Ungefähr eine Stunde saßen wir noch zusammen und besprachen Einzelheiten. Alle vier Hauptdarsteller brachten ihre Ideen mit ein.
Scott gefielen besonders die Szenen zwischen ihm und diesem Alex im Auto.
Er meinte, da würde eine Menge potenzial drinstecken, um der ganzen Story auch eine heitere Note zu geben und eben nicht nur Action und Drama. Das würde schnell langweilig werden.
Grace würde eine Hawaiianerin spielen. Ja, dafür würde sie wohl durchgehen. Peter hatte ihr ja schon die liebe zum Surfen angedichtet. Also musste ich dort weitermachen. Wenn auch nur ganz nebenbei. Aber vergessen werden sollte es eben nicht.
Daniel, der die Rolle des Chin Ho Kelly innehatte, war aus der hiesigen Polizei ausgeschieden, nachdem man ihm der Korruption verdächtig hatte. Fast genau, wie es in meinem ursprünglichen Skript auch war. Hier musste ich nur umdenken und das Ganze an Honolulu anpassen. In allen anderen Punkten, war diese Rolle fast identisch mit der, die in meinem Skript stand.
Und dann kamen wir auf die Rolle des Steve McGarrett. War ja klar, dass der Typ was zu maulen hatte.
Als Erstes wollte er, das man ihm andere Hosen verpasste. Den Einwand von Scott, dass Danny ja schließlich auch den ganzen Tag mit langer Hose, Hemd und Krawatte herumlief, ließ er nicht gelten.
„Scott. Weißt du, wie dick und schwer so eine Cargopants ist? Eine Anzughose ist schon im Stoff viel leichter.” Wischte er die Bemerkung von Scott vom Tisch. Dann wandte er sich mir zu. „Wie sind Sie eigentlich auf diese überaus bescheuerte Idee mit der Cargo gekommen?”
Ja, wir beide waren tatsächlich noch nicht beim du. Mit den anderen und selbst mit Peter, der ja praktisch mein Boss für das nächste halbe Jahr sein würde, war das überhaupt kein Problem. Aber mit diesem Arsch würde ich mich nie auf eine Stufe stellen und ihn duzen. Auf gar keinen Fall!
„Vielleicht ist es Ihnen ja in ihrer überheblichen Art und Weise entgangen es genauer zu lesen, aber dieses Skript war ursprünglich für Deutschland geschrieben und da ist es bei Weitem nicht so warm wie hier. Falls Sie überhaupt wissen, wo Deutschland liegt." Diese letzte spitze Bemerkung konnte und wollte ich mir nicht verkneifen.
Und er grinste immer noch. „Ja, doch. Soweit reicht meine Schulbildung gerade noch, dass ich mich dunkel daran erinnern kann.”
„Okay. Ich kann es umschreiben.“ Ich wollte nur noch meine Ruhe und nicht weiter von diesem Kerl angestarrt werden. Denn, obwohl ich es vermied, ihn anzusehen, spürte ich genau, wie sein Blick auf mir ruhte.
Mit dieser Antwort war Peter allerdings nicht einverstanden. „Nein, das wird nicht umgeschrieben. Das passt hervorragend zu der legende von McGarrett als Navy Seal. Außerdem. Du wirst dich schon dran gewöhnen Alex.“
Damit war dieses Thema vom Tisch. Nicht das mit den T-Shirts. Das war das Nächste, was ihm offenbar nicht passte.
„Also, ich hab mir jetzt alle Skripte durchgelesen und in exakt sieben Folgen ziehe ich entweder mein T-Shirt aus oder habe erst gar keins an. Finden Sie das eigentlich toll?”
„Die ersten zwei sind auf meinem Mist gewachsen Alex. Sie hat also nur fünf geschrieben," kam mir Peter jetzt zu Hilfe. Er wollte wohl verhindern, dass es zwischen mir und diesem O´Loughlin eskalierte. Aber dafür war es jetzt auch schon zu spät. Ich war bereits auf hundertachtzig.
„Okay. Also, ich habe dies, “ dabei zeigte ich auf die Skripte, die zum Teil ausgebreitet auf dem Tisch lagen, „hier geschrieben, da wusste ich noch nicht einmal, wer diese Rolle überhaupt spielen würde. Geschweige denn, dass es jemand ist, der sich ganz offenbar geniert, aus welchem Grund auch immer, sein T-Shirt auszuziehen.“ So hoffentlich gab der jetzt endlich Ruhe. Aber er dachte gar nicht daran, sondern fing jetzt auch noch obendrein an, zu lachen.
„Ich? Mich genieren? Wofür? Mein T-Shirt auszuziehen? Warum sollte ich? Das hab ich bisher noch nie getan und außerdem hab ich da schon ganz andere Rollen gespielt, was das betrifft. “
Ich sah jetzt in die Runde. Oh mein Gott. Saß ich hier eigentlich in einem schlechten Film? Scott, Daniel und Grace schienen unserem kleinen Dialog scheinbar äußerst amüsiert zu folgen. Und selbst Peter konnte sich ein leichtes amüsiertes Grinsen nicht verkneifen.
Dieser Alex saß jetzt, mit vor der Brust verschränkten Armen da und wartete scheinbar auf meine nächste Antwort. Die sollte er haben.
„Hören sie, mir ist es vollkommen egal, wer diese Rolle spielt. Ob Sie oder jemand anders. “
„Ach ja? Sieht Peter das genauso?” Dabei ging sein Blick jetzt mit zusammengezogenen Augenbrauen zu Lenkov.
Doch Peter wehrte nur mit den Händen ab. Er war erst mal aus der Nummer raus. Wieso eigentlich? Er war schließlich der verantwortliche Produzent. Überhaupt bekam ich den Eindruck, dass es ihm Spaß machte, unserem Dialog zufolgen.
„Also gut. Ich habe es absolut nicht nötig, mich mit jemandem herum zuärgern, den ich nicht mal kenne. “
„Sie wollen also allen Ernstes behaupten, dass Sie mich nicht kennen? Und das soll ich Ihnen auch noch glauben?”
„Wissen Sie was, sie Arrogantes..." Den Rest konnte ich mir gerade noch verkneifen, als ich ihm jetzt direkt in die Augen sah. „Sie brauchen die Rolle ja nicht anzunehmen. Es wird sich mit Sicherheit jemand anders dafür finden lassen.”
„Sind Sie sich da sicher?”
„Oh ja, das bin ich. So was wie Sie findet man an jeder Straßenecke.“
„Wollen wir zusammen nachsehen?”
„Was?”
„Na, ob wir an der nächsten Straßenecke einen, wie mich finden?” Er setzte dabei ein so unglaublich breites und unverschämtes Grinsen auf, das mir fast übel wurde.
„Danke. Nicht nötig. Einer Ihrer Sorte reicht völlig aus, um in Zukunft einen großen Bogen um jedes männliche Wesen auf diesem Planeten zu machen.“ Herr Gott noch mal. Irgendwie musste man den doch mal mundtot kriegen.
Während ich seinem Blick standhielt, versuchte ich mir vorzustellen, wieso Rebecca auf den Typ so ansprang. Na gut. Sie kannte ihn nur von der Mattscheibe und nicht persönlich. Na da würde ich ihr bei unserem nächsten Telefonat ja einiges zu berichten haben, über den Mann, der von Gott höchstpersönlich erschaffen worden war. Jetzt war es an mir, bei diesem Gedanken nicht in schallendes Gelächter aus zu brechen. Ein Grinsen konnte ich mir allerdings nicht verkneifen und prompt sprang er natürlich darauf an.
„Verraten Sie mir, was Sie gerade so fröhlich stimmt?”
„Nein das werde ich nicht. Menschen, die ich nicht kenne, denen verrate ich meine Gedanken nicht.“ So, nun musste er doch verdammt noch mal checken, dass er mir gerade unsäglich auf die Nerven ging. Aber nein. Er musste dem ja noch einen draufsetzen.
„Das lässt sich ändern. “
„Bitte was?”
“Gehen Sie mit mir zusammen essen. Dann können Sie mich kennenlernen.” Und wieder war da dieses breite Grinsen.
„Nein danke, abgesehen davon, dass mir in Ihrer Gesellschaft wohl jeglicher Appetit vergehen würde, lege ich auch überhaupt keinen Wert auf ihre nähere Bekanntschaft. Ich werde die restlichen zehn Drehbücher schreiben und ansonsten mit ihnen in Zukunft wohl relativ wenig zutun haben.”
„Glauben Sie?”
„Nein, das glaube ich nicht….“
„Sehen Sie, endlich sind wir uns mal einig", unterbrach er mich.
„Ich bin mir sogar sehr sicher, dass wir relativ wenig, wenn überhaupt noch einmal, etwas miteinander zutun haben werden“, führte ich meinen Satz zu Ende.
„Hey kommt schon Leute. Wir müssen mindestens für ein halbes Jahr noch miteinander arbeiten,” schritt Peter jetzt ein. „Und wenn ihr beiden so weitermacht, wird das für uns alle äußerst schwierig.“
„In Ordnung,” gab ich klein bei. „An mir soll es nicht liegen. Ich muss ja wohl nur hin und wieder mit ihm arbeiten und ihn nicht gleich heiraten.“
Leider entging mir genau in dem Moment, das überbreite Grinsen von ihm und auch von den anderen und auch das Lächeln von Peter deutete ich völlig falsch.
Wir saßen noch eine weitere halbe Stunde zusammen. Alex und ich vermieden es, uns dabei auch nur im Entferntesten anzusehen.
Dann endlich war es vorbei. Peter griff zum Telefon und rief Pono an, der mich wieder zurück zum Hotel fahren würde.