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[NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

So ihr Lieben, es geht weiter. Viel Spaß!

LG Claudia


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25. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Als die Agentin die Tür mit einem lauten Knall hinter sich ins Schloss fallen lassen hat, breitet sich umgehend Schweigen in dem Büro aus, obwohl die Beiden mit einer solch heftigen Reaktion rechnen mussten. Die Direktorin, die bei Kates plötzlicher Flucht aufgesprungen ist, lässt sich nun langsam wieder hinter ihrem Schreibtisch nieder und mustert ihr Gegenüber prüfend. Der ehemalige Teamleiter erwidert ihren Blick, doch er gibt noch immer kein Wort von sich, genauso wenig wie er seine Gedanken und Gefühle preisgibt, so dass sie sich seufzend in ihrem Stuhl zurücklehnt. Obwohl sie fast jeden Abend noch bis spät in die Nacht an ihrer Arbeit sitzt, hat dieser Tag und vor allem die letzte Unterredung sehr an ihren Nerven gezehrt. Dass Gibbs sich erhebt und ruhelos in dem Raum auf und ab geht, nimmt sie ein wenig genervt zur Kenntnis, denn sein Verhalten macht es ihr noch schwerer, einen klaren Gedanken über ihr weiteres Vorgehen zu fassen. „Du musst sie von diesem Fall abziehen, Jen“, durchbrechen seine fordernden Worte unerwartet die Stille, so dass sie überrascht aufsieht und seinen eisigen Augen begegnet, die sie durchdringend ansehen.
Sie hat erwartet, dass er dies von ihr verlangen würde, doch obwohl sie selbst bereits mehrfach darüber nachgedacht hatte, hatte sie diese Option stets wieder verworfen. Sie ist sich darüber im Klaren, dass Kate sich nicht einfach mit einer solchen Entscheidung abfinden würde, und das wusste auch ihr einstiger Partner im Grunde. „Und wie soll ich diesen Entschluss begründen? Du weißt so gut wie ich, dass das nicht so einfach ist. Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass sie sich niemals damit abfinden würde. Unsere Behörde ist seit dem Anschlag noch immer unterbesetzt. Wir haben mittlerweile vier Leichen gefunden, und das Team hat von Anfang an die Ermittlungen geleitet. Solange ich keinen dringenderen Fall habe, den ich ihnen zuteilen kann, werden sie weiter daran arbeiten“, erklärt die Direktorin mit fester Stimme, die keinen Widerspruch duldet, während sein Blick versucht, ihre Gegenwehr zu brechen. Als sie jedoch keine Reaktion darauf zeigt, ist ihr dieses Verhalten doch nur zu gut bekannt, fährt sich der Agent, der endlich in seiner Bewegung inne gehalten hat, erschöpft durch die Haare und wendet sich dann dem Fenster zu, durch das er schweigend auf die in Dunkelheit gehüllte Stadt sieht. Die Atmosphäre in dem Büro ist während der letzten Minuten merklich angespannter geworden, denn die Suche nach einer vertretbaren Lösung ist bisher noch immer nicht greifbar.

Jen Shepard spürt, dass die Laune ihres Besuchers zunehmend sinkt, denn zusätzlich zu den Strapazen seines Flugs von Mexiko nach Washington ist auch seine letzte Koffeindosis mittlerweile mehr als zwei Stunden her. Doch auch sie selbst hat ein wachsendes Verlangen nach dem starken Getränk, an dem auch die späte Stunde nichts ändern kann. Wortlos erhebt sie sich und verlässt das Büro, um eine Kanne des, mittlerweile auch für sie, lebenswichtigen Elexiers zu kochen. Vermutlich hatte die scheinbar unkontrollierbare Sucht ihres ehemaligen Partners während ihrer jahrelangen Zusammenarbeit auf sie abgefärbt. Ohne dass Gibbs eine Regung erahnen lässt, verlässt sie ihr Büro und geht zielstrebig zu der Küchenzeile, die eine Ecke des Vorraumes einnimmt. Ihre Sekretärin war vor einer Stunde in ihren verdienten Feierabend gegangen, so dass sie nun selbst das Wasser und das braune Pulver in die Maschine füllt. Doch diese wenigen Handgriffe lenken sie immerhin für einige Minuten von ihrer Arbeit und den damit verbundenen Problemen ab. Nach einem Druck auf den kleinen Knopf, der ein leises Klick von sich gibt, beginnt das Gerät, seine Aufgabe auszuführen, woraufhin die Direktorin sich seufzend an den halbhohen Schrank lehnt. Mit geschlossenen Augen lauscht sie dem beruhigenden Rauschen des kochenden Wassers und dem darauf folgenden Tropfen der dunklen Flüssigkeit in die Kanne. Doch bereits nach kurzer Zeit verstummt dieses angenehme Geräusch, bevor sich erneut diese beinahe bedrohliche Stille ausbreitet. Mit einem Griff nimmt sie zwei Tassen aus dem Schrank und füllt diese mit dem heißen Getränk, ehe sie erneut durch die Tür tritt.
Als sie in ihr Büro zurückkehrt, das nur von dem spärlichen Licht der Schreibtischlampe erhellt wird, steht der ehemalige Chefermittler noch immer vor dem großen Panoramafenster und starrt bewegungslos in die Finsternis, die lediglich von den Lichtern der Großstadt durchbrochen wird. Die Direktorin tritt leise neben ihn und hält ihm wortlos einen Becher hin, den er umgehend an die Lippen setzt, bevor er schumzelnd erklärt: „Ich hatte beinahe vergessen, wie gut dein Kaffee ist, Jen.“ Ohne ihn anzusehen, lächelt sie still vor sich hin und wendet ihren Blick auch nach draußen, während sie einige Schlucke trinkt. Es tut unglaublich gut, seine Anwesenheit zu spüren und wenigstens für eine kurze Zeit den Job vergessen zu können, auch wenn dies nicht lange währt, denn Gibbs durchbricht die angenehme Stille des Raums: „Wir müssen etwas unternehmen. Kate gefährdet mit ihren eigenmächtigen Ermittlungen nicht nur unseren Under-Cover-Einsatz. Es ist nur pures Glück, dass wir bisher nicht aufgeflogen sind.“ „Seit wann glaubst du an Dinge wie Glück?“, fragt sie ein wenig erheitert zurück, doch ein finsterer Blick ihres Gegenübers lässt sie augenblicklich verstummen, der unbeirrt fortfährt: „Sie bringt sich mit ihrem Handeln in große Gefahr, Jen. Ich kann nicht einfach dabei zusehen, wie einer meiner Agenten sein Leben für einen persönlichen Rachefeldzug riskiert.“ Bei diesen Worten sieht sie ihn überrascht an und gibt dann bestimmt zurück: „Sie ist schon lange nicht mehr deine Agentin, Jethro. Sie leitet ihr eigenes Team und meistert diese Aufgabe mit Bravour.“ Ein zynisches Lachen ertönt, bevor er zischt: „Aber nur weil du deine Augen vor ihrem eigenmächtigen Handeln verschließt. Und sie wird immer meine Agentin bleiben, genau wie das im Grunde immer mein Team sein wird.“

Nach dieser deutlichen Antwort hat sich erneut angespanntes Schweigen in dem Raum ausgebreitet, während die ehemaligen Partner sich aufgebracht anfunkeln. Keiner der Beiden will ein Stück von seiner jeweiligen Postion abrücken, was sie mit ihrem beharrlichen Verhalten deutlich machen. Sie bewegen sich weder von der Stelle, noch wenden sie ihren Kopf ab, um dem Anderen damit die eigene Unterlegenheit zu signalisieren. Nach einer Weile fügt Gibbs seiner vorangegangenen Aussage hinzu: „Du hättest niemals ihrer Versetzung nach Paraguay zu stimmen dürfen. Damit hast du diesen Irrsinn doch erst unterstützt. Als Direktorin wäre es deine Pflicht gewesen, dies zu verhindern.“ Nur mit Mühe kann sich Jenny Shepard zurückhalten, denn diese Worte lassen den Zorn in ihrem Inneren unaufhaltsam nach oben kochen. Damit, dass er ihr nun Vorwürfe macht, an dieser ganzen Situation Schuld zu sein, schießt er wirklich weit über das Ziel hinaus. Tief atmet sie durch, ohne ihren Gegenüber aus den Augen zu lassen, und erwidert dann bemüht ruhig: „Es tut mir leid, Jethro. Ich habe getan, was ich konnte, aber du weißt so gut wie ich, dass ich keine Möglichkeit hatte, ihr diesen Auslandseinsatz zu verwehren. Caitlin hat ihren Ehemann verloren. Erinnere dich an deine eigene Reaktion, als deine Familie gestorben war!“
Obwohl sie nicht die Absicht hat, alte Wunde bei ihm aufzureißen, muss sie ihm deutlich machen, wie sich die junge Frau im Moment, eigentlich schon seit über achtzehn Monaten, fühlt. „Du konntest den Mörder deiner Frau und deiner Tochter zur Strecke bringen. Doch sie hat nicht einmal diese Genugtuung“, versucht sie, ihrem Gegenüber zu erklären, doch dieser schüttelt lediglich den Kopf und antwortet: „Nichts davon wird ihr helfen oder ihren Schmerz lindern. Glaub mir, ich weiß, wovon ich spreche!“ Nun ist es der frühere Teamleiter, der sich von der Direktorin ab und seinen Blick wieder aus dem Fenster wendet, als er ihre Stimme vernimmt: „Das weißt du, weil du die Chance dazu hattest. Doch sie steigert sich so in die Verfolgung der Terroristen hinein, dass sie für alles andere blind ist. Rede mit ihr! Du bist der Einzige, der weiß, was sie durchmacht und vielleicht noch zu ihr durchdringen kann.“ Ein leises Seufzen ertönt, ehe er seine einstige Partnerin erneut schweigend ansieht und nach einigen Minuten zustimmend nickt. Erleichtert hört sie seine Zustimmung, als er erklärt: „Gut, du hast gewonnen, Jen. Ich werde noch heute mit Kate sprechen.“ Mit diesem Versprechen stellt Gibbs die leere Kaffeetasse auf ihren Schreibtisch und verlässt kurz darauf ohne ein weiteres Wort das Büro.
 
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Und hier ist schon das neue Kapitel. Viel Spaß!

LG Claudia


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25. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Ein langer und anstrengender Tag liegt hinter der Chefermittlerin, als sie die letzten Stufen hinunter geht und für einige Sekunden inne hält. Der große Raum ist von Stille umgeben, denn die Agenten der anderen Teams hatten das Hauptquartier bereits vor Stunden verlassen. Die Arbeitsbereiche sind in die Dunkelheit der Nacht gehüllt, lediglich die kleine Lampe an ihrem Schreibtisch taucht die Umgebung in ein schwaches Licht. Schließlich tritt sie an das große Fenster, um hinaus auf die Lichter der Stadt zu blicken, die vor dem schwarzen Hintergrund zu funkeln scheinen. Kein einziger Stern ist am wolkenverhangenen Himmel zu sehen, aus dem seit Stunden unaufhörlich der Regen fällt. Die großen schweren Tropfen prasseln auf die Glasscheibe vor ihr, rinnen in einer schmalen Bahn nach unten, ehe sie im Nichts zu verschwinden scheinen. Die junge Frau braucht diesen Moment der Ruhe, um die Geschehnisse der letzten Stunden zu realisieren, was ihr jedoch nicht gelingen will. Eigentlich sollte sie wütend auf die Israelin sein, die sie solange getäuscht hat, doch sie fühlt einfach nur diese unglaubliche Leere und eine größere Einsamkeit als je zuvor. Mit einem Schlag wird ihr schmerzhaft bewusst, dass es auf dieser Welt niemanden mehr gibt, dem sie bedingungslos vertrauen kann. Seit Tonys Tod waren die Mitglieder ihres Teams die Einzigen, auf die sie glaubte, sich verlassen zu können, doch dies hat sich heute als großer Irrtum herausgestellt. Diese schmerzhafte Erkenntnis reißt sie unsanft aus ihren Überlegungen, so dass sie zu ihrem Schreibtisch geht und ihre Sachen zusammenpackt.
Das leise 'Pling' des Fahrstuhls lässt sie verwundert aufsehen, denn eigentlich betritt um diese Zeit niemand mehr das Großraumbüro. Kurz darauf öffnen sich die schweren Metalltüren, und Ziva verlässt den Aufzug, die verwirrt fragt: „Kate, du bist noch hier?“ „Du kannst dir dein besorgtes Gesicht sparen. Gibbs hat mir alles erzählt“, schleudert sie ihr entgegen und verschwindet selbst in der Kabine. Bevor sich jedoch die Türen wieder schließen können, tritt die Mossad-Offizierin neben sie und hält mit einem Griff den Fahrstuhl an. Augenblicklich schaltet die Beleuchtung auf Notversorgung um, die den Raum und die jungen Frauen in ein kaltes bläuliches Licht taucht. Die Beiden schweigen einige Sekunden, während die Teamleiterin ihr Gegenüber wütend mustert und die Israelin nach den richtigen Worten sucht. „Es tut mir leid, ich wollte es dir sagen“, beginnt sie schließlich leise, als ihre Vorgesetzte keine Anstalten macht, etwas zu sagen, doch schnell wird sie von einer bitteren Stimme unterbrochen: „Es ist dein Job. Ich hätte es eben besser wissen müssen. Ich hätte stutzen müssen, als du über meine Nachforschungen Bescheid wusstest.“ In den letzten Minuten ist Kate klar geworden, dass es niemanden gibt, auf den sie sich in dieser Sache verlassen kann, weder Gibbs noch ihre Agenten. Vielleicht ist es das Beste, wenn sie in Ruhe überlegt, was jetzt zu tun ist, bevor sie womöglich eine unbedachte Entscheidung trifft. Außerdem sollte sie darüber nachdenken, inwiefern ihr die Erklärungen ihres ehemaligen Bosses bei der Suche nach Tonys Mördern helfen würden. Während ihrer wortlosen Überlegungen versucht die Mossad-Offizierin noch einmal, sich zu erklären: „Ich habe Gibbs gesagt, dass er sich jemand anderen suchen soll. Bitte, lass mich dir helfen!“ „Ich brauche keinen Babysitter“, gibt Kate kühl zurück, setzt den Aufzug wieder in Bewegung und verlässt diesen in der Tiefgarage hastig in Richtung ihres Autos.

Die Israelin steht noch einige Sekunden gedankenversunken im Fahrstuhl, doch als dieser erneut mit dem gewohnten Geräusch in der Büroetage seine Türen öffnet, wird sie aus ihrer Starre gerissen. Sie geht zielstrebig zu ihrem Arbeitsplatz und schaltet die kleine Lampe an, denn nach kurzer Überlegung hat sie einen Entschluss gefasst. Eilig öffnet sie die oberste Schublade ihres Schreibtisches, legt ihre Marke hinein, während die Waffe weiterhin an ihrer Hüfte ruht, bevor sie das Licht löscht und sich wieder auf den Weg in die Tiefgarage macht. Gerade als sie in ihren Wagen steigen will, trifft sie auf McGee, der genau wie sie auf dem Weg nach Hause ist und den sie nun verwundert fragt: „Tim, was machst du denn noch hier?“ „Das könnte ich dich auch fragen“, gibt er zurück, doch auf ihren finsteren Blick fügt er hinzu: „Ich war noch einmal im Labor und habe mir die Bombe angesehen. Leider habe ich auch nicht mehr gefunden.“ Die Israelin muss bei dieser Aussage unwillkürlich schmunzeln und erklärt: „Lass dich nicht von Carter dabei erwischen, dass du nachts allein in seinem Reich irgendwelche Untersuchungen durchführst!“
Der junge Mann zuckt nur unbekümmert mit den Schultern, doch dann fällt sein Blick auf die Waffe und am Gürtel seiner Kollegin, so dass er nachhakt: „Wo willst du überhaupt hin, Ziva? Habt ihr neue Hinweise?“ Doch die Israelin schüttelt lediglich den Kopf und antwortet kurz angebunden: „Ich habe etwas zu erledigen.“ Als sie seinen skeptischen Gesichtsausdruck registriert, fügt sie jedoch hinzu: „Ich treffe mich mit einem Freund. Vielleicht kann er mir Informationen über die Herkunft des Sprengstoffs geben.“ Sie fühlt sich ein wenig unwohl, ihren Kollegen anlügen zu müssen, doch es ist zu gefährlich, ihn in Kates Nachforschungen einzuweihen. Mit diesen Worten wendet sie sich eilig ab, steigt in ihr Auto und startet den Wagen, um diesen nur Sekunden später durch die leeren Straßen Washingtons zu lenken. Sie hofft inständig, dass sie ihre Vorgesetzte zu Hause antrifft und diese sich nicht bereits in unüberlegte Handlungen gestürzt hat. Diese Terroristen sind wirklich äußerst gefährlich, das hatte sie bei ihren Ermittlungen in den letzten Monaten bereits mehrfach feststellen müssen. Trotzdem ist die ganze Sache so verdammt kompliziert, denn sie ist sich sicher, dass Gibbs und die Direktorin Caitlin den wichtigsten Teil ihres Einsatzes verschwiegen hatten.

Dank ihres rasanten Fahrstils steht sie bereits zehn Minuten später vor dem Haus der Teamleiterin, wo sie deren Auto in der durch eine Straßenlaterne erhellten Auffahrt stehen sieht. In diesem Moment breitet sich ein ungutes Gefühl in ihrem Inneren aus, denn sie weiß, dass irgendetwas hier ganz und gar nicht stimmt. Als sie die offene Fahrertür registriert, wird sie misstrauisch, so dass sich all ihre Sinne augenblicklich schärfen, während sie sich wachsam umblickt. Geräuschlos steigt sie aus und schleicht sich mit gezogener Waffe an den Wagen heran, um vorsichtig in das Innere zu spähen. Von Kate ist jedoch weit und breit nichts zu sehen, lediglich ihre Tasche steht noch immer unberührt auf dem Beifahrersitz. Vorsichtig geht sie um den Wagen herum und öffnet mit einem Griff den Kofferraum, während sie ihre Pistole noch immer schussbereit auf das Innere richtet. Als sie dieses jedoch vollkommen leer vorfindet, fühlt sie unendliche Erleichterung in ihrem Inneren, so dass sie tief durchatmet. Nun lässt sie ihren Blick aufmerksam über den Asphalt wandern, der kurz darauf an einem weißen Tuch hängen bleibt, das hinter einem der Vorderreifen liegt. Sie bückt sich danach, um es aufzuheben und hält es an ihre Nase, so dass sie den unverkennbaren Geruch von Chloroform wahrnimmt. Die Israelin seufzt hörbar auf, denn damit hat sie den endgültigen Beweis gefunden, dass die Terroristen ihre Kollegin entführt haben.
Hastig zieht Ziva ihr Handy aus der Tasche, wählt eine Nummer und wartet ungeduldig, dass sich eine Stimme am anderen Ende meldet. „Sie müssen so schnell wie möglich nach Washington kommen. Die haben Kate entführt“, schreit sie aufgeregt in den Hörer, bevor sie, nachdem sie ihrem Gesprächspartner einige Sekunden zugehört hat, schließlich wieder auflegt. Doch sie fühlt sich vollkommen hilflos, kann nicht untätig bleiben und nur auf ihn warten, sie muss etwas tun, um sie so schnell wie möglich zu finden. Eine Weile geht sie unruhig auf und ab, um zu überlegen, ob sie Gibbs über die Geschehnisse informieren soll, doch dann verwirft sie diesen Gedanken wieder, denn er würde nur versuchen, sie aufzuhalten. Stattdessen wählt sie Tims Nummer: „McGee, ich brauche dringend deine Hilfe. Du musst zu Kates Haus kommen. Hol den Dienstwagen aus dem Hauptquartier und bring die Ausrüstung mit! Falls du dort noch jemanden antreffen solltest, du machst Befragungen.“ Obwohl sie weiß, dass sieden jungen Agenten mit ihrer Bitte verwirrt hat, stimmt er, ohne zu zögern, zu, und sie ist sich sicher, dass ihre Stimme den Ernst der Situation deutlich gemacht hat, so dass sie ihn in spätestens einer halben Stunde hier erwarten kann.
 
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Es geht mit einem unerwarteten Besucher weiter. :D
Viel Spaß!

LG Claudia


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25. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Ziva läuft vor dem Haus der Teamleiterin auf und ab, während sie innerlich über den noch immer prasselnden Regen flucht. Das Wasser hat vermutlich bereits alle Spuren verwischt, was ihre innere Anspannung noch unerträglicher erscheinen lässt. So gut es ging, hatte sie den Tatort gesichert, aber ohne die ihre Ausrüstung hatte sie keine große Chance gehabt, etwas zu retten. „Verdammt, wieso hat das so lange gedauert?“, faucht die Israelin ihrem Kollegen entgegen, als dieser endlich auftaucht. „Tut mir leid. Ich musste erst der Direktorin ausweichen. Sie hätte nur Fragen gestellt, wenn sie mich um diese Zeit noch im Hauptquartier gesehen hätte. Außerdem wollte ich lebend hier ankommen“, erklärt er ein wenig genervt, bevor er einen Blick auf das Auto wirft und fragt: „Was ist passiert, Ziva? Wieso musste ich mitten in der Nacht herkommen, ohne dass es jemand erfährt? Und wo ist überhaupt Kate?“ „Das ist eine verflucht lange Geschichte, Tim“, seufzt die junge Frau und fügt dann hinzu: „Die Kurzfassung: Die Terroristen, die gestern die Bombe in ihren Dienstwagen versteckt haben, haben sie entführt. Wir müssen sie unbedingt finden.“ Mit dieser Erklärung gibt McGee sich vorerst zufrieden, so dass die Beiden sich umgehend an die Arbeit machen, die wenigen vorhandenen Spuren zu sichern.
Nach einigen Minuten schweigender und erfolgloser Konzentration hält die Mossad-Offizierin seufzend inne, denkt kurz nach und ruft dann nach ihrem Kollegen: „Tim, hast du ein Handy gefunden?“ „Nein, da war keins. Ist es nicht in ihrer Tasche?“, fragt dieser verwirrt zurück, woraufhin die junge Frau den Kopf schüttelt und erwidert: „Hier ist nur ihr PDA. Sie würde nie ihren Palm mitnehmen und das Telefon im Büro vergessen.“ Der junge Agent nickt bei ihrer Erklärung zustimmend, bevor sich die Beiden wieder schweigend an ihre Arbeit machen, während Ziva jedoch tief in ihre Überlegungen versunken ist. Eine halbe Stunde später beenden sie ihre Untersuchungen ohne Ergebnisse, denn außer dem mit Chloroform getränkten Tuch haben sie, wie erwartet, weder Fingerabdrücke noch DNA oder andere Spuren gefunden. Kaum haben sie die Ausrüstung zusammen gepackt, ertönt ein schrilles Klingeln, was die Israelin dazu veranlasst, ein paar Schritte zu gehen, bevor sie den Anruf leise annimmt: „David. ... Ja, ich bin noch an ihrem Haus. ... Gut, in einer Stunde. Ich sorge dafür, dass wir allein sind.“ Mit diesen Worten beendet sie das Gespräch, geht zurück zu ihrem Kollegen und bestimmt: „McGee, du fährst zurück zum Hau und versuchst, Kates Handy zu orten. Ich werde mich im Haus umsehen, und dann höre ich mich ein wenig bei meinen Kontakten um.“
Der Angesprochene nimmt diese Aussage misstrauisch auf, bevor er bestimmt nachbohrt: „Zuerst will ich wissen, was genau passiert ist. Ich weiß, dass du mir etwas verschweigst.“ Mit eindringlichem Blick mustert er seine Kollegin, obwohl er im Grunde weiß, dass sie diesem mit Leichtigkeit widerstehen kann, immerhin ist er nicht wie Gibbs, oder wie Tony. Doch mittlerweile fühlt er die Wut in seinem Inneren aufsteigen, denn er ist es langsam leid, immer nur den Boten für seine Kolleginnen zu spielen. Einige Sekunden sieht sie den Agenten schweigend an, bevor sie schließlich seufzend erwidert: „Es tut mir leid, Tim. Aber es ist einfach zu gefährlich.“ Diese Worte bringen ihn dazu, dass sein Zorn noch weiter anwächst, so dass er, auch wenn er gewöhnlich ein zurückhaltender Mensch ist, aufgebracht faucht: „Langsam habe ich die Nase voll von eurer ewigen Geheimniskrämerei. 'Ach, rufen wir doch McGee an. Der spielt gern unseren Laufburschen, ohne Fragen zu stellen.' Sag mir endlich, was hier los ist, Ziva! Sonst kannst du dieses bescheuerte Handy allein orten.“ Ist die Mossad-Offizierin zuerst mehr als verwundert über diesen Ausbruch, kann sie diese Reaktion doch sehr gut nachvollziehen, so dass sie schließlich erklärt: „Kate hat noch immer die Terroristen gejagt, die für den Anschlag verantwortlich sind. Unsere Leichen gehen auf ihr Konto, genau wie die Bombe unter ihrem Dienstwagen. Ich weiß nicht, was sie mit ihr vorhaben. Bitte vertrau mir einfach, Tim! Du bist der Einzige, der sie finden kann.“ Mit Schrecken vernimmt ihr Kollege diese Worte, doch nach einer Weile nickt er zögernd und gibt dann zurück: „Gut, ich werde mich darum kümmern. Ich melde mich, wenn ich was habe.“ Nach dieser Aussage nimmt der junge Agent die Ausrüstungskoffer und geht hastig zum Dienstwagen, um zurück zu fahren.

Die Täter scheinen jedoch nicht im Inneren des Hauses gewesen zu sein und Kate entführt zu haben, als sie aus dem Wagen gestiegen war, denn alle Türen sind verschlossen. Ziva hat sich, nachdem sie das Gebäude trotzdem gründlich nach Spuren durchsucht hat, für eine Weile ins Wohnzimmer gesetzt, doch nachdem sie einige Minuten untätig herum gesessen hat, ist sie nach oben gegangen, um zu duschen. In diesem Moment verspürt sie das dringende Verlangen, wenigstens für einige Minuten die Geschehnisse zu vergessen und die Gedanken zu verdrängen, die unaufhörlich durch ihren Kopf spuken. Die Israelin dreht den Wasserhahn auf und seufzt leise, als das angenehm warme Wasser auf ihren Körper herab prasselt. Innerhalb weniger Minuten hat sie zuerst ihren Körper und danach ihre Haare eingeschäumt und dann wieder abgespült, so dass sich weiße Schlieren über ihre glatte Haut ziehen. Der frische Duft von Pfirsich, der sich langsam in dem gesamten Badezimmer ausgebreitet hat, hilft ihr, sich endlich ein wenig zu entspannen. Bevor sie die Duschkabine wieder verlässt, stellt sie den Wasserstrahl für einige Sekunden eiskalt ein, um ihre Müdigkeit zu vertreiben und die nötige Konzentration zu gewinnen. Nur wenige Minuten später hat sie ihren Körper abgetrocknet, die Haare trocken geföhnt und sich neue Sachen angezogen. Als sie fertig ist, geht sie nach unten und betritt die Küche, um einen starken Kaffee anzusetzen, der die letzte Erschöpfung vertreibt. Schließlich lässt sie sich mit einer Tasse des heißen Gebräus auf dem Sofa nieder und wartet ungeduldig auf die Ankunft ihres Kollegen aus Mexiko.
Als sich die Tür schließlich öffnet und ein junger Mann eintritt, springt sie sofort auf und erklärt: „Gut, dass sie endlich da sind, Agent...“ „Wir sollten keine Zeit verlieren“, unterbricht er sie ungeduldig und fordert sie sofort auf: „Bringen Sie mich auf den neuesten Stand!“ Schweigend hält sie ihm eine Tasse Kaffee hin, denn auch er sieht müde aus, die er dankbar annimmt und sofort einen großen Schluck der dunklen Flüssigkeit trinkt. Mit knappen Worten unterrichtet ihn die Mossad-Offizierin danach über den Fall der toten Navy-Angehörigen, den sie in den vergangenen Tagen bearbeitet hatten, die seltsamen Botschaften des Täters und ihre Schlussfolgerungen. Ihr Gegenüber hört sich ihre Ausführungen stumm an, doch als sie die Bombe in Kates Wagen und Gibbs' Worte erwähnt, hat er Mühe, ruhig zu bleiben. Für einige Sekunden hält sie inne, ehe sie ihm die Einzelheiten zu Kates Entführung und die fehlenden Anhaltspunkte mitteilt. Sie kann sehen, wie sehr ihn die ganze Sache mitnimmt, obwohl er verzweifelt versucht, seine Gefühle vor ihr zu verbergen. In dem Moment, als sie mit ihren Erläuterungen endet, ertönt das Klingeln ihres Handys, und sie nimmt eilig ab: „McGee, hast du etwas gefunden? ... Gut. ... Ja, ich weiß, dass das eine Falle sein könnte. Entweder das oder sie wollen uns auf eine falsche Fährte führen. ... Nein Tim, ich kümmere mich allein darum. ... Es ist zu gefährlich. Ich übernehme die Sache mit einem... alten Freund.“ Als sie aufgelegt hat, berichtet sie, dass McGee Kates Telefon geortet und ihr die Adresse ihres Aufenthaltsortes übermittelt hat. Nach einer kurzen Absprache des weiteren Ablaufs geht sie hastig mit dem jungen Mann zum Wagen, um zu dem genannten Ort zu fahren.

Die Israelin lenkt das Auto zügig durch die leeren Straßen der Großstadt, die durch die unzähligen Straßenlaternen erhellt werden. Obwohl der neue Tag bereits vor einigen Stunden angebrochen ist, haben die dunklen Wolken Washington noch immer vollkommen umhüllt. Weit und breit ist keine Menschenseele auf den Gehwegen unterwegs, und auch andere Verkehrsteilnehmer treffen die Beiden nur selten an. Im Inneren des Wagens hat sich Stille ausgebreitet, denn die Agenten bereiten sich konzentriert auf ihren kommenden Einsatz vor, während der junge Mann krampfhaft versucht, sein Gleichgewicht bei dem rasanten Fahrstil seiner Kollegin zu halten. „Haben Sie Agent Gibbs über die Sache unterrichtet, Officer David?“, fragt der Agent plötzlich, doch Ziva schüttelt den Kopf und erwidert: „Nein. Ich dachte, er würde nur versuchen, uns aufzuhalten.“ Auf diese Aussage hin, grinst er trotz seiner inneren Anspannung wortlos und nickt dann zufrieden, ehe er sich am Türgriff festkrallt, um bei ihrer Geschwindigkeit nicht gegen das Fenster geschleudert zu werden. Daraufhin verfällt der junge Mann jedoch wieder in ein angespanntes Schweigen, was auch die Israelin besorgt registriert, so dass sie versucht, ihm Mut zu machen: „Wir werden sie finden. Sie dürfen die Hoffnung nicht aufgeben.“ Der Angesprochene nickt wortlos, wendet danach seinen Blick starr aus dem Seitenfenster und regt sich den Rest der Fahrt nicht mehr. Nach zwanzig Minuten hält Ziva das Auto mit quietschenden Reifen an einem leer stehenden Fabrikgelände, so dass die Beiden die schusssicheren Westen vom Rücksitz nehmen, um sie anzulegen.
 
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Jaja, es bleibt noch ein bißchen spannend.
Aber ich wünsch euch wie immer viel Spaß.

LG Claudia


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25. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Die von McGee ermittelte Adresse liegt am Stadtrand von Washington, etwa eine halbe Meile vom Highway entfernt und ist durch eine wenig befahrene Straße erreichbar. Eine Industriebrache erstreckt sich trostlos vor ihnen, ein grauer heruntergekommener Betonklotz reiht sich an den nächsten. Die Umgebung ist vollkommen still und erscheint wie ausgestorben, weit und breit sind weder Menschen noch Autos zu sehen. Vor dem rostigen Zufahrtstor, das nur noch lose in seinen Angeln hängt, kündigt ein riesiges verwittertes Schild den Besuchern die Ankunft an ihrem Zielort an. Das Gelände hatte viele Jahre zuvor passenderweise eine Waffenfabrik beherbergt, ehe diese irgendwann geschlossen wurde und dann mit der Zeit verfallen ist. Mittlerweile bricht langsam die Morgendämmerung über die Stadt herein, die Dunkelheit der Nacht beginnt, sich langsam zurück zu ziehen. Der Regen hat in den letzten Stunden immer weiter nachgelassen, die dicken Wolken lösen sich auf, und der Asphalt trocknet allmählich ab. In wenigen Stunden werden auch die ersten Sonnenstrahlen den schützenden Horizont verlassen und endlich wieder wärmend herab scheinen. Doch noch hüllt das diffuse Zwielicht die Umgebung ein, beinahe als wolle es die Geschehnisse, die sich an diesem verlassenen Ort ereigneten, vor den Fremden verschleiern.
Die beiden Agenten haben ihr Fahrzeug etwas abseits der größeren Hallen geparkt, als sie nun aussteigen, die Wagentüren hinter sich zuwerfen und sich dann genau in ihrer Umgebung umsehen. Als sie nichts Verdächtiges in der Nähe entdecken, ziehen sie ihre Pistolen aus dem Holster und schleichen sich langsam an den Gebäuden vorbei, bis sie zu einer kleineren Lagerhalle gelangen. Beinahe lautlos öffnet die Israelin das große Tor, so dass die Beiden lautlos durch den schmalen Spalt in die Dunkelheit huschen können. „Wir sollten die Augen nach Sprengsätzen offen halten“, erklärt sie leise und dennoch eindringlich, bevor sie sich gemeinsam an den Wänden entlang vorwärts bewegen. Das Innere des Gebäudes wirkt genauso heruntergekommen wie das gesamte Gelände, die Fensterscheiben sind entweder verschmutzt oder zerbrochen, und überall haben sich Spinnweben ausgebreitet. Da diese Halle scheinbar nur als Lager gedient hat, sind anstatt großer Maschinen nur Unmengen von alten, mit Kisten voll gestellten Regalen zu sehen, die mit einer dicken Staubschicht überzogen sind. Dadurch erweist sich jedoch die Durchsuchung des großen Raumes als recht schwierig, denn die Agenten sind nur zu zweit und haben Mühe, jeden Winkel im Auge zu behalten. Doch als sie nichts Verdächtiges entdecken, verständigen sie sich nur mit einem Kopfnicken und sichern die einzelnen angrenzenden Büroräume ab.

Gerade haben die Beiden die Türen wieder hinter sich geschlossen, als sie ein leises Knarren aufmerksam werden lässt. In den ganzen letzten Stunden hatte die Sorge um Kate den jungen Mann bestimmt, und auch in den vergangenen Minuten kreisten seine Gedanken unaufhörlich um sie. Doch dieser eine kaum wahrnehmbare Laut hat ihm innerhalb eines Augenblicks seine volle Konzentration für ihre Suche zurückgebracht. Mit einem kurzen Blick verständigen sie sich, entsichern erneut ihre Waffen und beginnen, sich an den gegenüber liegenden Wänden der Lagerhalle vorwärts zu arbeiten. Sorgfältig überprüfen sie jedes einzelne Regal und jede Nische nach einem Eindringling, doch sie können die Quelle des Geräusches nicht ausfindig machen. Als sie bereits fast bis zur Stirnseite des Gebäudes vorgedrungen sind, ertönt ein diesmal lautes Poltern, woraufhin die Israelin einen durchdringenden Schrei ausstösst. Dadurch alarmiert, wendet sich der junge Mann hastig in die Richtung, in der sich seine Kollegin befindet und sieht ein großes Regal auf sie hinabstürzen. Innerhalb von Sekunden wird sie unter einem Metallgestell und unzähligen Kisten begraben, die sie mehr als unsanft zu Boden gedrückt haben.
Mit wenigen Schritten ist er bei ihr und erkennt gerade noch einen undeutlichen Schatten an der Wand, der eilig zur nahe gelegenen Tür flüchtet. Trotzdem will er sich zuerst um die Mossad-Offizierin kümmern und fragt besorgt: „Ziva, alles in Ordnung mit Ihnen?“ Die Angesprochene stöhnt leise, doch dann erwidert sie bestimmt: „Mir geht es gut. Verfolgen Sie diesen Kerl!“ Nach diesen Worten dreht sich der Agent sofort um und sieht einen dunkel gekleideten Mann in diesem Moment nach draußen verschwinden. Innerhalb von Sekunden hat auch er die Tür erreicht und nimmt die Verfolgung des Unbekannten auf, der jedoch in einen hinter dem Gebäude abgestellten Wagen steigt. Im gleichen Moment ertönt bereits das laute Geräusch des startenden Motors, bevor das Auto mit quietschenden Reifen losfährt. Der junge Mann versucht noch, mit seiner Waffe auf das Fahrzeug zu zielen, doch ungeachtet einiger Treffer fährt der Fremde mit hoher Geschwindigkeit über das Industriegelände und verlässt dieses durch das defekte Tor der Zufahrt in Richtung Highway.

Der junge Mann kehrt wütend in die Halle zurück, als die Mossad-Offizierin ihn zu sich ruft, denn sie hat eine versteckte Kellertür und davor kleinere Blutflecke entdeckt. Sie hat sich in der Zwischenzeit mühsam von dem schweren Regal befreit und den großen Raum allein weiter nach Anhaltspunkten durchsucht. Eilig tritt er hinter sie, folgt ihrem Blick zum Boden, wo er besorgt die dort hinterlassenen roten Spuren betrachte, während sich erneut die Angst in seinem Inneren breit macht. Für einen Moment scheint er wie erstarrt und erwacht erst, als Ziva versucht, die Tür zu öffnen, die sich jedoch als verschlossen erweist. „Treten Sie zurück, Officer David!“, fordert er die Israelin auf und befördert nur Sekunden später die leicht morsche Tür mit einem gezielten Tritt aus den Angeln. Die Agenten holen ihre Taschenlampen hervor und schalten sie ein, als sie sich vorsichtig die ausgetretene Treppe hinab tasten. Eine feuchte und modrige Luft kommt ihnen aus der Dunkelheit entgegen und erschwert das Atmen bei jedem Schritt stärker. Nachdem sie die Stufen nach unten gestiegen sind, registrieren sie einen alten Gewölbekeller, der sich tief unter der Erde befindet. Die hellen Kegel ihrer Lampen sind das einzige Licht in diesem Raum, denn es es gibt nirgendwo das kleinste Fenster.
Langsam gehen sie den Gang entlang und öffnen vorsichtig die Türen, die sich zur ihrer Rechten befinden, um die dahinter liegenden Räume zu überprüfen. Jeder einzelne der Kellerverschläge ist jedoch abgesehen von unzähligen Kisten, Unrat und Dreck vollkommen leer, so dass sich die Beiden langsam weiter vorwärts arbeiten. Am Ende des dunklen Korridors erwartet sie eine letzte Holztür, die mit einem neu glänzenden, verschlossenen Vorhängeschloss gesichert ist. Die Israelin verharrt plötzlich regungslos, legt einen Finger an die Lippen und lauscht für einige Sekunden nach drinnen. Auch der junge Mann tut es ihr gleich, so dass sie aus dem Kellerraum ein leises kaum hörbares Schluchzen vernehmen. Daraufhin sieht er seine Kollegin an, nickt ihr zu, und sie erklärt mit ruhiger Stimme: „Kate, bist du da drin? Ich bin es, Ziva. Bleib ganz ruhig, ich werde dich gleich hier rausholen!“ Mit einem Zeichen deutet ihr der Agent, von der Tür zurückzutreten und versetzt dieser mehrere Fußtritte, bis sie endlich nachgibt und nach innen schwingt. Daraufhin bleibt der junge Mann wie angewurzelt im Rahmen stehen und gibt weder einen Laut von sich, noch macht er die kleinste Bewegung. Vorsichtig schiebt die Mossad-Offizierin ihn ein wenig zur Seite und leuchtet an ihm vorbei in den dunklen Raum, bis sie mit der Taschenlampe an einem zusammengesunkenen Körper hängen bleibt und entsetzt hervorstößt: „Kate, oh mein Gott.“
 
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Ihr mußtest lange warten, aber heute enthülle ich endlich die Identität des Unbekannten.
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen.

LG Claudia


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25. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Den beiden Agenten bietet sich ein unschöner Anblick, denn der Kellerraum ist nicht nur feucht sondern auch stark verdreckt. In dem winzigen Loch stapeln sich noch mehr Kisten, Kartons und anderer Unrat als in den restlichen Kammern, die sie bereits durchsucht haben. Zwischen all diesem Schmutz und Müll liegt auf einer alten zerschlissenen Decke eine verängstigte junge Frau, die am ganzen Körper zittert. Ihre Augen sind geschlossen, doch ihre Lider flattern, ihr Atem geht schnell und unregelmäßig, während sie in einem Traumzustand gefangen zu sein scheint. Das Licht der Taschenlampe wirft unregelmäßige Schatten auf Kates Gesicht, doch sie verbergen nicht ihre Verletzungen und Blutergüsse. Das weiße T-Shirt, das sie trägt, ist nicht nur verschmutzt und blutig, sondern auch zerfetzt und enthüllt mehrere Schnittwunden und blaue Flecke an ihren Armen. Aber wahrscheinlich sind die Schmerzen nicht alles, das ihr zugesetzt hat, denn vermutlich hat sie seit Stunden weder Wasser noch etwas zu Essen bekommen, so dass ihr Körper vollkommen dehydriert ist.
Der junge Mann starrt sie für einige Sekunden regungslos an, bevor er sich aus seiner Trance reißt und eilig auf sie zutritt. „Stopp, nicht weiter gehen!“, schreit plötzlich die Israelin alarmiert und bringt ihn dazu, in seiner Bewegung inne zu halten. Langsam dreht er seinen Kopf zu ihr und sieht sie fragend an, so dass sie hastig erklärt: „Sprengsatz. Einen Schritt weiter, und wir werden unter mehreren tausend Tonnen Beton und Stahl begraben, falls uns die Explosion nicht bereits vollkommen zerfetzt.“ Einige Sekunden blickt er die junge Frau ungläubig an, doch ihre Worte haben ihn in Alarmbereitschaft versetzt, so dass er versucht, keine unnötigen Bewegungen zu machen. „Lassen Sie die Witze, Ziva! Können Sie das verdammte Ding entschärfen?“, gibt er genervt zurück, woraufhin diese mit den Schultern zuckt und meint: „Babyspiel. Gehört zur Grundausbildung beim Mossad.“ „Es heißt Kinderspiel“, kann der Agent sich nicht verkneifen, sie zu verbessern und grinst sie trotz der ernsten Situation an. Die Israelin wirft ihm einen tödlichen Blick zu und zischt: „Wie auch immer. Ich hol die Ausrüstung. In der Zwischenzeit sollten Sie dafür sorgen, dass sich keiner von Ihnen bewegt.“ Mit diesen Worten ist sie auch schon verschwunden, lässt ihn allein zurück und hastet die Treppe wieder nach oben.

Der junge Mann beobachtet Kates Zustand genau und stellt fest, dass sie noch immer ohnmächtig ist, während er versucht, sich nicht zu rühren. In der Zwischenzeit läuft die Israelin durch die Lagerhalle, geht zum Wagen und schnappt sich den Ausrüstungskoffer, mit dem sie die Treppe zurück nach unten eilt. Wieder im Kellerraum angekommen, sucht sie eine Zange heraus und nimmt ihre Taschenlampe zwischen die Zähne, um beide Hände frei zu haben. Sie leuchtet genau den Untergrund und die Wände ab, um weitere versteckte Drähte oder Zünder zu entdecken, wird jedoch nicht fündig. Schließlich hockt sie sich langsam vor den Sprengsatz, der sich direkt neben der Decke, auf der Kate liegt, befindet. „Können Sie mir erklären, wie das Ding funktioniert?“, fragt der Agent die Mossad-Offizierin, die sich nicht zu ihm umdreht, während sie erklärt: „Das ist eine ziemlich einfach aufgebaute Bombe. Der Auslöser ist vor Ihnen im Boden unter einem Pflasterstein verborgen. Er reagiert auf Druck, wenn Sie also darauf treten und das Gewicht wieder entfernen...“ Sie beendet ihren Satz nicht, doch er hat verstanden und nickt, während er weiterhin auf die verletzte junge Frau zu seinen Füßen starrt. Weiterhin ist sie bewusstlos, außer dem Flattern ihrer Augenlider und den unregelmäßigen, kaum wahrnehmbaren Bewegungen ihres Brustkorbes gibt sie kein Lebenszeichen von sich.
Er muss all seine Konzentration aufbringen, um nicht seinem Wunsch nachzugeben, zu ihr zu gehen und den zerbrechlichen Körper in dem Arm zu nehmen. „Was haben Sie jetzt vor?“, fragt er schließlich ein wenig besorgt und wendet seinen Blick wieder seiner Kollegin zu, doch er erhält nur eine abwesende Antwort: „Ich werde die Verbindung zwischen Sprengsatz und Zünder unterbrechen.“ Mit diesen Worten beugt Ziva sich weiter über das unförmige Bauteil, schraubt die Abdeckung ab und nimmt diese vorsichtig herunter. „Ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun“, erklärt er noch immer unsicher, aber bekommt nur ein undeutliches Knurren als Antwort. Danach leuchtet sie mit ihrer Taschenlampe in das Innere der Bombe und begutachtet die zum Vorschein gekommenen Kabel ausgiebig. Sie verfolgt den Verlauf der verschiedenen Drähte, setzt an einem von ihnen die Zange an und durchtrennt diesen schließlich. Der junge Mann atmet erleichtert aus, denn er hat jeden ihrer Handgriffe angespannt verfolgt und unwillkürlich die Luft angehalten. Doch noch immer wagt er es nicht, sich zu bewegen und fragt unsicher: „Ist die Bombe entschärft?“ Die Israelin erhebt sich wieder und nickt, als sie ihm bestätigt: „Ja, keine Gefahr mehr.“ „Sind Sie ganz sicher?“, fragt er erneut nach, und sie erwidert genervt: „Glauben Sie mir, das war eine einfache Konstruktion!“ Mit dieser Antwort scheint er sich endlich zufrieden zu geben, denn er nickt und fordert sie dann auf: „Gut. Gehen Sie nach oben, und rufen Sie einen Krankenwagen!“

Ziva hat den Raum noch nicht verlassen, als der Agent einen Schritt nach vorn macht und sich vor Kate auf die Knie sinken lässt. Sanft streicht er ihr durch die strähnigen schwarzen Haare, die sie mittlerweile wieder halblang trägt und kann nicht verhindern, dass seine Hand dabei leicht zittert. Mit heiserer Stimme flüstert er eindringlich: „Verdammt Kate, bitte wach endlich auf!“ Als er die junge Frau betrachtet, wird ihm schmerzhaft bewusst, dass sie in den vergangenen Stunden unvorstellbares durchgemacht haben muss. Trotzdem ist er unendlich froh, sie lebend gefunden zu haben und hofft jetzt nur noch, dass sie endlich wieder zu sich kommt. Vorsichtig hebt er ihren Kopf und bettet ihn in seinen Schoss, während er ihren Oberkörper im Arm hält und mit seiner Hand wieder und wieder über ihre Wange fährt. Noch immer flattern ihre geschlossenen Lider unaufhörlich, doch ihr starkes Zittern hat mittlerweile ein wenig nachgelassen. Der gesamte Körper der jungen Frau ist eiskalt, so dass er versucht, sie zu wärmen, doch er macht keine Anstalten, sie nach oben zu bringen.
Mit wenigen Griffen hat er seine Jacke ausgezogen, wickelt sie ihr um die Schultern und nimmt sie dann wieder in den Arm. Nach einigen Sekunden beginnen ihre Finger, leicht zu zucken, und ihre Augen öffnen sich ein wenig. Der junge Mann streicht noch immer zärtlich über ihr Gesicht und fragt sanft: „Katie, kannst du mich hören? Es ist alles gut, wir haben dich gefunden.“ Ein erleichtertes Lächeln ziert seine Lippen, und er wiederholt: „Alles wird wieder gut.“ Die junge Frau lauscht seiner vertrauten Stimme, sieht ihn verwirrt an und blinzelt mehrmals, um einen klaren Blick zu erhalten. „Tony, bist du mein Engel?“, fragt sie schließlich flüsternd, doch er erwidert unsicher: „Du darfst nicht sprechen, Katie. Das strengt dich zu sehr an. Es wird alles wieder gut.“ Mit jedem Wort wird seine Stimme heiserer, und in seinen Augen sammeln sich Tränen, aber sie erklärt glücklich: „Endlich bin ich wieder bei dir. Bei dir und unserer Tochter.“ Die Agentin wird zunehmend schwächer, nach dieser Aussage fällt sie zurück in eine tiefe Ohnmacht und lässt einen besorgten jungen Mann zurück.
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

Hallo Ihr Lieben!

Bei dem miesen Wetter verbringt man den Tag lieber mit Lesen. :D
Also dann wünsch ich euch viel Spaß mit dem neuen Kapitel.

LG Claudia


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25. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Noch immer hält er ihren Körper fest umklammert, während seine Hand wie in Trance über ihre Wange streicht, ohne dass er diese Bewegung realisiert. Viel zu sehr ist er in seinen Gedanken gefangen, die unkontrolliert durch seinen Kopf schießen und die Unruhe, die in seinem Inneren herrscht beinahe unerträglich machen. Die Geschehnisse der letzten Minuten haben noch nicht bis in sein Unterbewusstsein vordringen können, zu groß ist die Sorge um seine Frau. Erst als nach einigen Minuten zwei Sanitäter die Kellertreppe hinunter gehastet kommen und den kleinen Raum betreten, erwacht er aus seiner Starre, die Kates Worte bei ihm ausgelöst haben. „Bitte gehen Sie zur Seite, Sir“, wird er von ihnen aufgefordert, so dass er sich widerstrebend erhebt und die beiden Männer ihre Arbeit machen lässt. Hilflos muss er daneben stehen und tatenlos dabei zusehen, wie die junge Frau auf eine Trage gelegt und anschließend nach oben gebracht wird. Auch als sie aus seinem Blickfeld verschwunden sind und erneut unheimliche Ruhe in dem winzigen Verließ eingekehrt ist, kann er seinen Blick nicht von der Treppe abwenden, die sie Sekunden zuvor nach oben geeilt sind.
„Agent DiNozzo“, schreckt ihn die Stimme der Israelin auf, so dass er ihr langsam den Kopf zuwendet, um sie anzusehen. Doch ihr scheint es, als würde sein Blick geradewegs durch sie hindurch gehen, als sie hinzufügt: „Sie wird ins Bethesda gefahren.“ Der Agent nickt schweigend, ohne sich jedoch von der Stelle zu rühren, so dass sie ihn schließlich am Arm packt und mit sich zurück nach oben zieht. Wie eine Marionette lässt er dies über sich ergehen, macht beinahe mechanisch einen Schritt nach dem anderen und steigt wenig später in den Dienstwagen, um dem Krankenauto zu folgen. Auf der gesamten Fahrt gibt er nicht ein einziges Wort von sich, starrt nur unbeweglich aus dem Seitenfenster, während er krampfhaft versucht, die Gefühle, die auf ihn einstürmen, unter Kontrolle zu bringen. Als Ziva auf dem Parkplatz den Motor abstellt und sich ihm zuwendet, stellt sie ein wenig erschrocken fest, dass der junge Mann Jahre älter aussieht, seit sie ihn das letzte Mal getroffen hat. Seine Haut ist fahl, die grünen Augen wirken stumpf und sind mit dunklen Augenringen unterlegt, während seine Körperhaltung seinen vollkommen erschöpften Eindruck noch verstärkt. Auch der dunkle Ansatz eines Bartes kann über seinen Zustand nicht hinwegtäuschen, kann nicht kaschieren, dass die Kraft seinen Körper verlassen hat.
„Tony“, spricht sie ihn vorsichtig an, woraufhin sein abwesender Blick wandert zu ihr, so dass sie leise erklärt: „Wir sind da.“ Mit einem Ruck sieht er nach draußen, öffnet eilig die Tür und steigt aus, um zum Eingang des großen Krankenhausgebäudes zu hasten. Die Israelin hat Mühe, den Wagen abzuschließen und seinen schnellen Schritten zu folgen, als er wenig später an der Anmeldung stehen bleibt und erläutert: „Caitlin DiNozzo. Sie ist vor wenigen Minuten eingeliefert worden. Ich... ich bin ihr Ehemann.“ Während sich die junge Frau dem Computer zuwendet, tritt er nervös von einem Bein auf das andere, bis sie schließlich erwidert: „Ihre Frau ist noch in der Notaufnahme und wird untersucht. Sie...“ Doch Tony unterbricht sie einfach: „Sie wird nicht operiert?“ Die Schwester schüttelt den Kopf und erklärt: „Nein. Näheres wird ihnen der zuständige Arzt sagen. Setzen sich in den Wartebereich, ich schicke ihn zu Ihnen sobald die Tests abgeschlossen sind.“ Noch immer steht er regungslos da und starrt die junge Frau an, als Ziva ihn sanft am Arm nimmt und den Gang entlang führt. Schließlich lassen sich die beiden Agenten in den unbequemen Plastikstühlen nieder und warten ungeduldig auf den behandelnden Arzt.

Die Minuten scheinen sich endlos dahin zu ziehen, ohne dass ihnen eine erlösende Nachricht endlich die Anspannung nimmt. Noch immer versucht Tony zu verstehen, wie es hatte dazu kommen können, wie er es hatte zulassen können, dass seine Frau, die er mehr liebt als sein eigenes Leben, in diese Gefahr gerät. Er kennt sie schon so lange und hat doch ihr Verlangen nach Rache unterschätzt, das nach seinem vermeintlichen Tod mit jedem Tag stärker geworden ist. Die Tatsache, dass auch er nicht hätte anders handeln können, wäre er in ihrer Situation gewesen, hätte ihn von seiner Entscheidung abbringen müssen. Aber die Angst, sie möglicherweise zu verlieren, hatte sein logisches Denken vollkommen außer Kraft gesetzt und ihn dazu gebracht, diesen Fehler zu begehen. Dass sie nun, nachdem er geglaubt hatte, sie beschützt zu haben, dennoch in das Visier dieser Verbrecher geraten ist, macht es für ihn noch unerträglicher. „Danke, dass Sie mir geholfen haben, sie zu finden“, bricht der junge Mann nach einiger Zeit das angespannte Schweigen, um sich von seinen Gedanken abzulenken, doch die Israelin antwortet nur kühl: „Das habe ich ganz bestimmt nicht für Sie getan, sondern nur für Kate.“ Auf diese Worte nickt er nur bedrückt und erwidert nichts, schließlich weiß er genau, dass sie mit ihrem stillen Vorwurf vollkommen Recht hat.
Irgendwann springt er ungeduldig auf und beginnt, unruhig hin und her zu laufen, bis seine genervte Kollegin versucht, ihn dazu zu bewegen, sich wieder hinzusetzen. Doch genauso wie sein Kopf nicht zur Ruhe kommen will, kann er auch nicht länger still sitzen und untätig auf eine Meldung des Arztes warten. „Heute ist unser zweiter Hochzeitstag“, flüstert er unvermittelt und lacht dabei verächtlich auf, ehe er endlich inne hält, sich an eine Wand lehnt und dann an dieser hinabgleiten lässt. Die auf ihn einstürmenden Gefühle und seine inneren Vorwürfe übermannen ihn regelrecht und scheinen, ihn erdrücken zu wollen. Die junge Frau erhebt sich von ihrem Stuhl, lässt sich neben ihm auf dem Boden nieder und erklärt bestimmt: „Kate, wird es schaffen. Sie ist eine Kämpferin.“ Nach dieser Aussage blickt Tony sie direkt an, so dass sie erschrocken die Tränen wahrnimmt, die sich in seinen Augenwinkeln gesammelt haben. Doch er schüttelt nur den Kopf und erwidert leise: „Sie hat seit über achtzehn Monaten ununterbrochen gekämpft. Was ist, wenn sie jetzt einfach keine Kraft mehr hat und sich aufgibt?“
Mitfühlend streicht Ziva dem jungen Mann über dem Arm und versucht, ihn aufzubauen: „Sie muss nicht operiert werden. Das ist doch schon ein gutes Zeichen. Wir müssen einfach Vertrauen in sie haben.“ Ihre Worte beruhigen ihn nur wenig, aber er nickt dennoch verhalten, bevor er seinen Kopf in die Hände sinken lässt und versucht, seine Emotionen wieder unter Kontrolle zu bringen. Die Agenten verharren für eine weitere halbe Stunde schweigend in dieser Position und warten auf eine erlösende Nachricht. Die Strahlen der aufgehenden Sonne scheinen mittlerweile hell durch die großen Fenster des Wartebereiches und erwärmen den kleinen Raum. Am strahlend blauen Himmel ist keine einzige Wolke zu sehen, und es breitet sich langsam eine drückende Hitze über der Stadt aus. Das allmorgendliche Ritual auf dem Krankenhausflur ist in vollem Gang, Ärzte und Schwestern eilen von einem Zimmer zum nächsten, während ein buntes Stimmengewirr zu den Beiden dringt. Nach und nach mischen sich Besucher, teilweise mit Blumensträußen in der Hand, unter die geschäftigen Menschen, um ihre Lieben zu besuchen, doch keiner der Beiden registriert etwas von dem regen Treiben um sie herum.

Nach einer Ewigkeit erscheint endlich ein Arzt, so dass die Beiden erwartungsvoll aufspringen, als er fragt: „Gehören Sie zu Agent DiNozzo?“ „Ja, ich bin ihr Ehemann. Wie geht es ihr?“, fragt Tony unruhig zurück, woraufhin der Angesprochene zu seinem Bericht ansetzt: „Ihre Frau hatte großes Glück. Wir konnten keine ernsten Verletzungen feststellen. Sie hat lediglich mehrere Prellungen und Abschürfungen erlitten. Zur Sicherheit haben wir ein MRT gemacht und konnten somit innere Verletzungen ausschließen. Jedoch ist ihr Körper durch den Flüssigkeitsmangel extrem geschwächt, so dass wir sie in ein künstliches Koma versetzt haben, damit sie sich erholen kann.“ Diese Worten alarmieren den Agenten, und er hakt besorgt nach: „Was bedeutet das genau, Doktor?“ Der Mann mittleren Alters atmet tief durch, ehe er erklärt: „Nun ja, ihre Frau leidet an Untergewicht. Vermutlich haben die Strapazen der letzten Stunden ihr deshalb so sehr zugesetzt. Ihr Zustand ist jedoch keinesfalls lebensbedrohlich. Wir werden sie einige Tage hier behalten, damit wir ihre Gehirnerschütterung beobachten können.“ Noch immer blickt der Agent den Arzt sorgenvoll an, so dass dieser beruhigend hinzufügt: „Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme. Sobald ihr Körper sich erholt hat, werden wir sie wieder aufwecken.“
Damit legt sich die Anspannung des jungen Mannes sichtlich, der erleichtert fragt: „Danke, Doktor. Darf ich zu ihr?“ Der Arzt nickt und erwidert dann: „Ja, aber allein und nicht länger als zehn Minuten. Agent DiNozzo braucht dringend Ruhe.“ Mit dieser Aussage bedeutet er Tony, ihm zu folgen, und führt ihn den hellen Korridor entlang, an dessen Ende er die Tür eines Krankenzimmers öffnet. Mit einem kurzen wortlosen Nicken verabschiedet sich der Doktor wieder von ihm und lässt den Agenten allein mit seiner Patientin zurück. Dieser bleibt hinter der geschlossenen Tür stehen, seine Augen fest auf den Fußboden gerichtet, als hätte er Angst, sie anzusehen. Einige Minuten verharrt er an dieser Stelle, bevor er es endlich wagt, den Blick zu heben, der daraufhin auf die zerbrechliche Gestalt in dem Krankenbett fällt. Ihre blasse Haut hebt sich kaum von dem weißen Kissen und der ebenso weißen Decke ab, während die pechschwarzen Haare sie noch kleiner und verletzlicher erscheinen lassen. Seine Frau in diesem Zustand zu sehen, lässt ihn heftig schlucken, hatte Gibbs ihm doch stets versichert, dass es ihr gut ginge. Er hatte seinem Boss und Freund geglaubt, hatte sich auf sein Wort verlassen, denn selbst Nachforschungen anzustellen, hätte sie unnötig in Gefahr gebracht. Obwohl dieser Gedanke beinahe unerträglich für ihn gewesen war, hatte er dennoch gehofft, dass sie ihr Leben auch ohne ihn weiterführen würde.
Schließlich reißt er sich aus seiner Starre los, geht langsam auf sie zu und lässt sich dann auf dem Stuhl neben dem Bett nieder. Vorsichtig greift er nach ihrer Hand, so als hätte er Angst, ihr mit seiner Berührung weh zu tun und fühlt entsetzt die eiskalte Haut unter seinen Fingern. Er hält sie mit seinen beiden Händen umklammert, versucht, sie aufzuwärmen, als könne er damit das Leben in ihren Körper zurückkehren lassen. Doch die junge Frau liegt weiterhin bewegungslos da, so dass er beschwörend flüstert: „Versprich mir, dass du kämpfst! Du darfst nicht aufgeben. Nicht jetzt. Ich brauche dich doch. Ich kann ohne dich nicht leben.“ Immer wieder denkt er darüber nach, was er Kate angetan hatte, was sie seinetwegen in den letzten Monaten durchmachen musste. Auch ihre Worte, bevor sie erneut von der Bewusstlosigkeit gefangen genommen wurde, sind weiterhin präsent, ohne dass er jedoch ihren Sinn begreifen kann. Von Minute zu Minute fällt es ihm jedoch schwerer, wach zu bleiben, so dass er irgendwann den Kampf gegen die Müdigkeit aufgibt, die ihn zu übermannen versucht. Kraftlos lässt er seinen Kopf sinken und schließt erschöpft die Augen, bevor er einen sanften Kuss auf ihre schmalen Finger haucht. Es ist ihm vollkommen egal, dass in wenigen Sekunden eine Krankenschwester den Raum betreten und ihn hinaus schicken wird, denn er würde sich auf keinen Fall vertreiben lassen.
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

Und weiter gehts. Viel Spaß!

LG Claudia


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27. Juli 2008 - Washington D.C., USA
In den letzten beiden Tagen hatte eine erneute Hitzewelle Washington im Griff, doch im Inneren des Krankenhauses sorgte die Klimaanlage für angenehme Temperaturen, so dass man innerhalb des Gebäudes die Wärme nicht spürte. Tony war die ganzen Stunden über seiner Frau nicht eine Minute von der Seite gewichen, hatte stets besorgt ihren Zustand überwacht und währenddessen kaum etwas zu sich genommen. Da sich ihr Körper ausreichend erholt hat, beschließen die Ärzte nach umfassenden Untersuchungen, sie am Nachmittag aus dem Koma aufzuwecken. Trotzdem ist es Ziva nicht gelungen, den Agenten von ihrem Krankenbett weg zu bewegen, deshalb hat sie Gibbs telefonisch von den Vorfällen der Nacht berichtet, der sich unverzüglich ins Auto gesetzt hat und nun aufgebracht im Krankenhaus erscheint. Mit schnellen Schritten geht er zu dem kleinen Warteraum, in dem die Israelin wieder einmal auf einem der unbequemen Plastikstühle sitzt.
„Officer David, wieso haben Sie mich nicht früher informiert?“, fragt er sie mit einem drohenden Unterton in der Stimme, doch sie zuckt nur mit den Schultern und erwidert: „Wir hatten alles im Griff.“ Diese Aussage lässt den Agenten noch wütender werden, so dass er laut nachhakt: „Kate wurde entführt und liegt im Krankenhaus. DiNozzo hat seine Tarnung aufgegeben und ist nach Washington geflogen, wo jeder ihn sehen kann. Das nennen Sie alles im Griff?“ Die junge Frau hatte seine Vorwürfe bereits erwartet, doch sein Verhalten macht sie zunehmend wütend, denn mit keinem Wort hat er nach dem Zustand seiner ehemaligen Agentin gefragt. Diese Tatsache bringt sie dazu, ihrem Ärger endlich Luft zu machen: „Mit Ihrem Verhalten haben Sie sie doch erst dazu gebracht, überstürzt das Hauptquartier zu verlassen. Sie haben ihr die wichtigste Wahrheit verschwiegen. Abgesehen davon wollte sie sich nicht von mir helfen lassen, weil sie weiß, dass Sie mich auf sie angesetzt haben.“
Nach diesen Vorhaltungen lässt sich der Angesprochene auf einem Stuhl neben ihr fallen und starrt still aus dem Fenster nach draußen, ehe er mit ruhigerer Stimme als zuvor fragt: „Wo ist Agent DiNozzo?“ Die Mossad-Offizierin wendet ihren Blick in seine Richtung und bemerkt, dass er sie eindringlich mustert, also antwortet sie: „Er ist bei seiner Frau.“ Diese wenigen Worte lassen ihn jedoch aufspringen und die Wut umgehend zurückkehren: „Verdammt. Er sollte sich dessen bewusst sein, dass er unseren Auftrag damit gefährdet.“ Auch Ziva ist mittlerweile aufgestanden und hat sich dem grauhaarigen Mann in den Weg gestellt, der sie zornig anfunkelt. Sie steht ihm gegenüber und erwidert den durchdringenden Blick aus seinen eisblauen Augen, ohne die kleinste Regung erkennen zu lassen. Obwohl es in ihrem Inneren heftig brodelt, bemüht sie sich, gelassen zu bleiben, als sie betont ruhig erklärt: „Dazu ist es bereits zu spät.“ Doch er schüttelt wortlos den Kopf und will sich zum Gehen wenden, so dass sie ihn daran hindert und eindringlich hinzufügt: „Sie hat ihn gesehen, und sie wird sich daran erinnern. Also stehen Sie gefälligst zu dem Fehler, den Sie begangen haben.“

Die großen Fenster des Krankenzimmers werden durch die Jalousien ein wenig abgedunkelt, so dass die heißen Sonnenstrahlen nicht ins Innere gelangen können. Abgesehen von dem leisen Atem zweier Menschen ist das monotone Piepsen der medizinischen Geräte der einzige Laut, der die Stille des Raumes durchbricht. Die junge Frau liegt noch immer in der weißen Bettwäsche, doch mittlerweile hat ihre Haut einen natürlicheren Ton angenommen, so dass sie nicht mehr so zerbrechlich wirkt wie noch zwei Tage zuvor. Lediglich die dünnen Schläuche der Sauerstoffsonde in ihrer Nase, die ihr das Atmen erleichtern sollen, und das Pulsoximeter an ihrem rechten Zeigefinger machen ihre Schwäche deutlich. In regelmäßigen Abständen hebt sich ihr Brustkorb, denn die Agentin schläft noch immer tief und fest, scheint im Reich der Träume gefangen zu sein. Der Mann, der in den letzten 54 Stunden ununterbrochen an ihrem Bett gewacht hat, sitzt zusammen gesunken auf seinem Stuhl, ihre Hand mit der seinen umklammert und den Kopf auf ihre Decke gelegt. Lange hat er sich gegen die Müdigkeit gewehrt, hat gegen seinen eigenen Körper gekämpft, doch schließlich hat ihn der Schlaf übermannt.
Aber im Gegensatz zu seiner Frau scheint ihm die nötige Erholung nicht vergönnt zu sein, denn seine Augenlider flattern immer wieder, sein Kopf zuckt unruhig hin und her. Immer wieder durchlebt er die Geschehnisse der vergangenen Tage, sieht Caitlin erneut vor sich, der geschundene Körper lediglich von ihrer zerfetzten Kleidung verdeckt, während sie nicht wieder aus der Bewusstlosigkeit erwachen will. Das Gefühl, ihr nicht helfen und sie verlieren zu können, breitet sich immer stärker in seinem Inneren aus, als er nicht in der Lage ist, sich zu bewegen und hilflos ihre Qualen mitansehen muss. Mit einem Ruck schreckt er schließlich auf, während sein Herz hart gegen seine Rippen schlägt und sich auf seiner Stirn ein dünner Schweißfilm gebildet hat. „Kate“, entfährt es ihm besorgt, ehe er sich seiner Umgebung bewusst wird, so dass er versucht, seinen rasenden Atem unter Kontrolle zu bringen. Die tiefen Ringe unter seinen Augen zeugen von seiner Erschöpfung aber auch von den Sorgen, die sich in seinem Inneren eingenistet haben. Noch immer hält er ihre Hand mit seiner umschlungen und streicht nun mit der anderen sanft über ihre Wange, um sicher zu sein, dass sie wirklich bei ihm ist, das alles nur ein schrecklicher Traum war.
Krampfhaft versucht Tony, die Bilder, die ihn gequält haben, zu vertreiben, doch erst die Berührung ihrer weichen Haut hilft ihm dabei, diese peinigenden Gedanken zu vergessen. Ihre Nähe hatte ihm schon immer geholfen, alles um sich herum zu vergessen, all seine Probleme zu vergessen, was ihr auch jetzt noch gelang, obwohl sie weiterhin tief und fest schlief. In diesem Moment wird ihm schmerzlich bewusst, wie sehr sie ihm fehlte, wie groß die Sehnsucht nach ihr war, die er in den letzten Monaten einfach verdrängte. Aber er will es nicht länger, er will nicht länger ohne sie leben müssen, will endlich wieder an ihrer Seite sein und sie nie wieder missen. Die Ärzte hatten am Morgen mit ihm gesprochen, ihn über die Besserung ihres Zustandes und das Vorhaben, sie am Nachmittag aus dem künstlichen Koma zu wecken, aufgeklärt. Bei dieser Aussage zerbröckelte der Stein, der sein Herz in den letzten Tagen eingeschlossen hatte, doch in seinen Träumen verfolgt ihn noch immer die Angst um sie. Weder denkt er eine Sekunde darüber nach, von ihrer Seite zu weichen, noch über die Konsequenzen, die dieses Handeln nach sich ziehen könnte.

Nach seinem Gespräch mit Ziva geht Gibbs nachdenklich den langen Korridor entlang, bevor er vor einem Raum stehen bleibt und durch die große Glasscheibe ins Innere blickt. Das Bild, das sich ihm dort bietet, lässt den Zorn, der noch vor Sekunden in seinem Inneren gebrodelt hat, endgültig verrauchen. Im Grunde weiß er, dass sie mit ihren Anschuldigungen Recht hat, hatte er sich doch viel zu sehr in diesen verdammten Auftrag hinein gesteigert, ohne zu erkennen, wie sehr seine beiden Agenten darunter leiden. Unwillkürlich fragt er sich, wann er zu einem dieser Ermittler geworden war, die rücksichtslos ihre Nachforschungen vorantreiben und die Gefühle Anderer gnadenlos ignorieren. Ein vorsichtiges Klopfen reißt den jungen Mann im Krankenzimmer aus seiner Starre und zwingt ihn dazu, sich zu erheben, um den Besucher herein zu lassen. Als er die Tür öffnet, sieht er sich seinem Vorgesetzten gegenüber, so dass er genervt fragt: „Gibbs, was willst du hier?“ Der Angesprochene versucht, dem Agenten ruhig zu entgegnen: „Du weißt, dass du jetzt gehen musst, Tony.“ Doch dieser wendet sich mit einem wortlosen Kopfschütteln ab, lässt sich wieder auf seinen Platz nieder und ergreift erneut die Hand seiner Frau.
Im gleichen Augenblick öffnet sich erneut die Tür, durch die ein Arzt den Raum betritt und sich sofort an Tony wendet: „Mr. DiNozzo, wir werden jetzt das künstliche Koma ihrer Frau beenden. Sie sollte in ein bis zwei Stunden aufwachen.“ Dieser nickt nur, ohne Kate aus den Augen zu lassen, so dass der Doktor ihr eine Spritze verabreicht und sich dann wieder zum Gehen wendet, als Gibbs ihn zurück hält: „Wie stabil wird ihr Zustand danach sein?“ „Ihr Körper hat sich von den Strapazen erholt, aber sie sollte noch einige Tage zur Beobachtung hier bleiben, um die Nachwirkungen des Komas zu überwachen,“ erklärt der ältere Mann geduldig, aber dem Agenten ist diese Antwort nicht genug, was ihn dazu veranlasst, direkt nachzufragen: „Wird sie eine schockierende Nachricht verkraften?“ Der Arzt blickt ihn daraufhin ein wenig verwirrt an, ehe er ausweichend erklärt: „Körperlich ja, aber ob sie es psychisch schon verarbeiten kann, ist schwer einzuschätzen.“ Mit diesen Worten und einem kurzen Nicken verabschiedet er sich von den beiden Männern und lässt sie allein im Krankenzimmer zurück.
Tony hat die Unterhaltung seines Vorgesetzten nicht realisiert, denn er hält noch immer die Finger seiner Frau umschlungen und ist in ihren Anblick versunken. Keine Sekunde will er sie aus den Augen lassen, keine Regung versäumen, um sicher zu gehen, dass es ihr gut geht und sie tatsächlich aufwachen wird. Obwohl er weiß, dass er nicht hier sein darf, dass der Schock für Kate zu groß wäre, ihn plötzlich lebend zu sehen, rührt er sich dennoch nicht von der Stelle. Regungslos wacht er über sie, ignoriert die Anwesenheit seines Bosses und streicht ihr ununterbrochen über die Wange, ohne seine Umgebung zu realisieren. Erst eine Hand auf seiner Schulter lässt ihn aus seiner Trance erwachen, doch ohne sich umzuwenden, flüstert er mit zitternder Stimme: „Ich kann sie nicht allein lassen. Wenigstens jetzt muss ich bei ihr sein.“ Bei diesen Worten rinnt eine Träne langsam über seine Wange, denn er hat keine Kraft mehr, seine Gefühle noch länger zurückzuhalten. Die Erschöpfung, die Anspannung sind dabei, aus ihm heraus zu brechen, so sehr er auch versucht, dies vor seinem Vorgesetzten zu verbergen. Sanft aber bestimmt zieht Gibbs den jungen Mann von seinem Stuhl, der Kate einen vorsichtigen Kuss auf die Lippen haucht, bevor er sich beinahe willenlos aus dem Raum schieben lässt.
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

Es gibt ein neues Kapitel. Viel Spaß!

LG Claudia


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27. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Die Israelin sitzt noch immer im Wartebereich, kann nur mit Mühe ihre innere Unruhe unterdrücken, als Gibbs nach einer scheinbaren Ewigkeit mit einem erschöpft wirkenden Tony den Raum betritt und erklärt: „Bringen Sie ihn ins Hotel! Ich werde bei Kate bleiben, bis sie aufwacht.“ Sie nickt zustimmend und erhebt sich von dem Stuhl, in dem sie in den vergangenen Tagen unzählige Stunden verbracht hatte, als sich der junge Mann einmischt: „Nein. Ich will, dass Ziva bei ihr ist, wenn sie die Wahrheit erfährt.“ Er hofft, dass ihr ein vertrauter Mensch, der ihr in den letzten Wochen zur Seite gestanden hatte, auch in dieser Situation ein wenig Kraft geben kann, auch wenn er sich darüber im Klaren ist, dass dies niemals genug sein kann. „Das hat doch noch Zeit“, versucht sein Vorgesetzter, den Agenten zu beruhigen, doch er kennt sie lange genug, um es besser zu wissen, so dass er bestimmt erwidert: „Du weißt genau, wie stur Kate ist. Sie wird sich erinnern, und dann will sie Antworten. Ich werde allein fahren.“ Mit diesen Worten nimmt er der Mossad-Offizierin den Autoschlüssel aus der Hand und ist Sekunden später bereits im Aufzug verschwunden, ohne dass einer der Anwesenden ihn zurückhalten kann.
Als Tony durch die Tür nach draußen tritt, schlägt ihm die schwüle Luft des Nachmittags entgegen und lässt die sterile Kühle im Krankenhaus beinahe angenehm erscheinen. Einige Momente bleibt er bewegungslos stehen, scheint mit sich zu ringen, doch dann geht er zielstrebig zum Parkplatz und steigt in einen dunklen Wagen, um diesen Ort zu verlassen. So schwer es ihm auch fällt, Kates Nähe den Rücken zu kehren, muss er dennoch diesen Schritt tun, denn hier zu bleiben und nicht zu ihr gehen zu dürfen, würde ihn vollends verrückt werden lassen. Mit einem leisen Seufzen startet er den Motor, um das weitläufige Gelände des Bethesda Naval Hospitals zu verlassen und das Fahrzeug wenig später durch die überfüllten Straßen der Großstadt zu lenken. Noch immer kreisen seine Gedanken ununterbrochen um seine Frau, so dass er den Weg, den er eingeschlagen hat, kaum wahrnimmt. Es scheinen Stunden vergangen zu sein, in denen er sich durch den dichten Verkehr Washingtons gequält hat, bis er das Auto vor einem Haus zum Stehen bringt. Das ruhige Wohnviertel, in dem er sich nun befindet, bestehend aus gut gepflegten Grundstücken wohlhabender Familien, zahlreichen Grünflächen und großen Gärten, hat keine Ähnlichkeit mehr mit den riesigen Betonbauten in der Innenstadt. Die großzügigen Einfamilienhäuser an der ruhigen, von unzähligen Ahornbäumen gesäumten Straße, eine Mischung aus Backsteinbauten im Kolonialstil und moderner Architektur, geben ihm unwillkürlich das lang vermisste Gefühl, nach Hause zu kommen.
Nur zögerlich lässt er seinen Blick die Auffahrt entlang schweifen und betrachtet das Ziel, zu dem ihn seine Fahrt eher unterbewusst geführt hat. So viele Monate ist es her, dass er hier gewohnt, ein glückliches Leben geführt und dies alles durch eine einzige Entscheidung aufgegeben hatte, eine Entscheidung, deren Tragweite er sich noch immer nicht vollkommen bewusst ist. Dennoch vermittelt dieser Anblick den Eindruck, als sei kaum Zeit vergangen, lediglich der Garten lässt erahnen, dass er Kates Pflege und Hingabe schon seit längerer Zeit nicht mehr genossen hatte. Wie in Trance verlässt der junge Mann seinen Wagen, geht den schmalen Kiesweg entlang, die ihn früher jeden Abend nach der Arbeit in sein Heim und zu seiner Frau geführt hatte. Der Schlüssel zu seiner Haustür hatte in den letzten Jahren stets in seiner Tasche geruht, selbst als ihn tausende Meilen von Washington getrennt hatten, so dass er diesen zur Hand nimmt und beinahe mechanisch die Tür öffnet. Für einem Moment schließt er die Augen, ist sich nicht sicher, ob er die Kraft hat, weiter zu gehen, doch dann atmet er tief durch und tritt durch den Flur in das helle Wohnzimmer. Bewegungslos betrachtet er die zahlreichen Fotos auf der Kommode, alles ist noch immer so, wie an jenem Abend, als er das Haus das letzte Mal verlassen hatte.
Irgendwann reißt er sich aus seiner Starre und steigt langsam die Treppe nach oben, beinahe als hätte er Angst vor dem, was ihn dort erwarten würde. Doch Tony verspürt den dringenden Wunsch nach Gewissheit, muss endlich Klarheit darüber erhalten, wie es seiner Frau in den vergangenen Monaten wirklich ergangen war. Vor einer der Türen hält er unwillkürlich inne, mustert die farbigen Verzierungen darauf und öffnet sie schließlich, als würde ihn eine unsichtbare Hand leiten. Die warmen Sonnenstrahlen scheinen durch das große Fenster, erhellen den freundlich eingerichteten Raum und streichen ihm sanft über das Gesicht. Angestrengt schluckt er den dicken Kloß hinunter, der sich an diesem Ort, an dem die Erinnerungen an die Vergangenheit unbarmherzig auf ihn einstürmen, unvermittelt in seiner Kehle ausbreitet. Nach einigen Sekunden tritt der Agent schließlich ein, lässt seinen Blick über die Holzmöbel und den braunen Teddybären schweifen, der noch immer an seinem Platz verweilt, bis er an einem Bilderrahmen hängen bleibt, den er hier noch nie gesehen hatte. Vorsichtig nimmt er ihn in die Hand, betrachtet ihn eingehend und studiert die wenigen Daten, die das Ultraschallbild im Inneren zieren. Mit einem Schlag, der sich beinahe anfühlt wie ein Schlag ins Gesicht, wird ihm alles klar, ergeben Kates Reaktion auf seine Anwesenheit und ihre Worte endlich einen Sinn für ihn. In jenem Moment in der Lagerhalle hatte er sie nicht verstehen können, hatte ihre Aussage auf einen Traum zurückgeführt, war er doch viel zu sehr mit seiner eigenen Sorge um sie beschäftigt. Doch dieses kleine gerahmte Stück Papier zieht ihm innerhalb von Sekunden schier den Boden unter den Füßen weg, lässt das letzte Fünkchen Hoffnung auf eine Zukunft in seinem Herzen erlöschen. Kraftlos lässt er sich an der Wand auf den Fußboden gleiten, sein Kopf sinkt in seine Hände, während er die Tränen der Verzweiflung nicht länger zurückhalten kann.

Zur gleichen Zeit sitzt Ziva in einem anderen Teil der Stadt auf einem unbequemen Stuhl an Kates Krankenbett, während Gibbs mit einem Becher Kaffee in der Hand am Fenster steht und gedankenverloren nach draußen starrt. Mittlerweile kann er sich nicht mehr entsinnen wie viele unendliche Stunden er in den vergangenen Tagen damit verbracht hatte, dieses scheußliche Getränk zu sich zu nehmen und hilflos zum Warten verdammt zu sein. Währenddessen blickt die Israelin unablässig auf die noch immer schlafende junge Frau vor sich und versucht, sich keine Regung von ihr entgehen zu lassen. Auch sie hat Mühe, weiterhin Geduld zu beweisen, ist diese in der Zwischenzeit schon überaus strapaziert, doch sie weiß, dass ihre Vorgesetzte ihre Anwesenheit braucht. Erneut realisiert die Mossad-Offizierin ein Flattern der Lider, während die Finger leicht zucken, so dass sie die Agentin anspricht: „Kate, kannst du mich hören? Du bist in Sicherheit. Alles ist gut.“ Mit aller Kraft versucht diese, endlich die Augen zu öffnen und blinzelt schließlich ein paar Mal, um sich an die Helligkeit zu gewöhnen. „Was... was ist passiert?“, fragt die junge Frau mit kratziger Stimme, woraufhin Ziva ihr ein Glas Wasser reicht, ehe sie schließlich mit einer Gegenfrage antwortet: „Wie fühlst du dich?“ „Es geht mir gut. Wirklich. Ich will wissen, was passiert ist“, erklärt sie bestimmt, so dass die Angesprochene leise seufzt und dann erwidert: „Man hat dich entführt. Woran kannst du dich erinnern?“ Zuerst muss sie Gewissheit bekommen, dass die Teamleiterin die Geschehnisse tatsächlich realisiert hat, bevor sie sich der Wahrheit stellt.
Kate setzt sich vorsichtig im Bett auf, bevor sie die Augen wieder schließt, um sich die Ereignisse ins Gedächtnis zu rufen und sich erneut in der Dunkelheit jenen Abends wiederfindet: „Ich bin nach Hause gefahren. Als ich aus dem Wagen gestiegen bin, hat mich jemand von hinten gepackt und mir ein Tuch auf den Mund gepresst. Danach ist alles schwarz. Irgendwann bin ich in einer Halle wieder aufgewacht. Da war ein Mann, er war vermummt und hat keinen Ton gesagt. Aber ich kann noch immer seine Schläge und sein Messer auf meiner Haut spüren. Irgendwann ist er wortlos verschwunden, und alles wurde wieder schwarz.“ Nach diesen Worten öffnet sie abrupt ihre Augen, während sie Mühe hat, das Zittern ihres Körpers zu verbergen, als sie die Israelin direkt ansieht und hinzufügt: „Als ich wieder zu mir kam, habe ich deine Stimme gehört. Und Tonys. Er war da. Ich weiß, dass er da war.“ Nun kann sie sich nicht länger zurück halten, kann nicht länger die Kraft aufbringen, ihre Gefühle in ihren Inneren zu verdrängen, so dass ihre Stimme zunehmend lauter wird. Die Mossad-Offizierin bemüht sich, die Agentin zu beruhigen, indem sie sich zu ihr auf das Bett setzt und ihre Hand nimmt, doch diese wendet sich an Gibbs, der das Geschehen bisher schweigend verfolgt hat: „Verdammt, sag mir endlich, was hier los ist!“ Der Agent fährt sich seufzend durch die Haare und tritt dann näher, bevor er leise berichtet: „Kate, ich weiß, dass das schwer für dich ist, aber Tony..., er ist nicht tot.“
Nachdem sie diese Worte gehört, und damit endlich Gewissheit hat, rührt sie sich nicht mehr, gibt keinen Ton von sich, sondern starrt nur vor sich hin. Ihr ehemaliger Vorgesetzter wusste, dass er sie von ihrer Frage nicht würde abbringen können, genauso wenig wie er die Erinnerungen in ihrem Kopf auslöschen konnte. Noch nie hatte er sich vor der Wahrheit gedrückt, so dass er auch sie nicht länger hinhalten konnte und die Antwort, nach der sie suchte, endlich aussprach. Langsam hebt er die Hand und will ihr beruhigend über den Arm streichen, als sie ihm plötzlich ins Gesicht sieht und faucht: „Fass mich nicht an!“ Der Ermittler sieht den Schmerz in ihren Augen den auch die Kälte, die sich in den vergangenen Monaten in ihr ausgebreitet hatte, nicht zu überdecken vermag. Doch genauso nimmt er die Tränen darin wahr, die sie nun nicht länger zurückhalten kann und hält in seiner Bewegung inne, während sich ein unangenehmes Gefühl durch seine Brust zieht. „Ich habe vor achtzehn Monaten meinen Mann begraben. Du kannst nicht einfach hier auftauchen und sagen, dass alles eine Lüge war, dass alles, was ich durchgemacht habe, nur Teil eines verdammten Plans war.“
Der Angesprochene hat mittlerweile den Blick abgewandt und schweigt, denn er weiß, dass sie mit ihrem Vorwurf Recht hat, dass er in den letzten Jahren zunehmend seine Arbeit nicht nur über sein eigenes Leben sondern auch über das seiner Agenten gestellt hatte. Aber ebenso sicher sind sie nun einmal Bundesagenten, haben mit dem Wissen um die Folgen genau dieses Leben in den Dienst ihres Vaterlandes gestellt, als dass er diesen bedeutenden Auftrag hätte ablehnen können. Sein Schweigen lässt Ziva das Wort ergreifen: „Kate, er hat dies alles nur getan, um dich zu schützen. Er...“ Die junge Agentin blickt ihr Gegenüber geschockt an und lässt sie nicht aussprechen, als sie zischt: „Du hast es gewusst?“ Wütend zieht sie ihre Hand weg, die die Mossad-Offizierin noch immer festgehalten hat und fügt hinzu: „Du hast mich getröstet, als ich wieder kurz davor war, in dieses schwarze Loch zu fallen und hast dabei die ganze Zeit gewusst, dass Tony noch lebt? Raus! Verschwindet, alle beide!“ Bei dieser Aufforderung blickt sie ihren Besuchern nacheinander bestimmt in die Augen, woraufhin die Israelin lediglich resigniert nickt, weiß sie doch, dass sie die Teamleiterin nicht zwingen kann, ihr zuzuhören, bevor sie den Raum verlässt, doch Gibbs versucht erneut zu erklären: „Kate, es war...“ Doch diese wird zunehmend ungehaltener: „Ich will es nicht hören. Und jetzt raus! RAUS!“ Mit einem Seufzen wendet er sich zur Tür, bevor er noch einmal zu seiner Agentin blickt, die sich inzwischen zum Fenster gedreht hat, und sie dann allein lässt.
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

Es wird mal wieder Zeit für ein Kapitel aus Kates Sicht.
Ich wünsche euch wie immer viel Spaß!

LG Claudia


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27. Juli 2008 - Washington D.C., USA

Schmerz - das Einzige, was ich spüren konnte, war Schmerz, der sich in jeder Faser meines Körpers ausgebreitet zu haben schien. Mein Kopf dröhnte so stark, dass ich glaubte, er müsste jeden Moment explodieren, während mein Herz gegen meine Rippen schlug, als sollten diese bersten. Ich konnte keine Verletzungen lokalisieren, da sich jeder einzelne Knochen anfühlte, als wäre er unter einem enormen Druck zersplittert. Mein rasselnder Atem und mein lautes Stöhnen hallten unnatürlich laut in der Dunkelheit wider und ließen mich beinahe zusammen zucken. Eine unangenehm eisige Feuchtigkeit hatte mich umhüllt, lediglich eine dünne Decke schützte mich vor dem kalten Boden, auf dem ich mich, so weit es mir möglich war, zusammengerollt hatte. So sehr ich mich auch bemühte, meine Augen wollten sich nicht an die mich umgebende Schwärze gewöhnen, ließen sie vollkommen undurchlässig erscheinen. Ich versuchte mit aller Macht, mich aufzurichten, doch mein Körper schien, mir nicht mehr zu gehorchen, denn ich war nicht dazu fähig, mich zu bewegen. So lag ich weiter unbeweglich da, starrte in die Finsternis, ohne zu wissen, wo und wie lange ich mich bereits an diesem Ort befand. Als ich meine Augen erneut schloss, kehrten Bruchstücke meiner Erinnerungen zurück, in denen ich erneut das Tuch vor meinem Mund spürte, das mir innerhalb von Sekunden den Atem und mein Bewusstsein geraubt hatte.
Ich hatte keine Ahnung gehabt, wie lange ich ohnmächtig gewesen war, als ich irgendwann auf dem kalten Betonfußboden einer Halle wieder zu mir gekommen war. Im Zwielicht einer einzelnen Glühbirne hatte ich kaum etwas in meiner Umgebung erkennen können, lediglich einen dunklen Schatten hatte ich neben mir ausgemacht. Keinen einzigen Laut hatte er von sich gegeben, als er begann, mich zu quälen, indem er auf meinem Oberkörper Schläge und auf meinen Armen Schnittwunden verteilte. Zuerst hatte die Profilerin in mir versucht, das Vorgehen dieses Mannes zu ergründen, den etwas anderes anzutreiben schien als blanke Wut oder die Befriedigung angesichts meines Leidens. Aber meine Kraft hatte nicht ausgereicht, um meinen Verstand mit diesen Überlegungen zu beschäftigen, der sich bereits nach kurzer Zeit nur noch auf die Erwartung des nächsten Hiebes konzentriert hatte. So sehr ich mir noch am gestrigen Tag eingeredet hatte, stark zu sein, so unvermittelt traf mich nun die Erkenntnis, vollkommen hilflos zu sein. Dennoch hatte jede Sekunde, die ich auf diesem nackten eiskalten Untergrund mit diesen Schmerzen verbracht hatte, der Gedanke an Tony meine Hoffnung aufrecht erhalten. Doch diese hatte nicht aus dem Überleben bestanden, denn ich hatte mich bereits aufgegeben, ich hatte mir nur gewünscht, endlich erlöst zu werden und meinen geliebten Mann wiederzusehen.
Es hatte nicht lange gedauert, bis meine Erschöpfung mich erneut übermannt und in eine erlösende Dunkelheit gehüllt hatte, aus der ich erst in diesem Loch erwacht war. So schnell diese Bildfetzen vor mir auftauchten, so schnell verschwanden sie, als ich vor mir kaum hörbar ein dumpfes Poltern vernahm. Ich wusste nicht, ob ich mir die Geräusche eingebildet hatte, doch obwohl ich mich bemühte, mich darauf zu konzentrieren, zog mich die Finsternis erneut in ihre Fänge. Sobald die Schwärze mich umgab, verfolgten mich jedes Mal aufs Neue wirre Traumsequenzen, die ich nicht im Stande war, festzuhalten, als ich schließlich wieder erwachte. Es kam mir vor, als wäre kaum Zeit vergangen, als ich meinen Körper von etwas warmem und weichem umschlungen fühlte. Der Versuch, meine Augen zu öffnen, ließ mich blinzeln, denn mittlerweile war der Raum, in dem ich mich befand, in ein diffuses Licht getaucht. Nach einiger Anstrengung hatte ich endlich wieder ein wenig Kontrolle über mich erlangt und blickte in mir vertraute grüne Augen. In diesem Moment breitete sich in meinem Inneren unwillkürlich ein lange vermisstes Gefühl von Geborgenheit aus, denn ich glaubte, meinen Engel gefunden zu haben. Nun wusste ich, dass ich in Sicherheit sein würde, und so ließ ich einfach los, ließ mich fallen und verschwand erneut im schwarzen Nichts.

Ich hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, als ich irgendwann in einem kahlen Raum mit weißen Wänden erwachte, auf denen gerade die letzten Strahlen der untergehenden Sonne ein farbenfrohes Lichterspiel hinterließen. Für einen Moment glaubte ich, im Himmel angekommen zu sein, doch nach einem weiteren Blinzeln ließ die Umgebung erahnen, dass ich mich in einem Krankenzimmer befand. Die Tatsache, dass die Schmerzen verschwunden waren, die zuletzt meinen gesamten Körper beherrscht hatten, offenbarte mir, dass ich mich hier schon länger aufhalten musste. Schon mehrfach hatte ich geglaubt, eine bekannte Stimme wahrzunehmen, so dass mir nun ein Blick in ihre Richtung bestätigte, dass Ziva an meinem Bett gesessen hatte. Als ich jedoch versuchte zu sprechen, erkannte ich mich selbst kaum wieder, erinnerten die leisen kratzigen Töne, die meiner Kehle entrannen, kaum noch an die starke Agentin, die ich geglaubt hatte zu sein. Bevor ich die Israelin jedoch dazu bringen konnte, mir endlich zu erklären, was geschehen war, fragte sie nach meinen letzten Erinnerungen.
Mit geschlossenen Augen rief ich mir erneut die Bilder meiner Entführung vor Augen, die das Gefühl der Hilflosigkeit wieder in mir erwachen ließen. Dieses verschwand jedoch so abrupt, wie es gekommen war, als ich mich des Gesichts meines Mannes und seiner vertrauten Stimme entsinnen konnte. Die Erkenntnis seiner Anwesenheit brachte mich fast um den Verstand, so dass ich mich aufgelöst an Gibbs wandte, dessen Gegenwart ich bisher kaum realisiert hatte. Ich konnte in seinen sonst so undurchdringlichen Augen lesen, wie es mir zuvor noch niemals möglich gewesen war, doch das Wissen, dass es etwas gab, das er mir verheimlichte, brachte mich noch mehr durcheinander. Unwillkürlich begann ich, mich wie eine Gefangene in meinem eigenen Leben zu fühlen, die weder die Kontrolle über ihr Handeln noch die Gewissheit über ihre Vergangenheit hatte. Die Versuche meiner Kollegin und meines ehemaligen Bosses, mich zu beruhigen, erreichten eher das Gegenteil, bis ich endlich, nach so langer Zeit, die Wahrheit erfuhr, mein Mann war nicht tot. Hatte ich mich bemüht, diese Hoffnung noch Sekunden zuvor als Hirngespinst und Tonys Anwesenheit als Halluzination abzutun, war ich in diesem Moment nicht zu einer kleinsten geringsten Reaktion fähig.
Mein Verstand versuchte mit aller Kraft, das zu verarbeiten, was vollkommen unmöglich sein sollte und doch nichts anderes als die Realität war. Ich wollte etwas erwidern, doch in meinem Inneren herrschte gähnende Leere, nicht die kleinste Empfindung auf diese unerwartete Nachricht verriet mir, was ich in diesem Moment fühlte. Erst die Stimmen meines ehemaligen Vorgesetzten und meiner Agentin rissen mich aus dieser Trance, doch die Erklärungsversuche der Beiden machten mich nur noch wütender. Auch die Gewissheit, dass Ziva, die in den letzten Monaten meine engste Vertraute geworden war, in diese Lüge eingeweiht gewesen war, verdeutlichte mir erneut, dass ich niemanden auf dieser Welt mehr hatte, auf den ich mich verlassen konnte. Doch ich wollte den Schmerz, den diese Erkenntnis mit sich brachte, nicht zulassen, deshalb wehrte ich all ihre Versuche, mich zu besänftigen gnadenlos ab und warf sie schließlich einfach aus meinem Zimmer.
Kaum war die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen, war ich allein, allein mit mir, meinen Gefühlen, meiner Enttäuschung, eben vollkommen allein, wie ich es in diesem Moment hatte sein wollen und es wohl in Zukunft öfter sein würde. Obwohl ich mittlerweile realisiert hatte, was diese Enthüllung für mich bedeutete, hatte ich noch immer keine Ahnung, wie ich mit diesem Wissen umgehen sollte. So verspürte ich auch nicht im geringsten den Wunsch, meinen Ehemann zu sehen, was ich mir in den vergangenen Monaten in jeder einzelnen Sekunde gewünscht hatte. Die Gedanken wirbelten in meinem Kopf durcheinander, ließen mich überhaupt nicht mehr zur Ruhe kommen, ehe mich schließlich die Tränen und die Verzweiflung übermannten. Mein Leben, das ich mir in den letzten achtzehn Monaten so mühevoll wieder aufgebaut hatte, lag erneut in Scherben vor mir. Obwohl ich in der Vergangenheit die meiste Zeit damit verbracht hatte, die Schuldigen an Tonys Tod zu verfolgen, hatte ich doch den festen Vorsatz gehabt, wieder zu einer gewissen Normalität zurückzukehren. Und nun sollte ich erneut alles verloren haben, was mich so viel Kraft und Überwindung gekostet hatte? Ich konnte es nicht erklären, doch ohne es verhindern zu können, begann ich, meinen eigenen Mann zu hassen, ihn für seine Tat zu verabscheuen.
Von Sekunde zu Sekunde verschwamm meine Umwelt immer mehr, so dass ich nicht wahrnahm, wie sich die Tür des Krankenzimmers öffnete und wieder schloss, als ein Mann mittleren Alters den Raum betrat. Doch die Versuche meines behandelnden Arztes, mich anzusprechen, bekam ich, weiterhin in meine wirren Gedankengänge versunken, überhaupt nicht mit. Zu sehr war ich damit beschäftigt, mich auf den Grund zu konzentrieren, der vor wenigen Minuten mein Leben zum wiederholten Mal dazu gebracht hatte, auseinander zu brechen. Lediglich die Tatsache, dass es mir zunehmend schwerer fiel, das Chaos in meinem Kopf irgendwie zu ordnen, realisierte ich. Die wenige Kraft, die in meinem Körper noch vorhanden war, schien langsam aus meinen Muskeln zu weichen, ohne dass ich es verhindern konnte. Doch so sehr ich mich auch bemühte, konnte ich bald nicht einmal mehr die Augen offen halten und fiel wenig später in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

Es gibt ein neues sonntägliches Kapitel für euch.
Wie immer viel Spaß!

LG Claudia


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27. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Mittlerweile bricht der Abend über die Stadt herein, die Sonne beginnt bereits, weitgehend verborgen von den nahenden Gewitterwolken, glutrot hinter dem Horizont zu verschwinden. Während Kate in ihrem Krankenzimmer gegen ihre Tränen und ihre Verzweiflung anzukämpfen versucht und schließlich von ihrem Arzt ein Beruhigungsmittel verabreicht bekommt, gehen Gibbs und Ziva schweigend zu ihrem Wagen. Die Ereignisse der letzten Minuten haben sich auf die Gemüter der Beiden niedergeschlagen, so dass die angespannte Atmosphäre beinahe greifbar scheint. Noch immer kreisen ihre Gedanken ununterbrochen um die Reaktion der jungen Frau, die ihre Sorge um sie zunehmend stärker werden lässt. Nachdem sie eingestiegen sind und der Agent den Motor gestartet hat, fragt die Israelin schließlich unsicher: „Was haben Sie jetzt vor?“ Der Angesprochene wendet sich seiner Beifahrerin zu und sieht sie einige Sekunden wortlos an, ehe er erklärt: „Ich weiß es nicht.“ Dann blickt er wieder nach vorn, lenkt das Auto ungewöhnlich langsam vom Krankenhausgelände und fügt irgendwann hinzu: „Wir sollten mit DiNozzo sprechen. Ich vermute, er wird nach Hause gefahren sein.“ Die Mossad-Offizierin nickt lediglich, so das die restliche Fahrt Stille zwischen ihnen herrscht, da die Überlegungen der Beiden erneut zu dieser verfahrenen Situation schweifen.
Als sie wenig später vor Kates Haus eintreffen, bestätigt sich Gibbs' Vermutung, denn sie erblicken sofort den Dienstwagen des NCIS, der davor am Straßenrand steht. Der Agent parkt dahinter, so dass die Beiden aussteigen und die Einfahrt entlang zur Haustür gehen, vor der Ziva einen Moment inne hält und ihn unsicher mustert. Doch nach einem auffordernden Nicken ihres Gegenübers öffnet sie mit ihrem Schlüssel öffnet und ermöglicht ihnen so das Eintreten. Nach einem kurzen Blick in die Küche und das Wohnzimmer, die noch immer verlassen sind, macht sie dem Ermittler ein stummes Zeichen, um ihm zu verdeutlichen, dass sie nach oben gehen und dort nach dem jungen Mann sehen würde. Obwohl er nur ungern zum Warten verdammt ist, stimmt er dennoch wortlos zu, denn seinen Agenten würde seine Gegenwart mit Sicherheit nicht erfreuen. Er kann sich nur zu gut vorstellen, was die Rückkehr an diesen Ort, in sein Zuhause in seinem Inneren ausgelöst haben mag, so dass er dieses Gespräch notgedrungen der Israelin überlässt. Leise steigt sie die Stufen ins Obergeschoss hinauf, geht den Flur entlang und bleibt in der offenen Tür des Kinderzimmers stehen. Der Anblick, der sich ihr im Inneren bietet, lässt das Herz der sonst so harten Mossad-Offizierin stocken, denn Tony sitzt zusammengesunken auf dem Boden, in seiner Hand noch immer den Rahmen mit dem Ultraschallbild. Die Tränen auf seinen Wangen sind mittlerweile getrocknet, doch sein Blick ist vollkommen leer und starrt nur unbeweglich in die Dämmerung.
Innerhalb der letzten halben Stunde sind graue Regenwolken über Washington gezogen, die Dunkelheit hat sich noch schneller über der Stadt ausgebreitet, und in diesen Minuten beginnt es zu schütten. Die Hitze der letzten Tage entlädt sich in zuckenden Blitzen, die, begleitet von lautem Donner, den Raum für einen Sekundenbruchteil erhellen. Die großen Regentropfen bilden einen dichten Schleier und prasseln auf die große Fensterscheibe, an der sie in kleinen Rinnsalen hinab fließen. Das Gewitter taucht das Kinderzimmer in ein beinahe gespenstisches Licht und lässt seltsame Schatten über das Gesicht des Agenten huschen. Leise tritt Ziva ein und lässt sich schweigend neben ihm auf den Boden sinken, aber obwohl er ihre Anwesenheit spürt, regt er sich noch immer nicht. Erst als sie zögernd ihre Hand auf seinen Arm legt, wendet er ihr seinen Kopf zu, doch der Blick in seine Augen lässt sie erschaudern. Das strahlende Grün, das sie von ihrem Kollegen kennt, ist verschwunden, hat einer erschreckend eisig erscheinenden Leere Platz gemacht. Für einige Sekunden sucht sie nach den richtigen Worten, doch die gibt es in einer solchen Situation wohl nicht, also flüstert sie nur: „Es tut mir leid.“ Der junge Mann nickt lediglich, lässt dann seinen Kopf erschöpft an ihre Schulter sinken, so dass sie ihren Arm um ihn legt. Eine kleine Ewigkeit sitzen die Beiden einfach still da, hängen ihren Gedanken nach und geben sich der Stille hin, bis die Israelin das Schweigen bricht: „Lass uns nach unten gehen!“ Mit diesen Worten erhebt sie sich, zieht Tony auf die Füße und dirigiert ihn aus dem Zimmer, um bestimmt die Tür hinter ihm zu schließen.

In der Zwischenzeit geht Gibbs ungeduldig im Wohnzimmer auf und ab, während er alle paar Sekunden einen Blick auf die Uhr wirft. Er fragt sich genervt, weshalb Ziva so viel Zeit braucht, aber er vermutet, dass seine Anwesenheit seinen Agenten nur aus der Fassung bringt, deshalb begnügt er sich gezwungenermaßen damit zu warten. Sein Instinkt sagt ihm, dass der junge Mann mittlerweile wohl die Wahrheit herausgefunden oder die Israelin ihn darüber aufgeklärt hat. Doch diese Tatsache war unumgänglich, außerdem ist im Moment nicht die Zeit, sich Sorgen um die Beziehung zu seinem Kollegen zu machen. Irgendwann vernimmt er Schritte auf der Treppe und wendet sich in diese Richtung, aus der die Beiden Sekunden später in den Raum treten. Der Ermittler versucht, eine Regung auf Tonys Gesicht zu erkennen, doch dieses ist so verschlossen, wie er es bei ihm noch nie gesehen hat. Erst in diesem Moment wird ihm bewusst, welche weitreichenden Folgen dieser Under-Cover-Auftrag wohl noch nach sich ziehen wird. Gibbs lässt sich neben der jungen Frau auf der Couch nieder, während der junge Agent hinter dem ihnen gegenüber stehenden Sessel verharrt, um die Beiden prüfend zu mustern.
Nach einem kurzen Schweigen ergreif schließlich der Teamleiter das Wort und erklärt: „Kate ist vor zwei Stunden aufgewacht.“ Doch der Angesprochene ignoriert diese Worte, sondern wendet sich stattdessen an seine Kollegin: „Ziva, wie geht es Kate?“ „Sie ist...“, will Gibbs antworten, doch der junge Mann funkelt ihn aufgebracht an und unterbricht ihn wütend: „Halt den Mund! Ich will es von ihr hören.“ Die Israelin wirft ihrem Vorgesetzten einen verwirrten Blick zu, hatte sie doch diese heftige Reaktion nicht erwartet, der ihr jedoch mit einem kaum wahrnehmbaren Nicken bedeutet, ihm zu berichten: „Körperlich ist sie wieder fit, ein wenig kraftlos noch, aber sonst geht es ihr gut.“ Kaum wahrnehmbar tritt ein Anflug von Erleichterung in seine Augen, ehe er jedoch erneut hinter seiner Maske verschwindet und sich sein Blick undurchdringlich verschließt, als er fragt: „Wie hat sie auf die Wahrheit reagiert?“ Dennoch kann er die Unsicherheit nicht mehr verbergen, denn er trommelt nervös mit den Fingern auf der Sessellehne, während er auf ihre Antwort wartet: „Nicht gut. Sie war ziemlich aufgebracht, bevor sie uns rausgeworfen hat. Ich habe versucht, sie zu beruhigen, aber als sie gemerkt hat, dass ich davon wusste, hat sie komplett dicht gemacht.“
Bei diesen Worten wird Tony schlagartig von seiner Verzweiflung übermannt, so dass er erschöpft den Kopf sinken lässt, während sich seine Finger so stark um das Polstermöbel krampfen, dass die Knöchel weiß hervor treten. Erneut breitet sich angespanntes Schweigen in dem großen Raum aus, denn die Beiden wagen nicht, den jungen Mann anzusprechen, wollen ihm Zeit geben, diese Aussage zu verkraften. Irgendwann steht Ziva jedoch auf, tritt hinter ihren Kollegen und legt eine Hand vorsichtig auf seine Schulter, doch er zuckt unter ihrer Berührung zusammen, bevor sein Körper beginnt, unkontrolliert zu zittern. Er kämpft gegen seine Gefühle an, die ihn zu überwältigen drohen, doch er hat nicht länger die Kraft, so dass die ersten Tränen sich ihren Weg über seine Wangen bahnen. Gibbs erkennt, wie unangenehm es dem Agenten, sich vor allem vor ihm nicht mehr unter Kontrolle zu haben, also erhebt er sich wortlos und verschwindet in der Küche, um Tee und für sich einen Kaffee zu kochen.
Inzwischen versucht Tony, seine Emotionen wieder in den Griff zu bekommen, wendet seinen Blick schließlich der Israelin zu und fragt: „Glaubst du, du kannst Kates Vertrauen wieder gewinnen?“ Die Angesprochene schüttelt jedoch zu seinem Entsetzen bestimmt den Kopf und erwidert: „Du solltest mit Tim sprechen. Er ist der Einzige, den sie vielleicht noch an sich ran lässt.“ „Aber ich bezweifle, dass er uns noch helfen wird, wenn er die Wahrheit erfährt. Schließlich war Abby nicht nur eine Kollegin für ihn“, antwortet er resigniert, doch Ziva erklärt zuversichtlich: „Wir müssen es versuchen. Der Typ, der sie entführt hat, wird es vielleicht noch einmal versuchen.“ Der Agent nickt zustimmend, ehe er nach einiger Zeit nachhakt: „Konntest du ihn erkennen, als er dich in der Lagerhalle überwältigt hat?“ „Nein. Ich habe ihn nur als Schatten wahrgenommen. Das Einzige, was ich gesehen habe, war seine große, kräftige Statur und dunkle halblange Haare.“ Der Agent fährt sich genervt über das Gesicht, Hilflosigkeit breitet sich in seinem Inneren aus, während er zusätzlich immer mehr gegen die Müdigkeit zu kämpfen hat.
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

Und weiter gehts. Viel Spaß!

LG Claudia


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27. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Das Gewitter ist mittlerweile abgeklungen, doch der Regen prasselt noch immer unaufhörlich auf die in Dunkelheit gehüllte Stadt hinab. Im Haus der Familie DiNozzo herrscht absolute Stille, die lediglich durch das leise Geräusch der Kaffeemaschine in der Küche und die trommelnden Tropfen auf den Fensterscheiben unterbrochen wird. Der junge Agent hat sich erschöpft auf dem Sofa niedergelassen, die Ellbogen auf die Knie gestützt und sein Gesicht in den Händen vergraben. Unaufhaltsam schweifen seine Überlegungen zu Kate, während die Sehnsucht, sie wiederzusehen und mit ihr sprechen zu können, immer stärker an die Oberfläche drängt. In den vergangenen Monaten hatte er sie an jedem einzelnen Tag vermisst, und nach Zivas Erzählung war es auch seiner Frau nicht anders ergangen. So sehr er jedoch versucht, realistisch zu sein, kann er dennoch die Hoffnung nicht einfach begraben, sein Leben endlich wieder mit ihr verbringen zu können. Das Pfeifen des Wasserkessels reißt ihn schließlich abrupt aus seinen Gedanken, als Gibbs ihm nur wenige Sekunden später eine Tasse dampfenden Tee in die Hand drückt. Tony hebt seinen Kopf nicht einmal, während er leise sagt: „Ziva, geh doch ins Bett! Es ist schon spät.“ Die Israelin sieht ihn nur verwirrt an, doch ein Blick in seine Augen, die inzwischen auf sie gerichtet sind, lässt sie ihren Einwand vergessen, so dass sie lediglich nickt und schweigend nach oben verschwindet.
Kaum fällt die Tür hinter ihr ins Schloss, beginnt der Teamleiter vorsichtig: „Du weißt, dass du die richtige Entscheidung getroffen hast. Sie hätten sie umgebracht.“ Der Angesprochene gibt ein verächtliches Lachen von sich, stellt den Becher unsanft auf dem Tisch vor sich ab, so dass die heiße Flüssigkeit über den Rand schwappt, und springt wütend von der Couch auf, bevor er zischt: „Trotzdem habe ich sie verloren. Ich weiß, dass Kate schwanger war und eine Fehlgeburt hatte.“ Gibbs seufzt leise und will etwas erwidern, doch der junge Mann lässt ihn nicht zu Wort kommen und fügt lautstark hinzu: „Spar dir deine Erklärungen! Du hast mir eingeredet, ich würde meine Frau, meine Familie retten, aber in Wahrheit habe ich sie zerstört. Nur weil ich es nicht hätte ertragen können, ohne Kate zu sein, habe ich ihr genau das angetan, wovor ich Angst hatte. Wie sollte sie das verkraften, was nicht einmal ich mir vorstellen konnte zu überstehen? Du hast das alles erlebt und konntest trotzdem seelenruhig dabei zusehen. Ich habe ihr den Mann genommen, ihr Kind, ich habe ihr Leben zerstört.“ Die Wort sprudeln, ohne zu überlegen, aus ihm heraus, während er sich immer weiter in seinen Zorn hinein steigert, obwohl er versucht, seine Gefühle unter Kontrolle zu bekommen. Der Chefermittler bemüht sich, ihn zu beruhigen, doch der Agent regt sich dennoch weiter auf und beginnt, ihn anzuschreien: „Du wusstest, dass ich den Auftrag aufgeben würde, wenn ich erfahren hätte, dass Kate schwanger war. War das der Grund, warum du es mir verschwiegen hast? Verdammt, du hast nach fünfzehn Jahren den Tod deiner Frau und deiner Tochter noch nicht verkraftet, und trotzdem... Ich verstehe dich einfach nicht.“
Mittlerweile weicht die Wut des jungen Mannes purer Verzweiflung, seine Stimme wird mit jedem Wort leiser, bevor sie endgültig bricht und er sich einfach kraftlos zu Boden sinken lässt. Ohne darüber nachzudenken, geht Gibbs eilig zu ihm, nimmt ihn wortlos in den Arm, so dass Tony sich an ihm festkrallt, während sein Körper immer stärker zittert. Er versucht erneut, seine Tränen und seine Gefühle vor seinem Boss zu verbergen, denn er will keine Schwäche zeigen, aber er ist am Ende mit seiner Energie, so dass er seinen Kopf einfach an die starke Schulter sinken lässt. „Ich vermisse sie so sehr“, flüstert er kaum hörbar, so dass der Ältere verständnisvoll erwidert: „Ich weiß. Gib ihr Zeit!“ Der junge Agent weiß in seinem Inneren, dass sein Vorgesetzter Recht hat, dass er Kate nicht bedrängen darf, aber die Sehnsucht nach ihr ist zu stark, als dass er sie noch länger verdrängen kann. Aus diesem Grund löst er sich von ihm und schüttelt bestimmt den Kopf, ehe er hastig aufspringt und erklärt: „Ich muss zu ihr. Ich muss mit ihr sprechen und mich vergewissern, dass es ihr gut geht.“ „Tony! Wenn du sie bedrängst, machst du es nur noch schlimmer“, ruft Gibbs hinter ihm her, doch das laute Knallen der Haustür verrät ihm, dass sein Agent bereits verschwunden ist. Nur Sekunden später ertönt das gedämpfte Geräusch eines startenden Motors von draußen, bevor kurz darauf der Wagen mit quietschenden Reifen davonfährt. Seufzend lässt sich der Teamleiter in den Sessel fallen, fährt sich müde durch die Haare und greift dann nach seiner Kaffeetasse, während seine Gedanken dem jungen Mann folgen.

Der starke Regen hat mittlerweile etwas nachgelassen, doch der Asphalt ist noch immer nass durch das vorangegangene Gewitter. In dessen Pfützen spiegeln sich die Lichter der Häuser und die Scheinwerfer seines Autos wider, die mit den Sternen um die Wette funkeln. Nur noch vereinzelte Wolken ziehen über den pechschwarzen Himmel und verdecken gelegentlich den silbern leuchtenden Vollmond, der seinen Weg erhellt. Während der Agent seinen Wagen durch die nächtlichen Straßen von Washington steuert, spuken ihm wieder und wieder die Worte seines Bosses durch den Kopf. Seine Finger verkrampfen sich immer stärker um das Lenkrad, aber die Schmerzen spürt er kaum, während der das Gaspedal noch weiter nach unten tritt. So sehr er auch versucht hat, vernünftig zu sein und rational zu handeln, ist es ihm nicht länger möglich, seinen Job über seine Gefühle zu stellen. Sein Verstand hatte vor Monaten jene Entscheidung getroffen, die ihn seine Frau und seine Familie gekostet hatte, so dass dieser sich nicht länger durchsetzen kann. Obwohl die Schilderung von Kates Reaktion auf seine Lüge ihm augenblicklich verdeutlicht hatte, dass er niemals eine zweite Chance von ihr erhalten würde, ist dies jetzt unwichtig. Die Sehnsucht nach ihr ist einfach größer und treibt ihn an, lässt ihn seine Angst und seine Unsicherheit vergessen, nur noch seine Frau zählt. Auch wenn er absolut keine Ahnung hat, was er zu ihr sagen soll und bezweifelt, dass sie ihn überhaupt sehen will, zieht es ihn in ihre Nähe, und sollte ihm nur eine einzige Minute gemeinsam mit ihr bleiben.
Als er nach einiger Zeit auf dem Parkplatz des Bethesda Naval Hospitals hält und zu dem großen Gebäude hinüber sieht, dessen kühle Betonfassade sich in diesem Moment beinahe wie ein unheimlicher Riese von dem dunklen Hintergrund abhebt, fühlt er jedoch plötzlich wieder diese Zweifel in sich aufsteigen, die in den letzten Wochen immer öfter an ihm genagt hatten. An diesem verlassenen Ort erscheint die Tatsache, dass er sich mitten in einer Großstadt befindet, fast surreal, denn um diese Zeit wirkt diese Umgebung auf ihn, als sei er weit entfernt von jeglicher Zivilisation. Minutenlang starrt Tony bewegungslos durch die Windschutzscheibe auf den Krankenhauskomplex, in dem die nur noch die vereinzelt schwache Beleuchtung die Nachtruhe der Patienten verdeutlicht. Unbewusst hat sich nicht nur seine Atmung sondern auch sein Puls beschleunigt, so dass er für einige Sekunden die Augen schließt, um sich wieder ein wenig zu beruhigen. Noch vor einer halben Stunde ist er sich sicher gewesen, dass er zu ihr fahren, mit ihr reden muss, doch je näher er ihr kommt, desto mehr verschwindet die Euphorie und macht der Angst Platz, der Angst vor ihrer Reaktion. Doch der junge Mann schüttelt kurz den Kopf, um diese Gefühle endgültig daraus zu verbannen und steigt nach einem tiefen Durchatmen endlich aus. Der Knall der Autotür hallt laut von dem Asphalt des verlassenen Parkplatzes wider und klingt dumpf in seinen Ohren, als er sich energischen Schrittes zum Eingang begibt.
Nach einer äußerst zähen Diskussion mit dem Pförtner lässt dieser ihn schließlich, nachdem er ihm genervt seine Marke unter die Nase gehalten hat, wiederwillig eintreten. Ohne darüber nachzudenken, begibt sich der Agent zum Fahrstuhl, um mit diesem so schnell wie möglich zur Intensivstation zu gelangen. Eilig geht er den in diffuses Neonlicht getauchten Korridor entlang, öffnet kurz darauf eine weiße Tür und findet sich in einem verlassenen Raum wieder. Nur wenige Augenblicke später ertönt bereits eine gefährlich dröhnende Stimme hinter ihm und lässt ihn herumfahren: „Was tun Sie hier?“ Schnell hat er seine Überraschung jedoch überwunden und erklärt noch immer verwirrt: „Ich suche meine Frau, Caitlin DiNozzo.“ „Die Besuchszeit ist seit über drei Stunden vorbei“, gibt die Nachtschwester unfreundlich zurück und will ihm unmissverständlich den Weg nach draußen weisen, als er ungeduldig zischt: „Sagen Sie mir endlich, wohin sie gebracht wurde!“ Seine Geduld wurde in den letzten Minuten zu stark strapaziert, als dass er nun noch in der Verfassung ist, um endlose Diskussionen zu führen. „Tut mir leid, um diese Uhrzeit kann ich Ihnen keine Auskunft mehr geben“, erwidert die ältere Frau noch immer kühl, so dass Tony endgültig seine mühsam erzwungene Ruhe verliert, erneut seine Dienstmarke aus der Tasche zieht und mit warnendem Unterton erläutert: „Ich bin Special Agent DiNozzo, NCIS. Meine Frau ist entführt worden, und wir gehen davon aus, dass diese Leute es erneut versuchen. Wenn Sie mir nicht mitteilen, wo ich sie finde, muss ich Sie leider wegen Behinderung unserer Ermittlungen festnehmen.“ Diese deutlichen Worte scheinen, ihre Wirkung zu erzielen, denn wenig später befindet sich der junge Mann erneut im Aufzug, um in die vierte Etage zu gelangen. Nachdem er auch auf dieser Station der diensthabenden Schwester seine Marke gezeigt und sein Anliegen hervorgebracht hat, steht er erneut vor einer weißen Zimmertür, neben der auf einem Schild der Name Caitlin DiNozzo angebracht ist.
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

So, ich hab euch lange warten lassen, aber endlich treffen die Beiden aufeinander.
Ich wünsch euch wie immer viel Spaß!

LG Claudia


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28. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Bereits mit den ersten Sonnenstrahlen, die durch das Fenster in das Innere des steril wirkenden Krankenzimmers dringen, ist Kate an diesem Morgen erwacht. Die Nachwirkungen ihrer Entführung sind, nun nachdem die Wirkung der Medikamente nachgelassen hat, beinahe unerträglich, scheinen sich beinahe durch ihren gesamten Körper zu ziehen. Das grelle Licht des anbrechenden Tages lässt ihren Kopf noch mehr schmerzen, doch sie kneift die Augen ein wenig zusammen und versucht, dies zu verdrängen. Als sie sich langsam aufrichtet, ergreift die Übelkeit von ihr Besitz, doch auch dieses Anzeichen von Schwäche ignoriert die Agentin konsequent. Mit nackten Füßen tapst sie langsam durch den weiß eingerichteten Raum zu dem winzigen Kleiderschrank, um ihre Sachen herauszuholen. Bei jeder Bewegung ist ihre Gehirnerschütterung spürbar, doch sie zieht sich unbeirrt weiter an und ist wenig später fertig angekleidet. Die Beruhigungsmittel hatten sie am gestrigen Abend davor bewahrt, sich stundenlang in ihrem Bett herum zu wälzen und sich mit ihren wirren Gedanken befassen zu müssen. Doch kaum ist sie wieder wach, hat sie sich vorgenommen, so schnell wie möglich dafür zu sorgen, zurück nach Hause zu kommen, um der Untätigkeit an diesem Ort zu entgehen. Ein Blick auf die Uhr sagt ihr, dass es kurz vor sechs ist, so dass die Krankenschwestern in wenigen Minuten mit dem Wecken beginnen würden. Ein letztes Mal sieht sie sich kurz in ihrem Zimmer um und geht dann zur Tür, die sie energisch öffnet, doch der Anblick, der sich ihr auf dem Korridor bietet, lässt sie erstarren.
An die gegenüberliegende Wand gelehnt, hockt Tony in einer vermutlich äußerst unbequemen Haltung und scheint, tief zu schlafen. Die Augen unbeirrt auf die zusammengesunkene Gestalt gerichtet, beschleunigt sich ihr Herzschlag von einer Sekunde auf die andere, ohne dass sie Einfluss darauf hat. So groß der Zorn und die Wut auf ihren Ehemann in den letzten Stunden auch waren, sind diese Gefühle in dem Moment, als sie ihn sieht, wie weggeblasen. Der Schmerz seines Verlustes war in der Vergangenheit unerträglich gewesen, so dass seine Anwesenheit ungewollt eine Welle des Glücks in ihr auslöst. Wie in Trance macht sie die wenigen Schritte über den Flur, lässt sich vor ihm in die Hocke sinken und streicht sanft, beinahe ängstlich, als könnte er verschwinden wie eine Halluzination, über seine stoppelige Wange. Die Lider des jungen Mannes beginnen, unter dieser Berührung zu flattern, so dass Kate wenig später in seine, trotz aller Qualen noch immer unergründlich grünen, Augen blickt und Mühe hat, nicht darin zu versinken. „Tony“, haucht sie tonlos und kann ihre Emotionen, die seine Nähe bei ihr auslöst, nicht länger zurückhalten, so dass unaufhörlich Tränen über ihr Gesicht rinnen, während ein leichtes Zittern durch ihren Körper läuft. Noch immer hat er sich weder einen Millimeter bewegt, noch einen Ton von sich gegeben, denn die Angst, dass er dann aus diesem wunderschönen Traum erwachen würde, fesselt ihn. Sein Anblick lässt die Agentin schaudern, denn der Mann, den sie kannte, ist nur noch ein Schatten seiner Selbst, tiefe dunkle Ringe zieren seine Augen, sein fröhliches Grinsen ist von seinen Lippen verschwunden und sein einst trainierter Körper eingefallen.
Bei dieser Erkenntnis kann sie ein leises Schluchzen nicht unterdrücken, das nun auch ihn aus seiner Starre befreit und vorsichtig eine Hand nach ihr ausstrecken lässt, um ihre Tränen zu trocknen. Noch immer herrscht die Angst in seinem Inneren, dass all dies lediglich ein Traum ist, der in jedem Moment wie eine Seifenblase platzt, denn die Tatsache, dass seine Frau wirklich bei ihm ist und er sie berührt, kann einfach nicht real sein. Dennoch gibt er sich ihrer Nähe und dieser sanften Berührung hin, ohne weiter darüber nachzudenken, was in wenigen Sekunden sein wird. Ihre Umgebung verschwimmt mehr und mehr für die Beiden, alle Gedanken, die noch vor Minuten durch ihre Köpfe spukten, sind verschwunden. Noch immer berührt er ganz sanft ihre Wange, lässt dann seine Fingerspitzen zaghaft über ihre Lippen streichen und nähert sich diesen mit den seinen. Eine entsetzte Frauenstimme lässt die Agenten jedoch plötzlich auseinander fahren: „Mrs. DiNozzo, was tun Sie hier draußen? Der Arzt hat Sie ausdrücklich angewiesen, im Bett zu bleiben.“ Mit einem Schlag ist Kate wieder in die Realität zurückgekehrt, macht sich von ihrem Mann los und verschwindet eilig in ihrem Krankenzimmer. Tony bleibt währenddessen verwirrt zurück und starrt ihr regungslos nach, ehe auch er aufspringt, um ihr zu folgen, doch die Krankenschwester hält ihn bestimmt zurück: „Halt. Die Besuchszeit beginnt erst in einer Stunde. Außerdem ist gleich Visite, und der Doktor muss sie untersuchen. Bis dahin warten Sie draußen!“ Die Situation überfordert den Agenten sichtlich, so dass er sich, von den deutlichen Worten ein wenig eingeschüchtert, zurück auf den kühlen Boden sinken lässt. Er bekommt kaum mit, dass nur wenige Minuten später ein älterer Mann in weißem Kittel an ihm vorbei geht und den Raum, in dem seine Frau kurz zuvor verschwunden ist, betritt.

Erst als der Arzt nach fast einer Viertelstunde wieder durch die Tür kommt und diese laut hinter sich schließt, erwacht der junge Mann aus seiner Trance. Für einige Minuten betrachtet er bewegungslos die gegenüberliegende Flurwand, kämpft mit sich, ehe er sich aufrafft, kurz den Korridor entlang blickt und dann das Krankenzimmer betritt. Die Agentin liegt wieder in ihrem Bett und starrt gedankenverloren aus dem Fenster, ohne eine Reaktion auf seine Anwesenheit zu zeigen. All ihre Gefühle, die sie quälen, seitdem sie am vergangenen Tag die Wahrheit erfahren hat, sind wieder zurückgekehrt und machen seine Nähe beinahe unerträglich. Doch auch ihm wird erneut schmerzhaft bewusst, wie sehr die letzte Zeit sie verändert hat, die pechschwarzen nur halblangen Haare und ihr erschreckend dünner Körper machen ihm klar, dass sie nicht mehr die Frau ist, die er verlassen hatte, vielleicht nie wieder sein wird. Ein unangenehmes Schweigen breitet sich zwischen den Beiden aus, bis Tony seinen Mut zusammen nimmt und sie leise anspricht: „Es ist so schön, dich endlich wieder zu sehen, Kate. Ich habe dich wahnsinnig vermisst.“ Nur ein kaum hörbares Zischen verdeutlicht ihm, dass sie seine Worte überhaupt wahrgenommen hat, denn noch immer wendet sie ihren Kopf nicht zu ihm.
Seufzend lässt er sich auf dem Stuhl neben ihr nieder, blickt zu Boden, um sie nicht ansehen zu müssen, und fährt stockend fort: „Ich weiß, dass das, was ich dir angetan habe, nicht zu erklären ist. Trotzdem will ich, dass du weißt, dass ich dich nur schützen wollte, auch wenn das falsch war. Ich bin Schuld, dass du diese Hölle durchmachen musstest und dass du unser ungeborenes Baby verloren hast. Damit werde ich für immer leben müssen.“ Er spricht, ohne Luft zu holen, bevor er schließlich inne hält, als er realisiert, wie sich die Hände der jungen Frau zu Fäusten ballen. „Erwartest du jetzt etwa Mitleid von mir?“, schreit sie ihm entgegen und wendet nun den Blick zu ihm, so dass auch er wieder aufsieht, direkt in ihre Augen, in denen deutlich der Schmerz der vergangenen Monate zu lesen ist, als sie leise hinzufügt: „An jedem verdammten Tag habe ich gehofft, dass alles nur ein böser Traum war und du zu mir zurückkehrst. Ich habe mir so sehr gewünscht, an deiner Stelle oder wenigstens gemeinsam mit dir gestorben zu sein. Ich hatte mich aufgegeben, mein Leben.“ Mittlerweile ist sie aufgestanden und ans Fenster getreten, denn sie kann seine Nähe nicht länger ertragen, doch sie nimmt nichts da draußen wahr, nur Tony, der sich kurz darauf hinter sie stellt.
Obwohl seine Anwesenheit ihr unangenehm ist, kann sie dennoch nichts dagegen tun, dass ihr ein Schauer über den Rücken rinnt, als sie seinen warmen Atem bei jedem seiner Worte an ihrem Ohr spürt. „Nichts wäre schlimmer für mich gewesen, als dich zu verlieren. Deshalb habe ich Gibbs geglaubt, als er mir eingeredet hat, dass ich dich nur auf diese Weise beschützen könnte“, versucht er zu erklären, auch wenn er sich noch immer nicht darüber im Klaren ist, wie er mit den Geschehnissen der vergangenen Tage umgehen soll. Der Verlust seines ungeborenen Kindes hat ein tiefes Loch in seinem Inneren hinterlassen, daran ändert auch die Tatsache nicht das geringste, dass er nichts davon gewusst hatte, eher im Gegenteil lässt dies seine Qualen noch unerträglicher werden. Die Agentin wird jedoch bei jedem seiner Worte wütender und zischt: „Nicht er hat mir das alles angetan, sondern du. Es ist einfach, einem Anderen die Schuld dafür geben zu können, doch im Grunde hast du ganz allein entschieden. Du hast dich dazu entschlossen, mir glauben zu machen, du seist tot.“ Während ihrer Vorwürfe hat sie sich abrupt zu ihm umgewandt und begonnen mit ihren Fäusten auf seine Brust einzuschlagen, doch es scheint ihn überhaupt nicht zu stören, so dass ihr Zorn weiter zunimmt, bevor sie ihre Hände schließlich kraftlos sinken lässt und flüstert: „Du hast mein Leben zerstört, unsere Familie. Ich hätte niemals gedacht, dass ich so empfinden könnte, aber ich hasse dich, Anthony DiNozzo.“ „Ich weiß, das tue ich ja selbst“, erwidert er resigniert, doch schließlich besinnt er sich und fährt dann bestimmt fort: „Kate, glaube mir, du bist in Gefahr! Der Entführer wird zurückkommen.“ Einige Sekunden blickt sie ihn kalt an und gibt dann eindringlich zurück: „Wieso? Jetzt kann er doch dich umbringen. Und wenn er das nicht tut, dann schwöre ich, werde ich es tun.“
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

So, hier ist das nächste Kapitel.
Wie immer viel Spaß!

LG CLaudia


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28. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Die letzte Aussage seiner Frau hat Tony sehr verletzt, ihm aber gleichzeitig auch klar gemacht, dass er sie durch diese eine Entscheidung für immer verloren hat. Obwohl er damit genau dies hatte verhindern wollen, ist es nun unweigerlich eingetreten, ohne dass er irgendetwas dagegen tun könnte. Es gibt so viel, was er ihr sagen möchte, doch sein Verstand ist nicht in der Lage, die wirren Gedanken in Worte oder gar ganze Sätze zu formen. Im Grunde weiß er jedoch, dass keine einzige seiner Erklärungen wieder gut machen, was er ihr angetan hatte und damit den Schmerz in ihrem Herzen lindern könnte. Was kann ihr auch helfen seine Entscheidung zu verstehen, die er mittlerweile nicht einmal mehr selbst versteht? Die wenigen Minuten, die er nach unendlichen einsamen Monaten bei ihr ist, haben ihm endgültig die Augen geöffnet und gezeigt, dass er mit seinem vorgetäuschten Tod den größten Fehler seines Lebens begangen und sein größtes Glück nicht nur verloren, sondern selbst zerstört hatte. Wieso nur hatte er sich nicht gegen Gibbs durchsetzen und sie in ihren Plan einweihen können? Die Angst um seine Frau hatte ihn derart gelähmt, dass er jede Entscheidung seines Vorgesetzten akzeptiert hatte, ohne sie in Frage zu stellen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er wie ein Ermittler gehandelt, der das Opfer um jeden Preis schützen wollte, anstatt darüber nachzudenken, welchen Schmerz er ihr damit zufügte.
Diese Erkenntnis lässt ihn in angespanntes Schweigen verfallen, auch wenn die eisige Stille, die sich nach Kates letzten Worten in dem kleinen Raum ausgebreitet hat, sein Inneres beinahe in unzählige Stücke zu zerreißen scheint. Doch in den vergangenen Monaten hatte er bereits gelernt, seine Gefühle erneut tief in seinem Inneren zu vergraben, wie er es getan hatte, bevor sie in sein Leben trat. In diesem Moment flüchtet er sich wieder einmal in den Schutz seiner undurchlässige Maske, die nichts von seinen Empfindungen nach außen dringen lässt. Nur noch das angestrengte Atmen der beiden Agenten ist zu hören, während die Anspannung ihnen ins Gesicht geschrieben ist, doch keiner bewegt sich auch nur das kleinste Stück, um damit von seiner Position abzurücken, bis der junge Mann ihre Nähe nicht länger erträgt. Ohne ein weiteres Wort wendet er sich schließlich ab und will das Zimmer verlassen, als sein Blick auf den kleinen Tisch neben der Tür fällt. Als er die weiße und die rote Rose darauf liegen sieht, erstarrt er für einen Moment, denn die Erinnerungen an ihre Hochzeit flammen unwillkürlich vor seinem inneren Auge auf. Aber bereits im gleichen Moment kommen ihm die Erläuterungen der Israelin wieder in den Sinn, die ihm berichtet hatte, dass zwei dieser Pflanzen bei den Toten hinterlassen wurden, deren Fälle ihr Team zuletzt bearbeitet hatte.
Innerhalb eines Augenblicks breitet sich ein unangenehmes Gefühl in seinem Inneren aus, verursacht durch die Angst um seine Frau, ahnt er doch in welcher Gefahr sie möglicherweise schwebt. Gleichzeitig ist er sich jedoch darüber im Klaren, dass sie ihm seine Warnungen nicht glauben würde, denn dies hatte ihre letzte Aussage verdeutlicht. Noch immer fixiert er die beiden Rosen, als er die Agentin dennoch fragt: „Woher sind diese Blumen?“ Ohne sich zu ihr umzuwenden, vernimmt er ihr genervtes Seufzen, so dass er weiß, dass er keine ernsthafte Antwort erwarten kann. „Vielleicht von einem heimlichen Verehrer, wer weiß?“, gibt Kate sarkastisch zurück, doch er zeigt keine Reaktion darauf, sondern zieht ein Taschentuch aus seiner Jacke und wickelt die beiden Pflanzen darin ein, in der Hoffnung eine verwertbare Spur auf ihren Verfolger zu finden. Kaum ist er damit fertig, lässt ihn ein Klopfen den Kopf heben, bevor die Tür schwungvoll aufgerissen wird und ein junger südländisch aussehender Mann den Raum betritt. Während die Anwesenheit des Fremden Tony misstrauisch werden lässt, zaubert sein Auftauchen der Agentin unverzüglich ein Lächeln auf die Lippen, bevor sie ihn stürmisch umarmt und sich wundert: „Pablo, was tust du hier?“ „Ich muss doch sehen, wie es meiner Lieblingskollegin geht“, erklärt er ihr grinsend und fügt auf ihren fragenden Blick hinzu: „Ich habe gehört, was passiert ist. Deshalb wollte ich mich einfach vergewissern, dass du in Sicherheit bist.“
Aus den Augenwinkeln mustert Tony noch einmal den ihm unbekannten Mann, bevor er sich schweigend abwendet und endgültig das Krankenzimmer verlässt. Der vertraute Umgang zwischen den Beiden hat ihm einen unangenehmen Stich ins Herz versetzt, doch er wird sich wohl damit abfinden müssen, dass seine Frau ihr Leben in den vergangenen Monaten weitergeführt hatte. Dennoch kann er sich des Zweifels nicht erwehren, der in diesem Moment immer stärker an die Oberfläche drängt, glaubt er doch schon lange nicht mehr an Zufälle, was auch das überraschende dieses Fremden einschließt. Der Besucher sieht ihm fragend nach, als die Tür hinter ihm ins Schloss fällt und hakt bei seiner ehemaligen Kollegin nach: „Wer war das?“ Diese will jedoch die Begegnung mit ihrem Mann so schnell wie möglich vergessen, so dass sie nur den Kopf schüttelt und abwinkt: „Unwichtig. Sag mir lieber, was du in Washington machst!“ Der junge Agent grinst sie vielsagend an, ehe er erwidert: „Es war einfach so langweilig ohne dich. Deshalb habe ich mich hierher versetzen lassen.“ Kate ist bei dieser Aussage die Überraschung ins Gesicht geschrieben, doch als sie ihre Sprache wieder findet, meint sie: „Ich freue mich, dich wiederzusehen. Vielleicht kann ich dich ja bald in meinem Team begrüßen. Wir könnten Verstärkung gebrauchen.“ Erneut umarmen sich die Beiden, bevor Pablo einen Rollstuhl für die junge Frau organisiert, um gemeinsam in den Park des Krankenhauses zu gehen.

In der Zwischenzeit hat Tony langsam und gedankenverloren das große Gebäude verlassen, um zu dem weitläufigen Parkplatz zu gelangen. An seinen Wagen gelehnt, hält er einige Minuten inne und blickt zurück, während seine Gedanken unaufhaltsam zu dem Wiedersehen mit Kate wandern, das er sich so viel anders vorgestellt hatte. Auch wenn er sich im Inneren darüber klar gewesen war, dass sein Leben niemals so sein würde wie vor diesem Anschlag, hatte er sich dennoch mehr erhofft. Mit einem leisen Seufzen reißt er sich schließlich aus seinen Überlegungen los, als er eine junge Frau im Rollstuhl und einen dunkelhaarigen Mann das Krankenhaus verlassen sieht. Das Bild, welches sich ihm bietet, als die Beiden lachend die weitläufigen Grünanlagen ansteuern, versetzt ihm erneut einen schmerzhaften Stich ins Herz. Der Knoten, der sich in seinen Magen in diesem Moment gebildet hat, löst sich genauso wenig wieder auf wie der Kloß in seinem Hals. Auch als sie schon lange aus seinem Blickfeld verschwunden sind, starrt er ihnen noch immer nach, bevor er endlich aus seiner Starre erwacht. Eilig zieht er sein Handy aus der Hosentasche und wählt eine Nummer: „Ziva, ich brauche dringend deine Hilfe. Fahr zum Krankenhaus und finde heraus, wer bei Kate ist! ... Lass dir einfach irgendetwas einfallen! Ich habe kein gutes Gefühl bei diesem Typen. ... Danke.“ Seufzend klappt er das Telefon zu, lässt es wieder verschwinden und steigt dann langsam in sein Auto, doch er zögert, den Motor zu starten.
Solange er jedoch durch die Windschutzscheibe blickt, Kate und ihr Besucher kehren nicht zurück, so dass er schließlich den Wagen von dem Krankenhausgelände lenkt. Während der gesamten Fahrt kann er seine Gedanken nicht abschütteln, die unaufhörlich um seine Frau kreisen, die sich in diesem Moment mit einem anderen Mann trifft. Doch es ist nicht nur die Eifersucht, die zunehmend stärker wird, gleichzeitig spürt er auch die Traurigkeit, sie endgültig verloren zu haben, die sich nicht verdrängen lässt. Eine halbe Stunde später hält er sein Auto am Straßenrand, aber wieder starrt er nur bewegungslos nach draußen, diesmal auf das moderne Einfamilienhaus, das einmal das Heim seiner Familie gewesen war. Doch er macht keine Anstalten, auszusteigen und hinein zu gehen, eher scheint es, als warte er darauf, dass die Tür sich öffnet, seine Frau heraustritt und ihn lächelnd begrüßt, wie in längst vergangenen Zeiten, doch nichts rührt sich. Noch niemals zuvor hatte er sich so sehr in die Vergangenheit zurückgesehnt, wie er es in diesem Moment tut, während dieser Wunsch niemals in Erfüllung gehen wird. Als er zum Haus hinüber blickt, überkommt ihn erneut das Gefühl, dass sich in den vielen Monaten, die er fern von seiner Heimat verbrachte, nichts verändert hat. Alles hier wirkt so unglaublich vertraut auf ihn, aber genau diese Vertrautheit verstärkt den unbeschreiblichen Schmerz in seinem Inneren nur noch weiter. Die Erkenntnis, sein Leben ohne den wichtigsten Teil davon weiterführen zu müssen, ist unerträglich für den Agenten, so dass er sich schließlich aus seiner Trance reißt. Je länger er an diesem Ort verweilt, desto qualvoller werden die Erinnerungen, die Gedanken, an das, was er hier zurückgelassen und nun niemals zurückbekommen würde. Nach einer kleinen Ewigkeit fasst er schließlich einen Entschluss, startet den Motor wieder und fährt zielstrebig in die Richtung zurück, aus der er zuvor gekommen ist.
 
AW: [NCIS] Revenge under the Sign of two Roses

Weiter gehts. Viel Spaß!

LG Claudia


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28. Juli 2008 - Washington D.C., USA
Die heiß glühende Sonne steigt immer höher am strahlend blauen Himmel, in zwei Stunden wird sie ihren Zenit erreicht haben, ohne dass Tony darauf achtet, wie viel Zeit vergangen ist. Er ist noch immer dermaßen in seine Gedanken, in seine Erinnerungen versunken, dass er nicht realisiert, dass der Tag, mit dem erneut die Hitze der letzten Woche zurückgekehrt ist, bereits weit voran geschritten ist. Keine einzige Wolke verspricht auch nur die kleinste Abkühlung, und auch von dem erholsamen Regen des vergangenen Abends ist nichts mehr zu spüren, aber auch dies bemerkt der Agent kaum. Rasant lenkt er den Dienstwagen durch die befahrenen Straßen Washingtons, nur um so schnell wie möglich die vertraute Umgebung hinter sich zu lassen, in der er die glücklichste Zeit seines Lebens verbracht hatte. Aber wie immer ist es nicht so einfach zu vergessen, auch wenn man es noch so gern möchte, wird die Vergangenheit sich nicht ewig verdrängen lassen. Doch er war schon immer Meister darin, unliebsame Gefühle tief in seinem Inneren zu verbergen, wo niemand, meist nicht einmal er selbst, sie entdecken konnte. Wenn es ihm nun in dieser Situation also helfen wird, erneut zu jenem unnahbaren Menschen zu werden, der er vor langer Zeit war, dann soll es so sein. Alles ist besser, als noch länger diesen brennenden Schmerz zu verspüren, auch wenn er sich im Grunde darüber im Klaren ist, das dieser ihn irgendwann mit voller Wucht einholen und dann vermutlich vollkommen erdrücken wird.
Doch jetzt ist die gemeinsame Zeit mit Kate Vergangenheit, während er sich endlich wieder auf seinen Auftrag konzentrieren muss, um wenigstens verhindern zu können, dass sie nach all seinen Opfern nun doch noch ihr Leben verlieren würde. Trotz allem hat für ihn der Schutz seiner Frau weiterhin oberste Priorität, auch wenn er nicht glaubt, dass es ihnen gelingen wird, sie aus diesem Fall herauszuhalten. Obwohl es ihr mittlerweile nicht länger darum geht, seine Mörder zu finden, haben diese Terroristen dennoch sie selbst entführt und gefoltert, eine Tatsache, die sie nicht einfach auf sich beruhen lassen würde. Ganz abgesehen von den vier Opfern, die ihr Rachefeldzug gefordert hatte, um sie dazu zu bringen, genau diesen nicht weiterzuführen. Aber Tony kennt sie lange genug, um zu wissen, dass sie nicht eher ruhen würde, bis sie nicht die Gewissheit hat, den Familien die Festnahme der Mörder ihrer Ehepartner bestätigen zu können. Nachdem sie nun selbst erfahren musste, wie es war, den ungesühnten Tod eines geliebten Menschen hinnehmen zu müssen, würde sie mit Sicherheit nicht eher ruhen, bevor sie den Täter nicht gefunden hatte.
Obwohl er versucht, seine Gefühle auszublenden und die Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen, glimmt tief in seinem Inneren weiterhin ein Funken Hoffnung, dass er dennoch irgendwann, wenn alles vorbei wäre, die Chance erhalten würde, noch einmal mit Kate zu sprechen. Die Liebe zu ihr ist zu stark, als dass er einfach vergessen könnte, was sie ihm an den Kopf geworfen und wie Recht sie mit diesen Äußerungen hatte. Wieder und wieder sagt er sich, es würde später noch genug Zeit sein, um sich damit auseinander zu setzen, doch seine Gedanken wandern weiterhin unaufhaltsam zu ihr, ohne dass er etwas dagegen tun kann, was seine Situation jedoch nicht besser macht. Mittlerweile ist sie viel zu sehr in diesen Fall involviert, als dass er seine Überlegungen und seine Sorge um sie so leicht verdrängen könnte. Trotzdem hofft er, sie aus ihren Ermittlungen heraus halten und damit vielleicht die Bemühungen der Terroristen von ihr ablenken zu können. Wenn dieser verdammte Under-Cover-Auftrag nur endlich vorüber wäre, kostet er sie alle doch nicht nur Nerven und all ihre Kraft, sondern auch das Leben, das sie einmal geführt hatten.

Nach einer längeren Fahrt erreicht er das Hotel in einem der ärmeren Bezirke der Stadt, in dem Gibbs sich ein Zimmer gemietet hat, um vorerst abgeschirmt von den Kollegen aus dem Hauptquartier zu sein. Auch wenn ihnen dieser Ort nicht ewig als Versteck dienen kann, ist dies im Moment wohl die einfachste Lösung, um zu verhindern, dass unangenehme Fragen über die Rückkehr des ehemaligen Teamleiters gestellt werden. Noch immer hält dieser an seinem Plan fest, die Vortäuschung von Tonys Tod aufrecht zu erhalten und ihre Ermittlungen im Verborgenen weiterzuführen. Ihm selbst ist es mittlerweile beinahe egal, ist er es doch nun seit Monaten gewohnt, keinen Kontakt zu seinen Freunden haben zu dürfen, und auch die Tatsache, dass seine Frau in der nächsten Zeit wohl nicht erfreut über seine Anwesenheit sein würde, ändert nichts daran. Bevor er schließlich aus dem Wagen steigt, zieht der junge Mann seine dunkle Kappe tiefer ins Gesicht, das sich damit im Schatten vor all zu neugierigen Blicken verbirgt. Zielstrebig tritt er durch den Eingang und durchquert die menschenleere kleine Halle, um mit dem Aufzug in die fünfte Etage zu gelangen, wo er wenig später an eine dunkle Holztür klopft.
Erst als er die Israelin im Inneren auf einem Stuhl sitzen sieht, wird ihm bewusst, wie viel Zeit er in Gedanken und Erinnerungen versunken vor dem Haus seiner Ehefrau, seinem ehemaligen Zuhause, verbracht hat. Stumm wirft er seinem Boss einen entschuldigenden Blick zu, der daraufhin nur seufzend nickt, bevor er sich neben seiner Kollegin niederlässt. Erschöpft sinkt sein Kopf in die Hände, ehe der Agent hoffnungsvoll fragt: „Hast du etwas herausgefunden, Ziva?“ Die junge Frau nickt, nimmt eine Akte vom Tisch und blättert darin, bevor sie ihm antwortet: „Pablo García, 33 Jahre alt, Special Agent beim NCIS in Paraguay. Kate hat ab und zu mit ihm zusammengearbeitet, als sie in Ciudad del Este war. Vor zwei Wochen hat er die Bestätigung seiner Versetzung nach Washington D.C. in Kates Team bekommen. Seitdem hatte er Urlaub und hat sich in den USA aufgehalten.“ Tony hat schweigend ihren Ausführungen zugehört und erklärt nun sarkastisch: „Gut, dass keiner von uns an Zufälle glaubt.“
Erneut spürt er die Angst um seine Frau, die sich immer deutlicher bemerkbar macht, wenn er daran denkt, wie sie dem Südamerikaner zu vertrauen scheint. Die Mossad-Agentin bemerkt seinen Blick und seine Finger, die sich unwillkürlich zu Fäusten ballen, so dass sie kaum hörbar seufzt und nach seiner Hand greift, doch seine Anspannung scheint noch anzusteigen. Keine Sekunde macht er sich darüber Gedanken, dass es seine Eifersucht sein könnte, die ihn die Nähe, die zwischen den Beiden zu herrschen scheint, nicht ertragen lässt, als er nachhakt: „Welchen Eindruck hat er auf dich gemacht?“ Für einen Moment denkt sie über ihre Antwort nach, um ihn nicht noch zusätzlich auzufregen, auch wenn diese Überlegungen für einen Ermittler keine Rolle spielen dürften. „Er war extrem freundlich zu mir, beinahe zu freundlich. Außerdem habe ich das Gefühl, dass ich ihn schon einmal gesehen habe. Seine Figur, die Art, wie er sich bewegt“, versucht sie zu erläutern, worauf der junge Agent sofort hellhörig wird: „Der Unbekannte aus der Lagerhalle?“ „Schon möglich“, erwidert sie nachdenklich, so dass sich nun auch der Teamleiter, der dem Gespräch bisher schweigend gefolgt war, einmischt: „Wir müssen dringend mit McGee sprechen.“
 
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Es geht mal wieder mit einem Kate-Kapitel weiter.
Viel Spaß beim Lesen!

LG Claudia


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28. Juli 2008 - Washington D.C., USA

Als ich am frühen Morgen wieder erwachte, hatte ich noch nicht meine Augen geöffnet, während die Erinnerungen des vergangenen Abends bereits auf mich einströmten. Auch die stärksten Medikamente konnten nicht ewig verhindern, dass die Geschehnisse mit voller Wucht in mein Gedächtnis zurückkehrten. In diesem Moment hatte ich nur ein Bedürfnis, so schnell wie möglich zu verschwinden, aus diesem Krankenhaus, aus dieser Stadt und am besten aus meinem Leben. Doch kaum hatte ich mich angezogen, die Zimmertür geöffnet und blickte auf den sterilen Korridor, holte mich die Vergangenheit bereits wieder ein. Mir wurde bewusst, dass es keinen Ort auf dieser Welt gab, an den sie mich nicht verfolgen würde, war sie doch ein Teil von mir, der sich niemals abschütteln lassen würde. So oft hatte ich es bereits versucht, doch in diesem Augenblick gelang es mir genauso wenig wie jedes einzelne Mal zuvor. Seine Gegenwart versetzte mich schlagartig zurück in glücklichere Zeiten, beförderte meine verdrängten Gefühle erneut an die Oberfläche. Alles, was mich seit Gibbs' Erklärungen beschäftigt hatte, war plötzlich vergessen, alle Gedanken, die noch vor wenigen Sekunden in meinem Kopf herumgespukt waren, wie weggeblasen.
Als ich Tony auf dem kalten Boden, an die Wand gelehnt, hocken sah, war mit einem Schlag die Sehnsucht nach ihm zurückgekehrt, die ich an jedem verdammten Tag der letzten Monate gespürt hatte. Meine Umgebung überhaupt nicht wahrnehmend, zog mich das unsichtbare Band, das seit langer Zeit zwischen uns existierte, zu ihm. Ich hockte mich vor ihn und konnte erneut die Geborgenheit fühlen, die bereits seine vertraute Nähe in mir auszulösen vermochte. Langsam streckte ich meine Hand nach ihm aus, fast als hätte ich Angst, dass er sich vor mir in Luft auflösen könnte, doch wie oft hatte ich das bereits erleben müssen. Meine sanfte Berührung schien ihn geweckt zu haben, so dass ich unvermittelt in seine müden, aber noch immer unglaublich grünen Augen blickte. Erneut zogen sie mich in ihren Bann, aus dem ich mich schon früher kaum hatte lösen können, doch nun verursachte diese Tatsache den kompletten Kontrollverlust über meine Gefühle. Ich konnte die Liebe, die noch immer für ihn verspürte, nicht länger unterdrücken, und im Grunde wollte ich es in diesem Moment auch gar nicht.
Ich musterte den Mann vor mir, doch was ich sah, ließ mich schwer schlucken, denn ich vermisste nicht nur sein unwiderstehliches Lächeln, seine Augen waren von tiefen Ringen geziert und sein früher so durchtrainierter Körper wirkte beinahe zerbrechlich. So sehr ich mich dagegen wehrte, liefen mir innerhalb von Sekunden unzählige Tränen über das Gesicht und ließen mich schließlich leise schluchzen. Davon schien Tony, aus seiner Trance zu erwachen, denn er strich mir vorsichtig über die Wangen und dann über die Lippen, ehe er sich mir näherte. Ich konnte bereits seinen heißen Atem auf meiner Haut spüren, der in meinem Inneren ein unglaubliches Kribbeln und auf meinem gesamten Körper eine Gänsehaut auslöste. Dieser Kuss sollte endlich die Sehnsucht nach ihm stillen, als uns plötzlich, noch bevor sich unsere Lippen berühren konnten, die aufgebrachte Stimme einer Krankenschwester auseinander fahren ließ, woraufhin ich hastig in meinem Zimmer verschwand.

Unaufhörlich kreisten die Gedanken in meinem Kopf um die Geschehnisse, die sich vor wenigen Sekunden um ein Haar abgespielt hätten. Obwohl ich im ersten Augenblick nicht wusste, ob ich enttäuscht oder erleichtert über die abrupte Unterbrechung sein sollte, gewann doch sehr schnell die Wut die Oberhand, die Wut auf meinen Ehemann. Ich hatte geglaubt, meinen Verlust endlich überwunden zu haben, doch bereits die Ermittlungen im Fall unseres Serienmörders hatten mir das Gegenteil bewiesen. Die Entführung hatte mir meine eigene Hilflosigkeit so deutlich vor Augen geführt, dass ich mich, obwohl ich bereit war zu kämpfen, erneut aufgegeben hatte. Der Wunsch, endlich wieder mit Tony vereint zu sein, war zu groß gewesen, hatte die einstmals so starke Agentin Caitlin Todd resignieren lassen. Und nun klopfte die Vergangenheit erneut an meine Tür, ließ mich zum wiederholten Male über diesem bodenlosen Abgrund balancieren. Ich erkannte mich selbst kaum wieder, denn so verständlich diese Reaktion nach dem Verlust eines geliebten Menschen auch war, die Tatsache, dass er mir diese Qualen freiwillig angetan hatte, löste in mir eine unvorstellbare Wut aus. Es war mir einfach nicht möglich, auch nur zu versuchen, seine Beweggründe verstehen zu wollen, dafür war mein Schmerz noch immer zu allgegenwärtig. Ich wollte versuchen, ihn zu hassen, doch nicht einmal dies schien mir zu gelingen, so dass ich mich nur noch hilfloser fühlte.
In dem Moment, als Tony schließlich das Krankenzimmer betrat, hatte ich nur noch das Bedürfnis, ihn zu verletzten, ihm die selben Qualen zuzufügen, die ich in den vergangenen Monaten gefühlt hatte. Jedes Wort, das er zu mir sagte, vergrößerte den Zorn gegen ihn nur noch mehr, ich wollte seine Erklärungen und Ausflüchte nicht länger hören. Ich machte ihm klar, wie sehr ich ihn verachtete, doch noch immer galt seine gesamte Sorge mir und meiner Sicherheit, so dass ich ihm die Hoffnung entgegen schleuderte, der Entführer würde diesmal ihn selbst erwischen. Kaum hatte ich diese Worte über meine Lippen gebracht, versetzten sie mir einen Stich ins Herz, denn so sehr ich mir in dieser Sekunde auch das Gegenteil wünschte, liebte ich ihn doch noch immer. Der Blick in sein Gesicht, in seine Augen sagte mir, dass ich ihn mit dieser Aussage genauso stark getroffen, wie ich es beabsichtigt hatte. Auch wenn er versuchte, es vor mir zu verbergen, kannte ich ihn mittlerweile gut genug, um zu wissen, was in seinem Inneren vorging. Doch weder mein Stolz noch die Wut ließen es zu, dass ich meine Worte zurücknahm, sondern hüllte mich in eisiges Schweigen. Ich hatte ein neues Leben begonnen, er hatte kein Recht dazu, einfach wieder hier aufzutauchen, aber die Liebe, die, wie ich mir in letzter Zeit immer öfter einzureden versucht hatte, gemeinsam mit ihm begraben worden war, drängte immer stärker an die Oberfläche, auch wenn mein Zorn weiterhin die Oberhand behielt.

Das überraschende Auftauchen meines ehemaligen Kollegen aus Paraguay riss mich unvermittelt aus meinen wirren Gedankengängen, so dass ich für einige Sekunden die Trümmer vergaß, in die sich mein Leben erneut verwandelt hatte. Er hatte mich bei meiner Suche nach den fiktiven Mördern meines Mannes unterstützt, wofür ich ihm vermutlich ewig dankbar sein würde, so dass ich mich ihm ein wenig verpflichtet fühlte. Vielleicht hatten mir die häufigen Telefonate mit ihm geholfen, hatte er es doch stets verstanden, mir Mut zu machen, dennoch hatte ihn die Mauer, die ich um mich errichtet hatte, davon abgehalten, mir zu nahe zu kommen. Doch nun stürzte ich mich förmlich in die Ablenkung, die sein unerwarteter Besuch versprach, denn auch wenn Pablo und mich ein eher kollegiales als freundschaftliches Verhältnis verbunden hatte, tauchte er genau im richtigen Moment auf. Dadurch hatte ich die Möglichkeit, meinen Mann zu ignorieren, seine Anwesenheit förmlich zu verdrängen, denn seine Nähe war einfach zu schmerzhaft für mich. Dass Tony schließlich ohne ein weiteres Wort das Krankenzimmer verließ, bemerkte ich kaum, und auch auf die Nachfrage meines Kollegen reagierte ich nur mit einem Schulterzucken. Mein unerwarteter Gast versprach Zerstreuung, die ich zu diesem Zeitpunkt dringend gebrauchen konnte, deshalb musste er mich auch nicht lange überreden, mit ihm in den Park zu gehen und mein beengtes Krankenzimmer hinter mit zu lassen.
Ich sah meinen Mann, an einem der dunklen Dienstwagen lehnen, als Pablo meinen Rollstuhl nach draußen über das weitläufige Krankenhausgelände schob, und obwohl er zu weit entfernt war, um sein Gesicht zu erkennen, wusste ich doch genau, wie dieses mich in diesem Moment anblickte. Der Wunsch, dass er bei mir wäre, mich einfach in den Arm nehmen und mir versichern würde, dass alles gut wird, wurde immer übermächtiger, so sehr ich mich auch dagegen wehrte. Plötzlich war mir, als könnte ich seine vertraute Stimme hören, die mir genau diese Worte sagte, so dass ich mich erinnerte, dass ich genau dies gehört hatte, als er mich nach meiner Entführung befreite. Wieder einmal fuhr mir der Gedanke durch den Kopf, dass Tony wohl doch mein Held war, denn auch wenn er mich einfach verlassen hatte, war er dennoch mein Retter, der mich aus jeder Gefahr erlöste. Energisch schüttelte ich den Kopf, um diese unsinnigen Überlegungen ein für alle Mal zu vertreiben und bemerkte, dass Pablo mich verwirrt ansah. Ich hatte nichts von dem mitbekommen, was er in den letzten Minuten gesprochen hatte, so sehr war ich in meine Erinnerungen vertieft gewesen. Ich schlang die Arme um meinen Körper, denn obwohl die Sommersonne vom Himmel brannte, ließ mich der sanfte warme Wind frösteln. Verdammt, alles was ich wollte, war, dass es endlich aufhörte, denn ich hatte in den letzten Monaten oft genug diesen unerträglichen Schmerz verspürt, und Tonys Rückkehr hatte diese Wunden, die nur oberflächlich verheilt waren, bis in ihr tiefstes Inneres wieder aufgerissen.
 
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