E
Eden-thewitch
Guest
Cole – Balthasar / Balthasar – Cole
© Eden-thewitch
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Prologue
Geknickt saß Phoebe am Kamin und schaute in das knisternde Feuer.
Tränen liefen ihr über die Wangen und tropften auf die Seiten eines großen roten Photoalbums.
Seit Phoebe wieder zu Hause war hatte sie nur geweint.
Sie vermisste Cole, obwohl sie wusste, was er ihr angetan hatte, wenn auch unbeabsichtigt.
Die alte Standuhr schlug gerade drei Uhr.
Verschlafen betrat Piper das Wohnzimmer und kniete sich vor Phoebe auf den Boden.
Besorgt musterte sie ihre kleine Schwester und nahm Phoebes Hände in ihre.
„Phoebe“, sprach Piper sie an. „Komm doch mit nach oben, du brauchst Schlaf!“
Sanft strich Piper ihr über das braune Haar, doch Phoebe starrte nur in die Flammen.
Piper wusste nicht, was ihrer Schwester in der Unterwelt alles angetan wurde, doch sie war sich
sicher,
ohne Cole würde Phoebe nie wieder die Frau sein, die sie war.
„Es ist meine Schuld“, brach Phoebe plötzlich ihr Schweigen. „Ich hätte nicht von ihm verlangen sollen, Balthasar zu vernichten!“
Phoebe versuchte ihre Tränen zu unterdrücken, doch es gelang ihr nicht ganz.
Einige Tränen fielen auf ein ganz besonderes Photo, dass Cole, mit Kitty, schlafend auf dem Sofa
zeigte.
Phoebe hatte es selbst geschossen. Es war das erste Wochenende gewesen, das sie allein zu
Hause waren.
Mit ihrem Taschentuch versuchte sie die Tränen von ihrem Lieblingsbild zu tupfen.
Piper sah ihr zu und atmete tief durch, dann sagte sie:
„Es ist nicht deine Schuld! Cole wollte selbst von seinen Kräften befreit werden!“
„Wenn ich es nicht zugelassen hätte, dass es geschiet, hätte die Quelle niemals von ihm besitzergriffen!“,
schrie Phoebe ihre Schwester an und sprang auf.
Das Photoalbum fiel zu Boden.
Piper hob es auf und schlug dabei zufällig eine Seite auf, auf der ein Photo eingeklebt was, dass Cole und Phoebe heftig küssend auf dem Küchentisch zeigte.
Piper musste lächeln, während sie hinüber zu Phoebe ging, die traurig aus dem Fenster in die finstere
Nacht starrte.
„Kannst du daran noch erinnern?“, fragte Piper und hielt ihrer Schwester das Photo unter die Nase.
Die momentane Situation ihrer Schwester nahm Piper mehr mit, als sie zugab. Sie setzte alles daran,
Phoebe aus ihrer Trauer hinauszuhelfen.
„Prue hat dieses Photo gemacht“, erinnerte sich Phoebe. „An diesem Tag hatte uns ein Kopfgeldjäger angegriffen. Das wir ihn besiegen konnten, war allein Coles Verdienst. Er hatte sich in Baltharsar
verwandelt und ihn besiegt. Ich konnte ihm nicht helfen, weil ich bewusstlos war. Der Dämon hatte einen
Energieball auf mich geschleudert. Als ich wieder erwachte materialisierten wir uns gerade in der Küche,
dort setze
Cole mich auf den Küchentisch und verarztete meine Schramme am Ellenbogen!“
Phoebe lächelte, als die Erinnerung in Bildern vor ihrem geistigen Auge auftauchten.
„Er war immer so besorgt um mich“, flüsterte sie und wischte sich erneut die Tränen aus den
Augenwinkeln.
„Prue hatte euch überrascht, nicht wahr?“, versuchte Piper abzulenken.
Kaum erkennbar nickte ihr Schwester.
„Als wir uns küssten blitze es plötzlich. Cole und ich schauten zu Tür und Prue grinste uns frech
entgegen“, erzählte Phoebe, schloss die Augen und seufzte.
„Aber jetzt ist er tot“, fügte sie mit zitternder Stimme hinzu.
„Nein, Phoebe“, versuchte Piper sie zu beruhigen, „Cole ist nicht tot!“
„Was glaubst du ist es sonst?“, fuhr Phoebe sie an. „Die Quelle hatte von ihm besitzergriffen und zerstörte
seine Seele! Was soll denn das sonst sein?“
„Vielleicht ist Cole ja noch irgendwo, wo die Quelle nicht hinein kommt“, vermutete Piper.
„Nein“, rief Phoebe. „Wir haben ihn vernichtet um die Quelle zu zerstören!“
„Warum seit ihr denn so laut?“, Fragte Paige von der Treppe aus und blinzelte, um sich an das helle
Licht zu gewöhnen.
Phoebe drehte sich entnervt um und stütze sich auf die Fensterbank. Ihre Fingerspitzen berührten dabei
das Photo, dass sie dort abgelegt hatte.
Phoebe stockte der Atem, ihre Knie drohten ihren Dienst zu versagen.
In Phoebes Kopf blitzen plötzlich unbekannte Bilder auf.
Nur einige Augenblicke dauerte ihre Vision, dann fand sie Phoebe, von Piper und Paige gestützt, am Wohnzimmerfenster wieder.
„Was hast du gesehen?“, fragte Paige ganz aufgeregt. Ihr war es noch immer nicht ganz geheuer, dass
ihre Lieblingsschwester für kurze Zeit die Realität verlassen konnte.
„Ich...ich habe eine Frau gesehen“, stotterte Phoebe, während sie sich auf das Sofa fallen ließ. „Sie
hat ein Bild von mir und Cole in der Hand und schrieb eine Nummer auf einen Zettel!“
„Sie will dir bestimmt etwas antun?“, mutmaßte Paige erschrocken.
„Nein, sie ist nicht böse“, gab Phoebe zurück.
„Woher willst du das wissen?“, fragte Piper stirnrunzelnd.
„Sie trug ein goldenes Kreuz mit roten Granaten um den Hals“, erklärte Phoebe. „Sie will, dass wir
sie kontaktieren! Sie will mir helfen!“
“Helfen? Wobei?“ Piper war das alles sehr verdächtig.
„Die Frau muss wissen, dass Phoebe Visionen hat“, mutmaßte Paige. „Vielleicht hat sie deine
Vision auch herbeigeführt?“
„Kann sein“, entgegnete Phoebe. „Aber, wenn sie mir helfen kann, werde ich mich bei ihr melden!“
„Das ist viel zu riskant“, mischte sich nun auch Leo ein, der inzwischen ebenfalls die Treppe
heruntergekommen war. „Du solltest dich keinem Außenstehenden anvertrauen!“
„Leo hat recht“, sagte Piper. „Sie kann dir vielleicht ´Gut´ vorkommen, aber das muss sie noch
lange nicht sein!“
„Und wieso trägt sie ein Granatkreuz?“, fragte Phoebe und schaute ihrem Wächter des Lichts
entschlossen in die Augen.
Dieser zuckte nur unwissend mit den Schultern.
Die Frau konnte eigentlich nicht böse sein, sonst könnte sie kein Granatkreuz, dass vor dem Bösen s
schützt, tragen, dass wusste er.
Kapitel I
Nachdem Phoebe keine plausible Erklärung bekam, ging sie in Richtung Küche.
„Wie willst du eigentlich diese Frau finden?“, rief Leo ihr nach.
Na wie schon...“, gab Phoebe grinsend zurück. „Ich rufe sie an!“
„Dann war die Nummer in deiner Vision eine Telefonnummer? 2, fragte Paige, die mit Piper und
Leo die Küche betrat.
Phoebe nickte und lauschte dem Freizeichen im Hörer, dann knackte es in der Leitung.
„Bin schon unterwegs!“, rief eine junge Frauenstimme am anderen Ende der Leitung. „Keine Panik!
Nicht erschrecken!“
Dann war nur noch ein Tuten zu hören, sie hatte aufgelegt.
Phoebe schaute verwirrt zu ihren Schwestern, den Hörer noch immer in der Hand.
„Was hat sie gesagt?“, wollte Piper wissen
Doch Phoebe kam gar nicht erst dazu zu antworten.
Einer Art Tor entstand in der Wand neben ihr und eine junge Frau, die Frau aus ihrer Vision, trat in
die Küche des Halliwell- Manor.
„Hallo! Da bin ich! Ich heiße Angelika!“, stellte sie sich vor.
Die Halliwell- Schwestern und Leo starrten die Frau fassungslos an.
Angelika hatte diese Reaktion schon vorausgesehen und lächelte.
Ihre goldblonden Haare schimmerten im Schein des Deckenlichts. Sie war nicht besonders groß,
vielleicht 1.60m und schlank. Sie trug eine schwarze Lederhose und einen roten Rollkragenpullover,
der ihren schönen Hals versteckte. Auf dem Pullover schimmerte das goldene mit Granaten besetztes Kreuz,
das sie an einem
Lederband um den Hals trug. Ihre himmelblauen Augen schauten aufgeweckt in die Runde.
„Okay“, fand Leo als erster seine Stimme wieder. „Du kommst einfach hier reingeschneit und sagst
Phoebe, du könntest ihr helfen! Wie denn, und vor allem bei was?“
Leo starrte die Fremde kühl an und auch Piper und Paige fanden diese Frau nicht gerade
vertrauenserweckend.
Nur Phoebe ging auf Angelika zu und gab ihr die Hand.
„Schön dich hier zu haben“, sprach sie Angelika an. „Ich bin Phoebe!“
„Ich weiß“, gab Angelika zurück. „Bitte nenn mich Gail, alle meine Freunde nennen mich so!“
„Wir sind nicht deine Freunde!“, ließ Piper hinter ihr vernehmen, doch Phoebe winkte nur mit einem
strengen Blick ab.
„Sei mal nicht so aggressiv!“
Piper presste die Lippen aufeinander und fiel in ein seltenes Schweigen.
Paige konnte ihre Neugier wieder einmal nicht bremsen, ging zu der Wand, durch die Gail eingetreten
war und berührte sie.
Gail beobachtete die jüngste Halliwell- Schwester und versuchte zu erklären, wie sie zu solchen
`Reisen´ im Stande war.
„Nun, ich kann Türen, die zu anderen Orten führen, öffnen“, begann sie. „Ich bin, wie ihr, eine Hexe.
Habe aber ganz andere Kräfte, wie es für Hexen eigentlich üblich ist.“
»Dämonenbrut«, schnellte es Piper durch den Kopf, doch sie sagte nichts, denn sie wollte sich keinen
weiteren Anschiss ihrer Schwester riskieren.
„Interessant!“, warf Leo misstrauisch ein.
Phoebe hörte nur nachdenklich zu, dann nahm sie Gail bei den Händen und schaute sie hoffnungsvoll an.
„In meiner Vision habe ich gespürt, dass du mir helfen willst!“
Gail blickte Phoebe in die Augen und konnte Verzweiflung, Angst aber auch Entschlossenheit in ihnen erkennen. Gail konnte sich sehr gut vorstellen, dass Phoebe, um ihre große Liebe zurück zubekommen
, über Leichen gehen würde. Solange diese Leichen Warlocks, Dämonen oder andere böse Kreaturen der
Unterwelt waren.
„Ja, ich will dir helfen“, entgegnete Gail schließlich und sah aus dem Küchenfenster.
Die Sonne ging gerade auf und die ersten Menschen machten sich auf den Weg zur Arbeit.
„Wieso weißt du eigentlich von Phoebe?“, fragte Piper und riss Gail damit aus ihren Gedanken.
„Ich habe über drei Jahre in der Küche des Wolkenkratzers, in dem die Bruderschaft gehaust hat, als
Köchin gearbeitet“, erklärte Gail.
„Also bist du doch eine Spionin!“, fauchte Piper sie an und wollte gerade die Hände heben, als
Leo einschritt.
„Beruhige dich, Schatz“, versuchte er sie zu besänftigen. „Sie hätte uns das nie erzählt, wenn sie
wirklich spionieren würde!“
Piper nickte nur und schaute zu Phoebe. Diese lächelte ihre ältere Schwester an.
Phoebe verstand Piper sehr gut. Damals, als sie herausgefunden hatte, dass Cole ein Dämon war,
hatte sie sich geschworen, niemals mehr einem Fremden zu vertrauen. Doch Gail war vielleicht die
einzige
Chance Cole wiederzubekommen.
„Erzähl bitte weiter“, bat Leo den Gast und bot ihr einen Stuhl an.
Dankbar setzte sich Gail und wartete bis sich ihre Gastgeber ebenfalls niedergelassen hatten.
„In diesen Jahren habe ich viel über die Mitglieder der Bruderschaft erfahren und sie auch privat näher
kennen gelernt“, fuhr Gail fort. „Niemand ahnte, dass ich nicht die war, die ich vorgab zu sein.“
„Wie denn das?“, platzte Paige neugierig heraus.
„Das würde ich auch gern wissen“, sagte Leo und schaute Gail erwartungsvoll an. „Es ist Lebensmüde,
sich in ein Dämonennest zu setzen!“
„Wenn die Bruderschaft herausgefunden hätte...“, antwortete Gail, „... dass ich spioniere, hätten sie mich umgebracht. Unter einem Decknamen und einer grandios ausgearbeiteten Fakebiographie habe ich
dort gekocht und so, ganz nebenbei, haufenweise Informationen über alle Aufträge und Mitglieder
angehäuft!“
„Muss ich mir dieses private Kennenlernen so vorstellen, wie ich dass gerade tue?“, fragte Paige und
schüttelte sich angewidert.
„Nein“, entgegnete Gail entschieden. „Ich war so eine Art Sorgentelefon. Ihr glaubt ja gar nicht, wie niedergeschlagen manche von denen sind, wenn sie mal etwas nicht so machen können, wies der
Boss will!“
„Wie bist du denn da wieder rausgekommen?“, fragte Phoebe und fuhr sich durch die Haare.
Gail lächelte, lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ich habe meinen Tod vorgetäuscht. Mein Grab, oder besser das Grab von Isabella Davis findet ihr
auf dem Centralfriedhof.“
Paige schüttelte nur verständnislos mit dem Kopf.
„Warum das Alles überhaupt?“, fragte sie.
Gail fuhr die Gesichter der Anwesenden mit den Augen ab und verharrte bei Phoebe.
„Weil ich dafür sorgen muss, dass eine Prophezeiung in Erfüllung geht!“
„Und was für...“, fragten Piper und Paige gleichzeitig. Doch bevor sie ihre frage ganz ausgesprochen
hatten, schaute Gail beide scharf an.
„Das darf ich euch nicht sagen“, entgegnete sie mit ernstem Gesicht.
„Ich müsste aber von einer Prophezeiung wissen“, schaltete sich Leo ein. „Schließlich bin ich ein...“
„....Wächter des Lichts“, beendete Gail seinen Einwand. Doch die junge Frau dachte gar nicht daran,
dem Engel ihr Geheimnis zu verraten. Stattdessen fuhr sie in ihren Erläuterungen fort.
„Ganz besonders habe ich mich mit Balthasar beschäftigt.“
Phoebe horchte auf und schaute Gail durchdringend an. Ihre neue Bekanntschaft nickte ihr lächelnd
zu und nahm ihre Hand.
„Er war der Einzige, der zum größten Teil in der Welt des Lichts lebte“, erklärte Gail. „In seiner
früheren Wohnung baute er sich ein Leben auf, das zu seinem Auftrag, euch zu vernichten, passte!“
Versonnen nickte Phoebe. Sie erinnerte sich daran, wie ihr Cole immer etwas verheimlichte, als
sie damals zusammen waren.
Gail entging Phoebes kurze Abwesenheit nicht.
„manchmal bin ich bei ihm vorbeigekommen, um für ihn zu kochen“, fuhr sie fort. „Irgendwann
konnte er einfach nicht mehr dichthalten und erzählte mich von seinen Gefühlen und von dir.“
Lächelnd drückte Gail Phoebes Hand, dann senkte sie den Kopf und sprach leise weiter.
„Er war so verzweifelt, er wusste nicht ein noch aus. Einerseits wusste er, dass er seinen Auftrag
erfüllen musste, andererseits wollte er dir, Phoebe, nicht wehtun. Er liebte dich so sehr!“
Gail schaute auf. „No nie habe ich so viel in einem Mann gesehen, wie an diesem Tag.
„Cole ist tot!“, warf Phoebe leise ein und spürte, dass eine weitere Welle der Trauer sie zu übermannen
drohte.
Gail legte den Arm um sie.
„Nein, dass ist er nicht“, versuchte sie Phoebe zu beruhigen. „Ihr habt seinen Körper vernichtet, doch
nicht seinen Geist, ebenso wenig wie seine Seele. Es gibt eine Möglichkeit ihn zurückzuholen!“
Hoffnungsvoll schaute Phoebe Gail an. „Welche?“, fragte sie.
Kapitel II
Phoebe musste sich zwar tausende Einwände von Piper und Leo anhören, doch sie setzte sich
durch.
Gemeinsam mit ihren Schwestern und Leo begleitete Phoebe Gail auf den Dachboden
Dort wollte Gail ihnen erklären, wie sie es schaffen wollte, Cole zurück nach Hause und
damit zurück in Phoebes Arme zu bringen.
Phoebe und Gail standen vor dem Buch der Schatten. Piper und Paige beobachteten die Szenerie
kritisch, um bei der kleinsten Auffälligkeit einzuschreiten.
Gail blätterte währenddessen im Buch und Phoebe schien es, als würde Gail etwas ganz bestimmtes
suchen.
„Ah, da steht’s ja“, rief Gail und deutete auf die vergilbte Seite.
Phoebe starrte auf die Seite und wurde Kalkweiß im Gesicht.»Er ist tot!«, raste es ihr durch den
Kopf. »Er ist tot!«
„Was ist?“, fragte Piper und trat hinter ihre Schwester. Fassungslos starrte Piper auf die Seite.
„Das ist ja wohl ein Witz!“, wandte sie sich an Gail. „Der ist tot, wir haben ihn vernichtet!“
Phoebe legte einen Arm um ihre aufgebrachte Schwester und schaute zu Paige und Leo hinüber.
„Wenn es nicht sein soll, soll es nicht sein!“
Währenddessen war Gail einige Schritte zurückgetreten und beobachtete schmunzelnd die Szene vor
sich.
„Wie soll das gehen?“, fragte Leo, als er neben seine Frau trat und sich ebenfalls die Seite des Buches
ansah.
Gail ließ sich auf einen alten Sessel fallen und schlug die Beine übereinander.
„Das ist ganz einfach!“, entgegnete sie gelassen.
„Ach“, platzte Leo heraus. „Er ist vor unseren eigenen Augen in einem riesigen Feuer verschwunden!“
„Er wurde aber nicht vernichtet“; gab Gail zurück. „Ihr habt ihn und Cole nur getrennt!“
Piper und Leo schauten sich ratlos an. Seltene Stille verbreitete sich auf dem Dachboden,
nur ein leises Schmatzen war zu hören.
Paige hatte sich die ganze Zeit mit ihrem Lolli beschäftigt und es wiedereinmal nicht für
nötig gehalten zuzuhören.
Verwundert über die plötzliche Stille hob sie den Kopf und schaute, den Lolli noch immer im Mund,
die andren an. „Wer ist nicht tot?“, fragte sie nuschelnd.
„Balthasar“, platzte Phoebe heraus.
„Nur mal so zur Erinnerung“, mischte sich Leo ein. „Das war Coles dunkle Seite! Er ist böse!“
Piper hielt sich an ihrem Ehemann fest, um nicht vor entsetzen in Ohnmacht zu fallen.
„Wieso steht davon eigentlich nichts im Buch?“, stieß sie hervor. „Wenn die Gefahr besteht, dass
das Böse seine Dämonen wiedererwecken kann!“
Leo war nun ebenfalls mit seiner Weisheit am Ende. ER kratzte sich am Kinn und murmelte:
„Ich müsste doch eigentlich davon wissen! Der Hohe Rat hätte mir das doch mitteilen müssen!“
Ihr gutes Gehör ließ Gail wiedereinmal nicht im Stich. Sie stand auf, ging zu Phoebe, Piper und Leo
hinüber und lehnte sich auf das Pult, auf dem das Buch lag. Mit einem hinreißenden Augenaufschlag
flötete sie:
„Der Hohe Rat darf zwar alles essen, Engelchen, aber nicht alles wissen!“
Phoebe und Piper schauten sich bei diesen Worten verdutzt an.
„Du hast keine Verbindung zum Hohen Rat?“
„Auch keinen Wächter des Lichts?“, fiel Piper ihrer Schwester ins Wort.
„Nö“, antwortete Gail und warf ihr glänzendes Haar zurück.
„Warum?“, fragte Leo ernst. „Wenn du eine normale Hexe wärst, hättest du einen Wächter des Lichts!“
„Ich bin aber keine normale Hexe!“, entgegnete Gail und schlug beschämt die Augen nieder.
Sie hasst es, an ihre wirkliche Herkunft erinnert zu werden.
„Tja, dann erzähl mal“, blaffte Paige sie an und baute sich vor ihr auf. „Ich bin mal gespannt, wie
du das erklären willst!“
Leo hielt Piper im Arm, teils um sie vor Unheil zu bewahren, teils um sie davon abzuhalten Gail in die Luft zu jagen, wenn es nicht unbedingt nötig war.
Phoebe schob Paige sachte zur Seite und trat vor Gail.
„Was meinst du damit?“, fragte sie.
Gail schaute beklommen aus dem Fenster und griff nach ihrem Kreuz.
„Ich habe dämonisches Blut in mir“, begann sie leise.
Piper und Paige wich die Farbe aus den Gesichten und starrten Gail entsetzt an.
„Ich habe es doch gewusst!“, presste Piper hervor.
Phoebe drehte sich apprupt um und schaute Piper wütend an.
„Sei nicht immer so voreilig“, rief sie zornig. „Cole war auch gut, obwohl zur Hälfte ein Dämon war!“
Ohne auf Pipers Reaktion zu warten, fuhr Gail fort.
„Vor 26 Generationen hatte sich ein Dämon in meiner Familie breitgemacht“, erklärte Gail. „Er
hatte versucht eine böse Brut zu erschaffen, die mächtiger ist als die Dämonen reinen Blutes.“
„Das ist ja furchtbar!“, platzte Paige heraus, sodass ihr Lolli laut klatschend auf den Boden fiel.
Gail winkte lächelnd ab.
„Das klingt schlimmer, als es in Wirklichkeit war!“, beruhigte sie Phoebes jüngere Schwester.
„Er wusste nicht, dass die Frau mit der er diesen Grundstein legen wollte eine Hexe war.“
„Eine deiner Vorfahrinnen?“, fragte Leo.
„Ja, Engelchen, so ist es!“, entgegnete Gail lächelnd. „Ihr Kind wurde ein Mädchen, deshalb wurde
es auch nicht böse.“
„Das Gute in ihr war zu stark“, stellt Leo fest und strich Piper sanft über das Haar.
Gail nickte und schaute Phoebe an. „Dämonische Kräfte bleiben über Generationen erhalten. Sie verändern sich nur mit der Zeit“, sagte sie. „Meine haben sich mit meinen Hexenkräften vermischt!“
Phoebe trat auf sie zu. „Deshalb weist du also, wie solche Sachen funktionieren.“
Gail nickte kaum merklich, ging zum Buch und blätterte eine Seite weiter.
„Es ist eigentlich ganz einfach“, sagte Gail und wandte sich zu Phoebe um. „Wir müssen Cole
und Balthasar wieder eins werden lassen!“
„Warum weißt du eigentlich, dass Balthasar noch am Leben ist?“, fragte Leo, der sich noch immer
nicht ganz mit dieser Tatsache anfreunden konnte.
Gail grinste vielsagend und stützte sich auf das Pult.
„Nunja, ich habe da so meine Mittel und Wege!“, entgegnete sie.
„Mittel und Wege?“, wiederholte Leo stirnrunzelnd.
„Ja“, entgegnete Gail. „Einige Dämonen sind mir noch einen Gefallen schuldig und Die schicke ich
ab und zu spitzeln!“
„Was denn für Gefallen?“, fragte Piper nervös. „Hast du denen etwa bei ihren Aufträgen...“
Sie schluckte. „... bei ihren Morden geholfen?“
Gail schaute Piper entsetzt an.
„Um Gottes Willen, nein!“, stieß sie hervor. „Ich habe sie manchmal gedeckt oder ihnen einen Rat
gegeben, wenn sie Schwierigkeiten bei etwas hatten.“
Phoebe kam zu ihr und legte Gail die Hand auf die Schulter.
„Ich denke, sie hat uns wirklich genug von sich erzählt, wir können ihr trauen! Ich möchte nun
endlich meinen Cole wieder in den Armen halten!“
Leo schaute nachdenklich auf das Buch und verschränkte die Arme vor der Brust, dann schaute er
Phoebe ernst an.
„Bist du sicher, dass du ihn wirklich so zurück haben willst?“, fragte er Phoebe. „Er wird wieder
Balthasar sein! Wieder ein Dämon, wieder zum Teil böse!“
„Er kann damit umgehen“, entgegnete Phoebe hoffnungsvoll. „Cole hat es einmal geschafft, sich gegen
das Böse zu wenden, er wird es wieder können!“
„Außerdem“, mischte sich Gail ein. „Konnte sich Cole nur verlieben, weil Balthasar es zugelassen hat!
Es sind nicht zwei verschiedene Personen in einem Körper gewesen, Engelchen. Cole und Balthasar sind
eins, wie jeder andere Hybrid auch! Sie haben dieselben Dinge getan, Haben die gleichen Erinnerungen
und fühlen zum Teil auch dasselbe!“
Gail wandte sich Phoebe zu.
„Ich weiß, dass du das selbst nicht eingestehen willst, aber du musst damit zurecht kommen und
wenigstens versuchen auch Balthasar mindestens zu mögen! Denn eine Liebe, die nur die guten
Seiten einer Person liebt, ist keine richtige Liebe!“
Phoebe senkte traurig den Kopf und schloss die Augen. Sie ließ Gails Worte einige Momente auf
sich wirken und seufzte dann.
„Es wird schwer sein, Balthasar zu lieben“, sagte Phoebe leise. „Aber wenn es sein muss,
werde ich es versuchen!“
„Mein Gott, Phoebe“, rief Gail und fasste sie bei den Schultern. „Verstehst du denn nicht?
Cole ist Balthasar, Balthasar ist Cole. Wenn du Cole geküsst hast, hast du auch Balthasar geküsst!
Wenn du mit Cole geschlafen hast, hast du auch mit Balthasar geschlafen! Du liebst Balthasar,
doch nur seine menschliche Seite!“
Phoebe wusste, dass Gail die Wahrheit sagte, sie erinnerte sich an den Tag, an dem Cole, ... nein
Balthasar, ... nein es war Cole, Yennah umgebracht hatte. Phoebe hatte seine Worte gehört, die er
mit Balthasars Stimme sprach. Er sagte ihren Namen! Seine,... Balthasars Stimme hörte sich so
verzweifelt an! Cole hatte die Wahrheit gesagt, doch sie überhörte seine Gefühle, die in diesem
einen Wort steckten. Sie ließ sich von ihrem Ärger leiten, nur weil sie Coles dämonisches Aussehen
immer noch als Feindbild interpretierte! Nicht bewusst, aber sie tat es!
„Ich will meinen Mann zurück!“, sagte Phoebe schließlich. „Egal, ob er ein Dämon ist oder nicht! Ich
liebe, wen ich liebe!“
Kapitel III
Gail erklärte Phoebe den Ablauf des Rituals bis ins kleinste Detail. Leo stand neben ihnen und
schüttelte immer wieder den Kopf, und auch Piper und Paige behagte es gar nicht, dass sich ihre
Schwester so einer Gefahr aussetzte.
"Cole aus der Unterwelt wieder heim zu holen, war wesendlich gefährlicher", hatte Phoebe ihnen
gesagt.
Nun standen sie alle beklommen auf dem Dachboden. Niemand konnte voraussagen, wie Balthasar
auf den Ruf reagieren würde. Piper und Paige hielten es für besser etwas abseits, an der Tür, zu stehen,
um Balthasar mit ihren Kräften in Schach zu können, falls er noch unberechenbarer geworden war, als
sie ihn in Erinnerung hatten. Schließlich wurde er nicht mehr von einem Gewissen zurückgehalten.
Phoebe und Gail sahen gemeinsam auf das Buch und lasen den Spruch, der dort geschrieben stand, vor.
„Magische Kräfte, ob schwarz oder weiß,
die ihr wirkt durch den Raum des Erdenkreis.
Ob nah er ist, ob fern von hier,
bringt uns den Dämon Balthasar zur Zier!“
Im selben Augenblick erschien vor ihnen ein großer Wirbel. Nur einige Momente dauerte es, bis
Balthasar vor ihnen auftauchte.
Phoebe trat demonstrativ einen Schritt vor, um ihm zu zeigen, wer ihn gerufen hatte.
Sie hatte Balthasar ganz anders in Erinnerung: emotionslos, einschüchternd, gewaltig.
Doch Balthasar hatte sich in den letzten Monaten stark verändert. Seine stolze Haltung war fort,
seine Kleidung sah sehr mitgenommen aus, genauso wie seine Mimik.
Phoebe schaute in die Augen eines gebrochenen Mannes. (oder Dämons, wie ihrs besser findet!)
Was hatte sie ihm nur angetan? Der Tod währe im Vergleich zu diesem jämmerlichen Zustand
geradezu eine Belohnung gewesen.
Schuldgefühle überkamen sie. Sie war der Grund gewesen, dass Cole seine dämonische Hälfte
loswerden wollte!
Sie musste Cole vernichten, um die Quelle zu zerstören! Und nun war sie auch noch Verantwortlich
für Balthasars Zustand. Auch wenn Balthasar böse war, so verspürte sie doch einen schmerzenden
Stich im Herzen.
„Was willst du?“, fragte Balthasar und trat einen Schritt auf sie zu..
Seine Stimme war noch immer so hart und drohend, wie damals, doch Phoebe ließ sich nicht
einschüchtern.
„Ich will, dass du mir hilfst“, entgegnete Phoebe und hielt seinem Blick stand.
„Ich? Dir helfen?“, fragte er verdutzt. Balthasar richtet sich auf, ließ den Blick über die Anwesenden
gleiten und verharrte, als er Gail bemerkte. Misstrauisch schaute er sie an.
„Du bist tot“, sagte er nur.
Gail nickte lächelnd und trat neben Phoebe.
„Nunja, so ganz noch nicht!“, antwortete sie.
„Ich habe deine Leiche bei der Aufbahrung gesehen“, entgegnete er kalt. „Ich habe gesehen, wie dein
Sarg in die Erde hinab gelassen wurde!“
Gail ging auf ihn zu und schaute ihn an.
„In diesem Sarg lag Isabella Davis, die Köchin, die bei einem Autounfall starb!“
„Du bist Isabella!“ Balthasars Augen blitzten vor Wut.
„Nein, ich war Isabella“, gab Gail gelassen zurück und zuckte mit den Schultern. „Aber in
Wirklichkeit bin ich Angelika Davis, eine Hexe!“
Balthasar kochte vor Wut. Wie hatte er sich nur so lange täuschen lassen können? Über drei Jahre!
Sie hatte es geschafft ihn, den mächtigen Dämon Balthasar zum Narren zu halten!
Zornig hob er die Hand, um einen Energieball zu formen, doch plötzlich begann er zu zittern.
Seine Augen wurden glasig und er rang nach Atem. Phoebe erschrak, als sie sah, wie Balthasar
begann sich aufzulösen.
Seine Statur war nur noch als schwacher, milchiger Nebel zu erkennen. Erst nach einigen Sekunden
wurde er wieder völlig Sichtbar.
Balthasar musste sich auf Gail stützen, um sich nicht die Blöße geben zu müssen, vor allen auf die
Knie zu sinken.
Gail brachte ihn zu einem Sessel und ließ sich neben ihm auf der Lehne nieder, nachdem er sich
gesetzt hatte.
„Wie hast du...“, begann er keuchend, doch Gail legte eine Hand auf seine Schulter.
„Das ist jetzt nicht so wichtig“, erwiderte Gail und schaute Phoebe an. „Phoebe hat dir etwas zu sagen!“
Unruhig lief Piper in der Küche auf und ab.
Auf Gails Vorschlag hin, hatten sie, wenn auch widerstrebend, Phoebe und Balthasar allein gelassen.
Nun standen sie alle schweigend da und dachten darüber nach, wie es Phoebe dort oben, auf dem Dachboden, mit ihm, ergehen mag.
Paige blätterte währenddessen im Buch der Schatten, dass sie vorsorglich mitgenommen hatte.
„Meinst du, dass er ihr etwas antut, Leo?“, fragte sie ihren Schwager.
Dieser zuckte nur mit den Schultern. „Schwer zu sagen!“
„Wenn er sich noch an das erinnert, was er oder Cole, oder... Ja, wer denn nun?“
Piper wandte sich hilfesuchend an ihren Mann. „Cole“, sagte dieser nur.
“Engelchen“, mischte sich Gail genervt ein. „Du scheinst nicht besonders schnell im Denken, was?“
„Nenn mich nicht immer "Engelchen"“, fauchte Leo die Fremde an.
Piper wurde das alles zu bunt, wütend schaute sie von Gail auf Leo.
„Wir haben jetzt wirklich andere Sorgen!“, zischte sie mit zusammengebissenen Zähnen. „Balthasar
wird Phoebe umbringen, wenn ihm ihr Angebot nicht zusagt!“
„Das...“, setzte Gail an, doch Piper schnitt ihr das Wort ab.
„Sei still!“; motzte sie. „Du hast heute schon genug Wirbel gemacht! Von wegen Cole zurückholen,
so ein Unsinn! Du stützt Phoebe ins Verderben!“
Wieder wurde es still in der Küche. Wieder hingen alle ihren Gedanken nach oder lauschten hinauf
zum Dachboden.
:sneaky2:
© Eden-thewitch
http://www.charmed-eden.de.vu
Prologue
Geknickt saß Phoebe am Kamin und schaute in das knisternde Feuer.
Tränen liefen ihr über die Wangen und tropften auf die Seiten eines großen roten Photoalbums.
Seit Phoebe wieder zu Hause war hatte sie nur geweint.
Sie vermisste Cole, obwohl sie wusste, was er ihr angetan hatte, wenn auch unbeabsichtigt.
Die alte Standuhr schlug gerade drei Uhr.
Verschlafen betrat Piper das Wohnzimmer und kniete sich vor Phoebe auf den Boden.
Besorgt musterte sie ihre kleine Schwester und nahm Phoebes Hände in ihre.
„Phoebe“, sprach Piper sie an. „Komm doch mit nach oben, du brauchst Schlaf!“
Sanft strich Piper ihr über das braune Haar, doch Phoebe starrte nur in die Flammen.
Piper wusste nicht, was ihrer Schwester in der Unterwelt alles angetan wurde, doch sie war sich
sicher,
ohne Cole würde Phoebe nie wieder die Frau sein, die sie war.
„Es ist meine Schuld“, brach Phoebe plötzlich ihr Schweigen. „Ich hätte nicht von ihm verlangen sollen, Balthasar zu vernichten!“
Phoebe versuchte ihre Tränen zu unterdrücken, doch es gelang ihr nicht ganz.
Einige Tränen fielen auf ein ganz besonderes Photo, dass Cole, mit Kitty, schlafend auf dem Sofa
zeigte.
Phoebe hatte es selbst geschossen. Es war das erste Wochenende gewesen, das sie allein zu
Hause waren.
Mit ihrem Taschentuch versuchte sie die Tränen von ihrem Lieblingsbild zu tupfen.
Piper sah ihr zu und atmete tief durch, dann sagte sie:
„Es ist nicht deine Schuld! Cole wollte selbst von seinen Kräften befreit werden!“
„Wenn ich es nicht zugelassen hätte, dass es geschiet, hätte die Quelle niemals von ihm besitzergriffen!“,
schrie Phoebe ihre Schwester an und sprang auf.
Das Photoalbum fiel zu Boden.
Piper hob es auf und schlug dabei zufällig eine Seite auf, auf der ein Photo eingeklebt was, dass Cole und Phoebe heftig küssend auf dem Küchentisch zeigte.
Piper musste lächeln, während sie hinüber zu Phoebe ging, die traurig aus dem Fenster in die finstere
Nacht starrte.
„Kannst du daran noch erinnern?“, fragte Piper und hielt ihrer Schwester das Photo unter die Nase.
Die momentane Situation ihrer Schwester nahm Piper mehr mit, als sie zugab. Sie setzte alles daran,
Phoebe aus ihrer Trauer hinauszuhelfen.
„Prue hat dieses Photo gemacht“, erinnerte sich Phoebe. „An diesem Tag hatte uns ein Kopfgeldjäger angegriffen. Das wir ihn besiegen konnten, war allein Coles Verdienst. Er hatte sich in Baltharsar
verwandelt und ihn besiegt. Ich konnte ihm nicht helfen, weil ich bewusstlos war. Der Dämon hatte einen
Energieball auf mich geschleudert. Als ich wieder erwachte materialisierten wir uns gerade in der Küche,
dort setze
Cole mich auf den Küchentisch und verarztete meine Schramme am Ellenbogen!“
Phoebe lächelte, als die Erinnerung in Bildern vor ihrem geistigen Auge auftauchten.
„Er war immer so besorgt um mich“, flüsterte sie und wischte sich erneut die Tränen aus den
Augenwinkeln.
„Prue hatte euch überrascht, nicht wahr?“, versuchte Piper abzulenken.
Kaum erkennbar nickte ihr Schwester.
„Als wir uns küssten blitze es plötzlich. Cole und ich schauten zu Tür und Prue grinste uns frech
entgegen“, erzählte Phoebe, schloss die Augen und seufzte.
„Aber jetzt ist er tot“, fügte sie mit zitternder Stimme hinzu.
„Nein, Phoebe“, versuchte Piper sie zu beruhigen, „Cole ist nicht tot!“
„Was glaubst du ist es sonst?“, fuhr Phoebe sie an. „Die Quelle hatte von ihm besitzergriffen und zerstörte
seine Seele! Was soll denn das sonst sein?“
„Vielleicht ist Cole ja noch irgendwo, wo die Quelle nicht hinein kommt“, vermutete Piper.
„Nein“, rief Phoebe. „Wir haben ihn vernichtet um die Quelle zu zerstören!“
„Warum seit ihr denn so laut?“, Fragte Paige von der Treppe aus und blinzelte, um sich an das helle
Licht zu gewöhnen.
Phoebe drehte sich entnervt um und stütze sich auf die Fensterbank. Ihre Fingerspitzen berührten dabei
das Photo, dass sie dort abgelegt hatte.
Phoebe stockte der Atem, ihre Knie drohten ihren Dienst zu versagen.
In Phoebes Kopf blitzen plötzlich unbekannte Bilder auf.
Nur einige Augenblicke dauerte ihre Vision, dann fand sie Phoebe, von Piper und Paige gestützt, am Wohnzimmerfenster wieder.
„Was hast du gesehen?“, fragte Paige ganz aufgeregt. Ihr war es noch immer nicht ganz geheuer, dass
ihre Lieblingsschwester für kurze Zeit die Realität verlassen konnte.
„Ich...ich habe eine Frau gesehen“, stotterte Phoebe, während sie sich auf das Sofa fallen ließ. „Sie
hat ein Bild von mir und Cole in der Hand und schrieb eine Nummer auf einen Zettel!“
„Sie will dir bestimmt etwas antun?“, mutmaßte Paige erschrocken.
„Nein, sie ist nicht böse“, gab Phoebe zurück.
„Woher willst du das wissen?“, fragte Piper stirnrunzelnd.
„Sie trug ein goldenes Kreuz mit roten Granaten um den Hals“, erklärte Phoebe. „Sie will, dass wir
sie kontaktieren! Sie will mir helfen!“
“Helfen? Wobei?“ Piper war das alles sehr verdächtig.
„Die Frau muss wissen, dass Phoebe Visionen hat“, mutmaßte Paige. „Vielleicht hat sie deine
Vision auch herbeigeführt?“
„Kann sein“, entgegnete Phoebe. „Aber, wenn sie mir helfen kann, werde ich mich bei ihr melden!“
„Das ist viel zu riskant“, mischte sich nun auch Leo ein, der inzwischen ebenfalls die Treppe
heruntergekommen war. „Du solltest dich keinem Außenstehenden anvertrauen!“
„Leo hat recht“, sagte Piper. „Sie kann dir vielleicht ´Gut´ vorkommen, aber das muss sie noch
lange nicht sein!“
„Und wieso trägt sie ein Granatkreuz?“, fragte Phoebe und schaute ihrem Wächter des Lichts
entschlossen in die Augen.
Dieser zuckte nur unwissend mit den Schultern.
Die Frau konnte eigentlich nicht böse sein, sonst könnte sie kein Granatkreuz, dass vor dem Bösen s
schützt, tragen, dass wusste er.
Kapitel I
Nachdem Phoebe keine plausible Erklärung bekam, ging sie in Richtung Küche.
„Wie willst du eigentlich diese Frau finden?“, rief Leo ihr nach.
Na wie schon...“, gab Phoebe grinsend zurück. „Ich rufe sie an!“
„Dann war die Nummer in deiner Vision eine Telefonnummer? 2, fragte Paige, die mit Piper und
Leo die Küche betrat.
Phoebe nickte und lauschte dem Freizeichen im Hörer, dann knackte es in der Leitung.
„Bin schon unterwegs!“, rief eine junge Frauenstimme am anderen Ende der Leitung. „Keine Panik!
Nicht erschrecken!“
Dann war nur noch ein Tuten zu hören, sie hatte aufgelegt.
Phoebe schaute verwirrt zu ihren Schwestern, den Hörer noch immer in der Hand.
„Was hat sie gesagt?“, wollte Piper wissen
Doch Phoebe kam gar nicht erst dazu zu antworten.
Einer Art Tor entstand in der Wand neben ihr und eine junge Frau, die Frau aus ihrer Vision, trat in
die Küche des Halliwell- Manor.
„Hallo! Da bin ich! Ich heiße Angelika!“, stellte sie sich vor.
Die Halliwell- Schwestern und Leo starrten die Frau fassungslos an.
Angelika hatte diese Reaktion schon vorausgesehen und lächelte.
Ihre goldblonden Haare schimmerten im Schein des Deckenlichts. Sie war nicht besonders groß,
vielleicht 1.60m und schlank. Sie trug eine schwarze Lederhose und einen roten Rollkragenpullover,
der ihren schönen Hals versteckte. Auf dem Pullover schimmerte das goldene mit Granaten besetztes Kreuz,
das sie an einem
Lederband um den Hals trug. Ihre himmelblauen Augen schauten aufgeweckt in die Runde.
„Okay“, fand Leo als erster seine Stimme wieder. „Du kommst einfach hier reingeschneit und sagst
Phoebe, du könntest ihr helfen! Wie denn, und vor allem bei was?“
Leo starrte die Fremde kühl an und auch Piper und Paige fanden diese Frau nicht gerade
vertrauenserweckend.
Nur Phoebe ging auf Angelika zu und gab ihr die Hand.
„Schön dich hier zu haben“, sprach sie Angelika an. „Ich bin Phoebe!“
„Ich weiß“, gab Angelika zurück. „Bitte nenn mich Gail, alle meine Freunde nennen mich so!“
„Wir sind nicht deine Freunde!“, ließ Piper hinter ihr vernehmen, doch Phoebe winkte nur mit einem
strengen Blick ab.
„Sei mal nicht so aggressiv!“
Piper presste die Lippen aufeinander und fiel in ein seltenes Schweigen.
Paige konnte ihre Neugier wieder einmal nicht bremsen, ging zu der Wand, durch die Gail eingetreten
war und berührte sie.
Gail beobachtete die jüngste Halliwell- Schwester und versuchte zu erklären, wie sie zu solchen
`Reisen´ im Stande war.
„Nun, ich kann Türen, die zu anderen Orten führen, öffnen“, begann sie. „Ich bin, wie ihr, eine Hexe.
Habe aber ganz andere Kräfte, wie es für Hexen eigentlich üblich ist.“
»Dämonenbrut«, schnellte es Piper durch den Kopf, doch sie sagte nichts, denn sie wollte sich keinen
weiteren Anschiss ihrer Schwester riskieren.
„Interessant!“, warf Leo misstrauisch ein.
Phoebe hörte nur nachdenklich zu, dann nahm sie Gail bei den Händen und schaute sie hoffnungsvoll an.
„In meiner Vision habe ich gespürt, dass du mir helfen willst!“
Gail blickte Phoebe in die Augen und konnte Verzweiflung, Angst aber auch Entschlossenheit in ihnen erkennen. Gail konnte sich sehr gut vorstellen, dass Phoebe, um ihre große Liebe zurück zubekommen
, über Leichen gehen würde. Solange diese Leichen Warlocks, Dämonen oder andere böse Kreaturen der
Unterwelt waren.
„Ja, ich will dir helfen“, entgegnete Gail schließlich und sah aus dem Küchenfenster.
Die Sonne ging gerade auf und die ersten Menschen machten sich auf den Weg zur Arbeit.
„Wieso weißt du eigentlich von Phoebe?“, fragte Piper und riss Gail damit aus ihren Gedanken.
„Ich habe über drei Jahre in der Küche des Wolkenkratzers, in dem die Bruderschaft gehaust hat, als
Köchin gearbeitet“, erklärte Gail.
„Also bist du doch eine Spionin!“, fauchte Piper sie an und wollte gerade die Hände heben, als
Leo einschritt.
„Beruhige dich, Schatz“, versuchte er sie zu besänftigen. „Sie hätte uns das nie erzählt, wenn sie
wirklich spionieren würde!“
Piper nickte nur und schaute zu Phoebe. Diese lächelte ihre ältere Schwester an.
Phoebe verstand Piper sehr gut. Damals, als sie herausgefunden hatte, dass Cole ein Dämon war,
hatte sie sich geschworen, niemals mehr einem Fremden zu vertrauen. Doch Gail war vielleicht die
einzige
Chance Cole wiederzubekommen.
„Erzähl bitte weiter“, bat Leo den Gast und bot ihr einen Stuhl an.
Dankbar setzte sich Gail und wartete bis sich ihre Gastgeber ebenfalls niedergelassen hatten.
„In diesen Jahren habe ich viel über die Mitglieder der Bruderschaft erfahren und sie auch privat näher
kennen gelernt“, fuhr Gail fort. „Niemand ahnte, dass ich nicht die war, die ich vorgab zu sein.“
„Wie denn das?“, platzte Paige neugierig heraus.
„Das würde ich auch gern wissen“, sagte Leo und schaute Gail erwartungsvoll an. „Es ist Lebensmüde,
sich in ein Dämonennest zu setzen!“
„Wenn die Bruderschaft herausgefunden hätte...“, antwortete Gail, „... dass ich spioniere, hätten sie mich umgebracht. Unter einem Decknamen und einer grandios ausgearbeiteten Fakebiographie habe ich
dort gekocht und so, ganz nebenbei, haufenweise Informationen über alle Aufträge und Mitglieder
angehäuft!“
„Muss ich mir dieses private Kennenlernen so vorstellen, wie ich dass gerade tue?“, fragte Paige und
schüttelte sich angewidert.
„Nein“, entgegnete Gail entschieden. „Ich war so eine Art Sorgentelefon. Ihr glaubt ja gar nicht, wie niedergeschlagen manche von denen sind, wenn sie mal etwas nicht so machen können, wies der
Boss will!“
„Wie bist du denn da wieder rausgekommen?“, fragte Phoebe und fuhr sich durch die Haare.
Gail lächelte, lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ich habe meinen Tod vorgetäuscht. Mein Grab, oder besser das Grab von Isabella Davis findet ihr
auf dem Centralfriedhof.“
Paige schüttelte nur verständnislos mit dem Kopf.
„Warum das Alles überhaupt?“, fragte sie.
Gail fuhr die Gesichter der Anwesenden mit den Augen ab und verharrte bei Phoebe.
„Weil ich dafür sorgen muss, dass eine Prophezeiung in Erfüllung geht!“
„Und was für...“, fragten Piper und Paige gleichzeitig. Doch bevor sie ihre frage ganz ausgesprochen
hatten, schaute Gail beide scharf an.
„Das darf ich euch nicht sagen“, entgegnete sie mit ernstem Gesicht.
„Ich müsste aber von einer Prophezeiung wissen“, schaltete sich Leo ein. „Schließlich bin ich ein...“
„....Wächter des Lichts“, beendete Gail seinen Einwand. Doch die junge Frau dachte gar nicht daran,
dem Engel ihr Geheimnis zu verraten. Stattdessen fuhr sie in ihren Erläuterungen fort.
„Ganz besonders habe ich mich mit Balthasar beschäftigt.“
Phoebe horchte auf und schaute Gail durchdringend an. Ihre neue Bekanntschaft nickte ihr lächelnd
zu und nahm ihre Hand.
„Er war der Einzige, der zum größten Teil in der Welt des Lichts lebte“, erklärte Gail. „In seiner
früheren Wohnung baute er sich ein Leben auf, das zu seinem Auftrag, euch zu vernichten, passte!“
Versonnen nickte Phoebe. Sie erinnerte sich daran, wie ihr Cole immer etwas verheimlichte, als
sie damals zusammen waren.
Gail entging Phoebes kurze Abwesenheit nicht.
„manchmal bin ich bei ihm vorbeigekommen, um für ihn zu kochen“, fuhr sie fort. „Irgendwann
konnte er einfach nicht mehr dichthalten und erzählte mich von seinen Gefühlen und von dir.“
Lächelnd drückte Gail Phoebes Hand, dann senkte sie den Kopf und sprach leise weiter.
„Er war so verzweifelt, er wusste nicht ein noch aus. Einerseits wusste er, dass er seinen Auftrag
erfüllen musste, andererseits wollte er dir, Phoebe, nicht wehtun. Er liebte dich so sehr!“
Gail schaute auf. „No nie habe ich so viel in einem Mann gesehen, wie an diesem Tag.
„Cole ist tot!“, warf Phoebe leise ein und spürte, dass eine weitere Welle der Trauer sie zu übermannen
drohte.
Gail legte den Arm um sie.
„Nein, dass ist er nicht“, versuchte sie Phoebe zu beruhigen. „Ihr habt seinen Körper vernichtet, doch
nicht seinen Geist, ebenso wenig wie seine Seele. Es gibt eine Möglichkeit ihn zurückzuholen!“
Hoffnungsvoll schaute Phoebe Gail an. „Welche?“, fragte sie.
Kapitel II
Phoebe musste sich zwar tausende Einwände von Piper und Leo anhören, doch sie setzte sich
durch.
Gemeinsam mit ihren Schwestern und Leo begleitete Phoebe Gail auf den Dachboden
Dort wollte Gail ihnen erklären, wie sie es schaffen wollte, Cole zurück nach Hause und
damit zurück in Phoebes Arme zu bringen.
Phoebe und Gail standen vor dem Buch der Schatten. Piper und Paige beobachteten die Szenerie
kritisch, um bei der kleinsten Auffälligkeit einzuschreiten.
Gail blätterte währenddessen im Buch und Phoebe schien es, als würde Gail etwas ganz bestimmtes
suchen.
„Ah, da steht’s ja“, rief Gail und deutete auf die vergilbte Seite.
Phoebe starrte auf die Seite und wurde Kalkweiß im Gesicht.»Er ist tot!«, raste es ihr durch den
Kopf. »Er ist tot!«
„Was ist?“, fragte Piper und trat hinter ihre Schwester. Fassungslos starrte Piper auf die Seite.
„Das ist ja wohl ein Witz!“, wandte sie sich an Gail. „Der ist tot, wir haben ihn vernichtet!“
Phoebe legte einen Arm um ihre aufgebrachte Schwester und schaute zu Paige und Leo hinüber.
„Wenn es nicht sein soll, soll es nicht sein!“
Währenddessen war Gail einige Schritte zurückgetreten und beobachtete schmunzelnd die Szene vor
sich.
„Wie soll das gehen?“, fragte Leo, als er neben seine Frau trat und sich ebenfalls die Seite des Buches
ansah.
Gail ließ sich auf einen alten Sessel fallen und schlug die Beine übereinander.
„Das ist ganz einfach!“, entgegnete sie gelassen.
„Ach“, platzte Leo heraus. „Er ist vor unseren eigenen Augen in einem riesigen Feuer verschwunden!“
„Er wurde aber nicht vernichtet“; gab Gail zurück. „Ihr habt ihn und Cole nur getrennt!“
Piper und Leo schauten sich ratlos an. Seltene Stille verbreitete sich auf dem Dachboden,
nur ein leises Schmatzen war zu hören.
Paige hatte sich die ganze Zeit mit ihrem Lolli beschäftigt und es wiedereinmal nicht für
nötig gehalten zuzuhören.
Verwundert über die plötzliche Stille hob sie den Kopf und schaute, den Lolli noch immer im Mund,
die andren an. „Wer ist nicht tot?“, fragte sie nuschelnd.
„Balthasar“, platzte Phoebe heraus.
„Nur mal so zur Erinnerung“, mischte sich Leo ein. „Das war Coles dunkle Seite! Er ist böse!“
Piper hielt sich an ihrem Ehemann fest, um nicht vor entsetzen in Ohnmacht zu fallen.
„Wieso steht davon eigentlich nichts im Buch?“, stieß sie hervor. „Wenn die Gefahr besteht, dass
das Böse seine Dämonen wiedererwecken kann!“
Leo war nun ebenfalls mit seiner Weisheit am Ende. ER kratzte sich am Kinn und murmelte:
„Ich müsste doch eigentlich davon wissen! Der Hohe Rat hätte mir das doch mitteilen müssen!“
Ihr gutes Gehör ließ Gail wiedereinmal nicht im Stich. Sie stand auf, ging zu Phoebe, Piper und Leo
hinüber und lehnte sich auf das Pult, auf dem das Buch lag. Mit einem hinreißenden Augenaufschlag
flötete sie:
„Der Hohe Rat darf zwar alles essen, Engelchen, aber nicht alles wissen!“
Phoebe und Piper schauten sich bei diesen Worten verdutzt an.
„Du hast keine Verbindung zum Hohen Rat?“
„Auch keinen Wächter des Lichts?“, fiel Piper ihrer Schwester ins Wort.
„Nö“, antwortete Gail und warf ihr glänzendes Haar zurück.
„Warum?“, fragte Leo ernst. „Wenn du eine normale Hexe wärst, hättest du einen Wächter des Lichts!“
„Ich bin aber keine normale Hexe!“, entgegnete Gail und schlug beschämt die Augen nieder.
Sie hasst es, an ihre wirkliche Herkunft erinnert zu werden.
„Tja, dann erzähl mal“, blaffte Paige sie an und baute sich vor ihr auf. „Ich bin mal gespannt, wie
du das erklären willst!“
Leo hielt Piper im Arm, teils um sie vor Unheil zu bewahren, teils um sie davon abzuhalten Gail in die Luft zu jagen, wenn es nicht unbedingt nötig war.
Phoebe schob Paige sachte zur Seite und trat vor Gail.
„Was meinst du damit?“, fragte sie.
Gail schaute beklommen aus dem Fenster und griff nach ihrem Kreuz.
„Ich habe dämonisches Blut in mir“, begann sie leise.
Piper und Paige wich die Farbe aus den Gesichten und starrten Gail entsetzt an.
„Ich habe es doch gewusst!“, presste Piper hervor.
Phoebe drehte sich apprupt um und schaute Piper wütend an.
„Sei nicht immer so voreilig“, rief sie zornig. „Cole war auch gut, obwohl zur Hälfte ein Dämon war!“
Ohne auf Pipers Reaktion zu warten, fuhr Gail fort.
„Vor 26 Generationen hatte sich ein Dämon in meiner Familie breitgemacht“, erklärte Gail. „Er
hatte versucht eine böse Brut zu erschaffen, die mächtiger ist als die Dämonen reinen Blutes.“
„Das ist ja furchtbar!“, platzte Paige heraus, sodass ihr Lolli laut klatschend auf den Boden fiel.
Gail winkte lächelnd ab.
„Das klingt schlimmer, als es in Wirklichkeit war!“, beruhigte sie Phoebes jüngere Schwester.
„Er wusste nicht, dass die Frau mit der er diesen Grundstein legen wollte eine Hexe war.“
„Eine deiner Vorfahrinnen?“, fragte Leo.
„Ja, Engelchen, so ist es!“, entgegnete Gail lächelnd. „Ihr Kind wurde ein Mädchen, deshalb wurde
es auch nicht böse.“
„Das Gute in ihr war zu stark“, stellt Leo fest und strich Piper sanft über das Haar.
Gail nickte und schaute Phoebe an. „Dämonische Kräfte bleiben über Generationen erhalten. Sie verändern sich nur mit der Zeit“, sagte sie. „Meine haben sich mit meinen Hexenkräften vermischt!“
Phoebe trat auf sie zu. „Deshalb weist du also, wie solche Sachen funktionieren.“
Gail nickte kaum merklich, ging zum Buch und blätterte eine Seite weiter.
„Es ist eigentlich ganz einfach“, sagte Gail und wandte sich zu Phoebe um. „Wir müssen Cole
und Balthasar wieder eins werden lassen!“
„Warum weißt du eigentlich, dass Balthasar noch am Leben ist?“, fragte Leo, der sich noch immer
nicht ganz mit dieser Tatsache anfreunden konnte.
Gail grinste vielsagend und stützte sich auf das Pult.
„Nunja, ich habe da so meine Mittel und Wege!“, entgegnete sie.
„Mittel und Wege?“, wiederholte Leo stirnrunzelnd.
„Ja“, entgegnete Gail. „Einige Dämonen sind mir noch einen Gefallen schuldig und Die schicke ich
ab und zu spitzeln!“
„Was denn für Gefallen?“, fragte Piper nervös. „Hast du denen etwa bei ihren Aufträgen...“
Sie schluckte. „... bei ihren Morden geholfen?“
Gail schaute Piper entsetzt an.
„Um Gottes Willen, nein!“, stieß sie hervor. „Ich habe sie manchmal gedeckt oder ihnen einen Rat
gegeben, wenn sie Schwierigkeiten bei etwas hatten.“
Phoebe kam zu ihr und legte Gail die Hand auf die Schulter.
„Ich denke, sie hat uns wirklich genug von sich erzählt, wir können ihr trauen! Ich möchte nun
endlich meinen Cole wieder in den Armen halten!“
Leo schaute nachdenklich auf das Buch und verschränkte die Arme vor der Brust, dann schaute er
Phoebe ernst an.
„Bist du sicher, dass du ihn wirklich so zurück haben willst?“, fragte er Phoebe. „Er wird wieder
Balthasar sein! Wieder ein Dämon, wieder zum Teil böse!“
„Er kann damit umgehen“, entgegnete Phoebe hoffnungsvoll. „Cole hat es einmal geschafft, sich gegen
das Böse zu wenden, er wird es wieder können!“
„Außerdem“, mischte sich Gail ein. „Konnte sich Cole nur verlieben, weil Balthasar es zugelassen hat!
Es sind nicht zwei verschiedene Personen in einem Körper gewesen, Engelchen. Cole und Balthasar sind
eins, wie jeder andere Hybrid auch! Sie haben dieselben Dinge getan, Haben die gleichen Erinnerungen
und fühlen zum Teil auch dasselbe!“
Gail wandte sich Phoebe zu.
„Ich weiß, dass du das selbst nicht eingestehen willst, aber du musst damit zurecht kommen und
wenigstens versuchen auch Balthasar mindestens zu mögen! Denn eine Liebe, die nur die guten
Seiten einer Person liebt, ist keine richtige Liebe!“
Phoebe senkte traurig den Kopf und schloss die Augen. Sie ließ Gails Worte einige Momente auf
sich wirken und seufzte dann.
„Es wird schwer sein, Balthasar zu lieben“, sagte Phoebe leise. „Aber wenn es sein muss,
werde ich es versuchen!“
„Mein Gott, Phoebe“, rief Gail und fasste sie bei den Schultern. „Verstehst du denn nicht?
Cole ist Balthasar, Balthasar ist Cole. Wenn du Cole geküsst hast, hast du auch Balthasar geküsst!
Wenn du mit Cole geschlafen hast, hast du auch mit Balthasar geschlafen! Du liebst Balthasar,
doch nur seine menschliche Seite!“
Phoebe wusste, dass Gail die Wahrheit sagte, sie erinnerte sich an den Tag, an dem Cole, ... nein
Balthasar, ... nein es war Cole, Yennah umgebracht hatte. Phoebe hatte seine Worte gehört, die er
mit Balthasars Stimme sprach. Er sagte ihren Namen! Seine,... Balthasars Stimme hörte sich so
verzweifelt an! Cole hatte die Wahrheit gesagt, doch sie überhörte seine Gefühle, die in diesem
einen Wort steckten. Sie ließ sich von ihrem Ärger leiten, nur weil sie Coles dämonisches Aussehen
immer noch als Feindbild interpretierte! Nicht bewusst, aber sie tat es!
„Ich will meinen Mann zurück!“, sagte Phoebe schließlich. „Egal, ob er ein Dämon ist oder nicht! Ich
liebe, wen ich liebe!“
Kapitel III
Gail erklärte Phoebe den Ablauf des Rituals bis ins kleinste Detail. Leo stand neben ihnen und
schüttelte immer wieder den Kopf, und auch Piper und Paige behagte es gar nicht, dass sich ihre
Schwester so einer Gefahr aussetzte.
"Cole aus der Unterwelt wieder heim zu holen, war wesendlich gefährlicher", hatte Phoebe ihnen
gesagt.
Nun standen sie alle beklommen auf dem Dachboden. Niemand konnte voraussagen, wie Balthasar
auf den Ruf reagieren würde. Piper und Paige hielten es für besser etwas abseits, an der Tür, zu stehen,
um Balthasar mit ihren Kräften in Schach zu können, falls er noch unberechenbarer geworden war, als
sie ihn in Erinnerung hatten. Schließlich wurde er nicht mehr von einem Gewissen zurückgehalten.
Phoebe und Gail sahen gemeinsam auf das Buch und lasen den Spruch, der dort geschrieben stand, vor.
„Magische Kräfte, ob schwarz oder weiß,
die ihr wirkt durch den Raum des Erdenkreis.
Ob nah er ist, ob fern von hier,
bringt uns den Dämon Balthasar zur Zier!“
Im selben Augenblick erschien vor ihnen ein großer Wirbel. Nur einige Momente dauerte es, bis
Balthasar vor ihnen auftauchte.
Phoebe trat demonstrativ einen Schritt vor, um ihm zu zeigen, wer ihn gerufen hatte.
Sie hatte Balthasar ganz anders in Erinnerung: emotionslos, einschüchternd, gewaltig.
Doch Balthasar hatte sich in den letzten Monaten stark verändert. Seine stolze Haltung war fort,
seine Kleidung sah sehr mitgenommen aus, genauso wie seine Mimik.
Phoebe schaute in die Augen eines gebrochenen Mannes. (oder Dämons, wie ihrs besser findet!)
Was hatte sie ihm nur angetan? Der Tod währe im Vergleich zu diesem jämmerlichen Zustand
geradezu eine Belohnung gewesen.
Schuldgefühle überkamen sie. Sie war der Grund gewesen, dass Cole seine dämonische Hälfte
loswerden wollte!
Sie musste Cole vernichten, um die Quelle zu zerstören! Und nun war sie auch noch Verantwortlich
für Balthasars Zustand. Auch wenn Balthasar böse war, so verspürte sie doch einen schmerzenden
Stich im Herzen.
„Was willst du?“, fragte Balthasar und trat einen Schritt auf sie zu..
Seine Stimme war noch immer so hart und drohend, wie damals, doch Phoebe ließ sich nicht
einschüchtern.
„Ich will, dass du mir hilfst“, entgegnete Phoebe und hielt seinem Blick stand.
„Ich? Dir helfen?“, fragte er verdutzt. Balthasar richtet sich auf, ließ den Blick über die Anwesenden
gleiten und verharrte, als er Gail bemerkte. Misstrauisch schaute er sie an.
„Du bist tot“, sagte er nur.
Gail nickte lächelnd und trat neben Phoebe.
„Nunja, so ganz noch nicht!“, antwortete sie.
„Ich habe deine Leiche bei der Aufbahrung gesehen“, entgegnete er kalt. „Ich habe gesehen, wie dein
Sarg in die Erde hinab gelassen wurde!“
Gail ging auf ihn zu und schaute ihn an.
„In diesem Sarg lag Isabella Davis, die Köchin, die bei einem Autounfall starb!“
„Du bist Isabella!“ Balthasars Augen blitzten vor Wut.
„Nein, ich war Isabella“, gab Gail gelassen zurück und zuckte mit den Schultern. „Aber in
Wirklichkeit bin ich Angelika Davis, eine Hexe!“
Balthasar kochte vor Wut. Wie hatte er sich nur so lange täuschen lassen können? Über drei Jahre!
Sie hatte es geschafft ihn, den mächtigen Dämon Balthasar zum Narren zu halten!
Zornig hob er die Hand, um einen Energieball zu formen, doch plötzlich begann er zu zittern.
Seine Augen wurden glasig und er rang nach Atem. Phoebe erschrak, als sie sah, wie Balthasar
begann sich aufzulösen.
Seine Statur war nur noch als schwacher, milchiger Nebel zu erkennen. Erst nach einigen Sekunden
wurde er wieder völlig Sichtbar.
Balthasar musste sich auf Gail stützen, um sich nicht die Blöße geben zu müssen, vor allen auf die
Knie zu sinken.
Gail brachte ihn zu einem Sessel und ließ sich neben ihm auf der Lehne nieder, nachdem er sich
gesetzt hatte.
„Wie hast du...“, begann er keuchend, doch Gail legte eine Hand auf seine Schulter.
„Das ist jetzt nicht so wichtig“, erwiderte Gail und schaute Phoebe an. „Phoebe hat dir etwas zu sagen!“
Unruhig lief Piper in der Küche auf und ab.
Auf Gails Vorschlag hin, hatten sie, wenn auch widerstrebend, Phoebe und Balthasar allein gelassen.
Nun standen sie alle schweigend da und dachten darüber nach, wie es Phoebe dort oben, auf dem Dachboden, mit ihm, ergehen mag.
Paige blätterte währenddessen im Buch der Schatten, dass sie vorsorglich mitgenommen hatte.
„Meinst du, dass er ihr etwas antut, Leo?“, fragte sie ihren Schwager.
Dieser zuckte nur mit den Schultern. „Schwer zu sagen!“
„Wenn er sich noch an das erinnert, was er oder Cole, oder... Ja, wer denn nun?“
Piper wandte sich hilfesuchend an ihren Mann. „Cole“, sagte dieser nur.
“Engelchen“, mischte sich Gail genervt ein. „Du scheinst nicht besonders schnell im Denken, was?“
„Nenn mich nicht immer "Engelchen"“, fauchte Leo die Fremde an.
Piper wurde das alles zu bunt, wütend schaute sie von Gail auf Leo.
„Wir haben jetzt wirklich andere Sorgen!“, zischte sie mit zusammengebissenen Zähnen. „Balthasar
wird Phoebe umbringen, wenn ihm ihr Angebot nicht zusagt!“
„Das...“, setzte Gail an, doch Piper schnitt ihr das Wort ab.
„Sei still!“; motzte sie. „Du hast heute schon genug Wirbel gemacht! Von wegen Cole zurückholen,
so ein Unsinn! Du stützt Phoebe ins Verderben!“
Wieder wurde es still in der Küche. Wieder hingen alle ihren Gedanken nach oder lauschten hinauf
zum Dachboden.
:sneaky2: