AW: Die Gilde der Magier
Lovina
Lovina verspürte ein starkes Brennen in den Lungen. Zuerst diese Flucht quer durch das Hüttenviertel und nun auch noch die Verfolgung von Lyra und Alexis. Es war mindestens genauso anstrengend wie dieser Lauf von vorhin, wenn auch in bedeutend langsamerem Tempo. Es war wohl das Ständig-auf-der-Hut-sein und nicht Entdeckt-werden, was was Lovina so atemlos machte. Dennoch hielt Lovina wacker durch und folgte gemeinsam mit Caleb den beiden Novizen durch die verwinkelten Gassen.
Lovina dachte, dass Alexis und Lyra aufgrund ihrer Roben diesen Weg zum Ziel gewählt hatten, da sie vielleicht glaubten, so der Säuberung zu entgehen. Die Magier hätten sie mit Sicherheit aufgrund ihrer herabgekommenen Roben sofort wieder zurück ins Hüttenviertel gescheucht, obwohl sich Lovina nicht sicher war, ob sie nicht genau dort mittlerweile wieder waren. Die Gassen rochen ekelerregend, überall hielten sich Menschen mit zerrissener Kleidung auf und versteckten sich offensichtlich vor den Magiern, doch Lovina hatte keine Zeit sich irgendwie darum Gedanken zu machen. Sie mußten Alexis und Lyra hinter her kommen und es irgendwie schaffen, das Buch zuerst zu bekommen.
In Gedanken versunken bemerkte sie nicht einmal, dass die Hüttenleute ihnen diesmal bereitwillig auswichen und sich nicht mehr, wie im wirklichen Hüttenviertel in den Weg stellten. Sie war viel zu sehr mit der Frage beschäftigt, wie sie Alexis und Lyra vom Buch ablenken könnten, um es selbst zu ergattern. "Vielleicht sollten wir ihnen was vorspielen? Ich könnte laut schreien und so tun, als wär ich in Gefahr, während du hinein gehst und dir das Buch holst. Selbst Schuld wenn sie sich ablenken lassen,...." schlug sie flüsternd vor und sah völlig skrupellos zu Caleb auf. "Wir könnten einen der Hüttenleute hier Gold anbieten das Spiel mit zu spielen,..." fügte sie noch zu um diesem ausgedachten Schauspiel noch eins drauf zu setzen, doch als ihr Blick von Caleb zu dem Haus fiel, das sie soeben erreicht hatten, öffnete sich leicht ihr Mund und ihre grünblauen Augen weitete sich erschrocken - sie standen direkt vor dem Haus mit den roten Fensterläden.
"Das gibts doch nicht...." sagte Lovina und blickte zu den knallroten Fensterläden, die einladend offen standen. Bevor Lyra und Alexis sie sehen konnten, schnappte sie erneut nach Calebs Hand und zog ihn mit sich um ein Eck, um so aus der Sichtweite der beiden Novizen zu sein, doch weder die eine noch der andere hatte sich zu ihnen umgewandt, sodass Lovina von ihrem Versteck hervor kam und ungläubig auf das Haus starrte.
Sie dachte nicht einmal dara, dass dies hier ein ganz anderes Haus sein könnte, welches dem Haus im Hüttenviertel bis auf den kleinsten Dachziegel glich. In dieser Verblüffung hatte sie auch nicht einma das Zeichen der Gilde an der Tür gesehen. Lovina war einfach viel zu fassungslos um solche offensichtlichen Kleinigkeiten zu erkennen, auch Caleb schien dieses Detail und, dass sie sich hier nicht im Hüttenviertel, sondern in der Stadt befanden zu übersehen, denn als Lovina einen Blick zu Caleb warf, sah dieser genauso verblüfft aus der Wäsche wie sie.
Doch dann schien die Entschlossenheit aus Calebs Mimik zu sprechen, denn mit festen, aber lautlosen Schritten ging er voran und öffnete die Tür, während Lovina ihm nicht weniger entschlossen, aber mit anfänglich zaghaften Schritten folgte. Sie konnte es einfach nicht fassen, dass sie vorhin so nah an ihrem Ziel waren. Sie könnten das Buch schon längst in den Händen halten, wenn diese verfluchten Hüttenleuten nicht gewesen wären. Ohhhh was für eine Wut sie doch auf diese Menschen hatte. Beu allem, aber auch wirklich allem, mußten sie ihr scheinbar in die Quere kommen. Weshalb konnte sie nicht einfach einmal ihre Ruhe von diesem Gesindel haben.
Lovina kam hinter Caleb in den Raum und ihr Blick fiel sofort auf das blaue Buch mit den hellblauen Blumen, welches noch unberührt auf dem Tischchen stand. Das Geheimnis las sie leise und nahm nur zögerlich ihren verärgerten Blick von dem Buch um von Lyra zu Alexis zu sehen. Lyra wollte sie in diesem Moment einfach nicht sehen, sie war eine von denen. Eine die aus dem Hüttenviertel kam und so völlig falsch in der Gilde war. Würde sie Lyra jetzt Beachtung schenken, so würde ihre Wut einfach überhand nehmen. Doch auch Alexis war kein besonderer Blickfang in diesem Aufzug. So wandte sie sich mit verächtlichem Blick ab und seufzte, während sie den Worten von Caleb lauschte.
Wie recht er doch hatte,... Diese störischen und unzivilisierten Hüttenleute, sie sind Schuld daran, dass ihnen der Sieg nun so knapp durch die Lappen ging und enttäuscht schüttelte sie den Kopf über diese Situation. Doch an aufgeben dachte Lovina genauso wenig wie Caleb. Sie wollte dieses Buch und sie hatte schon immer das bekommen was sie wollte. Dies würde sich jetzt nicht ändern, so dachte sie zumindest, doch als sich plötzlich ein anderer Gedanke in ihren trotzigen Vorstellungen schob, hob sie jäh den Kopf und blickte kurz zu dem Buch und dann zu dem wütenden Caleb.
"Caleb wir täuschen, das ist nicht das Haus in dem wir Lyam anfinden hätten sollen. Dieses hier ist innerhalb der Stadtmauern und außerdem hat es das Zeichen der Gilde auf der Tür" flüsterte sie zu ihrem Begleiter, ohne Lyra zu beachten, oder Alexis einen Blick zu schenken. Stattdessen stand sie wie immer aufrecht vor Caleb und blickte ihn mit kalten Augen an, als sich plötzlich etwas bewegte und sie diese Bewegung aus dem Augenwinkel wahr nahm.
Schlagartig drehte sie ihren Kopf in Richtung Lyra und sah, wie diese auf das Buch zustürzte und dabei Caleb zur Seite stieß. "Nimm deine Finger weg..." fauchte sie der Novizin gefährlich entgegen, als Lovina verstand, was Lyra im Begriff war zu tun und dies auch noch erfolgreich schaffte, ohne dass sie sie daran hindern hätte können.
Lovina dachte nicht mehr nach, sie war so wütend, dass sie nicht hier als erstes aufgetaucht waren, dass diese Hüttenleute Caleb und sie an den Sieg hinderten und nun hatte eine von diesem Gesindel, die ihrer Meinung nach keinerlei Berechtigung hatte, die Robe der Novizen zu tragen, das begehrte Buch in der Hand. "Leg es sofort wieder hin." raunte sie bedrohlich und blickte Lyra böse in die Augen, als ihr Gesicht plötzlich sanft von einem gelben flackernden Licht erstrahlt wurde.
Ein kleiner Ball, in der größe eines Golfballes, jedoch mit der Leuchkraft von hunderten Kerzen, war in Lovinas Hand erschienen, ohne dass die Novizin was dagegen hätte unternehmen können. Der Ball war einfach da, sie hatte ihn nicht willentlich erschaffen, er hatte es sich einfach nur in ihrer Hand plötzlich gemütlich gemacht und schmiegte sich nun an ihre zarten Finger. "Ich sagte dir, lege es hin" wiederholte sie ihre Drohung erneut und wollte gerade die Hände ballen, als sie bemerkte, das in ihrer rechten Hand dieser magische Ball den Vorgang blockierte.
Überrascht hob Lovina ihre Hand und blickte auf ihre besetzte Handfläche, doch bevor sie irgendetwas tun konnte, machte sich der Ball erneut selbstständig und flog direkt auf Lyra zu. Er mußte wohl von Lovinas Gefühlen geleitet worden sein. Ihre Wut hatte ihn erschaffen und ihr Zorn auf die Hüttenleute hatte Lyra zur perfekten Zielscheibe gemacht und genau auf Grund dieser Gefühle, konnte Lovina im Moment nicht sagen, ob sie wirklcih etwas dagegen hatte, dass dieser magische Ball auf Lyra zuflog und die Novizin jeden Moment verletzen konnte. Für enen bruchteil einer Sekunde genoß Lovina sogar das Gefühl, sich endlich an den Hüttenleuten rächen zu können und sah Lyra mit einem selbstgefälligem Lächeln an. Doch dann kehrte die Vernunft in Lovina zurück und als sie bemerkte, dass sie im Begriff war, einem anderen Menschen tatsächlich Leid zuzufügen, versuchte sie den kleinen Ball noch umzulenken.
Lovinas Eingreifen war beinahe zu spät. Der magische Ball flog so schnell auf Lyra zu, dass er einen leichten Lichtschweif hinter sich herzog und gerade als er Lyra an ihrem linken Schlüsselbein erwischen konnte, machte Lovina noch instinktiv eine Handbewegung nach links, sodass der Ball gehorchte und an Lyra vorbeiflog und direkt in der Mauer neben Lyra einschlug. Einen Moment dachte Lovina es tatsächlich geschafft zu haben, doch dann sah sie die zerschnittene Robe an Lyras linkem Oberarm und wie langsam etwas Blut aus der Streifwunde trat und den Stoff der Robe umgab. (hoff das ist ok?)
Lovina schlug sich vor Entsetzen die Hand auf den Mund und sah Lyra mit geweiteten Augen an. Auch wenn Lyra eine aus dem Hüttenviertel ist und es sich für einen kurzen Moment lang gut angefühlt hatte, so fühlte Lovina sich jetzt masslos schrecklich. Wie hatte es bloß so weit kommen können? Wieso hatte sie einen anderen Menschen verletzen können, selbst wenn dieser unter ihrem Stand war. Unsicher huschte ihr Blick von Caleb zu Alexis und zurück zu Lyra, doch dann nahm ihr Blick ihren unverkennbaren überheblichen Ausdruck wieder an. Sie war nicht gewillt, vor den anderen zu zeigen, dass sie einen Fehler begangen hatte. "Ich habe ihr gesagt, dass sie das Buch zurück legen soll, ich wollte die Situation klären bevor jemand Besitzansprüche stellte." versuchte sie sich zu rechtfertigen, doch obwohl sich Lovina so sehr anstrengte, eine kühle und distanzierte Stimme zu bewahren, so hörte man dennoch deutlich heraus, wie absolut unangenehm es ihr war und wie die Reue aus ihr sprach.
(ich hoff, das passt so...)