Okay, in acht Stunden sitze ich im Bus, unterwegs nach Polen, Schüleraustausch, und irgendwie hatte ich das Verlangen, euch noch einen Teil zu posten, bevor ich für zehn Tage in den Osten verschwinde. Ich hoffe, dass ich, wenn ich wieder komme, viel Feedback bekommen habe!
Ich hoffe er gefällt euch. Ist ja sozusagen mein Abschlussteil. (Ich hab noch nicht mal meinen Koffer fertig gepackt!
)
Ach, Elenia, ich werde versuchen im nächsten Teil das Gewürz "Chris" etwas mehr zu benutzen, okay?
:lol:
Kapitel XI:
Zwar waren es nur wenige Augenblicke, bis ihr Entschluss feststand etwas zu unternehmen, doch für Palmyra vergingen viele endlose Stunden. Ihr Herz raste so schnell, dass sie sich nicht sicher war, ob es überhaupt schlug und ihre Augen waren währenddessen noch immer auf die zierlichen Kettchen gerichtet.
Sie musste zu ihnen. Doch wo waren sie? Und viel wichtiger, wie sollte sie dahin kommen? Ohne, dass sie eigentlich schon eine Entscheidung getroffen hatte, stand sie auf und ging hinaus auf den Flur. Unter ihren Füßen knarrte das vom Mond erleuchtete Holz und hallte ungewohnt laut in dem stillen Haus wider, während in ihrem Kopf ein verbissener Kampf stattfand. Sie wusste, dass sie mindestens eine neue Kraft als Wächterin erhalten hatte, aber sie hatte sie erst einmal benutzt und sie wusste nicht ob sie sie schon so kontrollieren konnte, dass sie an ihrem Ziel ankam. Anderseits widerstrebte es ihr, Wyatt zu wecken, der noch nicht alles wusste und es auch nicht wissen sollte.
Dennoch öffnete sie seine Zimmertür um ihn zu wecken.
„Wyatt! Wyatt! Wach auf!“, flüsterte sie und rüttelte an seiner Schulter.
„Was?“, nuschelte er und wollte sich schon wieder wegdrehen, doch Palmyra packte seinen Arm.
„Ich brauch deine Hilfe. Der Dämon hat den Norman-Zwillingen vielleicht etwas angetan.“, sagte sie.
„Was?“, fragte er nochmal, doch diesmal war er wacher und er setzte sich verdutzt auf. „Der Dämon? Die Zwillinge?“
„Ja!“, drängte sie ihn verzweifelt. „Für Erklärungen ist später Zeit. Wir müssen sie suchen!“
„Natürlich!“, erwiderte Wyatt verschlafen und griff nach einem Sweatshirt, das über seinem Bettende hing, bevor er Palmyras Hand packte und in das Kinderzimmer der Zwillinge beamte.
Im Zimmer war es stockdüster und unberuhigend still. Keine leisen Atemgeräusche, die das Zimmer normalerweise erfüllen sollten. Langsam tastete sich Palmyra zum Lichtschalter neben der Tür und schaltete das Licht ein. Die Betten waren verwaist und die Bettdecken und Kissen lagen auf dem Boden zerstreut.
„Wo sind sie?“, fragte er und sah sich aufmerksam um.
„Weiß ich nicht! Aber wir müssen sie suchen!“, flüsterte sie und starrte auf die leeren Betten.
„Pal, bitte. Sag mir was hier los ist. Ich kann dir nicht helfen, wenn du mir nicht alles sagst.“
„Nein Wyatt!“, sagte sie und versuchte sich zu beherrschen. Mrs und Mr Norman schliefen nebenan und Palmyra war nicht erpicht darauf, ihnen zu erklären, was sie hier machten und wo ihre Töchter waren. „Das ist nicht die richtige Zeit für Erklärungen. Vielleicht später, aber erst müssen wir sie finden! Hier!“, sagte sie und streckte die Hand mit den zwei kleinen Kettchen aus. „Kannst du uns zu ihnen bringen?“
Mit der einen Hand nahm er die Ketten und mit der anderen ergriff er Palmyras Arm. Blaue Funken erhellten das Zimmer und die beiden verschwanden.
Sie wusste nicht, wo Wyatt sie hinbringen würde, aber ihr einziger Gedanke galt der Rettung, der beiden unschuldigen Mädchen. Während sie überlegte, wie sie das anstellen sollte, spürte sie ein merkwürdiges Ziehen in ihrer Magengegend. Im nächsten Moment verschwand Wyatts Hand und sie fiel auf den harten mit Staub bedeckten Boden einer dämmrigen Höhle.
„Ich habe mich schon gefragt, wann du auftauchen würdest!“
In dem Moment, in dem sie Yuco erkannte und bemerkte, dass Wyatt nicht mehr neben ihr war, wusste sie, dass sie in eine Falle getappt war. In eine Falle, die, jetzt, so offensichtlich gestrickt war.
Langsam stand sie auf und blickte sich um. Sie war in der gleichen Höhle wie vorher. Hinter ihr war die schwarze Tür, links von ihr, im Schatten, der Eingang zum Rest des Höhlengewölbes und vor ihr stand Yuco mit seinen kalten dunklen Augen und sah sie unverhohlen an.
„Wo sind sie?“, fragte sie und versuchte mutiger zu klingen, als sie in Angesicht der Tatsachen war.
„Wenn du die beiden Gören meinst, sie leben noch.“, sagte er und sein abstoßendes Lächeln, verriet Palmyra sofort, wozu er die Zwillinge entführt hat.
„Wo sind sie?“, wiederholte sie unbeeindruckt und zu ihrer Überraschung öffnete Yuco mit einer fließenden Handbewegung die Tür hinter ihr. Sie fuhr herum und sah Mary und Ashley in einer Ecke kauern, die Arme Schutz suchend um den anderen geschlungen. Sie wollte zu ihnen eilen und sie hier wegbringen, doch Yuco hielt sie auf.
„Gib mir den Schlüssel, oder sie sind tot, bevor du den nächsten Schritt getan hast!“, sagte er. Ganz langsam drehte sie sich wieder ihrem Gegner zu, während ihr Verstand auf Hochtouren arbeitete um einen Ausweg zu finden. Gleichzeitig verfluchte sie wie so oft ihre jämmerliche Telepathie, die ihr in den meisten Situationen keine Verteidigung, geschweige denn Schutz bot.
„Was ist nun? Willst du für den Tod dieser beiden unschuldigen Mädchen verantwortlich sein? Willst du etwa den Eltern erklären, warum ihre beiden Mädchen diese Welt verlassen haben? Und das nur, weil du dich weigerst mir einen simplen Wunsch zu erfüllen?“, sein Lächeln sollte freundlich und vertrauenserweckend scheinen, doch die kalten Augen verwandelten sein Gesicht machtgierige Grimasse.
Stumm senkte sie den Kopf. Was sollte sie tun? Diese Frage schwirrte ihr unaufhörlich im Kopf herum und hinderte sie daran eine Lösung zu finden. Sie war noch nie sehr entscheidungsfreudig gewesen und jetzt sollte sie sich für einen Ausweg entscheiden, der weder Yuco zu Gute kam, noch den Zwillingen schadete.
„Schade, vielleicht das nächste Mal!“, sagte er und Palmyra hob gerade noch rechtzeitig den Kopf um zu sehen, wie in Yucos Hand ein Energieball erschien, bevor sie in die Luft gerissen wurde und zur Seite flog. Ihr Kopf schlug gegen die grobe Felswand und ein stechender Schmerz durchzuckte sie. Ihr verschwommener Blick war noch immer auf Yuco gerichtet und während sie verzweifelt auf ein Wunder hoffte, das die unschuldigen Mädchen retten könnte, geschah etwas Seltsames. Yucos Bewegungen wurden mit einem Mal langsamer. Seine Hand, mitten im Ausholen, kam fast zum Stillstand.
Ohne über Konsequenzen nachzudenken, holte Palmyra das letzte bisschen Kraft aus sich heraus und stolperte in die Flugbahn. Sie spürte nur noch wie der Energieball ihren Körper durchdrang und ihn mit nach hinten riss.
Es war, als würden tausend glühende Schwerter sie ununterbrochen traktieren. Dieser namenlose Schmerz raubte ihr die Stimme und mit jedem Augenblick das Bewusstsein. Irgendwo zwischen Bewusstlosigkeit und Tod, spürte sie, wie ihre Handflächen auf den kalten Stein trafen und gleichzeitig der Gedanke, dass hier irgendetwas ganz gewaltig schief gelaufen war, aufblitzte. Ihr Blick wurde von immer mehr Schwarz bestimmt, während sie wie aus weiter Ferne Yucos verzweifelten Aufschrei hörte.
„Nein!“, schrie Yuco, als er sah, wie Palmyra schwach zu Boden sank. Für ihn war es unbegreiflich, wie Palmyra, die meterweit entfernt fast bewusstlos auf dem Boden lag, plötzlich in die Schussbahn gelangen konnte. Was hatte er da angerichtet?