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1x06 Die Bruderschaft

A

Annie

Guest
Dunkle Wolken verhängten den Himmel über San Francisco. Seit zwei Tagen hatte die Sonne keinen ihrer Strahlen mehr auf die Erde geschickt. Alles war grau und trüb. Der Regen prasselte nun schon seit Stunden auf die Straßen der Stadt nieder und brachte alle dazu, nicht nach draussen zu gehen, wenn es nicht unbedingt sein musste.

Schnell fuhr Paige durch die nassen, menschenleeren Straßen. In Gedanken war sie bei ihren Schwestern und ihrer Aufgabe als gute Macht. Sie fühlte sich ziemlich genau so wie der Tag aussah. Betrübt und entmutigt. Noch immer war es ihr nicht gelungen, Kontakt mit Leo aufzunehmen, auch wenn sie es ein paar Mal versucht hatte. Bei ihren Versuchen, Zaubertränke zu brauen, ging auch immer wieder etwas schief und überhaupt fühlte sie sich von allen im Stich gelassen. Wie sollte sie alleine nur gegen ihre Schwestern ankämpfen? Sie wusste, dass sie bei weitem nicht genug Macht hatte, irgendetwas zu erreichen und für die gute Macht war nicht einmal ansatzweise eine Unterstützung in Sicht.

Sie seufzte leise und lenkte ihren Wagen auf den Parkplatz vor ihrem Büro. Sie wollte gerade einparken, als eine schwarze Katze wie aus dem Nichts auftauchte und ihr vor den Wagen lief. Erschrocken trat sie auf die Bremsen und blickte in die grün leuchtenden Augen des Tieres. Dieses fauchte sie kurz an und war dann so schnell verschwunden, wie sie gekommen war. Ein paar Sekunden starrte Paige noch erschrocken auf die Stelle, an der eben noch die Katze war. Dann parkte sie ihren Beatle aber ein, nahm den Regenschirm in die Hand und verliess den Wagen. Schnell rannte sie durch den Regen auf die Tür zu, war aber dennoch patschnass bis sie diese erreichte. Leise fluchend ging sie zu ihrem Schreibtisch, als sie zu allem Unglück auch noch ihren Boss auf sich zukommen sah. Sie wusste genau, was jetzt kommen würde. Wieder einmal war sie etwas spät dran gewesen und so machte sie sich auf eine Strafpredigt von ihm gefasst. Frierend aber ruhig liess sie das Ganze über sich ergehen, da sie wusste, dass es keinen Sinn machte, ihrem Chef in irgendeiner Weise zu widersprechen.

Seufzend machte sie sich anschließend an die Arbeit. Heute war einfach nicht ihr Tag. Es kam ihr vor als würde sie… „vom Pech verfolgt. Das ist es“, sprach sie ihre Gedanken laut aus und stand auf. Sie musste jetzt sofort nach Hause und mit Patty sprechen. Vielleicht wusste ihre Mutter ja Rat.

Gerade wollte sie zur Tür hinaus, als sie spürte, wie jemand hinter sie trat. Leicht erschrocken drehte sie sich herum und blickte zu ihrer Erleichterung in Andrews Gesicht.

„Hallo Paige, ich wollte dich nur kurz fragen, ob es in Ordnung ist, wenn ich dich heut Abend um 7 Uhr abhole.“ Für einen kurzen Moment blickte sie ihn etwas verwirrt an, doch dann verstand sie, was er meinte. Heute war Freitag. Die Feier! Die hatte sie ganz vergessen gehabt.

„Äh, ja klar, 7 Uhr ist gut. Dann sehen wir uns später“, verabschiedete sie sich von ihm und lief zur Tür wieder hinaus in den Regen. Mit einigen schnellen Schritten war sie zurück bei ihrem Wagen, stieg ein und brauste sofort los.

Andrew blickte ihr kurz nach und schüttelte den Kopf.

„Hexen“, murmelte er geringschätzig und wandte sich dann ab, um Bericht zu erstatten.



„Patty? Bitte, ich muss dich dringend sprechen“, rief Paige, kurz nachdem sie das Manor betreten hatte. Unruhig lief sie zum Büchergestell, nahm ein Buch nach dem anderen heraus und blätterte es kurz durch. Doch es war ihr klar, dass sie nichts finden würde. Diese Bücher konnte sie zwar brauchen, solange es darum ging, Tränke zu brauen, oder Zaubersprüche zu schreiben, aber sobald es um Dämonen ging, waren sie einfach nutzlos.

„Patty!“, rief sie noch einmal, doch auch auf diesen Ruf kam keine Antwort. Aber was hatte sie eigentlich erwartet? Bei dem Pech, das sie heute hatte, musste ja einfach alles schief gehen. Doch egal, was der Dämon, durch den sie dieses Pech wahrscheinlich überhaupt erst hatte, von ihr wollte, sie würde sicher nicht gleich kampflos aufgeben. Sollte er ihr doch soviel Unglück schicken wie er wollte. Sie würde einen Weg finden, ihn zu vernichten. Selbst überrascht über ihren neu gewonnen Tatendrang ging sie in die Küche und machte sich daran, einen Trank zu brauen, mit welchem sie den Dämon vernichten wollte. Dass sie gar keine Ahnung hatte, um was für einen Dämon es sich handeln konnte und ob überhaupt ein Dämon für ihre Pechsträhne verantwortlich war, kümmerte sie dabei herzlich wenig. Voller Elan warf sie eine Zutat nach der anderen in den Topf und rührte um. Schon bald stieg ein grünlicher Rauch aus diesem auf und hüllte die Küche in einen dicken Nebel. Paige konnte kaum noch etwas erkennen, doch sie war sich sicher, dass diesmal alles funktionieren würde. Sie liess den Trank etwas kochen, griff dann nach dem Fläschchen mit der letzten Zutat und schüttete es hinein. Ein lauter Knall ertönte und noch in derselben Sekunde riss eine Druckwelle Paige vom Herd weg und schleuderte sie gegen die Küchenschränke. Sie glaubte gerade noch zu spüren, wie sie aufprallte, doch dann verlor sie ihr Bewusstsein.



Als Paige wieder zu sich kam, blickte sie in das besorgte Gesicht von Patty. Ihr Schädel brummte zwar noch ziemlich, doch dieser dumpfe Schmerz nahm schnell ab. Zu schnell, wie ihr ihr Verstand sagte. Das konnte nicht mit normalen Dingen zugehen. Sie brauchte eine Weile, bis sie begriff, dass sie Recht hatte. Sie warf Patty kurz einen fragenden Blick zu, aber diese schien viel zu besorgt zu sein, um ihn überhaupt zu bemerken.

Leise stöhnend richtete sich Paige schließlich ein wenig auf und dabei entdeckte sie die Hände, die dicht über ihrem Körper schwebten. Interessiert blickte sie diese an, denn das warme, helle Licht, das von ihnen ausging, faszinierte sie. Erst als das Leuchten abnahm und schließlich ganz verschwand, schaute sie sich nach dem Besitzer der Hände um. Als sie ihn sah, riss sie überrascht die Augen auf.

„Du… Ich kenne dich… Du bist… Du bist…“, stotterte sie, kam aber nicht dazu, den Satz zu Ende zu sprechen. Denn bevor sie dazu kam, fiel er ihr lächelnd ins Wort.

„Ja, du hast Recht. Ich bin der, den du schon seit einiger Zeit suchst. Ich bin Leo.“



Ein flackerndes, rötliches Licht erhellte die Höhle, die dadurch allerdings überhaupt nicht heller und schon gar nicht freundlicher wurde, als sie es wirklich war, was normalerweise durch das Licht von Fackeln ermöglicht wurde. Auf den unebenen Felswänden entstand durch das Licht der Flammen ein unheimliches Schattenspiel. Schnell huschte ihr Flackern über die Felswände und verschwand in Nischen, die es gar nicht wirklich gab.

In der Mitte der Höhle standen fünf Gestalten, in dunkelrote Umhänge gehüllte. Durch das finstere Licht konnte man sie kaum erkennen, doch sie waren da, auch wenn sie nur wie schemenhafte Gespenster wirkten. Sie alle hielten ihre Gesichter unter der tief in die Stirn gezogenen Kapuze verborgen. Jeder hatte seinen Blick auf den Boden gesenkt und murmelten leise, seltsam klingende Worte vor sich her.

Auf einmal brach der fremd wirkende Singsang ab. Eine der Gestalten machte eine kurze Bewegung mit der Hand und in der Mitte des Kreises, den die geheimnisvollen Personen bildeten, erschien eine silbern glänzende Schale. Kurz darauf tauchte auf die gleiche, rätselhafte Weise ein Dolch in derselben Hand auf. Einige Sekunden schien es, als würde die Gestalt den Dolch wägen. Doch dann umfasste sie ihn fester, zog ihre zweite Hand unter dem Umhang hervor, drückte die Klinge des Dolches gegen ihre Handfläche und zog sie darüber hinweg. Aus dem Schnitt quoll sofort Blut hervor, welches die Gestalt in die silberne Schale tropfen ließ.

Die Anderen taten es ihrem Anführer gleich. Das Blut sammelte sich in der Schale und spiegelte die Gestalten wieder. Der Dämon, der sein Blut zuerst in die Schale hatte tropfen lassen, warf seine Kapuze zurück und blickte die anderen Dämonen mit triumphierenden Augen an.

„Es ist vollbracht. Von heute an werden wir gemeinsam kämpfen. Von heute an sind wir die Bruderschaft der Schatten. Schon bald werden wir genug Macht besitzen. Es dauert nicht mehr lange…“

„Artax! Du hast uns zu dieser Bruderschaft verbunden. Sag uns nun auch, was du zu tun gedenkst!“ Fordernd blickte Chiron zu Artax.

„Ja, was willst du als Erstes unternehmen? Wir riskieren hier alle ziemlich viel. Die Quelle darf nichts von unseren wahren Plänen erfahren“, warf nun auch noch ein zweiter Dämon ein.

„Wir werden kämpfen Raven“, wandte sich Artax an den zweiten Dämonen. „Ich habe bereits jemanden losgeschickt, der uns das kleine Hexenproblem vom Hals schafft. Sobald die gute Macht vernichtet ist, werden wir genug Macht haben, den Krieg zu gewinnen…“



Völlig perplex blickte Paige Leo an. Sie verstand einfach nicht, weshalb er jetzt plötzlich hier war. Nie hatte er auf ihr Rufen reagiert, er hatte sich dagegen gewehrt zu ihr zu kommen und mit ihr zu sprechen, doch nun war er auf einmal da. Und das ganz aus freien Stücken. Sie stand auf, und lief erst einmal aus der Küche. Sie musste jetzt zuerst einmal einen klaren Gedanken fassen und sich darüber klar werden, was soeben passiert war. Leo war da...
 
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Er würde ihr helfen können. Plötzlich erfüllte sie eine tiefe Freude. Sie war sich sicher, dass er sie unterstützen würde im Kampf gegen ihre Schwestern. Er war bestimmt die Unterstützung auf die sie schon so lange wartete.

Lächelnd kam sie deshalb kurz darauf wieder in die Küche zurück und registriert zu ihrer Erleichterung, dass das Fenster weit offen stand und sich der widerliche Gestank ihres Trankes langsam aber sicher verflüchtigte. „Entschuldige bitte, ich war nur so überrascht, dass du plötzlich da bist“, entschuldigte sie sich für ihr plötzliches Verschwinden und setzte sich an den Küchentisch. Leo nickte nur kurz den Kopf und zeigte ihr so, dass er verstand und setzte sich dann ebenfalls zu Paige und Patty, welche in der Zwischenzeit ebenfalls Platz genommen hatte.

„Was hat dich dazu gebracht, plötzlich hier aufzutauchen? Warum bist du jetzt hier, wenn du zuvor nie auf mein Rufen gehört hast?“, erkundigt sich Paige, da sie es noch immer nicht verstehen kann, doch Leo ignoriert diese Frage einfach.

„An jenem Tag hat eine Hohepriesterin Prue auf die dunkle Seite gezogen. Langsam erlagen auch Piper und Phoebe diesem Zauber des Bösen und veränderten sich. Du musst wissen, dass die drei eine Einheit sind. Entweder sind alle gut, oder alle böse.“ Der Schmerz, den Leo fühlte, zeichnete sich deutlich auf seinem Gesicht ab. Man spürte, dass er sich richtig überwinden musste, auszusprechen, was damals geschehen war. Verzweiflung und Trauer, spiegelten sich in seinen Augen wieder. Und dennoch wirkten sie auf Paige verbittert und kalt.

„Ich wollte sie noch warnen, als ich bemerkte, was mit ihnen geschah, doch es war schon zu spät. Wäre ich nicht so mit mir selbst beschäftigt gewesen, hätte ich ihre Verwandlung verhindern können…“ Er stand auf, ging zum Fenster und blickte nach draussen. „Das ist es doch, was du wissen wolltest, nicht?“, fragte er Paige dann leicht gereizt, drehte sich wieder zu ihr um und blickte sie herausfordernd an.

„Nein. Doch..., aber nicht nur. Leo, ich weis, dass ich nicht nachvollziehen kann, was für Schmerzen du zurzeit empfindest. Doch ich weiß auch, dass es sich lohnt, wenn man für seine große Liebe kämpft. Aber du versteckst dich nur und überschüttest dich mit Schuldgefühlen. Du kannst deine Piper noch immer retten. Wir können alle drei wieder zurückholen. Aber dafür brauche ich deine Hilfe. Hör auf Trübsal zu blasen und tu etwas gegen deine Schuldgefühle!“, versuchte Paige Leo davon zu überzeugen, für ihre Sache zu kämpfen. Doch dieser schüttelte nur leicht den Kopf und verliess die Küche.

„Jetzt Lauf nicht davon. Das hast du doch schon lange genug getan!“ Leicht aufgebracht ging Paige dem Wächter des Lichts ihrer Schwestern hinter her. „Stell dich doch endlich deinen Problemen“, sagte sie fordernd zu ihm und stellte sich ihm in den Weg, damit er nicht wieder weglief. So leicht würde sie bestimmt nicht aufgeben. Denn wenn Leo ihr helfen würde, dann hätte sie bedeutend größere Chancen, ihre Schwestern wieder zum Guten zu bekehren, als wenn sie alleine kämpfen müsste. „Egal was du jetzt denkst. Ich bin mir sicher, dass Piper dich auch noch immer genauso liebt, wie du sie. Sie kann sich einfach nicht daran erinnern.“



Fasziniert sah Caiva dem Streit zwischen Paige und Leo zu. Wie er es doch liebte, sich unsichtbar zu machen. Er beobachtete die junge Hexe nun schon den ganzen Tag, genau wie es sein Auftrag war, und es war äußerst amüsant. Es würde ihm ein Leichtes sein, diese Hexe zu vernichten. Daran würde auch der Wächter des Lichts, der zurzeit bei ihr war, nichts ändern können. Sein erster Versuch, die Hexe zu beseitigen, war zwar fehlgeschlagen, weil der Wächter aufgetaucht war und sie geheilt hatte, doch das würde nicht noch einmal passieren. Seinen nächsten Angriff würde er richtig planen und sich wieder eine günstige Situation zu Nutzen machen. Es war einfach zu leicht gewesen, der Hexe die falsche Zutat unterzujubeln, damit sie sich selbst außer Gefecht setzte.



Zahlreiche Brandflecke übersäten die von Fackeln beleuchteten Felswände der Höhle. Es war ungewöhnlich warm, ja sogar heiß, doch das schien die drei Personen, welche sich in den Gewölben aufhielten, in keiner Weise zu stören. Zwei von ihnen lehnten sich an der Wand und blickten die Dritte im Bunde, die unablässig auf und ab ging, langsam aber sicher gereizt an.

„Phoebe, jetzt reicht es dann langsam. Warum kapierst du nicht, dass es wichtiger ist unsere Macht zu festigen, als unsere kleine Halbschwester zu beseitigen? Um das zu erledigen haben wir noch jede Menge Zeit. Sie ist uns in keiner Weise ebenbürtig. Unsere Gegner hier unten könnten allerdings bald mehr als lästig sein, wenn wir nichts unternehmen. Ist dir noch immer nicht klar geworden, dass dieuns hier nicht sehen wollen?“ Wütend blickte Prue ihre kleine Schwester an. Schon seit Stunden führten sie diese Diskussion, doch keine der Beiden war gewillt, nachzugeben.

Piper beobachtete die beiden derweil belustig. Es war faszinierend, wie lange ihre Schwestern einen sinnlosen Streit führen konnten. „Was glaubst du eigentlich, was ich beabsichtige? Ich hab es dir jetzt schon an die tausend Mal erklärt. Aber du willst ja anscheinend gar nicht zuhören!“ Genervt warf Phoebe einen weiteren Energieball gegen die Wand und produzierte so einen weiteren Brandfleck. Irgendwie musste sie ihrer Wut einfach Platz schaffen und sich abreagieren. Und da war Zerstören der richtige Weg. „Wenn wir Paige beseitigen, dann bringt uns das auch hier unten Macht. Es geht nicht darum, dass wir möglichst viele unserer Feinde vernichten, sondern darum, dass wir unser Ansehen bei der Quelle verbessern!“
 
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Langsam aber sicher artete die anfängliche Diskussion zu einem Kräftemessen zwischen Prue und Phoebe aus. Wenn nicht bald eine der Beiden nachgeben würde, würden sie sich noch gegenseitig an die Kehle springen. Und so erbarmte sie Piper dazu, einzuschreiten und das Schlimmste zu verhindern.

„Phoebe, du vergisst allerdings, dass wir Andrew schon auf unser Halbschwesterchen angesetzt haben. Er ist zwar nicht der Schnellste, wenn es ums Vernichten von lästigen Familienmitgliedern geht, doch er wird unser kleines Problem schon beseitigen. Wir sollten uns wirklich eher darauf konzentrieren, uns vor unseren Feinden zu schützen“, stellte sie sich auf Prues Seite und erntete dafür einen bitteren Blick von Phoebe, der diese Entwicklungen überhaupt nicht passten…



Er wartete. Die Hexe liess immer wieder ihren Blick durch den Raum gleiten. Es war, als ob sie spüren würde, dass sie und dieser Wächter des Lichts nicht alleine im Zimmer waren. Doch er hatte Zeit. Bald schon würde die Hexe glauben, dass dieses Gefühl Einbildung war und dann würde sie sich wieder voll und ganz dem Wächter zuwenden.

Ein Lächeln erschien auf Caivas Gesicht. Er war sich seiner Sache sicher. Bald würde es soweit sein. Und dann konnte er in die Unterwelt zurückkehren und sich feiern lassen…



„Leo, jetzt hör doch endlich auf, dir an allem die Schuld zu geben. Damit wirst du Piper auf keinen Fall zurückgewinnen!“, wandte sich Paige wieder an den Leo, nachdem sie sich gründlich im Raum umgesehen hatte. Das ungute Gefühl, welches sich in ihr breit gemacht hatte, konnte nichts anderes als Einbildung sein. Und so widmete sie sich wieder voll und ganz der Diskussion mit dem Wächter des Lichts, die allerdings zu nichts führte.

Genervt drehte Leo Paige den Rücken zu und entfernte sich ein paar Schritte von ihr. Das war der Augenblick auf den Caiva gewartet hatte. Er formte einen Energieball in seiner Hand und schleuderte ihn auf Paige. Da sowohl sie, als auch Leo mit dem Rücken zu dem noch immer unsichtbaren Dämon standen, hatte sie keine Chance auszuweichen. Der Energieball traf sie in den Rücken. Sie stieß einen lauten Schmerzensschrei aus, flog durch den Raum und landete dann reichlich unsanft auf dem Boden. Erschrocken fuhr Leo herum und war mit ein paar schnellen Schritten bei Paige, die reglos auf dem Boden lag. Er begann gleich sie zu heilen und liess dabei seinen Blick durch das Zimmer gleiten. Aber es war niemand zu sehen.

Doch plötzlich glaubte er etwas hinter sich zu spüren. Er fuhr herum und sah einen Energieball auf sich zurasen. Instinktiv erschuf er eine kleine, silbern leuchtende Kugel in seiner Hand und warf sie dem Energieball entgegen. Die beiden Kugeln trafen aufeinander und verpufften.

Diese Aktion verblüffte den Dämonen und verschaffte Leo die nötige Zeit, um Paige zu heilen. Er half ihr auf und bedeutete ihr mit einer kurzen Geste aufzupassen.

Caiva verstand zwar noch immer nicht, weshalb der Wächter des Lichts über Kräfte verfügte, über die er nicht verfügen dürfte, doch er musste etwas unternehmen. Die Hexe war schon wieder auf den Beinen und sein Auftrag drohte zu scheitern.

Wütend warf er einen Energieball nach dem anderen auf Paige und Leo und dachte gar nicht mehr daran, dass er sich somit verriet. Er mochte vielleicht unsichtbar sein, doch seine Energiebälle waren es nicht.

Für einen Augenblick gerieten Paige und Leo in arge Bedrängnis. Sie hatten alle Hände voll damit zu tun, die Angriffe abzuwehren. Doch dann schien es, als würde ihr Angreifer kurz zögern. Paige rief sich mit ihrer Kraft einen Energieball und schickte ihn in die Richtung, aus welcher er gekommen war. Gleichzeitig erschuf Leo eine kleine, leuchtende Silberkugel in seiner Hand und schleuderte sie ebenfalls in die Richtung des Dämons.

Und sie hatten Glück. Kurz hintereinander trafen die beiden Kugeln auf den Dämon, der vor Schmerzen laut aufschrie. Er war nun nicht mehr länger unsichtbar. Seine Macht fiel im gleichen Augenblick von ihm ab, als ein Ring aus Flammen sich um ihn schloss und ihn verschlang.

Alles was von ihm zurückblieb war ein kleines Häufchen Asche.

„Leo?“ Erschöpft liess sich Paige in einen Sessel fallen und blickte den Wächter fragend an. Sie verstand genauso wenig, wie der Dämon vor ihr, was mit Leo genau los war. Sie wusste zwar nicht viel über Wächter des Lichts, doch sie glaubte sich daran zu erinnern, dass Patty ihr einmal erzählt hatte, dass Wächter nur über Heilkräfte verfügten, orben und ihre Schützlinge spüren konnten. Aber was Leo getan hatte, war eindeutig mehr gewesen.

Leo erkannte, was in Paige vor sich ging. Doch er wollte jetzt nicht auf ihre Frage antworten, die ihr auf der Zunge lag und so schüttelte er leicht den Kopf. „Vergiss es Paige. Ich werde dir nicht erzählen, was mit meinen Kräften los ist. Und ich werde mich dir auch auf keinen Fall anschliessen. Aber vielen Dank, dass du mir zugehört und mir geholfen hast herauszufinden, was ich zu tun habe.“ Mit diesen Worten orbte er sich weg und liess die ziemlich verdutzte Paige einfach im Manor sitzen.



Artax verzog leicht das Gesicht und zog so die Aufmerksamkeit der anderen vier Führer der Bruderschaft der Schatten auf sich. Fragend blickten sie ihn an, es schienen jedoch alle keine große Lust zu haben, sich zu erkundigen, was los war. Und das lag vermutlich daran, dass Artax’ Augen vor Wut nur so zu lodern schienen.

Nach einiger Zeit rang sich Tuata, der einzige weibliche Dämon der Runde, dann doch dazu durch, zu fragen. „Artax, was ist geschehen?“, erkundigte sie sich vorsichtig.

„Caiva hat versagt“, gab Artax kurz angebunden zur Antwort, wandte sich von den Anderen ab und ging davon. Chiron, Raven, Loran und Tuata blickten sich kurz an. Ohne, dass Einer etwas sagte, verstanden sie sich. Im gleichen Augenblick drehten sich alle um und zogen sich dann ebenfalls zurück.

Die von einem düsteren, rötlichen Schein erfüllte Höhle blieb bedrohlich und leer zurück und wartete nur darauf, dass sich die Führer der Bruderschaft erneut in ihr versammeln würden.



Unruhig, wie ein Tiger in seinem Käfig, lief Cole auf und ab. Immer wieder stellte er sich die gleiche Frage und versuchte herauszufinden, was er tun sollte. Er war überzeugt davon, dass noch Gutes in ihr steckte, doch wie konnte er diesen Teil von ihr nur erreichen? Immer wenn er versucht hatte, tiefer in sie einzudringen, hatte sie abgeblockt. Sie hörte ihm einfach nicht zu. Also, was konnte er machen? Er wollte sie auf keinen Fall verlieren, schon gar nicht an die dunkle Seite. Zu viel hatte er schon an diese verloren. Und so war der Gedanke, dass er nun auch die Frau, die ihn das Lieben gelehrt hatte, verlieren sollte, war führ ihn schier unerträglich. Wenn er sie zurückgewinnen wollte, dann musste er etwas unternehmen. Und zwar so schnell wie möglich. Denn je länger man der dunklen Seite verfallen war, umso schwerer war es, wieder von ihr loszukommen. Das wusste er aus eigener Erfahrung…

Immer wieder wog er ab, was zu tun war, bis ihm schliesslich nur noch eine Möglichkeit Erfolg versprechend erschien. Ein leichtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht als er sich weg schimmerte und das Mausoleum wieder den Raten und Spinnen überliess.



Um sieben hatte Andrew Paige abgeholt. Die beiden hatten jede Menge Spaß bei der Party und merkten gar nicht, wie schnell die Zeit verging.

Als Andrew Paige dann nach Hause brachte, war Mitternacht schon lange vorüber. Glücklich verabschiedete sich Paige von Andrew und stieg die wenigen Stufen bis zur Haustür empor. Bevor sie diese öffnete, drehte sie sich nochmals um und winkte Andrew zum Abschied zu.

Dieser Abend war genau das gewesen, was sie nach diesem ereignisreichen Tag gebraucht hatte. Wieder einmal hatte sie einfach vergessen können, was sie war und welche Aufgabe sie zu erfüllen hatte.

Und auch Andrew war mit dem Verlauf des Abends zufrieden, denn er war sich sicher, einen entscheidenden Schritt geschafft zu haben, um Paiges Vertrauen zu gewinnen. Und dann würde er bald in der Lage sein, seinen Auftrag zu erfüllen. Noch kurz verfolgte er mit seinen Augen Paige, die die Treppe zum Manor hinaufstieg, bevor er wieder verschwand.

Lächelnd ließ Paige die Tür hinter sich ins Schloss fallen und hängte ihre Jacke an die Garderobe. Sie wollte gerade nach oben gehen, als sie plötzlich mitten in der Bewegung erstarrte. Da war jemand hinter ihr. Sie sog scharf die Luft ein und drehte sich dann langsam herum. Erschrocken starrte sie den Mann an.

„Na, überrascht mich zu sehen, Paige?“, fragte der sie grinsend.

Ungläubig starrte Paige ihr Gegenüber an und stammelte dann völlig verblüfft: „Cole…“
 
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