Er hatte aufgehört mit ihr zu diskutieren und hätte sie sich nicht so furchtbar elend gefühlt, hätte sie diesen Triumph sicherlich mit einem Grinsen quitiert. Doch sie fühlte sich ganz und gar nicht danach. Vor wenigen Stunden dachte sie noch, dass es nichts schlimmeres als diese Prüfung gab, doch in diesem Moment wünschte sie sich nichts sehnlicher, als zurück auf den Trainingsplatz zu gehen und in der Lage zu sein eine weitere Runde durch diesen Parcours zu laufen. Ihre Arm hatte angefangen zu pochen und Nyx fragte sich, was wohl als nächstes kommen würde. In diesem Moment war sie sich ganz und gar nicht sicher, ob sie den nächsten Sonnenaufgang überleben würde. Doch Asimina und Aikos schienen ganz zuversichtlich zu sein und so schluckte sie ihre dramatischen Gedanken herunter, als sie die Decke fest um ihren Körper zog.
Aikos Wärme und vor allem die Ruhe, die er ausstrahlte wirkten schnell auf sie ein und noch bei seinem letzten Satz war sie eingeschlafen. Sein lachen klang noch in ihren Traum, der sich allerdings so schnell in einen Albtraum verwandelte. Vielleicht hätte sie sich nicht aufs Trainingsfeld zurück wünschen sollen, schwirrte es durch ihren Kopf, als sie sich versuchte den fiesen Sticheleien der anderen Amazonen zu entziehen.
Aikos leise Stimme drang an ihr Ohr und verjagte die Bilder, die sie gerade noch heimgesucht hatten. Völlig erschöpft konzentrierte sie sich auf den Herzschlag des Kriegers. Sie schien mittlerweile auf seiner Brust zu liegen, was sie nicht wirklich mitbekam, doch sie nahm seine gleichmäßigen Herztöne so intensiv wahr, dass alle anderen Geräusche verstummten und sie schließlich in einen tiefen, traumlosen Schlaf sank.
Ein leichtes Streichen über ihre Wange riss sie sanft aus dem Schlaf, doch es dauerte eine Weile bis sie die Augen öffnete. Sie blickte von Aikos zu Asimina, die etwas unsicher am Fuße des Bettes stand und als Nyx verstand, was gerade vor sich ging, löste sie sich rasch von Aikos, der daraufhin aus dem Bett stieg. Nyx schnell Bewegung ließ die Schmerzen in ihrem Kopf hämmern und leise fluchend legte sie sich zurück auf die Matratze, die sich mittlerweile erneut zu drehen begann. Als Aikos vom Bett verschwunden war, setzte sich Asimina auf die Bettkante und hielt ihre Hand. "Wie fühlst du dich?" fragte sie besorgt und Nyx versicherte ihr, dass es weder schlimmer noch besser geworden war, als sie das letzte Mal gefragt hatte. Die junge Amazone reichte ihr eine kleine Schale mit einer grünen, streng riechenden Tinktur darin. "Du musst einen Schluck trinken, am besten du spülst gleich mit Wasser nach." erklärte Asimina, während sie die Wasserflasche zur Hand nahm. Nyx zögerte einen Moment, bevor sie die SChale an ihren Mund hielt und einen großen Schluck trank.
Sie konnte sich nicht erinnern jemals so etwas widerliches gekostet zu haben und war kurz davor die Flüssigkeit wieder auszuspucken, als Asimina ihr die Wasserflasche reichte und Nyx einen noch größeren Schluck zu sich nahm. "Bitte sag mir nicht, ich muss den Rest auch noch trinken." flehte sie beinahe. Doch Asimina schüttelte lächelnd den Kopf. "Nein, den Rest verteilen wir auf deine Schläfen, es wird die Kopfschmerzen nehmen und morgen wird es dir wieder besser gehen." Sanft massierte die junge Amazone etwas der Flüssigkeit in Nyx's Stirn ein. "Du hast Fieber," stellte sie besorgt fest während sie die Schale mit der restlichen Tinktur auf Aikos Nachttisch stellte. "Die Tinktur ist stark, sie wird dich benommen machen." erklärte die Amazone weiter. "Zusammen mit dem Fieber könnte es eine stärkere Wirkung auf dich haben. Aber morgen sollte es dir besser gehen." Asimina drückte nochmals ihre Hand und versicherte sich bei Aikos, dass er Nyx sofort zur Krankenstation bringen solle, wenn es ihr am Morgen nicht besser ging. Auch wies sie die beiden an den Rest der Tinktur zur späteren Stunde nochmals zu trinken. Nyx schüttelte sich bei dem Gedanke, konnte aber kaum noch die Augen offen halten. Die Amazone hatte recht, das Zeug hatte es in sich.
Dass Aikos sich neben sie legte und seine Worte nahm sie kaum noch wahr. Die Tinktur hatte eine entspannende Wirkung auf ihren Körper und sie war in wenigen Momenten eingeschlafen. Nyx schlief tief, während wirre Träume in ihrem Kopf ein und Auszug nahmen. Zwischendurch wachte sie ab und zu für einen kurzen Moment auf und blickte auf Aikos, der neben ihr eingeschlafen war. Die Tinktur und das Fieber hatten, wie Asimina vorhergesagt hatte, ihren Verstand vernebelt und die Ereignisse des vergangenen Tages waren nur noch Bruchstückhaft und mit ihren Traumbildern vermischt in ihrer Erinnerung. Als sie ein weiteres Mal erwachte, sah sie direkt in Aikos Augen, welcher auch gerade aufgewacht sein musste. Sie schenkte ihm ein Lächeln und strich sanft durch sein Haar. "Du hast mich heute gerettet." hörte sie sich selbst sagen und wenige Momente später lagen ihre Lippen auf seinen und sie küsste ihn sanft.