Nyx
Die Amazone vergaß ihre Schmerzen fast, denn immer leichter fiel es ihr ohne den Gebrauch ihres rechten Arms die Aufgaben zu bewältigen. Aikos Hilfe, Aufmunterung und Fürsorge trug einen großen Beitrag dazu bei. Seine witzigen Sprüche ließen sie trotz der Anstrengung lachen und als sie das letzte Mal das Schwert in die Hand nahm, brachte sein Vorschlag sie dazu, nochmals mit aller Wucht das Schwert zu schwingen. Sie spürte ihren Arm danach, doch es war unwichtig, denn zum ersten Mal brauchte sie nur einen Hieb, um die Holzplatte aus dem Weg zu schlagen. "Ich könnte das noch ewig machen." rief sie dem Krieger sarkastisch zu, bevor sie die zweite Kletterwand hinauf kletterte und sich auf der anderen Seite vorsichtig abseilte.
Den letzten Pfeil ließ er sie in die Zielscheibe schießen und auch, wenn man von ihr eigentlich besseres gewohnt war, traf sie ins Ziel, was sie mit ungeheurem Stolz füllte. "Vielleicht bin ich doch nicht so falsch hier." flüsterte sie leise und nahm die Wasserflasche entgegen, die Aikos ihr reichte. Einmal noch holte sie tief Luft und nickte dem Krieger zu, der sie gerade fragte, ob sie bereit sei, dann begaben sich die beiden auf den letzten Lauf, zurück ins Lager.
Die Sonne war gerade am unter gehen und Nyx wusste, dass sie es nur um Haaresbreite geschafft hatten. Doch dies war ihr nun egal. Sie hatte bewiesen, dass sie stark war, dass sie kämpfen konnte und auch, wenn Aikos an ihrer Seite war, hieß dies nicht, dass sie alleine nichts Wert war. Diese Gewissheit machte sich tief in ihr breit. "Wir haben es geschafft." ein breites Lächeln legte sich auf ihre Lippen, als Aikos sie in den Arm nahm.
Alle Anspannung fiel vor ihr ab und sie ließ sich für einen Moment in Aikos Armen gehen, bevor sie auf dem Boden aufschlug und lauthals zu Lachen begann. Aikos Entschuldigung winkte sie mit einer unbeschwerten Geste ab. "Als ob ein Sturz mich jetzt umbringen könnte." scherzte sie und drehte ihren Kopf zu Aikos, der sie lächelnd anblickte. "Ich muss aus diesen Klamotten raus." sprach sie den ersten Gedanken, der ihr in den Sinn kam.
Plötzlich erblickte sie einen Kopf über sich und lächelte, als sie Asimina entdeckte. "Alles okay?" fragte diese besorgt und reichte Nyx eine Hand zum aufstehen. Die Amazone hatte auch nichts dagegen gehabt noch eine Weile einfach liegen zu bleiben, doch sie nahm Asiminas Hand lächelnd entgegen und ließ sich von ihr auf die Beine stellen. Als sie sich umblickte, schaute sie in die lächelnden Gesichter ihrer Teammitglieder und für einen Moment spürte sie die Röte in ihre Wangen steigen.
"Ihr dachtet doch wohl nicht etwa, wir würden nicht auf euch warten." sagte Akastos und umarmte Nyx, während er ihr eine leise Entschuldigung ins Ohr flüsterte. Ihr Blick fiel sofort auf Iris, auch sie lächelte, doch sagte ihr Blick genau das, was die Amazone schon vermutete. Ganz so wohl war ihr der Anblick nicht.
Nyx blickte lächelnd zu Aikos, der mittlerweile auch aufgestanden war. "Wir haben es geschafft." wiederholte sie und warf ein Lächeln in die Runde. Die Gruppe beglückwünschte sich nur kurz gegenseitig, aber dann entschlossen sie schnell, dass jeder ein wenig Zeit für sich brauchte. Sie verabredeten sich für später auf der Party, die nach der großen Prüfung stattfinden sollte, doch Nyx war sich nicht sicher wie viel Zeit sie dort wirklich miteinander verbringen würden. Ja, sie waren ein gutes Team gewesen, aber das hieß nicht, dass alle Feindseligkeiten in dieser Gruppe plötzlich überwunden waren.
Nyx beobachtete Akastos, wie er mit Iris den Platz verließ und ihr Blick legte sich unwillkürlich auf Iolaos, der den beiden ebenfalls nach blickte, bevor er sich alleine auf den Weg zurück ins Lager machte. Für einen Moment verspürte sie den Drang ihm nachzugehen, doch hatte sie dazu keine Kraft mehr. Weder dafür sich eventuell seinen Liebeskummer anhören zu müssen, noch sich auf irgendeine Weise eine Abfuhr von ihm zu holen. Also blieb sie stumm stehen.
Sie dachte sie wäre die letzte, als sie sich umblickte und Aikos immer noch neben ihr stehen sah. "Wolltest du nicht schlafen?" fragt sie lächelnd, während sie behutsam ihren rechten Arm mit der anderen stützte. Ihre Schmerzen waren zurück gekehrt und der Arm pochte heftig. Sie würde wohl nicht davon kommen, heute noch einen Besuch in der Krankenstation zu machen.