Sorry, dass es oft so lange dauert. Tut mir wirklich wirklich Leid.
(Nanate)
Er lächelte. „Seine Mutter und seinen Bruder kennt man normalerweise immer gut,“ löste er das Rätsel auf, doch Sally schien gar nicht einmal so sehr überrascht zu sein, sondern nickte nur, als wollte sie sagen „Wusste ich‘s doch!“. „Du siehst ihm ähnlich,“ sagte sie, wobei sie ihren Blick nicht von seinem Gesicht wandte.
„Findest du?“ antwortete er sehr überrascht, denn bisher hatte noch nie jemand irgendeine Ähnlichkeit zwischen den beiden Brüdern gefunden. Nanate glich auch seinem Vater ganz und gar nicht, weshalb schon so mancher seine Mutter scherzhaft gefragt hatte, ob der Häuptling wirklich sein Vater sei.
Sally nickte und fügte dann mit einem, wie es Nanate schien, wehmütigen Ausdruck im Gesicht hinzu: „Du hast sein Lächeln...und gewisse Gesten macht ihr auf die selbe Weise.“
Nanate schwieg. Wieder spürte er das gleiche wie schon am Abend von Sallys Ankunft. Warum war diese junge Frau hier? Er blickte in den dunklen Nebel, der die Geisterwelt umhüllte, doch dieser war noch dichter als sonst...
„Nanate?“ sprach ihn Sally unsicher an. „Hm,“ murmelte er noch ein wenig abwesend. „Was bedeutet dein Name, Nanate?“ fragte sie ihn. Nanate blieb stehen. Sie befanden sich kurz vor dem Lager. Eine Weile sah er sie nachdenklich an und glaubte zu spüren, dass sie die Antwort auf ihre Frage schon kannte. „Der, der in dein Herz blickt und die Wahrheit erkennt,“ sagte er schliesslich leise. Ein Moment verstrich.
„Ich muss jetzt noch einige Dinge erledigen, aber du findest Flüsternde Nacht bei ihrem Tippi,“ sagte er dann und ging dann davon...
„He, du Bruder eines Mistkäfers! Wo steckt der räudige Hund?“ sprach Nanate eine Stimme, die er nur zu gut kannte, von hinten an, als er gerade durch das Lager lief. Mit einem breiten Grinsen drehte er sich um und erblickte einen grossen, breitschultrigen Indianer. Wütender Biber mochte sich oft nicht gerade sehr gewählt ausdrücken, trotzdem verstand sich Nanate mit ihm besser als mit allen anderen Bewohnern des Lagers. Wütender Biber hielt nicht viel von Geistern und unsichtbaren Kräften und genau deshalb behandelte er Nanate so, wie er alle anderen behandelt. Er war nichts besonderes für den groben und doch warmherzigen Indianer. In seiner Gegenwart fühlte Nanate sich so, wie er immer hatte sein wollen. Einfach ganz normal.
„Ich weiss genau so wenig wie du, mein Freund!“ gab er zur Antwort. „Cecata ist seit heute Morgen wie vom Erdboden verschluckt.“ „Tja, dann muss ich mich halt mit dir begnügen, alter Knabe!“ meinte darauf Wütender Biber. „Wenn du noch nichts zu Mittag gegessen hast, können wir das ja noch zusammen tun und uns ein wenig unterhalten“. Nanate willigte ein und sie setzten sich an die Feuerstelle von Wütender Bibers Mutter, von welcher sie je eine Schüssel Fleischbrühe bekamen. Nachdem sie einige Schlücke getrunken hatten, machte Wütender Biber eine unerwartete Äusserung.
„Hübsches Ding, das er da angeschleppt hat.“ Nanate blickte auf. Prüfend musterte er Wütender Bibers Gesicht. Wollte dieser ihm mit diesem Satz mehr sagen, als nur, dass er Sally hübsch fand? Nein, Wütender Biber war zwar nicht dumm und wäre durchaus fähig etwas zu sagen, ohne es wirklich auszusprechen, aber er war nicht der Typ dafür. Wütender Biber sagte was er dachte, auch wenn er auf diese Weise schon oft eine Schlägerei herauf beschworen hatte.
Aber er hatte Nanate auf eine mögliche Antwort für Schwarzer Adler’s seltsames Verhalten gestossen. Zwar hatte er schon gespürt, dass Sally verliebt war, und auch stark vermutet in wen, aber dass es umgekehrt auch so sein könnte... Warum eigentlich nicht. Dann wäre auch erklärt, weshalb er sich verdünnisiert hatte.
Ein Schauder überlief Nanates Rücken, als er realisierte, was sein Bruder wahrscheinlich zu tun versuchte. Wie konnte er nur...
„Was schaust du mich so seltsam an?“ fragte Wütender Biber. „Sie ist doch wirklich hübsch. Naja, vielleicht ein wenig blass und ein wenig zu dünn um gesunde Kinder zur Welt zu bringen, aber wenn sie erst einmal eine Weile hier ist, wird sich das auch noch bessern.“ „Sicher,“ meine Nanate mit einem Grinsen. Dafür würde er schon sorgen. Er würde sie lehren, was sie wissen musste, um eine gute Squaw zu sein. Er lächelte. Mach dich auf etwas gefasst grosser Bruder, ich werde dir dein Vorhaben nicht leicht machen, oh nein!