AW: [Supernatural] - Second Life
Dein Wunsch sei mir Befehl *aye*
Danke für das nette FB zur Kampfszene. Yup, die ist dann schon ein wenig besser gelungen *gg*
* * *
Die Atmosphäre um die beiden flimmerte, die gleißende Helligkeit erstarb und sie fanden sich in einem nur schwach erleuchteten, viel kleineren Raum wieder, den der Ältere als die Schatzkammer des Film-Moguls identifizierte.
"Dean! Sam! Gottseidank, ihr lebt."
Bobby ließ alles stehen und liegen, sprang auf und eilte zu den Brüdern. Er musterte Dean prüfend, sah Schürfwunden, Prellungen und eine breite Blutspur, die sich auf seinem Oberschenkel bis hinunter zum Saum nass ausbreitete.
"Du blutest stark", stellte er fest und holte einige Lagen Verbandmull aus einem Seitenfach des großen Rucksacks.
"Ist nicht so schlimm. Ich bin nur froh, dass er nicht ein bisschen höher gezielt hat", grinste Dean und verdrehte die Augen, als er das Verbandsmaterial fest auf die Wunde presste.
Er deutete auf Sam. "Ihn hat es deutlich übler erwischt."
Wenn Bobby nicht gewusst hätte, wer das menschliche Wrack war, das der ältere Winchester im Arm hielt, hätte er ihn kaum erkannt.
"Bobby, was ist passiert?" Dean mochte Sam noch nicht bewegen, er sollte erst wieder Kräfte sammeln. Er schaute fragend zu seinem väterlichen Freund auf.
"Du verdammter Idiot – wieso hast du mich eingesperrt?" knurrte Bobby.
"Meinst du, es wäre schlauer gewesen, du wärst mit mir zusammen da runter gegangen… wo immer 'da runter' auch sein mag? Dann wären wir jetzt nicht hier, oder?"
Manchmal waren Deans Argumente von zwingender Logik.
"Also, wie hast du uns da rausgeholt?"
Als Bobby diesen Raum betreten hatte, nur wenige Minuten, nachdem die Falle für Dean zugeschnappt war, hatte das Symbol noch schwach geleuchtet und der ältere Mann hatte die blassen Linien mit einem Schlüssel des Salomon überdeckt und eine Beschwörung durchgeführt.
Mit dem letzten Atemzug des Dämons war die Illusion zerplatzt wie eine Seifenblase. Der Raum, in dem Sam gefangen gehalten worden war, schien in einer anderen Dimension gelegen zu haben, die die uns bekannte Realität überlagerte und mit ihrem Schöpfer starb auch sie. Möglicherweise wären Sam und Dean für immer mit ihr vergangen, wenn Bobby nicht 'gehext' hätte.
"Wie gut, dass ich dich nicht sicherer weggesperrt hab, Bobby!"
Dean klopfte dem Bärtigen auf die Schulter und hielt ihm die Hand hin, um sich aufhelfen zu lassen. Er lugte unter die Mullschichten, die zwischenzeitlich fast durchgeblutet waren und stellte fest, dass die Blutung nachgelassen hatte.
"Hilf mir mit Sam, der ist noch nicht wieder ganz bei uns, würde ich sagen", bat er seinen väterlichen Freund und gemeinsam trugen sie den baumlangen jungen Mann die Treppe hinauf in den gigantischen Wohnraum, dessen Außenwände vollständig aus Glas bestanden. Er hatte seit ihrer Rückkehr noch nicht die Augen geöffnet und murmelte in einem monotonen Singsang vor sich hin.
"Yep, auf die feine Ledercouch, Bobby", bestimmte Dean.
Sie ließen Sam auf die dicken Polster gleiten und während Dean versuchte, den Jüngeren zu wecken und beruhigend auf ihn einsprach, holte Bobby ein feuchtes Tuch aus einem der sechs Luxusbäder und legte es Sam auf die vor Schmutz und Schweiß klebende Stirn. Die Kühle des Tuches ließ ihn endlich die Augen öffnen, aber es lag kein Erkennen in seinem Blick, nur tiefe Verwirrung und Unverständnis.
"Was ist mit ihm passiert?" fragte Bobby leise, während er ihm vorsichtig etwas Wasser einflößte. "Der Junge ist ja vollkommen weggetreten."
"Ich hab keine Ahnung, Bobby." Dean zuckte mit den Schultern.
"Sieht ganz so aus, als wäre er bei unserem ersten Besuch direkt in die Falle von Akatash getappt und der hat ihn in einer Art Zelle gehalten, vermutlich während der gesamten letzten zwei Monate."
Bobby kratzte sich am bärtigen Kinn. "Wer, zur Hölle, ist Akatash?"
"Stimmt, das weißt du ja nicht. Akatash, der Schweinehund, den Sam vorhin gekillt hat, war mal Meg und Sam, oder vielmehr in Meg und Sam." Er runzelte die Brauen.
"Jedenfalls hat Sammy ihm blutig den Garaus gemacht – ohne auch nur einen Finger krumm zu machen."
Bobby riss verblüfft die Augen auf. "Wie das?"
Dean schüttelte langsam den Kopf. "Ich hab nicht die leiseste Ahnung, Mann. Er hat ihm erst die Knochen gebrochen und ihm dann die Kehle von einem Ohr zum anderen aufgeschlitzt, ohne ihn anzufassen. Du hättest seine Augen sehen sollen…"
Er schluckte hart bei der Erinnerung an den mattsilbernen, unmenschlichen Blick des Bruders.
"Sie sahen aus wie Quecksilber, vollkommen gefühllos und kalt. Das war nicht Sam… zumindest nicht der Sam, den wir kennen…"
Seine Stimme erstarb und er suchte nach einem Zeichen des Erkennens bei Sam, aber der schien sie nicht wahrzunehmen, hatte sich total in sich selbst zurück gezogen. Zumindest war sein Puls jetzt kräftiger und sein Atem tief und gleichmäßig und er trank immer wieder gierig von dem Wasser, das Bobby Dean in die Hand gedrückt hatte und das dieser seinem Bruder immer wieder einflößte.
"Ich werde Blair anrufen und ihr Bescheid sagen, dass wir Sam haben und es uns gut geht", meinte Dean nach einer Weile und humpelte aus dem Zimmer.
Er ließ es komplett durchklingeln und wählte noch mal. Als sich erneut niemand meldete, versuchte er es auf Blairs Mobil-Telefon und auch hier ging nur die Mailbox an. Mittlerweile beschleunigte die Sorge um Blair und das Baby seinen Puls und er eilte zurück ins riesige Wohnzimmer, in dem Bobby auf der Kante eines gigantischen Ledersessels saß und Sam mit sichtlichen Unbehagen beobachtete. Der starrte wiederum regungslos an die holzgetäfelte Decke und … zählte…
"Bobby, irgendwas ist nicht in Ordnung, ich kann Blair nicht… "
In diesem Augenblick klingelte sein Telefon und er ließ es in seiner Eile beim Öffnen beinahe fallen. "Blair…? Oh, Cassandra, ja, ich bin' s… ich bin okay, und wir haben Sam… Was??? Verdammt, was ist…? Okay, wir sind auf dem Weg. Und du rufst sofort an, wenn es etwas Neues gibt, ja? Sag Blair… nein, ich sag es ihr selbst. Bye."
Er klappte das Telefon zu und ließ sich auf das Ende des Sofas fallen. Mit geschlossenen Augen versuchte er, sich zu beruhigen.
"Dean?"
Wie erwachend schaute er auf. "Wie wäre es, wenn du mir sagen würdest, was Sache ist?" fragte Bobby ungehalten.
Sam dagegen wirkte vollkommen desinteressiert am Geschehen und Dean schüttelte zähneknirschend den Kopf.
"Nicht genug, dass mein Bruder ein Zombie ist – meine Frau liegt mit Blutungen im Krankenhaus und wird gerade operiert. Verdammt!" Er fuhr sich verzweifelt mit der flachen Hand über das erschöpfte Gesicht.
*
*
*
"Okay, fahren wir."
Bobby fackelte nicht lange. Er packte alles zusammen und mit vereinten Kräften schafften sie es, Sam auf die Beine zu bringen. Von beiden Seiten stützten sie den viel größeren Mann mehr schlecht als recht, aber ein paar Minuten später standen sie vor dem großen Tor, dem letzten Hindernis zwischen ihnen und den Autos.
Sie sahen sich, an Sam vorbei, ratlos an. Wie sollten sie Sam da rüber bugsieren?
"Ich sprenge mit meiner Schrottkarre das Tor, und fahre mit euch zurück. Ist eh' besser, weil ihr beide angeschlagen seid."
Bobbys Vorschlag klang für Dean annehmbar – immerhin hatte er nicht vorgeschlagen, das Tor mit dem Impala zu rammen!
Sam schwankte ein wenig, nur noch von seinem Bruder gehalten, aber er blieb stehen, während sich seine Hand sich in Deans Schulter krallte. Der sah ihn von der Seite an und bemerkte, wie es im Gesicht des Jüngeren arbeitete, er schien mit sich zu kämpfen, schien um Worte zu ringen, aber dann legte sich wieder der Mantel der Gleichgültigkeit über die ausgemergelten Züge und der Moment war vorbei.
Draußen vor dem Tor grollte der PS-starke Motor von Bobbys altem Van auf. Sekunden später donnerte er mit Vollgas heran und sprengte die vorgelegte, schwere Kette und damit das Tor. In einer Staubwolke bremste er den Wagen ab und setzte zurück, um das demolierte Teil wieder in den Büschen vor flüchtigen Blicken vorbei fahrender Autos zu verbergen.
"Sam? Mann, komm schon, einfach einen Fuß vor den anderen setzen", murmelte Dean seinem Bruder zu, der sich so abgehackt wie eine Marionette bewegte, aber zumindest bewegte er sich!
"Wir müssen zuerst an einem Motel halt machen, Bobby. Ich hab's zwar verdammt eilig, nach Hause zu kommen – aber SO halten wir keine zwei Tage im Wagen mit ihm aus." Dean rümpfte vielsagend die Nase, nachdem sie Sam auf den Rücksitz des schwarzen Musclecar verfrachtet hatten.
"Okay – aber ICH bade ihn nicht", beschied ihn Bobby.
Die Tür des billigen Doppelzimmers fiel hinter Bobby ins Schloss, als er sich auf den Weg machte, um etwas Essbares für sich und die Jungs aufzutreiben. Sie hatten in einem kleinen Motel im nächsten Städtchen eingecheckt und Dean konnte ein erleichtertes Seufzen nicht unterdrücken, als er Sam auf das hintere Bett nahe dem Bad sinken ließ. Sein eigenes Bett war das an der Tür – wie seit Jahren.
Er schälte Sam aus den Kleidungsstücken, aus denen er offensichtlich seit seinem Verschwinden nicht heraus gekommen war und schmiss sie auf einen Haufen, über dessen Schicksal er noch entscheiden wollte. Höchstwahrscheinlich würde er einfach alles verbrennen.
Als sein 'kleiner' Bruder nur noch mit Boxers bekleidet vor ihm auf dem Bett lag, abwesend und katatonisch, trieb der jammervolle Zustand des sonst so kräftigen, muskulösen Körpers Dean fast die Tränen in die Augen. Jede Rippe stach hervor, die Schlüsselbeine wirkten wie monströse Kleiderbügel und die Haut spannte stumpf und klebrig über den Knochen.
Er schob einige Handtücher unter die langen, mageren Glieder, was ihm wegen seiner eigenen Verletzung einige Mühe bereitete, und begann, seinen Bruder mit Tüchern abzureiben, die er zuvor im Bad angefeuchtet hatte. Währenddessen sprach er unablässig mit ihm, versuchte, ihm irgendwie eine Reaktion zu entlocken. Nachdem er mit der Waschaktion fertig war, zog er ihm ein sauberes Shirt über den Kopf und musterte das blasse, teilnahmslose Gesicht.
"Hey, denk ja nicht, dass ich dich jetzt immer wasche", witzelte er gutmütig und jetzt entdeckte er ein kleines, vertrautes Zwinkern, begleitet von einem Zucken der Mundwinkel.
Dieses winzige Zeichen eines Erkennens ließ ihn beinahe euphorisch werden und er beugte sich mit beschwörenden Worten über den Jüngeren.
"Sam … Sam, du bist zuhause, du bist bei mir. Alles ist gut. Sprich mit mir – bitte."
Sam sah ihn an – und endlich erschien ein Funke von Leben in seinen Augen.
"Ich…" krächzte er, "ich wusste, dass du kommen würdest…" er schluckte krampfhaft und leckte sich über die trockenen Lippen.
Dean ließ seinen Bruder einen Schluck Wasser trinken. "Sammy, ich hab' doch versprochen, dass ich dich immer beschützen würde", seine Stimme schwankte. "Ich würde alles für dich tun…"
"Okay, dann möchte ich ein Bier", flüsterte Sam mit einem schiefen Grinsen, das seine glanzlosen Augen noch nicht erreichte.
Der mehr oder weniger geglückte Versuch eines Scherzes traf Dean mitten ins wunde, aber nichtsdestotrotz glückliche Herz und er wischte eine vorwitzige Träne fort, die es fast unbemerkt bis auf seine Wange geschafft hatte.
*
*
*
Melissa Sinclair saß in ihrem Lieblingssessel und fühlte, wie die Kraft sie verließ, um zu ihrem Ziel zu strömen – zu ihrer Nachfahrin, die in diesem Augenblick das Licht der Welt erblickte.
Die Farben verließen sie, die Töne um sie herum wurden leiser.
Mit leisem Bedauern ging sie. So gern hätte sie ihre Ururenkelin wenigstens einmal gesehen. Fast unhörbar wisperte sie "Willkommen, Melissa Marie Sinclair", und ihre klugen Augen schlossen sich für immer.
*
*
*
Nachdem er Sam vorsichtig und eher schlampig vom Rauschebart befreit hatte, war der erschöpft eingeschlafen und er konnte sich endlich seiner blutverkrusteten Jeans entledigen, die mittlerweile an der Wunde festgeklebt war. Er biss die Zähne zusammen, als er den angetrockneten Stoff von der Verletzung abknibbelte. Es begann wieder stärker zu bluten und er sah erst jetzt, dass das Messer nicht weit entfernt der Leistenarterie eingedrungen war. Er hatte also in zweifacher Hinsicht Glück gehabt: ein wenig höher und er wäre verblutet und etwas höher und mittig und seine Tochter wäre sein einziges Kind geblieben.
Sein Kind… Blair… er starrte zum Mobil-Telefon, als könne er ein Klingeln herbei zwingen, aber nichts geschah – außer, dass ihm aufgrund des leeren Magens und des Blutverlustes übel wurde und er es gerade noch zum Klo schaffte, um sich zu übergeben.
Sein Magen fuhr Achterbahn, aber nachdem er sich gewaschen, die Wunde gereinigt und verbunden und sich die Zähne geputzt hatte, fühlte er sich beinahe wieder wie ein Mensch.
Als Bobby mit seinen Einkäufen zurück kam, erinnerten nur noch eine sich langsam verfärbende Prellung auf dem Jochbogen und die aufgeschlagenen Knöchel der Rechten an seinen Kampf.
Bobby packte die Wundertüten aus und der Geruch von Burgern, Wedges und Barbeque-Soße durchzog den Raum.
"Hunger…" kam es leise, aber eindringlich von Sam. Bobby und Dean grinsten einander an, packten alles auf Sams Bett und freuten sich am Aufleuchten seiner bisher ausdruckslosen Augen. Er biss in einen Burger wie… ja, wie ein halb Verhungerter.
"Junge, langsam, nicht so schnell. So wie du aussiehst, muss dein Magen sich erst wieder an feste Nahrung gewöhnen…" mahnte der Bärtige.
Sam nickte mit vollem Mund und legte den Burger gehorsam nach ein paar Bissen weg, schien zu überlegen, ob er das Essen bei sich behalten könne – und pickte statt dessen an ein paar Kartoffelstückchen.
Der Sound von Smoke On The Water durchbrach die 'gefräßige Stille' im Motel-Zimmer und Dean war schneller denn je am Telefon.
"Dean Winchester! Ja, Cass, wie geht es Blair?"
Er lauschte, dann schloss er die Augen und ließ eine Sekunde das Telefon sinken. Dann überzog ein breites Lächeln sein Gesicht. "Cass, herzlichen Glückwunsch zum ersten Enkelkind! … es geht uns gut, ja, und wir sind in zwei Tagen zuhause. Sag Blair… nein warte, gib ihr und der Kleinen einen Kuss von mir, machst du das? Okay, bis bald."
Er klappte das Telefon zu und wandte sich strahlend dem Rest seiner Familie zu.
"Ihr dürft mir gratulieren! Ich bin jetzt ein Daddy! Blair und unserem Baby geht es gut."
Als sich seine innere Spannung löste, gaben seine Beine unter ihm nach. Er ließ sich auf sein Bett sinken und verbarg das müde Gesicht mit einem erleichterten Seufzer in beiden Händen, während ihm Bobby mit einem breiten Grinsen auf die Schulter klopfte und gerührt seinen Glückwunsch brummte.
Sam hatte Mühe, den Sinn des Gesagten zu erfassen. Die Tatsache, dass das Kind seines Bruders bereits auf der Welt war, verwirrte ihn.
"Dean?" Er tippte dem Älteren schwach mit den dünnen Fingern ans Bein und Dean sah auf, seine gleichmäßigen Züge sichtlich gezeichnet von seelischer und körperlicher Erschöpfung.
"Wie… lange?" Sam kämpfte um jedes Wort, schien erst langsam wieder in die reale Welt zurück zu finden.
"Zwei Monate, Sammy…" nur zögernd beantwortete Dean Sams unausgesprochene Frage.
Dessen Gesicht spiegelte die Emotionen wieder, die in ihm arbeiteten. Einerseits war er geschockt, dass er eine so lange Zeit in dämonischer Gefangenschaft verbracht hatte, andererseits hatte er zeitweise das Gefühl gehabt, sogar Jahre dort verbracht zu haben … zitternd, hungernd, hoffend…
*
*
*
... tbc