HMJ821
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Auch diese Geschichte wäre fertig und darf gerne verschoben werden. Und ich würde mich über Feedback freuen.
Rating: R (die Story ist wohl eher nichts für zarte Gemüter. :wink: )
Sie lag in der Dunkelheit und lauschte den Geräuschen der Nacht. Auf ihrer Wange konnte sie klebriges Blut fühlen, das längst getrocknet war. Es war ein unangenehmes Gefühl, doch sie wagte es nicht, es wegzuwischen. Ihre Beine waren steif vor Kälte und vor Schmerzen. Wie lange hatte sie schon so hier gelegen? Sie wollte sich anders hinsetzen, wollte, dass sich ihr Körper etwas von dieser verkrampften Stellung erholen konnte, doch sie wagte es nicht sich zu bewegen. Sie hatte keine Ahnung wo er war. Was wenn er ganz in ihrer Nähe war und sie hörte? Dann würde er sie finden und sie wollte sich nicht ausmalen, was dann passieren würde. Ihre Gedanken rasten. Wenn sie ihn doch bloß hören würde. Eine Zeit lang hatte sie ihn draußen gehört, wie er ihren Namen gerufen hatte. Doch dann war es auf einmal totenstill geworden. Ob er gegangen war? Sie wagte es kaum zu hoffen, doch sie wagte es auch nicht, nachzusehen. Vermutlich war es ein Trick. Er wollte sie in Sicherheit wiegen, damit sie ihr Versteck aufgab und hinauskam. Doch den Gefallen würde sie ihm nicht tun. Sie würde hier noch eine ganze zeitlang ausharren können. Auch wenn es unangenehm war. Auch wenn ihr Mund ganz trocken war und sie liebend gerne zum Wasserhahn gegangen wäre, um einen Schluck zu trinken. Überhaupt, der Gedanke darin aufzustehen und zu gehen. Ein wenig hin und her zu laufen, die Beine wieder in Schwung zu bekommen. Doch sie durfte sich nicht dazu hinreißen lassen. Sie musste bis zum Morgen durchhalten. Mindestens bis zum Morgen. Spätestens dann würden die ersten Leute anfangen sich Sorgen um sie zu machen. Auf der Arbeit würde man sich fragen, warum sie nicht auftauchte, obwohl sie doch sonst immer so zuverlässig war. Dann fiel ihr ein, dass der nächste Tag ein Sonntag wäre. Aber am Abend würde ihre Mutter sich wundern, warum sie nicht anrief. Wo sie doch jeden Tag anrief, beruhigte sie sich. Und dann würde es nicht mehr lange dauern, bis man sie suchte. Er durfte sie nur nicht vorher finden. Das war alles. Sie musste sich ruhig verhalten und hoffen, dass er sie nicht fand. Und bald, wenn es hell wäre, würde sie vielleicht auch ein geeigneteres Versteck finden können. Einen Ort an dem er sie ganz sicher nicht fand. Ein beruhigender Gedanke. Sie durfte nur nicht den Mut verlieren.
„Wow, Bernhard, es ist echt toll hier,“ rief Cordula und sah sich in der kleinen Anlage um. Es war unglaublich. Erst erbte Bernhard das Schillereck von seinem Onkel, den er nicht einmal besonders gut gekannt hatte, und jetzt hatte seine Patentante ihm diese kleine Anlage vermacht. Ein kleiner Bungalowpark, nicht einmal eine Autostunde von Köln entfernt. Direkt an einem kleinen See gelegen, ein idealer Ort, wo sich die Stadtmenschen am Wochenende hin zurückziehen konnten. Man konnte hier angeln, schwimmen gehen, Wanderungen machen und die Kinder liebten es, im Wald zu spielen und auf die Bäume zu klettern. Zehn Bungalows zählte der kleine Park, und eine große Hütte, die als Restaurant diente. Schließlich sollte man sich hier erholen, also war Vollverpflegung inklusive. So jedenfalls sah Bernhards Plan aus. Er wollte den kleinen Park, der jetzt seit mehreren Jahren ungenutzt geblieben war, bis zum nächsten Sommer renovieren und wieder aufleben lassen. Für zehn Bungalows ließen sich gewiss leicht Feriengäste finden und er würde auch sicher jemanden finden, dem er das Kochen anvertrauen könnte. Doch erst einmal mussten die Hütten renoviert werden. „Nein,“ korrigierte sich Bernhard in Gedanken, „erst einmal wird hier jetzt ein bisschen gefeiert.“ Er hatte seine Freunde übers Wochenende eingeladen. Es war Mitte August und noch sehr sommerliches Wetter. Sie würden entweder in ihren Schlafsäcken draußen schlafen, oder wer wollte konnte auch in einen der offen stehenden Bungalows gehen und dort die Nacht verbringen. Verpflegung hatten sie genug dabei und eine kleine Erholung konnten sie alle gut gebrauchen. Keiner seiner Freunde war über den Sommer weg gewesen, sie alle hatten gearbeitet und nur gelegentlich mal einen Samstagnachmittag am Rhein verbracht. Mehr Erholung hatte es für sie nicht gegeben. Warum also nicht ein schönes Wochenende hier am See verbringen? Annette hatte sich ihrer Sandalen entledigt und war gemeinsam mit Michael zum Wasser gegangen. „Das ist ja richtig warm,“ sagte sie begeistert und nun streckte auch Michael vorsichtig einen Fuß ins Wasser. Bernhard lächelte. In Gedanken sah er bereits die Kinder hier schreiend und begeistert hin und herlaufen. Er sah wie sie im Wasser spielten, während ihre Mütter sich in der Sonne bräunten und ihre Väter zusammen saßen und gemütlich rauchten. Die älteren Kinder spielten Fußball und wenn es einmal nicht heiß genug war um ins Wasser zu gehen, gingen sie in den Wald, bauten Baumhäuser und spielten Indianer. Vielleicht wäre es sogar für Schulklassen interessant hier. Der Wald war von der menschlichen Hand unberührt und die Kinder konnten sicher eine ganze Menge über die Pflanzen Deutschlands hier lernen. Sie konnten einen Staudamm bauen und… Sein Gedankengang wurde unterbrochen, da Ilka ihn rief. „Sag mal,“ empörte sie sich, „hörst du überhaupt nicht zu? Ich wollte wissen, wohin wir das ganze Gepäck bringen sollen.“ Während alle anderen sich mittlerweile unten am See befanden, standen Ilka und ihr Bruder Tetje neben den beiden Autos und hielten jeder eine große Kiste. „Ähm, die Vorräte bringen wir am besten hier in die große Hütte,“ sagte Bernhard schnell und nahm seinerseits einen wesentlich kleineren Korb in die Hand. Gemeinsam mit den beiden Geschwistern schaffte er die Sachen in den großen Bungalow, der ihm als Speisebungalow dienen würde. „Und um die anderen Sachen kann sich ja jeder selber kümmern,“ sagte er nun, als sie wieder zurück in der Sonne waren. „Ich weiß ja nicht, wer jetzt draußen schlafen möchte und wer doch lieber in den Bungalow geht.“
„Also, wir Mädels würden glaube ich lieber in einem der Bungalows schlafen,“ sagte Ilka. Sie selber hatte zwar kein Problem damit draußen zu schlafen, aber nachdem Cordula gesagt hatte, dass sie auf gar keinen Fall zwischen Spinnen und Käfern schlafen würde, hatten sie und Annette erklärt, dass sie selbstverständlich dann auch mit Cordula in einem Bungalow schlafen würde. Doch sie sah sich bereits jetzt alleine mit Cordula in diesem Bungalow liegen. Michael, der schon seit Wochen versuchte ihr näher zu kommen, hatte sie nämlich gerade hochgehoben und tat nun so als wolle er sie in den See werfen. Annette hatte zwar die ganze Zeit überbetont, dass sie beide nur gute Freunde waren und er das ganz sicher auch so sah, aber man konnte ja nie wissen, was nicht so alles an so einem Wochenende fern vom Alltagsstress passieren konnte. Vor allem wenn heute Abend eventuell noch Alkohol ins Spiel käme. Aber egal, was machte sie sich eigentlich Gedanken darüber? Das alles ging sie doch gar nichts an. Sie waren alle alt genug um selber zu entscheiden, was sie taten. Ilka warf einen Blick zu ihrem Bruder, der genau wie sie relativ unschlüssig am Wagen stand und das Geschehen am See beobachtete. Sie selber hatte zwar einen Badeanzug dabei und hätte jetzt nichts lieber getan als sich ins Wasser zu stürzen, aber sie zögerte. Zwar machte sie selber auch immer Witze über ihre Figur, die eben nicht Model-Größe war, aber mit den beiden schlanken Mädels ins Wasser zu gehen, war eben doch noch etwas anderes. Sie zuckte mit den Schultern und griff sich ihre Tasche. Im Laufe des Wochenendes würde sie garantiert genau wie die anderen unbefangen ins Wasser springen. Musste ja nicht gleich das erste sein was sie tat. Nachdem sie sich auch Annettes und Cordulas Tasche geschnappt hatte, die erstaunlicherweise beide sehr viel schwerer waren als ihre eigene – war sie nicht diejenige, die im Zelthandel einkaufte? - , machte sie sich auf den Weg zu den Bungalows. Sie wollte den Bungalow ausfindig machen, der am vertrauenserweckendsten aussah. Sprich denjenigen, in dem die wenigsten Käfer und Spinnen wohnten, denn sonst würde Cordula vermutlich die Nacht im Auto verbringen wollen.
Warum war es überhaupt so kalt geworden? Die erste Nacht, die sie hier am See verbracht hatten, war so angenehm warm gewesen. Man hätte durchaus draußen auch ohne Schlafsack schlafen können und in den stickigen Bungalows war es mehr als nur heiß gewesen. Doch jetzt fror sie aus irgendeinem Grund. Sie musste sich beruhigen. Wenn sie weiter so zitterte, würde er sie hören. Konnte man Zittern überhaupt hören oder machte sie sich nur selber verrückt? Solange sie nicht anfing mit den Zähnen zu klappern oder so stark anfing zu zittern, dass sie irgendwo gegen knallte, war es doch egal. Oder nicht? Sie musste sich mit irgendetwas ablenken, aber es ging nicht. Sie konnte an nichts anderes denken, außer… Gequält schloss sie die Augen, als wenn so die Bilder, die sie verfolgten, aus ihrem Kopf verschwinden würden.
So schlimm, wie Bernhard gesagt hatte, war es hier gar nicht. Natürlich, er würde einiges an Renovierungsarbeiten zu erledigen haben, aber so wie er es beschrieben hatte, hatte Cordula sich komplett verfallene Hütten vorgestellt, aber die Hütten und die Einrichtung waren in gutem Zustand. Einige der Möbelstücke würden nur gestrichen werden müssen, bevor sie wieder wie neu aussahen. Nachdem sie mit einem alten Lappen den Staub aus dem Schrank gewischt hatte, der sich im Laufe der Jahre unvermeidbar ansammelte, hatte sie sogar ihre Kleidung hineingelegt. Sie hasste es aus dem Koffer zu leben. Auch wenn sie wegen einer Tagung bloß eine Nacht in einem Hotel verbrachte, sie packte immer ihren Koffer aus. Ein Blick in das Badezimmer verriet ihr, dass die Sanitäranlagen tatsächlich zu nichts zu gebrauchen waren. Aber das machte nichts, sie würden ohnehin im See baden, und um ihre Kosmetiksachen abzustellen, war das Waschbecken immer noch gut genug. Den Spiegel brauchte sie bloß einmal überzuwischen und schon würde sie sich sehen können. Alles kein Problem. Gut genug, dachte sie, und ging zurück in das Schlafzimmer, in dem Annette immer noch auf dem Bett rumhüpfte um den Staub aus der Matratze zu bekommen. Besonders erfolgreich waren ihre Bemühungen nicht, aber sie hatten ja auch extra jede Menge Decken mitgebracht, die man auf die Matratze drauflegen konnte. „Hey Mädels!“ Oliver stand vor dem Fenster und winkte ihnen fröhlich zu. Cordula, die sich gerade hatte umziehen wollen, zuckte erschrocken zusammen. „Was gibt’s?“ wollte sie ungeduldig wissen. „Wir gehen mal ein bisschen Feuerholz sammeln, für ein Lagerfeuer,“ erklärte er feierlich. „Das ihr dann mit einem Feuerzeug anzündet oder wie?“ grinste Annette, woraufhin Olli sie leicht beleidigt ansah und dann ging. „Schade, dass der Strom abgestellt ist,“ sagte Ilka, „hier gibt es in jedem Bungalow kleine Küchen, da könnten wir uns viel besser selber was machen, wer weiß, womit die Jungs jetzt ankommen.“ „Die sind jetzt richtige kleine Abenteurer,“ erklärte Annette immer noch lachend, „ich wette die fangen gleich noch Fische und stellen dann im Wald Fallen für die Bären auf.“ „Hier gibt es Bären?“ Cordula sah erschrocken auf. „So ein Quatsch, Cordula,“ beruhigte Annette sie, „hier gibt es bestenfalls Waschbären.“ „Na dann ist ja gut,“ erwiderte Cordula und ging wieder zurück ins Badezimmer um die restlichen Kosmetiksachen aufzubauen und den Spiegel abzuwischen. Danach fühlte sie sich gleich wohler,- fast wie zu Hause.
Sie saßen an dem Lagefeuer, das die Jungs zunächst ganz feierlich ohne Feuerzeug oder Streichhölzer zum Brennen hatten bringen wollen. Doch nachdem Annette sie nach einer halben Stunde darauf hingewiesen hatte, dass sie ja nicht einmal eine Bierflasche ohne Flaschenöffner aufbekämen und daher ganz sicher auch kein Feuer würden anzünden können, hatten sie doch zu den Streichhölzern gegriffen. Im Grunde genommen war das Feuer sowieso komplett unnötig gewesen, aber Cordula, Annette und Ilka hatten den Jungs den Spaß nicht nehmen wollen. Sie hatten für den Abend jede Menge Salate gemacht und außerdem Kuchen dabei. Und eigentlich war es viel zu heiß, um auch noch Feuer zu machen, aber die Jungs hatten erklärt, dass sie schließlich ihr Brot rösten wollten, was sie nun auch taten. Während sie dem Brot zusahen, das langsam seine Farbe veränderte, unterhielten sie sich über alle möglichen Dinge. Es tat so gut, endlich einmal weg von dem Alltagsstress zu sein. Einfach ein unbeschwertes Wochenende mit seinen Freunden draußen in freier Natur zu verbringen und Spaß zu haben. Das Beste war natürlich, dass sie so völlig unter sich waren, keine fremden Menschen auf die man würde Rücksicht nehmen müssen. Sie konnten tun und lassen, was sie wollten. Ralf hatte das Radio in seinem Auto voll aufgedreht, sodass sie nun von Musik beschallt wurden, während sie genüsslich den Nudelsalat mit dem gerösteten Brot aßen. „Gehen wir gleich noch eine Runde schwimmen?“ fragte Michael und sah die anderen an. Sie hatten, abgesehen von Tetje, der ein Buch gelesen hatte, den ganzen Nachmittag damit verbracht im See Wasserball zu spielen und die Haare von Cordula und Annette tropften immer noch, aber wer wusste auch schon, wann sie wieder die Gelegenheit haben würden ins Wasser zu springen? „Ja, aber natürlich, dumme Frage,“ entgegnete Annette daher lächelnd, doch Tetje warf ein: „Ich würde aber gerne auch später noch eine kleine Nachtwanderung machen. Das ist bestimmt lustig hier im Wald.“ „Au ja,“ die Jungs waren natürlich gleich Feuer und Flamme für diesen Vorschlag, während Cordula eher weniger begeistert aussah. Doch natürlich würde auch sie mitkommen. Besser mit den anderen, die wenigstens Taschenlampen dabei hatten, durch den Wald laufen, als hier alleine zu warten. Sie würden vermutlich ohnehin schnell den Spaß verlieren und schnell zurückkehren, - das hoffte sie auf jeden Fall. Langsam griff sie nach ihrer Bierflasche und trank sie aus. Auch die anderen schienen mit dem Essen fertig zu sein, denn sie begannen, das Plastikgeschirr in einen großen Müllsack zu räumen und das übrig gebliebene Essen in den großen Bungalow zu bringen. Als sie wieder raus kamen, wollte Cordula schon ihr Kleid ausziehen, unter dem sie einen Bikini trug, wurde aber von Bernhard zurückgehalten. „Cordula, nach dem Essen darf man mindestens eine halbe Stunde lang nicht ins Wasser,“ belehrte er sie. „Jaja, und unter Alkoholeinfluss auch nicht und blablabla,“ entgegnete Michael, der an diesem Abend schon einiges getrunken hatte, schnappte sich Annette und rannte mit ihr in Richtung Wasser. Im ersten Augenblick dachte Cordula noch, er würde wie am Nachmittag bloß einen Spaß machen, doch dies Mal machte er ernst und warf sich mit der angezogenen Annette ins Wasser. Erstaunlicherweise schien diese es ihm kein bisschen übel zu nehmen, denn als sie wieder auftauchte, lachte sie und bespritzte Michael mit Wasser. Schnell entledigte Cordula sich jetzt ihrerseits ihres Kleides, um mit den anderen zusammen ebenfalls in den See zu springen. Nur Tetje und Bernhard blieben am Ufer zurück.

Rating: R (die Story ist wohl eher nichts für zarte Gemüter. :wink: )
Sie lag in der Dunkelheit und lauschte den Geräuschen der Nacht. Auf ihrer Wange konnte sie klebriges Blut fühlen, das längst getrocknet war. Es war ein unangenehmes Gefühl, doch sie wagte es nicht, es wegzuwischen. Ihre Beine waren steif vor Kälte und vor Schmerzen. Wie lange hatte sie schon so hier gelegen? Sie wollte sich anders hinsetzen, wollte, dass sich ihr Körper etwas von dieser verkrampften Stellung erholen konnte, doch sie wagte es nicht sich zu bewegen. Sie hatte keine Ahnung wo er war. Was wenn er ganz in ihrer Nähe war und sie hörte? Dann würde er sie finden und sie wollte sich nicht ausmalen, was dann passieren würde. Ihre Gedanken rasten. Wenn sie ihn doch bloß hören würde. Eine Zeit lang hatte sie ihn draußen gehört, wie er ihren Namen gerufen hatte. Doch dann war es auf einmal totenstill geworden. Ob er gegangen war? Sie wagte es kaum zu hoffen, doch sie wagte es auch nicht, nachzusehen. Vermutlich war es ein Trick. Er wollte sie in Sicherheit wiegen, damit sie ihr Versteck aufgab und hinauskam. Doch den Gefallen würde sie ihm nicht tun. Sie würde hier noch eine ganze zeitlang ausharren können. Auch wenn es unangenehm war. Auch wenn ihr Mund ganz trocken war und sie liebend gerne zum Wasserhahn gegangen wäre, um einen Schluck zu trinken. Überhaupt, der Gedanke darin aufzustehen und zu gehen. Ein wenig hin und her zu laufen, die Beine wieder in Schwung zu bekommen. Doch sie durfte sich nicht dazu hinreißen lassen. Sie musste bis zum Morgen durchhalten. Mindestens bis zum Morgen. Spätestens dann würden die ersten Leute anfangen sich Sorgen um sie zu machen. Auf der Arbeit würde man sich fragen, warum sie nicht auftauchte, obwohl sie doch sonst immer so zuverlässig war. Dann fiel ihr ein, dass der nächste Tag ein Sonntag wäre. Aber am Abend würde ihre Mutter sich wundern, warum sie nicht anrief. Wo sie doch jeden Tag anrief, beruhigte sie sich. Und dann würde es nicht mehr lange dauern, bis man sie suchte. Er durfte sie nur nicht vorher finden. Das war alles. Sie musste sich ruhig verhalten und hoffen, dass er sie nicht fand. Und bald, wenn es hell wäre, würde sie vielleicht auch ein geeigneteres Versteck finden können. Einen Ort an dem er sie ganz sicher nicht fand. Ein beruhigender Gedanke. Sie durfte nur nicht den Mut verlieren.
„Wow, Bernhard, es ist echt toll hier,“ rief Cordula und sah sich in der kleinen Anlage um. Es war unglaublich. Erst erbte Bernhard das Schillereck von seinem Onkel, den er nicht einmal besonders gut gekannt hatte, und jetzt hatte seine Patentante ihm diese kleine Anlage vermacht. Ein kleiner Bungalowpark, nicht einmal eine Autostunde von Köln entfernt. Direkt an einem kleinen See gelegen, ein idealer Ort, wo sich die Stadtmenschen am Wochenende hin zurückziehen konnten. Man konnte hier angeln, schwimmen gehen, Wanderungen machen und die Kinder liebten es, im Wald zu spielen und auf die Bäume zu klettern. Zehn Bungalows zählte der kleine Park, und eine große Hütte, die als Restaurant diente. Schließlich sollte man sich hier erholen, also war Vollverpflegung inklusive. So jedenfalls sah Bernhards Plan aus. Er wollte den kleinen Park, der jetzt seit mehreren Jahren ungenutzt geblieben war, bis zum nächsten Sommer renovieren und wieder aufleben lassen. Für zehn Bungalows ließen sich gewiss leicht Feriengäste finden und er würde auch sicher jemanden finden, dem er das Kochen anvertrauen könnte. Doch erst einmal mussten die Hütten renoviert werden. „Nein,“ korrigierte sich Bernhard in Gedanken, „erst einmal wird hier jetzt ein bisschen gefeiert.“ Er hatte seine Freunde übers Wochenende eingeladen. Es war Mitte August und noch sehr sommerliches Wetter. Sie würden entweder in ihren Schlafsäcken draußen schlafen, oder wer wollte konnte auch in einen der offen stehenden Bungalows gehen und dort die Nacht verbringen. Verpflegung hatten sie genug dabei und eine kleine Erholung konnten sie alle gut gebrauchen. Keiner seiner Freunde war über den Sommer weg gewesen, sie alle hatten gearbeitet und nur gelegentlich mal einen Samstagnachmittag am Rhein verbracht. Mehr Erholung hatte es für sie nicht gegeben. Warum also nicht ein schönes Wochenende hier am See verbringen? Annette hatte sich ihrer Sandalen entledigt und war gemeinsam mit Michael zum Wasser gegangen. „Das ist ja richtig warm,“ sagte sie begeistert und nun streckte auch Michael vorsichtig einen Fuß ins Wasser. Bernhard lächelte. In Gedanken sah er bereits die Kinder hier schreiend und begeistert hin und herlaufen. Er sah wie sie im Wasser spielten, während ihre Mütter sich in der Sonne bräunten und ihre Väter zusammen saßen und gemütlich rauchten. Die älteren Kinder spielten Fußball und wenn es einmal nicht heiß genug war um ins Wasser zu gehen, gingen sie in den Wald, bauten Baumhäuser und spielten Indianer. Vielleicht wäre es sogar für Schulklassen interessant hier. Der Wald war von der menschlichen Hand unberührt und die Kinder konnten sicher eine ganze Menge über die Pflanzen Deutschlands hier lernen. Sie konnten einen Staudamm bauen und… Sein Gedankengang wurde unterbrochen, da Ilka ihn rief. „Sag mal,“ empörte sie sich, „hörst du überhaupt nicht zu? Ich wollte wissen, wohin wir das ganze Gepäck bringen sollen.“ Während alle anderen sich mittlerweile unten am See befanden, standen Ilka und ihr Bruder Tetje neben den beiden Autos und hielten jeder eine große Kiste. „Ähm, die Vorräte bringen wir am besten hier in die große Hütte,“ sagte Bernhard schnell und nahm seinerseits einen wesentlich kleineren Korb in die Hand. Gemeinsam mit den beiden Geschwistern schaffte er die Sachen in den großen Bungalow, der ihm als Speisebungalow dienen würde. „Und um die anderen Sachen kann sich ja jeder selber kümmern,“ sagte er nun, als sie wieder zurück in der Sonne waren. „Ich weiß ja nicht, wer jetzt draußen schlafen möchte und wer doch lieber in den Bungalow geht.“
„Also, wir Mädels würden glaube ich lieber in einem der Bungalows schlafen,“ sagte Ilka. Sie selber hatte zwar kein Problem damit draußen zu schlafen, aber nachdem Cordula gesagt hatte, dass sie auf gar keinen Fall zwischen Spinnen und Käfern schlafen würde, hatten sie und Annette erklärt, dass sie selbstverständlich dann auch mit Cordula in einem Bungalow schlafen würde. Doch sie sah sich bereits jetzt alleine mit Cordula in diesem Bungalow liegen. Michael, der schon seit Wochen versuchte ihr näher zu kommen, hatte sie nämlich gerade hochgehoben und tat nun so als wolle er sie in den See werfen. Annette hatte zwar die ganze Zeit überbetont, dass sie beide nur gute Freunde waren und er das ganz sicher auch so sah, aber man konnte ja nie wissen, was nicht so alles an so einem Wochenende fern vom Alltagsstress passieren konnte. Vor allem wenn heute Abend eventuell noch Alkohol ins Spiel käme. Aber egal, was machte sie sich eigentlich Gedanken darüber? Das alles ging sie doch gar nichts an. Sie waren alle alt genug um selber zu entscheiden, was sie taten. Ilka warf einen Blick zu ihrem Bruder, der genau wie sie relativ unschlüssig am Wagen stand und das Geschehen am See beobachtete. Sie selber hatte zwar einen Badeanzug dabei und hätte jetzt nichts lieber getan als sich ins Wasser zu stürzen, aber sie zögerte. Zwar machte sie selber auch immer Witze über ihre Figur, die eben nicht Model-Größe war, aber mit den beiden schlanken Mädels ins Wasser zu gehen, war eben doch noch etwas anderes. Sie zuckte mit den Schultern und griff sich ihre Tasche. Im Laufe des Wochenendes würde sie garantiert genau wie die anderen unbefangen ins Wasser springen. Musste ja nicht gleich das erste sein was sie tat. Nachdem sie sich auch Annettes und Cordulas Tasche geschnappt hatte, die erstaunlicherweise beide sehr viel schwerer waren als ihre eigene – war sie nicht diejenige, die im Zelthandel einkaufte? - , machte sie sich auf den Weg zu den Bungalows. Sie wollte den Bungalow ausfindig machen, der am vertrauenserweckendsten aussah. Sprich denjenigen, in dem die wenigsten Käfer und Spinnen wohnten, denn sonst würde Cordula vermutlich die Nacht im Auto verbringen wollen.
Warum war es überhaupt so kalt geworden? Die erste Nacht, die sie hier am See verbracht hatten, war so angenehm warm gewesen. Man hätte durchaus draußen auch ohne Schlafsack schlafen können und in den stickigen Bungalows war es mehr als nur heiß gewesen. Doch jetzt fror sie aus irgendeinem Grund. Sie musste sich beruhigen. Wenn sie weiter so zitterte, würde er sie hören. Konnte man Zittern überhaupt hören oder machte sie sich nur selber verrückt? Solange sie nicht anfing mit den Zähnen zu klappern oder so stark anfing zu zittern, dass sie irgendwo gegen knallte, war es doch egal. Oder nicht? Sie musste sich mit irgendetwas ablenken, aber es ging nicht. Sie konnte an nichts anderes denken, außer… Gequält schloss sie die Augen, als wenn so die Bilder, die sie verfolgten, aus ihrem Kopf verschwinden würden.
So schlimm, wie Bernhard gesagt hatte, war es hier gar nicht. Natürlich, er würde einiges an Renovierungsarbeiten zu erledigen haben, aber so wie er es beschrieben hatte, hatte Cordula sich komplett verfallene Hütten vorgestellt, aber die Hütten und die Einrichtung waren in gutem Zustand. Einige der Möbelstücke würden nur gestrichen werden müssen, bevor sie wieder wie neu aussahen. Nachdem sie mit einem alten Lappen den Staub aus dem Schrank gewischt hatte, der sich im Laufe der Jahre unvermeidbar ansammelte, hatte sie sogar ihre Kleidung hineingelegt. Sie hasste es aus dem Koffer zu leben. Auch wenn sie wegen einer Tagung bloß eine Nacht in einem Hotel verbrachte, sie packte immer ihren Koffer aus. Ein Blick in das Badezimmer verriet ihr, dass die Sanitäranlagen tatsächlich zu nichts zu gebrauchen waren. Aber das machte nichts, sie würden ohnehin im See baden, und um ihre Kosmetiksachen abzustellen, war das Waschbecken immer noch gut genug. Den Spiegel brauchte sie bloß einmal überzuwischen und schon würde sie sich sehen können. Alles kein Problem. Gut genug, dachte sie, und ging zurück in das Schlafzimmer, in dem Annette immer noch auf dem Bett rumhüpfte um den Staub aus der Matratze zu bekommen. Besonders erfolgreich waren ihre Bemühungen nicht, aber sie hatten ja auch extra jede Menge Decken mitgebracht, die man auf die Matratze drauflegen konnte. „Hey Mädels!“ Oliver stand vor dem Fenster und winkte ihnen fröhlich zu. Cordula, die sich gerade hatte umziehen wollen, zuckte erschrocken zusammen. „Was gibt’s?“ wollte sie ungeduldig wissen. „Wir gehen mal ein bisschen Feuerholz sammeln, für ein Lagerfeuer,“ erklärte er feierlich. „Das ihr dann mit einem Feuerzeug anzündet oder wie?“ grinste Annette, woraufhin Olli sie leicht beleidigt ansah und dann ging. „Schade, dass der Strom abgestellt ist,“ sagte Ilka, „hier gibt es in jedem Bungalow kleine Küchen, da könnten wir uns viel besser selber was machen, wer weiß, womit die Jungs jetzt ankommen.“ „Die sind jetzt richtige kleine Abenteurer,“ erklärte Annette immer noch lachend, „ich wette die fangen gleich noch Fische und stellen dann im Wald Fallen für die Bären auf.“ „Hier gibt es Bären?“ Cordula sah erschrocken auf. „So ein Quatsch, Cordula,“ beruhigte Annette sie, „hier gibt es bestenfalls Waschbären.“ „Na dann ist ja gut,“ erwiderte Cordula und ging wieder zurück ins Badezimmer um die restlichen Kosmetiksachen aufzubauen und den Spiegel abzuwischen. Danach fühlte sie sich gleich wohler,- fast wie zu Hause.
Sie saßen an dem Lagefeuer, das die Jungs zunächst ganz feierlich ohne Feuerzeug oder Streichhölzer zum Brennen hatten bringen wollen. Doch nachdem Annette sie nach einer halben Stunde darauf hingewiesen hatte, dass sie ja nicht einmal eine Bierflasche ohne Flaschenöffner aufbekämen und daher ganz sicher auch kein Feuer würden anzünden können, hatten sie doch zu den Streichhölzern gegriffen. Im Grunde genommen war das Feuer sowieso komplett unnötig gewesen, aber Cordula, Annette und Ilka hatten den Jungs den Spaß nicht nehmen wollen. Sie hatten für den Abend jede Menge Salate gemacht und außerdem Kuchen dabei. Und eigentlich war es viel zu heiß, um auch noch Feuer zu machen, aber die Jungs hatten erklärt, dass sie schließlich ihr Brot rösten wollten, was sie nun auch taten. Während sie dem Brot zusahen, das langsam seine Farbe veränderte, unterhielten sie sich über alle möglichen Dinge. Es tat so gut, endlich einmal weg von dem Alltagsstress zu sein. Einfach ein unbeschwertes Wochenende mit seinen Freunden draußen in freier Natur zu verbringen und Spaß zu haben. Das Beste war natürlich, dass sie so völlig unter sich waren, keine fremden Menschen auf die man würde Rücksicht nehmen müssen. Sie konnten tun und lassen, was sie wollten. Ralf hatte das Radio in seinem Auto voll aufgedreht, sodass sie nun von Musik beschallt wurden, während sie genüsslich den Nudelsalat mit dem gerösteten Brot aßen. „Gehen wir gleich noch eine Runde schwimmen?“ fragte Michael und sah die anderen an. Sie hatten, abgesehen von Tetje, der ein Buch gelesen hatte, den ganzen Nachmittag damit verbracht im See Wasserball zu spielen und die Haare von Cordula und Annette tropften immer noch, aber wer wusste auch schon, wann sie wieder die Gelegenheit haben würden ins Wasser zu springen? „Ja, aber natürlich, dumme Frage,“ entgegnete Annette daher lächelnd, doch Tetje warf ein: „Ich würde aber gerne auch später noch eine kleine Nachtwanderung machen. Das ist bestimmt lustig hier im Wald.“ „Au ja,“ die Jungs waren natürlich gleich Feuer und Flamme für diesen Vorschlag, während Cordula eher weniger begeistert aussah. Doch natürlich würde auch sie mitkommen. Besser mit den anderen, die wenigstens Taschenlampen dabei hatten, durch den Wald laufen, als hier alleine zu warten. Sie würden vermutlich ohnehin schnell den Spaß verlieren und schnell zurückkehren, - das hoffte sie auf jeden Fall. Langsam griff sie nach ihrer Bierflasche und trank sie aus. Auch die anderen schienen mit dem Essen fertig zu sein, denn sie begannen, das Plastikgeschirr in einen großen Müllsack zu räumen und das übrig gebliebene Essen in den großen Bungalow zu bringen. Als sie wieder raus kamen, wollte Cordula schon ihr Kleid ausziehen, unter dem sie einen Bikini trug, wurde aber von Bernhard zurückgehalten. „Cordula, nach dem Essen darf man mindestens eine halbe Stunde lang nicht ins Wasser,“ belehrte er sie. „Jaja, und unter Alkoholeinfluss auch nicht und blablabla,“ entgegnete Michael, der an diesem Abend schon einiges getrunken hatte, schnappte sich Annette und rannte mit ihr in Richtung Wasser. Im ersten Augenblick dachte Cordula noch, er würde wie am Nachmittag bloß einen Spaß machen, doch dies Mal machte er ernst und warf sich mit der angezogenen Annette ins Wasser. Erstaunlicherweise schien diese es ihm kein bisschen übel zu nehmen, denn als sie wieder auftauchte, lachte sie und bespritzte Michael mit Wasser. Schnell entledigte Cordula sich jetzt ihrerseits ihres Kleides, um mit den anderen zusammen ebenfalls in den See zu springen. Nur Tetje und Bernhard blieben am Ufer zurück.