Amalia Reves
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Handicap - Und freundlich grüßt das Schicksal
Hallo Leute,
dies ist ein ganz besondere Geschichte für mich. Keine Fantasie, keine Magie, eine Geschichte die uns allen passieren könnte. Und aus diesem Grund wünsche ich mir Rückmeldung. Es ist das erste Mal, dass meine Protagonisten ohne Zauberei und Ähnlichem auskommen müssen.
Prolog ~ Unfall mit Folgen
Langweilig, schmollte ich gedanklich und biss mir auf meine Unterlippe. Schon seid fünf Minuten wartete ich an der Schlange der Kasse und hoffte, dass es endlich weitergehen würde – vergebens. Ein Kunde schnauzte gerade die Verkäuferin an, da in dem Laden nicht seine Lieblingsschokolade geführt wird. Ich musste grinsen.
Okay, es war nicht nett von dem Schwarzhaarigen die nette Frau so anzuschreien. Ihre eisblauen Augen blitzten schuldbewusst obwohl sie nichts dafür konnte. Ihre langen schwarzen Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Die dunkelrote Weste die sie trug stand im Kontrast zu dem hellen Neongrün ihres T-Shirts.
Sie versuchte ein Lächeln. Ihre strahlend weißen Zähne funkelten regelrecht, doch auch von ihren Sommersprossen ließ sich der aufgebrachte Schokoladenliebhaber nicht beirren. Trotzdem musste ich ein Kichern unterdrücken. Schließlich kam ein kräftig gebauter Mann, er war wohl der Geschäftsführer, er hatte sauberes, kurzes Haar und ein Brotkrümel am Mundwinkel. Auch er trug die rote Weste, die wohl alle Mitarbeiter des Supermarktes trugen, sowie eine schwarze Hose. An dem Mundwinkel hing noch ein Brotkrümel, er hatte wohl gerade gegessen. Ich verlagerte all mein Gewicht auf das linke Bein und beobachtete das Geschehen gespannt. Wenige Minuten später passierte wirklich etwas. Nach langem Hin und Her wurde der Kunde rausgeschmissen, ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Als auch noch ein kleines Mädchen hinter mir anfing zu grinsen, konnte ich nicht mehr. Ich hielt mir den Bauch vor Lachen, kurze Zeit später lachten alle in Sichtweite. Es war herrlich. Als ich an die Reihe kam, begrüßte mich die Verkäuferin mit einem Lächeln. Sehnsüchtig ließ ich meinen Blick auf die Waren schweifen, die gerade über das Band gezogen wurden.
Schokolade, Gummibärchen, Bonbons und Cola, alleine bei dem Anblick lief mir das Wasser im Mund zusammen, aber ich durfte nicht schwach werden, ich musste die süße Versuchung zu Lucy, meiner besten Freundin bringen. Heute würden wir uns nach drei Wochen wiedersehen, es waren Sommerferien. Eigentlich etwas Schönes, doch meine Freundin fehlte mir schon sehr.
„Das macht dann zehn Euro.“, lächelte die Verkäuferin. Ich gab ihr den Geldschein, verstaute alles in einer großen Tüte, die ich gratis bekam und verließ den Laden.
Mein Fahrrad stand weitab vom Fahrradständer, ich mochte diese Dinger einfach nicht. Vor einem Jahr wurde mal einer bei unserer Schule geklaut, so doof wie es auch klingt, mitsamt den Rädern, meines war auch dabei.
Seid diesem tag mied ich solche Ständer. Mein blaues Rad, auf das meine Freundin sehr neidisch war, war an einer Straßenlaterne festgemacht. Ich trug den Schlüssel immer um den Hals, genauso einen Kleineren, für ein Schloss, welches an einer Brücke in Paris hing.
Strahlend schwang ich mich auf meinen Drahtesel und trat ordentlich in die Pedale. Zum Glück wohnte Lucy ganz in der Nähe von dem Supermarkt, deshalb sah ich sie nach zwei Minuten. Sie stand da, angelehnt an der Bushaltestelle gegenüber ihres Hauses. Ihre Schulterlangen , dunkelbraunen Haare glänzten im Sonnenlicht, sie hatte sie sich wohl kürzlich erst gewaschen. Ihre grau-blauen Augen funkelten mich aufgeregt an. Grinsend wartete ich darauf, dass die Ampel auf grün umsprang und winkte hektisch. Lucy schüttelte den Kopf. Sie war schon immer erwachsener gewesen, auch wenn sie über acht Monate jünger war als ich.
Endlich sprang die Ampel auf grün um.
Ich sprang von meinem Rad ab und begann zu schieben. Viele Kinder aus meiner Klasse sagten, ich sei feige, weil ich dies tat. So etwas wie: „Spießer, jedes Auto wäre zu schade dafür DICH umzufahren.“ Ich fand das ganz schön gemein, zum Glück verteidigte mich Lucy immer. Egal was ich für Quatsch machte, immer war sie für mich da.
Im normalen Schrittempo schob ich mein hellblaues Rad über die Straße. Die Ampel zeigte immer noch grün an. Mit jedem Schritt wurde mein Grinsen breiter. Die Hälfte der Straße hatte ich bereits überquert, ich stand auf einer Verkehrsinsel. Links, rechts, links – kein Auto. Ich sah mich nochmals um. Einmal nach rechts, zweimal nach links - nichts. Schnell schob ich mein Rad weiter, da kam es. Wie aus dem Nichts. Ein silbrig schimmerndes Cabrio kam auf mich zugefahren.
„Lia!“ Lucys Stimme hörte sich an, als wäre sie Kilometer weit entfernt. Ich ließ mein Fahrrad fallen, wollte fliehen, stolperte. Ich konnte mein Gleichgewicht noch halten, doch es war zu spät. Als ich noch gebückt da stand um mich wieder aufzurichten, erwischte mich das Auto. Der Schmerz an meinen Beinen war so stark, dass man ihn nicht in Worte fassen konnte. Lucy schrie, der Autofahrer bremste zu spät, dann schlug ich auf. Ich spürte wie ich langsam ohnmächtig wurde. Es fühlte sich an, als würden Millionen winziger Ameisen durch meinen Körper laufen. Mir wurde schlagartig übel, alles schmerzte. Meine Beine, meine Arme, mein Kopf.
Dann wurde alles Schwarz und ich tauchte in eine mir unbekannte Welt ein.