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Überarbeitete Version: 1x03 - "Gewissheit"

Elenia

...sunshine...
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14 Januar 2003
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(c) by Neo

Die Balance, das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse, welches seit einiger Zeit für die Seite des Lichts ausgeschlagen hat, wird nun empfindlich gestört; die Charmed Ones, die Mächtigen Drei, die stärksten Verfechter des Guten wechseln auf die Seite der Finsternis und bilden eine Allianz, die der Triade gleichkommt. Nun versuchen sie absolute Macht und Herrschaft zu erringen; nur ihre Halbschwester kann sich ihnen in den Weg stellen und versuchen, die Flut des Bösen einzudämmen.



Episode 1x03 - Gewissheit

Schreie hallten durch die Gänge, die grob aus den Felsen geschlagen waren. Das Gestein wirkte verbrannt und dunkle Flecken waren zu sehen, die sehr stark an Blut und andere Dinge erinnerten, über deren Sinn und Zweck man lieber nicht nachdenken sollte. Auch einzelne Fleischklumpen, die einst zu menschlichen und weniger menschlichen Körper gehörten, lagen auf dem unebenen Steinboden und hingen an den Vorsprüngen der rauen Gangwände.
Diese Szenerie wurde von einem flackernden roten Licht erhellt, das an den Schein rauchender Fackeln erinnerte. Doch die schmiedeeisernen Halterungen, die für sie vorgesehen waren, waren leer oder zerstört, geschmolzen, gesprengt. Der Schein des Lichtes wurde von der Luft selbst übertragen, so schien es zumindest, denn eine Quelle war nicht festzustellen. Mittlerweile zogen Rauchschwaden durch die Gänge und füllten diese aus, um den Blick eines Betrachters abzulenken.
Weiter hinten öffnete sich der Gang zu einem Felsendom, unter dessen Kuppel sich der Rauch gesammelt hatte, der von den Körpern aufstieg, die vereinzelt am mit großen Steinquadern ausgelegten Boden des weiten Doms lagen. Blicklos starrten sie anklagend in die Weite, während ihre Kameraden versuchten, das gleiche Schicksal zu vermeiden. Ein kurzer Blitz in einem glühenden Rot und ein weiterer verpufften wie ein Alp in den glühenden Strahlen der Sonne...

Zu eben jener Sonne, die es verstand, düsteren Gedanken Einhalt zu gebieten, blickte in diesem Moment Paige hinauf, wie um sich zu vergewissern, ob es noch etwas gab, das sich nicht verändert hatte. Blinzelnd wischte sie sich die Tränen aus den Augen, die das helle Sonnenlicht in ihre Augen getrieben hatte, und warf einen letzten Blick zurück zu dem Laden, aus dem sie eben gekommen war.
Sie war mit der Absicht hierher gekommen, die Hexenliteratur zu erweitern, die ihr ihre Mutter, Patty, bei ihrem ersten Treffen übereignet hatte. Allerdings war dieses Unternehmen zu einem Fehlschlag geworden. Selbst mit ihrem begrenzten Wissen hatte sie erkannt, dass es hier zwar viel zu kaufen gab, das meiste davon aber nicht zu gebrauchen war, wenn man ernsthafte Magie betrieb.
Seufzend wandte sich die junge Hexe ab und fuhr sich nachdenklich durch die dunklen Haare, die der leichte Wind ihr, seit sie auf der Straße stand, immer wieder in einzelnen Strähnen ins Gesicht wehte. Erneut strich sich Paige die nervenden Haare hinter die Ohren, während sie sich langsam in Bewegung setzte und einen mehrmals gefalteten Zettel aus ihrer Handtasche zog. Mit einem weiteren Seufzer öffnete sie diesen und strich den letzten Namen in einer längeren Liste durch.
So viele größere und kleinere Läden hatte sie heute nun schon abgeklappert. Und ebenso viele hatten sich als Fehlschlag erwiesen. Kopfschüttelnd näherte sie sich ihrem kleinen grünen Käfer und strich ihm beinahe liebevoll über die Motorhaube. Auch eines der wenigen Dinge, die sich – glücklicherweise – nicht geändert hatten. Mit einem melancholischen Lächeln stieg Paige ein, startete den Motor und fuhr langsam nach Hause zurück. Nein, korrigierte sie sich in Gedanken, ins Manor. Noch war zu wenig Zeit vergangen, als dass sie sich von ihrer Vergangenheit lossagen konnte.

Ein weiterer Energieball flog durch die rauchgeschwängerte Luft, traf aber mitten im Flug auf ein weiteres Geschoss und vernichtetet dieses; sonst blieb er wirkungslos. Vor einem Angreifer ballte sich die Luft zu einem blitzenden Knäuel zusammen und während er es noch verwundert anstarrte, bohrte es sich bereits mit einem hässlichen Geräusch in seine Brust. Er wich schreiend zurück, doch das war vergeblich, denn es schossen bereits Flammen aus seinem Mund und er verging mit einem letzten Brüllen in einer Säule aus glühenden Funken.
Die drei Schwestern hatten sich in der Mitte des Doms Rücken an Rücken aufgestellt und funkelten wütend die angreifenden Warlocks an. Vor ihnen, einem Teppich gleich, breiten sich Leichen aus, zerfetzt, zerrissen, zerstückelt; verbrannt und verloren. Viele waren bereits vernichtet, doch die Angreifer gaben nicht auf, als sich einer der ihren durch das Netz der Energiebälle der Drei kämpfte und einen Dolch in Phoebes Schulter warf. Diese schrie auf und brach in die Knie, während ihre Schwestern diesen Angriff sofort vergalten.
Doch der Schmerz stachelte die Wut der jüngsten Schwester an und mit flammenden Augen erhob sie sich wieder. Phoebes Finger legten sich um den Griff des Dolches, den sie mit einer langsamen Bewegung aus ihrer Schulter zog. Blut rann ihren Arm hinab, was sie aber nicht weiter störte, und Blut glitzerte auf der schmalen Klinge. Mit einem beinahe lässigen Schwung ihres Armes warf sie den Dolch auf einen der Angreifer, der ihn zwar abfangen konnte, aber, da er sich auf die Klinge konzentriert hatte, den nachgeworfenen Energieball nicht bemerkte und daran zu Grunde ging.
Lange schon mussten sich Prue, Piper und Phoebe nun schon verteidigen, und ihren stand mittlerweile der Schweiß auf den Gesichtern. Die Kraft, von der sie zehrten, war zwar stark, doch auch sie konnte erschöpft werden; besonders, wenn sie von so vielen Seiten attackiert wurden. Doch langsam nahm die Schar der Angreifer ab und plötzlich kehrte Ruhe ein. In dem Felsendom schien es unnatürlich still zu sein. „Endlich...“, murmelte Phoebe leise und brach so nach einigen Minuten das vollkommene Schweigen. Prue und Piper nickten nur zustimmend, während sie sich gegenseitig eingehend musterten. Alle drei waren verletzt, Phoebe mit ihrer Schulterwunde am schwersten und es war nicht zu übersehen, wie erschöpft sie waren.
Die ehemaligen Hexen nahmen sich an den Händen; ein dunkler Schimmer lief über ihre Körper, sog die Farbe aus ihnen und mit einer plötzlichen Funkenexplosion verschwanden sie im Nichts. Im mit einem Mal schwächer werdenden Licht blieb nur die erkaltenden Körper, der Geruch nach verbranntem Fleisch und das Blitzen der magischen Energie, die sich noch nicht vollständig entladen hatte, zurück.




Paige fuhr in die Einfahrt und stellte den Motor ab. Doch statt auszusteigen, blieb sie noch in ihrem Wagen sitzen und strich gedankenverloren über das Lenkrad. Ihr Blick wanderte über das Manor, soweit sie es sehen konnte, und wie bei einer Vision wurde dieses Bild dunkler, finsterer. Sie zuckte zusammen und schüttelte den Kopf. Jetzt liess sie sich schon von Bildern ihrer Phantasie beeinflussen. Selbst wenn ihre Schwestern böse waren, hieß das noch lange nicht, dass auch das Haus darauf reagierte. Ihre Mutter hatte ihr ja einiges über die Geschichte der Hexen erzählt und das Manor war immer den bösen Mächten entgegen getreten; soweit es das vermochte.
Erneut den Kopf schüttelnd stieg sie aus dem Wagen, sperrte ab und ging dann über den Rasen zu Eingangstür. Mit dem Schlüssel, den sie im Haus gefunden hatte, öffnete sie die Tür und ließ diese dann hinter sich ins Schloss fallen. Mit einem Lächeln ließ sie ihren Blick durch den Raum, der sich zum Wohnzimmer öffnete, schweifen. Seit sie sich daran gemacht hatte, das ganze Haus zu putzen, was sehr anstrengend war, strahlte es wieder in seinem alten Glanz und wirkte wieder wie das Heim derer, die das Gute vertraten.
Langsam legte sie Tasche und Mantel ab und begab sich ebenso langsam ins Wohnzimmer, wo sie sich auf ein Sofa fallen liess. Auf dem Tisch vor ihr, darunter, daneben, stapelten sich Bücher über Magie, Zaubertränke, Dämonen, magische Wesen, Rituale und Sprüche; einfach alles, was eine angehende Hexe wohl benötigte. Dem war aber nicht so. Ziemlich viel, was in diesen Büchern stand, war einfach nur Blödsinn, unbrauchbares Zeug. Und das regte sie auf. Gerade noch kreisten ihre Gedanken um ihr Leben und nun waren sie schon bei ihrer Berufung. Und bei ihrem ungenügenden Informationsmaterial. Wie sollte sie gegen ihre Schwestern ankommen, wenn sie ihnen nichts entgegensetzen konnte?
In Paiges Augen erschien ein wütendes Funkeln und am Liebsten wollte sie etwas zerstören, aber bevor sie auch nur den Entschluss zu solch einer Tat fassen konnte, hörte sie eine Stimme hinter sich. „Weswegen regst du dich so auf, mein Kind?“ Verwirrt sprang Paige auf und fuhr noch in derselben Bewegung herum und erstarrte. Vor ihr stand Patty, ihre Mutter, die Frau, die ihr gesagt hatte, wer sie war. Plötzlich betreten, druckste sie herum und brachte nur ein „Hallo...“ zustande, was ihrer Mutter ein Lächeln entlockte.
„Nur nicht so schüchtern, immerhin bin ich deine Mutter. Aber ich weiß,“ fuhr Patty fort, als Paige dazu ansetzte, etwas zu sagen, „ du kennst mich erst seit kurzer Zeit. Das verstehe ich.“ Sie kam um das Möbelstück herum, legte Paige eine Hand auf die Schulter und drückte sie sanft auf die Couch zurück. „Also, was regt dich nun so auf?“, fragte Patty erneut. „Eigentlich alles. Ich bin hier, was ja nichts Schlechtes ist, aber alleine in einem so großen Haus. Und dann mein Hexendasein. Es ist ja interessant und alles, aber wie soll ich etwas lernen, wenn es mir niemand zeigt? Und in den Büchern steht auch nicht so viel drinnen, wie ich gehofft hatte. Und mit meinen Kräften komme ich auch nicht klar. Über meine Schwestern höre ich auch nichts, wie soll ich mich da vorbereiten? Sie wollten mich töten und ich konnte ihnen nichts entgegen setzen. Und das kann ich jetzt genauso wenig wie vorher...“
 
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Ihre Mutter hatte den Finger auf einen wunden Punkt gelegt und Paige nutzte die Gelegenheit, sich einmal auszusprechen, da ihr Wächter ja selten hier war. Schließlich hatte sie ein Recht darauf, zu verstehen, was sie tun sollte und tun konnte. „Ich verstehe dich ja, mein Kind, aber niemand hat jemals behauptet, eine Hexe zu sein sei einfach. Uns sind viele Entbehrungen auferlegt. Aber,“ fügte sie schnell hinzu, als sie den etwas entsetzten Blick ihrer Tochter bemerkte, „so schlimm ist es auch nicht, wie man meinen könnte. Es ist schwer, alleine etwas zu lernen. Deshalb bin ich auch hier. Nachdem mich der Rat aus dem Eis befreit hat, hat er mir aufgetragen, dich ab und an zu unterstützen oder dir Trost zu spenden. Dabei können wir uns auch ein wenig näher kennen lernen, wenn du nichts dagegen hast.“
Je länger Patty sprach, desto ruhiger wurde Paige und als sie hörte, dass ihre Mutter nun öfter kommen wollte, erschien ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Wie ein kleines Kind sprang sie nun auf und nahm ihre Mutter an der Hand. „Wenn du mir helfen willst, dann am besten gleich. Ich komme da mit einem Zaubertrank nicht weiter...“ Ohne auf eine Antwort zu warten, zog sie Patty kurzerhand zur Küche. Diese liess das lächelnd mit sich geschehen, und freute sich still darüber, doch noch die Chance zu erhalten, einer ihrer Töchter etwas über die Magie beizubringen.

„Verdammt...!!“ Wütend schleuderte Phoebe erneut einen Energieball gegen die Wand, die schon von unzähligen schwarzen Flecken geziert wurde. Die Wut über ihre Verletzung, über den Angriff, über die zusätzliche Schwester, einfach über alles wallte wieder in ihr hoch. Sie brauchte einfach ein Ventil für ihren Zorn. Und wieder wurde die Wand getroffen. „Jetzt reg dich nicht so auf“, fuhr Piper ihre Schwester genervt an, während sie erneut versuchte, deren Schulter zu verbinden. „Kannst du nicht einen Moment still sitzen, bis ich dir den Verband angelegt habe?“ „Nein, kann ich nicht. Ich bin wütend, ich will zerstören, ich will verletzen, ich will foltern.“ „Schön und gut, aber davon wird deine Wunde auch nicht wieder heilen. Und jetzt halt still, bevor ich dafür sorge, dass du still bist.“ Piper funkelte ihre jüngere Schwester wütend an. „Seid ruhig, alle beide!“, schaltete sich nun Prue in die Streitereien ihrer Schwestern ein.
Mit vor unterdrücktem Zorn funkelnden Augen trat sie zu ihren Schwestern heran und sah sie strafend an. „Habt ihr denn keine anderen Sorgen?“, fragte sie mit gefährlich leiser Stimme. „Wir werden attackiert. Wir werden verletzt. Wir sind nicht schwach, aber stark sind wir auch nicht. Wir haben Kräfte, ja, aber keine Macht. Wir müssen uns eine Position verschaffen, Untergebene erringen, damit so ein Massaker wie heute nicht wieder geschieht. Wir hätten sterben können. Unsere Kräfte sind nicht unerschöpflich.“ Mit einem Seufzer wandte sie sich ab, während ihre Schwestern sie entgeistert anstarrten. Piper fing sich zuerst wieder und verband Phoebes Schulter zu Ende, bevor sie sich an Prue wandte.
„Du hast recht, wir müssen uns Macht verschaffen. Da stimmen wir dir zu, das weißt du. Schließlich ist es eine beschlossene Sache. Allerdings lassen unsere Kräfte auch zu wünschen übrig. Wir können nur wenig. Vielleicht sollten wir versuchen, noch bevor wir uns Untertanen suchen, unsere Kräfte zu erweitern. Egal, mit welchen Methoden. Schließlich sind wir die mächtigen Drei.“ „Und wir sind böse“, fügt Phoebe mit einem boshaften Grinsen hinzu. „Lasst uns das auskosten. Machen wir bekannt, wer wir sind, wer wir waren und was wir können. Lassen wir Leichen zurück und stellen die Forderung, dass sie sich uns anschließen sollen, oder wir werden sie vernichten.“ Bei diesem Vorschlag leuchteten Phoebes Augen auf.
Prue schenkte ihr ein Lächeln, dann schüttelte sie allerdings den Kopf. „Nein, dass können wir nicht machen. Dann werden wir überrannt. Aber wenn wir an gewissen Stellen Druck ausüben, zum Beispiel an den Oberhäuptern der Dämonenclans, dann, wenn der Druck und die Drohung stark genug sind, werden sie zu uns überlaufen. Aber für diesen Plan brauchen wir Kraft. Piper, Phoebe, ihr sucht nach Sprüchen, die unsere Wunden heilen und unsere Kraftreserven auffüllen. Ich suche nach geeigneten Kandidaten.“ Mit diesen Worten verschwand die älteste Schwestern in einer Wolke aus dunklen Funken, die durch die Wand der Höhle verschwand. Piper blickte ihre jüngere Schwester nachdenklich an. „Und was machen wir jetzt?“, fragte sie, gelangweilt klingend. Nachdem die ernsthaften und wichtigen Dinge besprochen waren, machte sich Desinteresse in ihr breit. „Spaß haben!“, lautete die kurze Antwort von Phoebe, die sich nun ebenfalls dematerialisierte.


Ein undefinierbarer, aber dennoch widerwärtiger Geruch zog durch das Manor, dessen Fenster im Erdgeschoss allesamt weit geöffnet waren. Paige und Patty saßen im Garten in der Sonne und betrachteten die braune Pracht, die vereinzelt von farbigen Tupfen durchbrochen wurde. In Paiges Gesicht stand noch immer ein wenig die Schuld, die falsche Wurzel in den Trank gegeben zu haben, was diesen dann ein wenig anders hatte reagieren lassen, als es zu erwarten gewesen war. Das war auch der Grund dafür, weshalb die beiden im Garten saßen. Der Geruch, den der Trank produziert hatte, war einfach nicht auszuhalten.
„Das ist ein sehr gutes Beispiel dafür gewesen, dass man immer vorsichtig und gewissenhaft sein sollte, wenn man einen Zaubertrank braut.“ Patty betrachtete lächelnd ihre Tochter, die sich nun vollends entspannte. „Da wir uns momentan nicht mit Tränken beschäftigen können, hast du Fragen an mich?“ Paiges Blick wurde nachdenklich, dann fiel ihr ein, dass sie tatsächlich eine Frage hatte. Als sie das Haus durchstöbert hatte, waren ihr mehrere Bilder aufgefallen, die ihre Schwester Piper zeigten; allerdings mit einem Mann. Er besaß dunkelblonde Haare, grüne Augen und ein offenes Gesicht. Ihr erster Gedanke war, dass er ihr Freund war.
„Ja, eine Frage habe ich: wer ist der Mann, der zusammen mit Piper auf einigen Fotos zu sehen ist?“, fragte Paige ihre Mutter neugierig. Diese druckste ein wenig herum, dann antwortete sie dann doch: „Das ist Leo, Pipers Verlobter und ebenfalls ein Wächter des Lichts.“ Und da sie die Frage in Paiges Augen las, sprach sie weiter. „Oder besser, er war es. Seit deine Schwestern böse wurden, hat man ihn nur noch ein einziges Mal gesehen. Das war, als er vor den Ältestenrat zitiert wurde, um sein Bild der Geschichte darzubringen. Im Laufe des Gespräches hat er sich die Schuld an allem gegeben, und hat sich kurzerhand weggeorbt. Seitdem hat ihn der Rat nicht mehr gesehen und sie können ihn weder finden noch rufen. Er hat sich vollständig zurückgezogen. So, wie er Piper geliebt hat, müssen die Schuldgefühle, die er nun entwickelt hat, unglaublich sein. Niemand weiß, ob er je wieder zurück kommen wird.“
Nachdenklich wanderte Paiges Blick unstet durch den Garten, dann sprang sie plötzlich auf und lief trotz des Gestankes ins Wohnzimmer, wo sie eines der Bücher aus dem Stapel zog. „Da war doch etwas...“, murmelte sie leise, während sie fieberhaft nach einer Seite suchte, die sie schlussendlich auch fand. „Ha! Ich hab’s doch gewusst!“ Patty, die ihr langsamer gefolgt war, stand mittlerweile hinter ihr und schüttelte den Kopf. „Paige, lass es. Schon Leute, die erfahrener sind als du, haben versucht, ihn zu finden. Und sie waren auch nicht alleine.“ versuchte sie ihre Tochter zu überzeugen, den Versuch, Leo zu rufen, sein zu lassen.
Doch diese war so starrköpfig wie ihre Schwestern und schüttelte energisch den Kopf. „Nein! Ich versuche es trotzdem. Eine Chance besteht immerhin. Und ich bin eine der mächtigen Drei,... Vier,... wie auch immer. Jedenfalls eine Schwester von Piper. Vielleicht habe ich eine Chance.“ Ohne auf weitere Einwände ihrer Mutter zu hören, drehte sich Paige um, warf einen Blick in das Buch und fing an, den Spruch zu rezitieren:

Leo, ich rufe dich, erhöre mein Flehen,
ich hab Gründe, dich heute zu sehen.
Erscheine mir, ich rufe dich,
erscheine mir, ich bitte dich.

Kaum hat sie das letzte Wort ausgesprochen, entstand vor ihr ein magischer Wirbel, der sich schnell um die eigene Achse drehend, einen schwachen Wind verursachte, der Paige, die hoffnungsvoll zu ihm hin starrte, die Haare aus dem Gesicht wehte.
 
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Er sank gegen die Wand und fuhr sich seufzend über das Gesicht. Seine Finger fuhren über zahlreiche Kratzer und Blut blieb an seinen Fingern haften. Aber es half nichts, der Kampf konnte nicht unterdrücken, was ihn bewegte: Die Liebe. Doch wie konnte er lieben? Mit wehmütigem Blick sah er auf seine Hände, die rot waren; rot wie Blut.
Seufzend sank er gegen die Wand des Hauses, in welches er sich geflüchtet hatte und schloss die Augen. Bilder stürmten auf ihn ein, viele Bilder, unterschiedliche Bilder, von verschiedenen Leben. Doch eine Erinnerung stach aus all den anderen heraus. Eine Frau, schön, wunderschön in seinen Augen. Und doch, es haftete ihr ein Makel an, für ihn sichtbar. Derselbe, den auch er in seiner Seele trug. Sie liebten sich einst, doch was heute war, konnte er nicht sagen.
Sie hatte sich von einer gemeinsamen Zukunft abgewandt, nicht einmal dafür gekämpft, so schien es. Aber seine Gefühle, seine Liebe war noch immer da und weigerte sich zu verschwinden. „Liebe!“, schrieen sie. „Kämpfe!“, schrieen sie. „Gib niemals auf!“, schrieen sie. Und er hörte sie. Zu Beginn nur schwach, aber langsam wurde es immer deutlicher. Seine Emotionen kämpften gegen den Makel, der ihn überwältigt hatte und drängten ihn zurück.
Es gab nur einen Weg, einen einzigen, wie er lieben und leben zugleich konnte. Und diesen Weg wollte er jetzt beschreiten. Voll Elan erhob er sich und wischte sich das Blut von den Händen, die wieder wie die eines Menschen aussahen. In seinem Blick funkelte Zuversicht und der Mut, für sich und seine Liebe zu kämpfen. Er schlug einmal gegen die Wand, dann schimmerte sich Cole, der Mensch, aus dem verlassenen Haus.

Wütend schlug Paige das Buch zu und warf es auf den Stapel zurück, der unter der Wucht bedrohlich schwankte, aber nicht umkippte. Den Zauber hatte sie vergeblich gesprochen. Einen Moment lang hatte sie gedacht, das Gesicht eines Mannes in der weißen Wand, die ihr Zauber geformt hatte, zu sehen. Vielleicht war es wirklich da, vielleicht war es nur ein Bild ihrer Hoffnung. Wie dem auch sei, der Zauber war bald darauf wieder in sich zusammen gebrochen. Patty hatte ihr nach dem missglückten Zauber gut zureden wollen, aber sie hatte nicht gehört und ihre Mutter war schließlich verschwunden.
Wie, das konnte sie nicht sagen, da sie einfach zu zornig war, dass Leo es ablehnte, für seine Verlobte zu kämpfen. Kopfschüttelnd ließ sie sich auf die Couch fallen und starrte trübsinnig vor sich hin. Was sollte sie jetzt machen? Paige wollte jetzt gerne mit jemandem reden, allerdings nicht mit ihrer Mutter. Die war viel zu lange eine Hexe, um sie zu verstehen.
Seufzend stand sie wieder auf und trottete durch das Manor, um die Fenster zu schließen. Dann ging sie in die Küche, um dort ein wenig aufzuräumen und sich eine Tasse Tee zu kochen.

Nachdem Phoebe die Unterwelt verlassen hatte, war sie in dem Mausoleum erschienen, in dem sie sich immer mit Cole getroffen hatte. Mit einem Seufzer war sie gegen das Gitter, das den Raum unterteilt, gesunken und den Kopf auf die angezogenen Knie gestützt. Jetzt saß sie noch immer dort, mit geschlossenen Augen, während ihre Gedanken rasten und ihre Schulter schmerzte. Sie verfluchte den Warlock, der sie verletzt hatte, immer und immer wieder, was die Schmerzen aber nicht abbrechen ließ.
Insgeheim fragte sie sich, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Böse sein und Foltern, schön und gut, diese Dinge gefielen ihr, genauso, wie das Gefühl der Macht, das sie durchströmt. Aber ihre Verletzung rief Gedanken hervor, die sich sonst nie in ihren Kopf gestohlen hätten. Was wäre, wenn der Warlock besser getroffen hätte? Was wäre, wenn sie gekämpft hätte? Was wäre, wenn... sie jetzt aufhören würde, solche Gedanken zu denken?
Phoebe straffte die Schultern und setzte sich gerade hin. Nein, sie war mächtig und unnachgiebig. Sie kannte ihren Platz; nämlich weit oben in der Hierarchie. Und das würden die anderen schon noch begreifen. Sie öffnete ihre Augen; und erstarrte.
Vor ihr stand Cole, in einem schwarzen, zerrissenen Anzug, mit einem müden Gesicht, das mit blutigen Kratzern und Schnitten übersehen war. Cole, der sie fassungslos anblickte. Langsam erhob sich Phoebe und ging einen Schritt auf ihn zu. Cole allerdings wich zurück. Verletzt starrte Phoebe ihn an. „Cole...“, kam es leise aus ihrem Mund und sie wagte noch einen Schritt. Dieses Mal blieb er stehen, aber sein Blick wurde unsicher. „Phoebe...“, flüsterte er ihren Namen. „Was tust du hier?“ Er hatte zwar beschlossen zu kämpfen, aber hierher war er gekommen, um Kraft zu schöpfen, nicht um seiner Liebsten sofort zu begegnen.
„Was tust du hier?“, wiederholte er seine Frage, aber Phoebe antwortete auch dieses Mal nicht, sondern setzte einen weiteren Schritt und blickte Cole offen an. Ein seltsames Glitzern trat in ihre Augen und der Halbdämon begann sich unwohl in seiner Haut zu fühlen, da er nicht wusste, was Phoebe nun vorhatte...
 
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