meine Wangen hinab zu rinnen und schließlich den Weg auf die feuchte Erde unter meinen Füßen finden. Ich schlinge die Arme um mich und kann ein leises Schluchzen nicht unterdrücken, während ein leichtes Zittern meinen Körper durchfährt. Als ich mich wieder ein wenig gefangen habe, fahre ich mit der Hand über mein Gesicht und erhebe mich, denn die neue Energie, die ich hier suche, kann ich heute nicht finden.

Es ist das erste Mal seit über achtzehn Monaten, dass ich eine Kirche betrete, denn der Verlust meines Ehemannes hatte zu sehr geschmerzt, als dass ich hätte zu Gott beten und ihm verzeihen können, was er mir angetan hatte. Doch am heutigen Tage verspüre ich dieses Verlangen, mit jemandem zu sprechen, und Tony kann mir dieses Mal nicht die nötige Kraft geben. Die kleine Friedhofskapelle ist noch immer von der Stille des frühen Morgens umgeben, nur das Zwitschern der Vögel in den Baumwipfeln durchbricht diese. Leise hallen meine Schritte auf dem Pflaster wider, verstummen für einen Moment und werden von dem Knarren des schweren Portals übertönt. Mein Puls beschleunigt sich, als ich das kleine Gotteshaus betrete und meinen Blick für einige Sekunden durch das Innere schweifen lasse. Einige Strahlen der aufgehenden Sonne dringen durch die bunt gestalteten Glasscheiben der Fenster, die auf beiden Seiten in das Mauerwerk eingelassen sind und tauchen den Raum in ein atemberaubendes Licht. Wunderschöne weiße Säulen mit üppigen Verzierungen säumen den Mittelgang, der zu dem kleinen, mit Kerzen geschmückten Altar führt. Der schwere Teppich, der den Weg bis zur Kanzel bedeckt, verschluckt das Geräusch meiner Schritte, als ich mich schließlich zögernd in Bewegung setze. Ganz langsam schreite ich den kurzen Weg nach vorn, und für einen kurzen Moment holen mich die Erinnerungen an meine Hochzeit mit Tony wieder ein. Kaum merklich schüttle ich meinen Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben, halte dann kurz inne und lasse mich vor dem Altar auf die Knie sinken.
Wenn ich so recht darüber nachdenke, habe ich keine Ahnung, was ich eigentlich hier will und was ich mir von meinem Besuch in der Kirche verspreche. Mit einem leisen Seufzen hebe ich den Kopf und wende meinen Blick zu dem großen Holzkreuz an der gegenüber liegenden Wand. Nachdem ich dies eine Weile bewegungslos angestarrt habe, schließe ich meine Augen und atme einmal tief durch, um die Ruhe dieses Ortes in mich aufzunehmen. Ich merke spürbar, wie mit jeder Sekunde die eisige Hand, die mein Herz umklammert hält, langsam ihren eisernen Griff löst. Das beklemmende Angstgefühl, das mich seit Beginn unseres Falls beherrscht, beginnt, sich mehr und mehr zu verflüchtigen. Die ganzen Monate, die ich in Paraguay verbracht hatte, lebte ich mit dem Wissen, dass ich jeden Tag bei einer Mission sterben könnte, hatte es sogar nahezu herausgefordert. Doch jetzt, da ich nicht weiß, wer mich verfolgt und vor allem welche Qualen mich erwarten, verspüre ich diese Furcht vor dem, was kommen wird. Ich öffne meine Augen wieder und stelle fest, dass ich unbewusst meine Hände zum Beten gefaltet habe, bevor ich mich langsam erhebe. Mit dem festen Vorsatz, diesen Fall um jeden Preis zu Ende zu bringen und mein Team zu beschützen, wende ich mich schließlich zum Gehen. Doch wenn mein Schicksal es vorsieht, dass ich heute sterbe, werde ich nicht dagegen ankämpfen, denn dann werde ich endlich Tony wiedersehen.
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

Jetzt gibt es wieder ein wenig Spannung für euch.
Viel Spaß!

LG Claudia


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24. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Als Kate in ihrem Auto sitzt und auf das schmiedeeiserne Tor starrt, das den Friedhof von der restlichen Stadt abgrenzt, sieht sie die letzten Wassertropfen des nächtlichen Regens, die auf dem Metall in den vereinzelten Strahlen der Morgensonne glitzern, die sich durch die dichten Wolken kämpfen. Bis zu diesem Ort ist das Erwachen von Hektik und Lärm in den Straßen noch nicht vorgedrungen, die hohe Felsenmauer scheint alles Irdische auszusperren. Weit und breit ist keine Menschenseele zu sehen, durchbricht kein Motorengeräusch die angenehme Stille, lediglich das Zwitschern der Vögel in den Baumkronen, die den neuen Tag begrüßen, dringt an ihr Ohr. Die engen, regelmäßigen Reihen der unzähligen Grabsteine, die hinter dem breiten Gittertor ihr Blickfeld erreichen, liegen friedlich vor ihr. Das saftige Grün des Grases rund um die Ruhestätten wird nur von dem sanften weiß der Gedenksteine und den leuchtenden Farben der Blumen davor unterbrochen.
Sie war heute morgen in der Hoffnung hierher gekommen, neue Kraft zu schöpfen für das, was nun unweigerlich kommen wird, doch noch immer spürt sie eine unglaubliche Schwäche und Hilflosigkeit. Sogar an diesem Ort der Ruhe und des Friedens fühlt sich die junge Frau beobachtet und verfolgt, kann sie ihre Unsicherheit nicht abschütteln. Für einige Sekunden schließt sie ihre Augen, um ihre Umgebung, um die Wirklichkeit zu vergessen, zu verdrängen, aber auch dies will ihr nicht gelingen. Das Klingeln ihres Handy reißt sie unerwartet aus dem kläglichen Versuch, der Realität zu entfliehen, und ein Blick auf das kleine Gerät sagt ihr, dass der Alltag sie erwartet. Seufzend richtet sie sich in ihrem Sitz auf, fährt sich mit der rechten Hand über das Gesicht, ehe diese den Zündschlüssel umdreht. Langsam lenkt sie ihren Wagen die schmale Straße entlang in den morgendlichen Verkehr der Großstadt, um in die Grausamkeit ihres Berufes zurückzukehren.

Mit quietschenden Reifen bringt die Teamleiterin ihr Auto auf dem Navy Yard in der Nähe des Hauptquartiers zum Stehen und nähert sich hastig der großen Menschenansammlung, die sich um das gelbe Flatterband gebildet hat. Bereits aus einigen Metern Entfernung erreicht sie die aufgeregte Stimme der jungen Israelin: „Verdammt Kate, wo warst du?“ Ohne auf diese Frage zu reagieren, passiert sie die Absperrung des Tatortes und findet sich erneut einer Leiche gegenüber. „Er kommt näher“, murmelt sie leise vor sich hin, was Ziva besorgt nachhaken lässt: „Ist alles in Ordnung mit dir?“ Die Angesprochene realisiert jedoch die Sorge ihrer Agentin überhaupt nicht, sondern starrt weiterhin auf den reglosen Körper zu ihren Füßen. Im Gegensatz zu ihren letzten Opfern liegt an diesem Tag eine junge Frau vor ihr, deren langen braunen Haare in weichen Wellen ihr ebenmäßiges Gesicht umrahmen. Doch sowohl die Schusswunde in ihrem Herzen als auch die beiden Rosen, eine weiße und eine rote, in ihren Händen zeigen ihr, dass es sich um den gleichen Täter handelt. Dass dieser nun jedoch eine weibliche Tote beinahe direkt vor dem Hauptquartier des NCIS deponiert, verursacht eine Gänsehaut auf ihrem Körper. Das ungute Gefühl, dass sich in der letzten Zeit immer stärker in ihrem Inneren ausgebreitet hat, ist nun kaum noch zu ertragen.
Nur mit Mühe reißt Kate sich von diesem Anblick und ihren Gedanken los, bevor sie leise seufzend aufblickt und ihrer Kollegin in die Augen, während sie schließlich schweigend nickt, ehe sie mit unsicherem Tonfall fragt: „Was haben wir?“ Die Mossad-Offizierin gibt sich jedoch vorerst mit dieser Antwort zufrieden und erläutert: „Sie wurde vor einer halben Stunde gefunden. Der Pathologe hat sie bereits untersucht. Das Muster ist das gleiche wie bei den letzten drei Opfern. Auch hier liegt der Todeszeitpunkt ungefähr bei Mitternacht.“ Die Chefermittlerin geht zögernd neben der Toten in die Hocke und betrachtet erneut eindringlich den leblosen Körper, ehe sie fragt: „Hat der Täter eine neue Botschaft bei ihr hinterlassen?“ Die junge Israelin nickt lediglich und hält ihr schweigend ein Stück Papier entgegen, das Caitlin vorsichtig auseinander faltet und dann aufmerksam liest:

Der Glaube an die mächtigen Boten des Lichts
Widerstrebt dir in deinem unwissenden Nichts.
Doch alle Dinge in deinem Leben haben ihren Sinn,
Lass die Vergangenheit ruhen und starte einen Neubeginn.

Die Nummer vier steht für das jüngste Gericht,
Und die Angst zeigt bald ihr wahres Gesicht.
Fürchte dich vor meiner ganzen Macht,
Die dich erwartet immer genau zu Mitternacht.​
Seufzend lässt die Teamleiterin die Nachricht in eine Beweismitteltüte fallen, während sie beginnt zu überlegen: „Wenn wir mit unseren Vermutungen richtig liegen, war dies die letzte Leiche. Aber wieso eine Frau?“ Als sie die Mossad-Offizierin fragend ansieht, erklärt diese zögerlich: „Ich vermute, unser Täter will auf dich hindeuten.“ Nach dieser Aussage blickt Kate ihr Gegenüber verwirrt an und hakt deshalb nach: „Wie kommst du darauf? Habt ihr etwas gefunden?“ Die Israelin steht auf, geht einige Schritte zu ihrem Ausrüstungskoffer und holt einen kleinen Beutel, in dem sich ein Ausweis der Navy befindet. Diesen hält sie ihrer Vorgesetzten hin, die ihn wortlos betrachtet, ehe Ziva ihr berichtet: „Dieses Mal hat der Mörder das hier zurück gelassen. Commander Melinda Taylor. McGee ist bereits im Büro und hat sich ihre Dienstakte besorgt. Unser Opfer ist seit fünf Jahren bei der Navy und wie die Anderen auf der Naval Station in Norfolk stationiert. Sie ist genau wie du 32 Jahre alt, verheiratet und hat eine Tochter.“ Als sie die letzten Worte ausgesprochen hat, lässt die Chefermittlerin entsetzt das Beweisstück fallen, während ihr Gesicht erschreckend blass geworden ist. Ohne etwas zu erwidern, dreht sie sich abrupt um, auch die Rufe der Israelin lassen sie nicht inne halten, doch diese läuft ihr nach und fragt besorgt: „Kate, ist alles in Ordnung mit dir? Wo willst du hin?“ Doch die junge Frau nickt nur abwesend und flüstert dann: „Meine Mütze... Ich muss... Sie ist noch im Auto.“
Die Mossad-Offizierin sieht ihrer Kollegin ein wenig verwirrt hinterher und beobachtet, wie diese dabei ist, die Beifahrertür ihres Dienstwagens zu öffnen. Kaum hat sie die Zentralverriegelung betätigt und hebt den silbernen Metallgriff leicht an, lässt ein lauter Knall das Fahrzeug plötzlich explodieren. Die damit verbundene Druckwelle schleudert die junge Frau einige Meter weit, wo sie bewusstlos am Boden liegen bleibt. Ihre Kollegin eilt sofort auf sie zu und winkt den Pathologen heran: „Dr. Morrison, Sie müssen ihr helfen.“ Der Mann in den Vierzigern, der gerade dabei ist, die Leiche zu verpacken, erhebt sich nur langsam und erklärt abweisend: „Ich bin nur für tote Patienten zuständig. Rufen Sie einen Krankenwagen!“ „Idiot“, zischt Ziva leise, während sie ihr Handy aus der Jackentasche zieht, um den Notarzt zu alarmieren. Danach geht sie in die Hocke und sieht nach Kate, die noch immer ohnmächtig aber scheinbar nicht schwer verletzt ist, ehe sie erneut eine Nummer wählt. „Agent Gibbs, wir haben ein Problem“, erklärt sie leise der Person am anderen Ende der Leitung. „Unser Dienstwagen ist gerade in die Luft geflogen. Agent DiNozzo ist bewusstlos und verletzt.“ Für einen Moment lauscht sie der Stimme, ehe sie erwidert: „In Ordnung.“
 
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Und schon gehts weiter. Viel Spaß!

LG Claudia


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24. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Der Israelin erscheint es, als wäre eine Ewigkeit vergangen, obwohl nur fünf Minuten später die Sirene das Eintreffen des Rettungswagens ankündigt. Noch immer hockt sie neben ihrer Kollegin und streicht ihr vorsichtig über die Wange, was sie langsam wieder zu Bewusstsein kommen lässt. Ein leises Stöhnen entfährt ihrer Kehle, als sie versucht, sich aufzurichten, woraufhin Ziva sie behutsam zurückhält und erklärt: „Kate, bleib liegen! Es wird sich gleich jemand um dich kümmern.“ Sie muss ihre Vorgesetzte auf den Boden drücken, um sie daran zu hindern, ihre Worte zu ignorieren und überstürzt aufzustehen. In diesem Moment hasten zwei Sanitäter über den Rasen vor dem Hauptquartier, und während einer der beiden nach der Teamleiterin sieht, wendet sich der andere an die Mossad-Offizierin: „Was ist passiert?“ Die junge Frau lässt die Verletzte los und richtet sich auf, als sie antwortet: „Sie wollte die Autotür öffnen, als eine Bombe explodiert ist. Dadurch wurde sie zu Boden geschleudert und war bis eben ohnmächtig.“ Mit einem kurzen Nicken wendet sich der junge Mann ab und geht zurück zum Krankenwagen, um eine Trage herauszuholen.
Wenig später kehrt er mit dieser zurück, bevor er gemeinsam mit seinem Kollegen seine Patientin vorsichtig darauf ablegt, um sie zum Auto zu bringen. Die Beiden haben Mühe, die Agentin ruhig zu halten, denn sie wehrt sich gegen die Prozedur und versucht mehrfach, einfach aufzustehen. Ehe die Sanitäter sich erheben, erklärt einer von ihnen der Israelin: „Wir bringen Sie jetzt zur Untersuchung ins Krankenhaus.“ Doch diese Worte lassen Kate aufschrecken, und sie faucht: „Es geht mir gut. Lassen Sie mich endlich los!“ „Sie haben eine Gehirnerschütterung. Wir müssen sicher gehen, dass Sie sich nicht schlimmer verletzt haben“, versucht er sie zu überzeugen, aber die Chefermittlerin blockt bestimmt ab: „Kleben sie mir ein Pflaster auf den kleinen Kratzer, und dann lassen Sie mich gehen!“ Resigniert zuckt der junge Mann mit den Schultern und stimmt schließlich zu, bevor er sie zum Rettungswagen bringt, um sie zu verarzten. Kaum sind die Sanitäter mit Kate in dem Fahrzeug verschwunden, geht eine Nachricht auf Zivas Handy ein, dass sie eilig aus ihrer Hosentasche zieht, um einen Blick darauf zu werfen: „Treffen sofort im Capitol Hill Hotel.“

Zögerlich kämpfen sich die Sonnenstrahlen weiter durch die noch immer dichte Wolkendecke und erhellen langsam die grau wirkende Stadt. Eine angenehme Wärme breitet sich um die Mossad-Offizierin aus, die nachdenklich den ausgebrannten Dienstwagen ihrer Kollegin mustert, den die Feuerwehr bereits gelöscht hat und von dem noch immer graue Rauchschwaden nach oben steigen. Immer wieder schießt ihr die Frage durch den Kopf, wie die Terroristen bis zum Hauptquartier des NCIS hatten vordringen können. Doch auch der Gedanke an die Bombe, die sie an dem Auto platziert hatten, beschäftigt sie unaufhörlich und bereitet ihr langsam aber sicher Kopfschmerzen. Diese Leute mussten sie die ganze Zeit genau beobachtet haben und waren vermutlich ihrer Vorgesetzten heute Morgen gefolgt. Wahrscheinlich ist der Täter ihnen auch jetzt näher, als sie erwarten, so dass sie ihren Kopf langsam von von dem Wrack abwendet, um sich unauffällig umzusehen. Das Geräusch einer Wagentür lässt sie aus ihren Überlegungen erwachen, als die Teamleiterin wieder aus dem Krankenauto klettert, woraufhin die Israelin sich besorgt erkundigt: „Bist du sicher, dass du dich nicht von einem Arzt untersuchen lassen willst?“ Die Angesprochene schüttelt jedoch nur den Kopf und versucht, sich den damit verbundenen Schmerz nicht anmerken zu lassen, als sie antwortet: „Mach dir keine Sorgen um mich! So schnell lasse ich mich nicht unterkriegen.“
In diesem Moment taucht einer der Sanitäter neben ihnen auf und wendet sich an die Mossad-Offizierin: „Bitte sorgen Sie dafür, dass sie sich schont!“ Während Kate daraufhin genervt das Gesicht verzieht, nickt sie zögernd, denn sie hat keine Ahnung, wie sie dies schaffen soll, während sie innerlich über die Sturheit ihrer Vorgesetzten seufzt. Der junge Mann gibt sich jedoch damit zufrieden und steigt auf der Beifahrerseite des Rettungswagens ein, der nur Sekunden später den Unfallort verlässt. Als die beiden Agentinnen sich auf den Weg zum Eingang des Hauptquartiers machen, erklärt die Chefermittlerin bestimmt: „Wir müssen herausfinden, wer hinter diesem Anschlag steckt.“ „Ist das nicht offensichtlich, Kate?“, gibt Ziva sarkastisch zurück, doch sie lässt sich nicht beirren und bestimmt: „Lass die Überreste der Bombe ins Labor bringen!“ Die Israelin seufzt kaum hörbar nach dieser Aussage, doch dann erwidert sie: „Tim hat bereits alles dafür veranlasst. Er ist im Büro und kümmert sich um unseren neusten Mordfall. Du solltest nach oben gehen und dich ein wenig ausruhen, bis wir erste Ergebnisse haben. Bitte, Kate.“ Schließlich gibt sich die Agentin geschlagen und nickt zustimmend, ehe sie zum Aufzug geht und fragt: „Was hast du jetzt vor, Ziva?“ Die Angesprochene überlegt einen Augenblick, bevor sie erklärt: „Ich treffe mich mit einem alten Freund. Vielleicht kann er uns helfen.“ „Gut. Ich erwarte dich in einer halben Stunde zurück“, bestimmt die Teamleiterin und verschwindet hinter den schweren Metalltüren des Fahrstuhls.

„Officer David, wie kommen sie dazu, ihm von der Sache zu berichten?“, poltert Leroy Jethro Gibbs der Mossad-Agentin entgegen, als diese das Hotelzimmer betritt. Der große Raum ist hell und geschmackvoll eingerichtet, doch die Israelin bekommt von alldem nichts mit, denn sie konzentriert sich nur auf ihr Gegenüber, der aufgebracht hinzufügt: „Ich hatte Sie ausdrücklich angewiesen, nur mit mir Kontakt aufzunehmen. Ich konnte ihn kaum davon abhalten, in den nächsten Flieger zu steigen. Wissen Sie eigentlich, wie viele Nerven es mich gekostet hat, ihn schließlich davon zu überzeugen, in Mexiko zu bleiben? Erst nachdem ich erklärt habe, selbst nach Washington zu fliegen und mich um Kate zu kümmern, hat er sich ein wenig beruhigt.“ „Er hat ein Recht darauf zu erfahren, wenn sie in Gefahr ist“, versucht die junge Frau, sich zu rechtfertigen, doch der Agent widerspricht ihr wütend: „Den Teufel hat er. Das ist mein Einsatz, und deshalb bestimme noch immer ich darüber, wer was erfährt. Wie können Sie nur so leichtsinnig sein? Diese ganze Aktion hätte beinahe unsere Tarnung auffliegen lassen und unsere Under-Cover-Mission gefährdet. Wir können sie nur so beschützen, und das wissen Sie.“
Ziva läuft die ganze Zeit unruhig im Zimmer auf und ab, doch bei seiner letzten Aussage lacht sie verächtlich auf: „Das hat ja hervorragend geklappt. Diese Explosion hätte sie umbringen können. Ist dieser Auftrag alles, was Sie interessiert? Ich dachte, das wäre ihr Team, ihre Familie? Kate hat nicht nur ihren Ehemann und ihre beste Freundin verloren, sondern auch ihr ungeborenes Kind.“ Als sie keine Antwort erhält, blickt sie ihm in die eisblauen Augen und stellt fest: „Sie wussten, dass sie schwanger war?“ Der Agent nickt zögerlich, doch seine Stimme ist noch immer bestimmt und verbirgt seine Emotionen: „Ja. Die Ärzte hatten mich über ihren Zustand informiert.“ „Ich vermute, das haben Sie ihm auch verschwiegen? Das reicht. Ich will mit dieser Sache nichts mehr zu tun haben.“ Nach dieser Aussage brüllt Gibbs wutentbrannt: „Verdammt, ich bin Ihr Vorgesetzter, und Sie haben sich an meine Befehle zu halten. Ich dachte, beim Mossad hätte man Ihnen beigebracht, Prioritäten zu setzen.“ Diese Worte lassen in der jungen Israelin für einige Sekunden unglaublichen Zorn aufsteigen, doch dann schüttelt sie nur energisch den Kopf und erklärt abweisend: „Im Moment ist Agent DiNozzo mein Boss. Keine Angst, ich werde Ihr Geheimnis nicht verraten. Aber ich werde ihr helfen, die Terroristen zu finden.“ „Officer David“, schreit der Agent ihr hinterher, doch das laute Knallen der Tür zeigt, dass die Angesprochene das Zimmer bereits verlassen hat.
 
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Es ist Zeit für die Wahrheit - zumindest für einen kleinen Teil.
Also, viel Spaß beim Lesen!

LG Claudia


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24. Juli 2008 - Washington D.C., USA
„Wie fühlst du dich?“, fragt McGee besorgt, als Kate aus dem Aufzug tritt, so dass diese mit einem schiefen Grinsen erwidert: „Als hätte mich ein Bus gestreift. Habt ihr schon irgendetwas herausgefunden?“ Ohne weiter auf ihren schmerzenden Kopf einzugehen, stürzt sie sich umgehend wieder in ihren Fall, doch der junge Mann schüttelt schuldbewusst den Kopf und antwortet: „Der verwendete Sprengstoff stammt eindeutig aus Beständen der U.S. Army. Bis jetzt konnte ich noch nicht herausfinden, von welchem Stützpunkt dieser stammt. Wie immer mauert der zuständige Staff Sergeant. Die Bombe wurde nur unter dem Wagen abgelegt und durch ein Prepaid-Handy fern gezündet. Der Anschlag trägt die Handschrift der Al Qaida. Die Bombe hatte den gleichen Aufbau wie die unseres letzten Falls. Vermutlich haben die Terroristen uns beobachtet.“ Der Agent spricht beinahe ohne Punkt und Komma, während er die Bilder des Sprengsatzes auf dem Plasmabildschirm erscheinen lässt. Doch die Chefermittlerin nickt lediglich schweigend und schickt ihn nach seinen Ausführungen in die Forensik, um nach weiteren Ergebnissen zu fragen. Sie nutzt die Zeit, um kurz durchzuatmen und ihre Augen zu schließen, denn die Nachwirkungen der Gehirnerschütterung sind noch immer quälend zu spüren. Niemals würde sie jedoch zugeben, wie schwer die Explosion sie wirklich getroffen hatte, denn die Wucht der Druckwelle hatte in ihrem Kopf ein unangenehmes Dröhnen ausgelöst, das nicht wieder verschwinden will. Seitdem will es ihr nicht mehr gelingen, einen klaren Gedanken zu fassen, so dass sie sich nur nach ein wenig Ruhe sehnt, die sie jedoch vermutlich erst finden wird, wenn dieser Fall abgeschlossen ist.
Tim scheint gerade erst verschwunden zu sein, als Ziva aus dem Fahrstuhl steigt und vor dem Schreibtisch ihrer Vorgesetzten stehen bleibt, um ihr ohne Umschweife ihre Vermutungen mitzuteilen: „McGee hat mich über den Zwischenstand der Analyse informiert. Kate, die hatten es eindeutig auf dich abgesehen. Die Explosion sollte nur eine Warnung sein. Wenn du deine Suche nach ihnen nicht einstellst, dann werden sie dich wirklich umbringen.“ Nach dieser Aussage sieht die Teamleiterin ihre Agentin jedoch nur durchdringend an, ohne eine Reaktion zu zeigen, so dass diese hinzufügt: „Wir haben an deinem Auto zwei halb verkohlte Rosen gefunden, eine rote und eine weiße. Genau wie bei unseren Toten. Sag mir, was das zu bedeuten hat!“ Die Angesprochene schließt kurz ihre Augen, um die aufsteigenden Erinnerungen zu verdrängen, ehe sie leise erklärt: „Das sind meine Lieblingsblumen. Mein Brautstrauß, den Tony für mich gekauft hatte, bestand nur aus weißen und roten Rosen. Seit seiner Beerdigung habe ich ihm immer eine in jeder Farbe auf sein Grab gelegt.“ „Die müssen dich schon seit seinem Tod beobachtet haben“, wirft die Israelin besorgt ein, doch Kate unterbricht sie: „Das war noch nicht alles. Bevor ich nach Paraguay gegangen und nachdem ich zurückgekehrt bin, lagen an jedem Sonntag zwei dieser Blumen vor meiner Terrassentür.“ Nach dieser Schilderung sitzt die junge Frau bewegungslos an ihrem Schreibtisch, während ihre Kollegin unruhig zwischen den Arbeitsplätzen auf und ab läuft, um über ihre Worte nachzudenken. Schließlich hält sie inne und wendet sich ihrer Vorgesetzten zu: „Du hättest mir die ganze Geschichte schon viel eher erzählen sollen. Wir müssen überlegen, was wir jetzt unternehmen.“ Für einige Sekunden sieht die Agentin die Mossad-Offizierin schweigend an, ehe sie hastig aufspringt und wortlos die Treppe nach oben läuft.

Ohne auf die Sekretärin zu achten, an der sie vorbei stürmt, reißt sie die Tür zum Büro der Direktorin auf und lässt sie nach ihrem Eintreten hinter sich ins Schloss fallen. Ihre Vorgesetzte sitzt an ihrem Schreibtisch und hat sich in eine Akte vertieft, von der sie jetzt überrascht aufsieht, war es doch bisher immer Gibbs' Eigenart gewesen, auf diese Weise den Raum zu betreten. „Agent DiNozzo, was verschafft mir die Ehre Ihres unverhofften Besuches?“, fragt sie ein wenig verärgert, worauf Kate bestimmt erwidert: „Ich muss wissen, welchen Auftrag mein Mann vor seinem Tod bearbeitet hat.“ Jenny Shepard lehnt sich seufzend in ihrem Stuhl zurück und bedeutet ihr, sich zu setzten, bevor sie erklärt: „Darüber kann ich mit Ihnen nicht sprechen. Sie wissen, dass dieser Einsatz der Geheimhaltung unterliegt.“ Die Chefermittlerin wird mittlerweile zunehmend ungeduldiger, springt von ihrem Stuhl auf und lehnt sich nach vorn, während sie sich mit beiden Händen auf dem Schreibtisch abstützt, als sie meint: „Bei allem Respekt, Madam Director, aber ich habe ein Recht darauf, endlich zu erfahren, wieso Tony gestorben ist. Es ist mir vollkommen egal, wie geheim diese Operation ist. Außerdem haben es anscheinend Terroristen auf mich und mein Team abgesehen. Der Sprengsatz unter meinem Dienstwagen trägt eindeutig die Handschrift der Al Qaida. Wenn es also etwas gibt, das mit diesem Fall zu tun hat, muss ich es wissen.“
Die Rothaarige ringt sichtlich mit sich, doch sie ist sich bewusst, dass sie die junge Frau nicht länger würde beschwichtigen können, so dass sie zum Telefonhörer greift und eine Nummer wählt: „Shepard. Können Sie in einer halben Stunde in meinem Büro sein? ... Das erkläre ich Ihnen dann.“ Mit diesen bestimmten Worten legt sie wieder auf und wendet sich erneut an Kate: „In dreißig Minuten wird der zuständige Teamleiter hier sein. Dann werden wir Sie so weit wie nötig einweihen.“ Daraufhin gibt sich die Agentin gezwungenermaßen zufrieden, verlässt mit einem kurzen Nicken das Büro der Direktorin und bleibt für einen Moment an der Brüstung der Galerie stehen. Sie schließt die Augen und atmet tief durch, denn bald würde sie endlich die Wahrheit über den Tod ihres Mannes erfahren. Wahrscheinlich würden sie ihr nur einen Bruchteil davon erzählen und alles andere weiterhin verschweigen, aber sie braucht endlich Anhaltspunkte, um bei ihren Ermittlungen voranzukommen. Dennoch erscheint es ihr beinahe unwirklich, dass sie endlich Antworten zumindest auf einige ihrer Fragen bekommen würde, nach denen sie schon so lange verzweifelt sucht. Für einige Sekunden lässt sie den Blick über den Bereich ihres Teams schweifen und begibt sich seufzend wieder nach unten an ihren Arbeitsplatz, die Gedanken ununterbrochen um das kreisend, was sie bald erwarten würde.

Während der nächsten halben Stunde sitzt Kate nachdenklich an ihrem Schreibtisch, es gelingt ihr einfach nicht, sich auf die Akte ihres Falles zu konzentrieren. Ständig fragt sie sich, ob sie heute wohl endlich die Wahrheit über den Tod ihres Ehemannes erfahren würde oder ob die ganze Sache doch nur Taktik ist. Nervös spielt sie mit ihrem Kugelschreiber, während ihr Blick bewegungslos ins Leere gerichtet ist, ohne dass sie etwas um sich herum wahrnimmt. Jede besorgte Nachfrage ihrer Kollegen ignoriert sie und scheint vollkommen in ihren angestrengten Überlegungen gefangen zu sein. Irgendwann reißt sie sich jedoch aus ihren Gedanken los und wählt eine Nummer: „Pablo? ... Hola, aquí está Kate. ... Voy tirando. Hast du Neuigkeiten für mich? ... Gut. Ich werde dich später wieder anrufen.“ Die Israelin hat das Telefonat verwirrt verfolgt, und als die junge Frau den Hörer wieder auf die Gabel legt, fragt sie: „Mit wem hast du gesprochen?“ „Das war mein Informant aus Paraguay. Geht nach Hause, es ist spät!“, gibt sie kurz angebunden zurück, denn noch immer will sie nicht riskieren, dass ihre Agenten in diese Sache hineingezogen und dabei vielleicht verletzt werden. Ohne weiter auf die verwirrten Blicke ihres Teams einzugehen, erhebt sie sich schließlich wieder und steigt erneut eilig die Stufen nach oben.
Dieses Mal klopft sie höflich an der Tür an und tritt nach der Aufforderung in das Büro der Direktorin, doch diesen Menschen dort anzutreffen, hätte sie nicht erwartet. „Gibbs, was tust du hier?“, entfährt es ihr deshalb überrascht, doch anstelle einer Antwort wird sie wortlos gebeten, Platz zu nehmen. „Dürfte ich bitte endlich erfahren, was das alles soll?“, fragt die junge Agentin ungeduldig, so dass er nach einem auffordernden Blick von Jenny Shepard beginnt zu erklären: „Tony hat wegen einer Al-Qaida-Zelle ermittelt. Es gab Hinweise, dass diese von Mitgliedern des Senats finanziert wird.“ Während dieser Aussage mustert sie ihren ehemaligen Vorgesetzten prüfend, berichtet er ihr doch nichts wirklich neues, so dass sie fragt, was offensichtlich ist, in der Hoffnung etwas neues zu erfahren: „Und du hast den Auftrag geleitet?“ Der Angesprochene nickt lediglich, ohne jedoch den Blickkontakt zu unterbrechen und fährt dann unbeirrt fort: „Die Operationsbasis liegt in der Tri-Border Area, aber das wusstest du ja bereits, nicht wahr?“ Die eisblauen Augen ihres Gegenübers bohren sich stechend in ihre haselnussbraunen, aber schon lange lässt sie sich nicht mehr von seiner Mimik aus der Ruhe bringen.
Als Kate jedoch nicht auf seine Frage reagiert, fügt er seufzend hinzu: „Wir dachten, als pensionierter Agent hätte ich die besten Chancen, weitere Hinweise zu finden, vor allem da wir vermuten, dass sie Verbindungen nach Mexiko haben. In den letzten zwölf Monaten haben wir endlich handfeste Beweise gegen zwei Senatoren gefunden, aber es muss uns auch gelingen, die Terrorzelle zu zerschlagen.“ Bei diesen Worten horcht die Teamleiterin unwillkürlich auf und bohrt wissbegierig nach: „Wer ist wir?“ Nun ist es ihr Blick, der den Agenten wortlos und unmissverständlich auffordert, ihr zu antworten, doch auch er widersteht diesem Drängen. Für einige Sekunden herrscht angespanntes Schweigen in dem Raum, ehe sie mit drohendem Unterton wiederholt: „Mit wem haben Sie zusammen gearbeitet, Agent Gibbs? Es ist Ziva, habe ich Recht? Sie sollte auf mich aufpassen. Wie war das, es gibt keine Zufälle?“ Die junge Frau hatte innerhalb der letzten Jahre gelernt, nicht an Dinge wie diese zu glauben, schließlich war er ein unerbittlicher Lehrmeister gewesen. Nach ihrer wütenden Nachfrage wartet sie seine Antwort nicht ab, sondern erhebt sich hastig, ignoriert seine weiteren Worte und verlässt aufgebracht das Büro der Direktorin, um die Treppe zu ihrem Arbeitsplatz hinunter zu stürmen.
 
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