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FanFiction by *PiperHalliwell - NCIS and more...

[NCIS] Der Cowboy und das Mädchen

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Der Cowboy und das Mädchen

In meinen flauschigen Bademantel gehüllt, betrete ich mein Schlafzimmer, nachdem ich mit Hilfe eines heißen Schaumbades nach ein wenig Entspannung gesucht habe. Der Tag war anstrengend, doch dies ist nicht der einzige Grund, warum ich an diesem Abend diese Erschöpfung fühle, die sich in meinem Körper ausgebreitet hat. Ich löse den Gürtel des Frotteemantels, unter dem ich bereits mein Nachthemd trage, bevor ich mich in mein Bett unter die Decke kuschle und die Augen schließe. Genervt schiebe ich endlich meine Gedankengänge zur Seite, die mich noch immer verfolgen, denn für die Auseinandersetzung mit meinem sexistischen, erpresserischen Partner bleibt auch morgen noch ausreichend Zeit...

Die Schwingtür des Saloons öffnet sich mit einem unerträglichen Quietschen, bevor sie mit einem lauten Knall an die Bretterwand schlägt und schließlich nach einigem hin und her Pendeln erneut in ihrer ursprünglichen Position verharrt. Der Mann, der währenddessen mit schweren und dennoch selbstsicheren Schritten, die die Sporen seiner Cowboystiefel leise haben klappern lassen, das Lokal betreten hat, hält kurz inne, so dass die glutroten Strahlen der untergehenden Sonne seine kräftige Statur umspielen. Den dunklen Hut tief in die Stirn gezogen, ist es beinahe unmöglich, einen Blick auf das im Schatten verborgene, markante Gesicht des Unbekannten zu erhaschen, das nicht die kleinste Regung erkennen lässt. Nachdem er sich prüfend in der Runde umgesehen hat, die ihn neugierig mustert, setzt er seinen Weg zielstrebig fort, der ihn an den Tresen führt, wo er sich auf einem der unbequemen Hocker niederlässt und den mürrisch drein blickenden Barkeeper mit seiner tiefen Stimme anhält: „Einen Schwarzgebrannten.“ Nur Sekunden später steht das gewünschte Getränk vor ihm auf dem schäbigen Holz, so dass er das Glas mit einem Zug leert, bevor er es hart zurück auf den Tresen stellt. Die ungeduldige Aufforderung um Nachschub bereits auf der Zunge, erstarrt er förmlich in seiner Bewegung, als der Klang einer lieblichen Stimme den Raum erfüllt und ihn dazu bringt, sich dem kleinen Podium an einer Seite des heruntergekommenen Raumes zuzuwenden.
Im dem Moment, als er sie zum ersten Mal erblickt, ist es, als bleibe das Herz in seiner Brust stehen, ehe es noch heftiger gegen seine Rippen hämmert, während sie unermüdlich ihr Lied singt und ihren schlanken Körper, über den er langsam seine Augen gleiten lässt, beinahe aufreizend im Takt der Klaviermusik bewegt. Ihre Miene scheint undurchdringlich zu sein, ohne jedoch ihre intensive Ausstrahlung zu trüben, die ihn innerhalb von Sekunden gefangen nimmt, aber nur einen Blick in ihre wunderschönen Augen zu erhaschen, stellt eine scheinbar unüberwindliche Herausforderung für ihn dar, weicht sie doch beständig jedem dieser Annäherungsversuche aus. Mit einem koketten Schwung wirft sie ihre dunkelbraunen Haare über die Schulter, die nun in seidigen Wellen über ihren Rücken rinnen und bei jeder Bewegung, die sie vollführt, zu tanzen scheinen. An ihren vollen roten Lippen hängend, die jedes einzelne Wort formen, als wollten sie es zärtlich küssen, treibt ihn eine unsichtbare Macht unaufhaltsam in ihre Nähe. Die mysteriöse Aura, die die junge Frau umgibt, zieht ihn nun vollständig in ihren Bann, als er zu ihr aufsieht, während sie den dunkel gekleideten Fremden weiterhin konsequent ignoriert. Aber genau dieses offensichtliche Desinteresse spornt ihn nur noch stärker an, weckt den Jagdtrieb in seinem Inneren, denn er muss stets haben, was ihm verwehrt zu bleiben scheint, doch ihre Anziehungskraft würde ihn vermutlich nie wieder aus ihren Fängen entlassen. Hingerissen lauscht er den letzten verklingenden Tönen, bevor die Stille, die das Verstummen ihrer Stimme in seinem Inneren auslöst, ihn erneut umhüllt, lediglich durchbrochen von den gleichgültigen Unterhaltungen der übrigen Gäste, die sich nach wie vor dem Alkohol oder ihren Pokerrunden widmen. Er jedoch nimmt keines dieser aufdringlichen Geräusche wahr, ist wie gefesselt von diesem Anblick, als sich ihr perfekter Körper ein letztes Mal dem sanften Wiegen der Musik hingibt, die schließlich langsam verklingt.

Mit einem kurzen Nicken zu dem widerlichen Klavierspieler, dessen Blicke ihr die wenigen Kleidungsstücke, die sie nur trägt, vom Körper zu reißen scheinen, schreitet sie selbstsicher die beiden Stufen hinab, die das Podium von dem übrigen Bereich des kleinen Saloons trennen. Doch noch ehe der Unbekannte die Gelegenheit bekommt, das Wort an sie zu richten, spürt er einen heftigen Stoß, als der ungehobelte Wirt dieses Etablissements ihn zur Seite drängt und die junge Schöne grob packt. Seine riesigen schmutzigen Pranken schließen sich unsanft um ihren Oberarm, so dass sie ihr ebenmäßiges Gesicht schmerzhaft verzieht und ein unterdrücktes Stöhnen von sich gibt, während er sich ihr unaufhaltsam nähert. Der übelriechende, alkoholgeschwängerte Atem, der ihr entgegen schlägt, lässt die Übelkeit in ihrem Inneren aufsteigen, die sie nur mit Mühe unterdrücken kann, als er ihr eindringlich ins Ohr raunt: „Dein Auftritt ist noch nicht vorbei, Puppe. Gib den Leuten, wofür sie bezahlen!“ Mit einem zögernden Nicken macht sich die junge Frau von ihm los und steigt erneut die Stufen nach oben, doch dem Fremden, der diese Auseinandersetzung regungslos verfolgt hat, entgeht das Zittern ihrer Knie, das sie angestrengt versucht zu verbergen, nicht. Noch ehe er jedoch eingreifen kann, winkt der Barkeeper zwei picklige Jünglinge heran, die, bewaffnet mit jeweils einem Eimer Wasser, umgehend herbeieilen und ihr mit einem breiten Grinsen auf das Podium folgen.
Während der dunkel gekleidete Cowboy dieses Schauspiel ungläubig verfolgt, scheinen die übrigen Besucher aus ihrem Desinteresse erwacht zu sein, denn unvermittelt gelangt ein durchdringendes Brüllen und Grölen an sein Ohr, als die Männer von ihren Stühlen aufspringen. Innerhalb der nächsten Sekunden nimmt das Spektakel seinen Lauf, angefeuert von der tobenden Menge, die begeistert applaudiert, während sich das eisige Wasser über den Oberkörper der schönen Brünetten ergießt, die nun das offensichtliche Zittern ihres schlanken Körpers nicht länger verbergen kann. Die Blicke der Anwesenden fixieren die nun beinahe durchsichtige Kleidung, die kaum noch etwas zu verhüllen vermag, während die Männer sich kaum länger an ihren Plätzen halten können, was sie unweigerlich dazu veranlasst, die Arme um ihren Leib zu schlingen, um diesen notdürftig vor den gierigen Augen zu verbergen. Bei diesem Anblick kocht der Zorn, der sich in den letzten Sekunden unwillkürlich in seinem Inneren ausgebreitet hat, unaufhaltsam nach oben, der ihn seine Hände zu Fäusten ballen und blind um sich schlagen lässt. Bereits der erste Hieb trifft den grobschlächtig wirkenden Wirt am Kinn, der, überrascht von diesem harten Stoß, unsanft zu Boden geht, wohin ihm nur wenige Momente später der Klavierspieler, der die Szene lüstern verfolgt hat, und die beiden ängstlich dreinschauenden Knaben folgen. Während an den Tischen ein Tumult ausbricht, eilt der Fremde der jungen Frau zu Hilfe, greift nach ihrer Hand und fragt grinsend: „Darf ich bitten, holde Maid?“, bevor er sie hastig mit sich zur Hintertür zieht, um der Wut des Barkeepers und der ausbrechenden Schlägerei zu entgehen. Verfolgt von den lauten Geräuschen berstender Stühle, splitternder Glasflaschen und dem aufgebrachten Geschrei des Kneipenbesitzers, neugierig gemustert von einigen Schaulustigen, laufen die Beiden die belebte Hauptstraße hinunter und verschwinden schließlich im Schatten einer schmalen Gasse, wo sie schwer atmend inne halten.

Noch immer hält der Cowboy die Hand der Sängerin fest umschlungen, während er sich prüfend umsieht, um sicher zu gehen, dass die wütende Meute ihnen nicht bereits auf den Fersen ist, bevor er sich seiner Weste entledigt und um ihren Körper legt, um die Kälte daraus zu vertreiben. Doch erst ihr vorsichtiger Griff, der den dunklen Hut von seinem Kopf nimmt, bringt ihn dazu, sich ihr vollständig zuzuwenden und endlich, nach unzähligen gescheiterten Versuchen, dem Blick aus ihren wunderschönen braunen Augen zu begegnen. Auf ihrem zarten Gesicht bildet sich ein dankbares Lächeln, als sie ihm sanft über die stoppelige Wange streicht und kaum hörbar flüstert: „Mein Held. Von nun an sind unser beider Schicksale untrennbar miteinander verknüpft.“ Ihre Nähe und ihre atemberaubende Schönheit lassen ihn schwer schlucken, während er unbeweglich ihren warmen Atem wahrnimmt, der wie ein Windhauch über seine Lippen weht, ehe die ihren sich darauf legen. Im gleichen Moment breitet sich ein loderndes Feuer an jener Stelle aus, die die junge Frau berührt, während er ihren zärtlichen Kuss erwidert, der seinen Verstand vollkommen vernebelt und ihn dazu bringt, sich ihr bedingungslos hinzugeben. Ein einziger Blick ihrer dunklen Augen hat sie die raue undurchdringliche Schale des einsamen Wolfs, der als Fremder rastlos von Stadt zu Stadt zieht, durchbrechen und tief in sein Inneres dringen lassen. Doch auch seine Aura des undurchschaubaren, geheimnisvollen Cowboys hat die Schöne umgehend in ihren Bann gezogen, gibt ihr das Gefühl, ihre beiden Seele hätten in den vergangenen Jahren stets nach ihrem passenden Gegenstück gesucht, das sie nun endlich gefunden zu haben scheinen.
Erst das aus der Ferne nahende Geschrei einer aufgebrachten Menge reißt die Beiden aus ihrem Moment der Zweisamkeit, lässt sie aus ihrer Welt, in die ihr Kuss sie hat abtauchen lassen, in die gefährliche Realität zurückkehren, so dass der Fremde erneut ihre Hand nimmt und mit ihr wie ein Schatten durch die dunklen Gassen huscht. Es liegt im Blut des rastlos Wanderers, so plötzlich zu verschwinden, wie er aufgetaucht war, ohne dass irgendjemand die Frage hätte beantworten können, woher er gekommen und wohin er gegangen war. Etwas außerhalb des Stadtzentrums verlangsamt er schließlich seine Geschwindigkeit und stößt einen durchdringenden Pfiff aus, auf den ein anschwellendes Geräusch trappelnder Hufe ertönt, bis Sekunden später ein schnaufender Brauner neben ihnen zum Stehen kommt. Das Pferd gibt ein verhaltenes Wiehern von sich, als der Cowboy ihm den Hals klopft und dann die Zügel ergreift, um sich in den Sattel des Tieres zu schwingen, das ungeduldig auf der Stelle trippelt. Nun streckt er der jungen Frau die Hand entgegen, die diese mit einem Lächeln ergreift, bevor sie hinter ihm zum Sitzen kommt, wo sie sich eng an ihn schmiegt und ihre Arme um seinen muskulösen Oberkörper schlingt. Der Braune hat lediglich auf ein winziges Zeichen seines Herrn gewartet, so dass er nach einem auffordernden Schnalzen im schnellen Galopp förmlich dahin zu fliegen scheint, lediglich eine undurchdringliche Wolke aus feinem Staub hinter sich zurücklassend.

In einer rauen Zeit wie dieser existieren Dinge wie Zufälle oder Schicksal nicht, doch manchmal genügt ein einziger Funke, ausgelöst durch einen kurzen Blick, ein Lächeln oder eine Berührung, der zwei unterschiedlich erscheinende Menschen zueinander finden und ihre Seelen sich miteinander verknüpfen lässt. Als die Beiden, der Cowboy und das Mädchen, nun die kleine Stadt hinter sich lassen und hinaus in die nahende Dunkelheit reiten, erinnern lediglich zwei kleine zerknitterte Fetzen Papier, die der aufkommende Wind in wenigen Augenblicken mit sich davontragen wird, an eine unerwartete Begegnung, die an diesem Ort ihrer beider Leben zueinander geführt hat. An der alten Holztür, die zum Büro des Sheriffs führt, kündet ein unscheinbares Plakat von einer der wenigen Unterhaltungen in dieser Gegend, – 'Die exclusive Show der schönen Catalina - heute Abend im Saloon' – während ein zweites die Bewohner vor unliebsamen Besuchern warnt – 'Antonio, der einsame Wolf, erneut auf Frauenjagd - versteckt eure Töchter!'.


Als ich aus meinem wirren Traum hochschrecke, hämmert mein Herz unrhythmisch in meiner Brust, während ich mir seufzend durch die Haare fahre. Die Bilder, die ich noch vor wenigen Sekunden sah, schienen so real zu sein, meine Partnerin war in meinen Gedanken sogar noch heißer als auf dem Foto, das ich entdeckt hatte. Ich lasse mich zurück in die Kissen fallen und schließe müde die Augen, in der Hoffnung, wieder einzuschlafen, ohne ununterbrochen über die Bedeutung dieses Traums nachgrübeln zu müssen. Um mich damit auseinander zu setzen, bleibt mir schließlich auch in den nächsten Tagen noch ausreichend Zeit, so dass ich versuche, diese Gedanken, so gut es geht, zu verdrängen...


ENDE
 
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[Gilmore Girls] Love Changes

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Love changes

Jess sieht mir verdutzt nach, als ich ihn einfach stehen lasse und beinahe fluchtartig nach draußen in die Dunkelheit laufe. Hastig steige ich in meinen Wagen, um so schnell wie möglich weg von hier und nach Hause zu kommen. Der Kuss zwischen mir und ihm vor wenigen Minuten hat mich vollkommen aus der Bahn geworfen, so dass ich Mühe habe, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Vielleicht habe ich es unbewusst darauf angelegt, dass dies geschieht, doch dann ist einfach Panik in mir aufgestiegen. Es ist noch nicht lange her, dass ich von Logans Betrug erfahren hatte, und auch wenn ich ihm verzeihen wollte, glomm in meinem Inneren weiterhin ein Fünkchen Wut. Dies war einer der Gründe, dass ich Jess' Einladung angenommen hatte und zu seiner Galerieeröffnung gefahren war. Doch auch wenn es heißt, Rache ist süß, hat genau dies lediglich ein schlechtes Gewissen bei mir ausgelöst.

Die gesamte Fahrt durch die Nacht von Philadelphia zurück nach Stars Hollow schwirren mir die Ereignisse des Abends durch den Kopf, und meine Gedanken kreisen unaufhörlich um den Kuss. Ich hatte mich gefreut, ihn wiederzusehen, diesmal unter anderen Umständen, als bei seinem letzten Besuch, und als wir uns dann endlich gegenüber standen, war sofort die alte Vertrautheit zwischen uns wieder spürbar. Dennoch hat Jess sich in den letzten Monaten verändert, hat sich weiter entwickelt, ein Buch geschrieben und nun sogar eine Galerie eröffnet. Ich dagegen habe mein Leben gerade erst wieder auf die Reihe bekommen, und das auch nur nachdem er mir die Meinung gesagt hat. Seine Worte waren es, die mir endlich die Augen geöffnet und mich dazu gebracht haben, mich mit meiner Mutter zu versöhnen und mein Studium wieder aufzunehmen, das ich überstürzt abgebrochen hatte. Im Nachhinein kommt mir mein Verhalten beinahe wie das eines beleidigten Kindes vor, dem man sein Spielzeug weggenommen hatte. Wieso hatte ich mich nur von einem Mann so verunsichern lassen und meine gesamten Zukunftspläne über den Haufen geworfen?

Doch in dem Moment, als ich eingesehen habe, das mein Leben wieder in seinen gewohnten Bahnen verlaufen muss, war der Streit mit Logan passiert. Alles was ich danach wollte, war Abstand zu ihm und unserer Beziehung, doch er schien diese als beendet anzusehen. Im Nachhinein erinnere ich mich kaum daran, wie es ihm gelungen war, mich wieder zurückzugewinnen, alles, was ich vor mir sehe, sind die Brautjungfern seiner Schwester, die sich über ihre Nächte mit ihm unterhalten. Das Wort Auszeit hatte er anscheinend ernst genommen, so dass es mir wirklich schwer fiel, ihm zu verzeihen, und auch wenn ich ihm sagte, ich hätte es getan, musste ich doch ständig an seinen Betrug denken. Es wollte mir einfach nicht gelingen, so zu tun, als sei dies alles nie geschehen, auch wenn ich erklärte, dass alles in Ordnung sei. Die Spannungen zwischen uns waren danach fast unerträglich, dennoch machte ich mir Sorgen, als Logan mit der Life and Death Brigade zum Fallschirmspringen nach Costa Rica fahren wollte. Darüber waren wir so in Streit geraten, dass er schließlich ohne Abschied abgereist war und ich beschlossen hatte, zu Jess zu fahren. Und genau dieser ist es, anstatt meines Freundes, der mir nun einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen will. So sehr ich es auch versuche, wollen die Gedanken an ihn partout nicht verschwinden.

Die in Dunkelheit gehüllte Landschaft zieht in hoher Geschwindigkeit an meinem Auto vorbei, doch ich habe weder einen Blick dafür noch für die funkelnden Sterne am Nachthimmel übrig. Alles, wofür ich mich interessiere, ist mein Zuhause, dem ich mich nun endlich nähere. Ich parke achtlos in der Einfahrt und öffne erleichtert die Haustür, um schnellstmöglich in meinem Zimmer zu verschwinden. Mums bohrenden Fragen auszuweichen, ist wie erwartet schwierig, doch schließlich falle ich todmüde in mein Bett. Dennoch will es mir einfach nicht gelingen, Schlaf zu finden, denn die Bilder der letzten Stunden haben sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt und lassen mich nicht zur Ruhe kommen. Stundenlang wälze ich mich von einer Seite auf die andere, bis ich den Entschluss fasse, meine Sachen zu packen und zurück nach Yale zu fahren. Vielleicht wird mir der Abstand helfen, endlich auf andere Gedanken zu kommen und das Chaos in meinem Kopf zu ordnen.

Die nächsten Tage scheinen sich endlos dahin zu ziehen, denn weiterhin kann ich den Erinnerungen an Jess und den schicksalhaften Abend nicht entfliehen, egal wo ich auch bin. Es vergeht kaum eine Sekunde, in der ich nicht an ihn und unseren Kuss denken muss. Ich kann nichts dagegen tun, dass sich bei dem Gedanken daran ein seltsames Gefühl in meinem Inneren ausbreitet, das ich schon lange nicht mehr gespürt habe. Genau aus diesem Grund hoffe ich, dass es mir gelingt, auf Lanes Hochzeit abzuschalten und mich zu amüsieren.

Die beiden Zeremonien sind wirklich wunderschön, und ich freue mich für meine beste Freundin und ihren Frischangetrauten. Die darauf folgende Feier lässt mich dann tatsächlich die Ereignisse der letzten Tage und Wochen ausblenden, so dass es mir gelingt, den Abend zu genießen. Doch dies dauert nicht lange an, denn das Klingeln meines Handys holt mich wieder in die Realität zurück, und Finn erklärt am anderen Ende der Leitung, Logan habe einen Unfall gehabt. Er war tatsächlich bei dieser sinnlosen Aktion der Life and Death Brigade verunglückt und liegt nun in New York im Krankenhaus. Hastig verabschiede ich mich und packe ein paar Sachen zusammen, doch als ich überstürzt das Haus verlassen will, steht Jess vor der Tür. Wie erstarrt stehe ich einfach nur da und sehe ihm in die Augen, die noch immer meine Knie zum Zittern bringen. Erst nach einigen Sekunden kann ich mich losreißen und lasse ihn einfach wortlos stehen, um in meinen Wagen zu steigen. Als ich endlich in der Klinik eintreffe, gelingt es mir nur mir Paris' Hilfe, Auskunft über Logans Zustand zu erhalten. Ich bin erleichtert, dass dieser zwar ernst aber stabil ist, dennoch kann ich mich einfach nicht auf die Erzählung meines Freundes konzentrieren, als ich wenig später an seinem Bett sitze. Mit einer Ausrede erkläre ich, nocheinmal zurück nach Stars Hollow zu müssen und verschwinde eilig aus dem Krankenzimmer.

Als ich mitten in der Nacht die Haustür öffne und das Licht einschalte, sehe ich Jess im Wohnzimmer auf der Couch sitzen. Das lange Warten hatte ihn wohl einnicken lassen, doch mein Auftauchen weckt ihn aus seinem leichten Schlaf. Ohne mich zu Wort kommen zu lassen, erklärt er mir, dass er immer noch sehr viel für mich empfindet und dass die Beziehung zu Logan mir nicht gut täte. Ein wenig steigt die Wut in mir auf, dass er einfach hier auftaucht und sich ein Urteil über mein Leben erlaubt, doch er fügt hinzu, dass es ohne meinen Freund weder den Streit mit meiner Mutter noch meinen überstürztes Verlassen des Colleges gegeben hätte. Als er mir vorhält, dass Logan mich schließlich betrogen hatte, erkläre ich ihm dass ich ihn trotz seiner Fehler liebe. Doch diese Aussage scheint ihn nicht zu überzeugen, und wenn ich ehrlich bin, überzeugt sie nicht einmal mich selbst. Mit der Frage, warum ich dann hier bei ihm, anstatt bei meinem Freund am Krankenbett sitze, verlässt er das Haus. Ich bleibe allein zurück und denke über seine Worte und die vergangenen Wochen nach. Meine Gedanken schweifen zurück in die Zeit, als Jess und ich noch ein Paar waren und er mich einfach ohne ein Wort verlassen hatte. Doch ich habe gesehen, wie sehr er sich seitdem verändert hat, zu einem Menschen geworden war, der auch ich immer sein wollte. Wir hatten schon immer so vieles gemeinsam, konnten stundenlang miteinander über nichts anderes als Bücher reden. Das hatte ich mit Logan nie tun können, denn er wollte nur seinen Spaß und hatte mich dazu gebracht, auch so zu werden. Vermutlich hat Jess Recht, und ich habe mich wirklich zu sehr verändert, aber will ich so sein, wie er mich sieht?

Es ist früh am Morgen als ich in meinem Kleid vom Vortag und auf dem Sofa im Wohnzimmer liegend aufwache, durch das viele Grübeln war ich wohl einfach eingeschlafen. Doch kaum habe ich die Augen geöffnet, sind die Gedanken wieder da, die ständig um Jess und mein Leben kreisen. Ich muss unbedingt mit jemandem darüber sprechen, doch als ich mich anziehe, stelle ich entsetzt fest, dass da niemand zum Reden ist. Meine Mutter hat mit Luke und den Ereignissen des gestrigen Abends schon genug Probleme, Lane hatte gerade geheiratet und ist in den Flitterwochen, und mit Paris kann ich nun wirklich nicht über diese Sache sprechen, denn sie wird mich nicht verstehen. Es bleibt mir also nichts weiter übrig, als mir allein darüber den Kopf zu zerbrechen und einen Ausweg zu finden. Nachdem ich schließlich wieder vorzeigbar gekleidet bin, beginne ich als erstes, einen Brief an Logan zu schreiben, in dem ich versuche, meine Gefühle zu erklären. Irgendwie komme ich mir dabei total bescheuert vor, denn ich weiß nicht einmal selbst, was genau ich eigentlich fühle. Es war noch nie so schwierig für mich, die richtigen Worte zu finden, denn als angehende Journalistin liegt mir genau das im Blut, doch heute will es mir einfach nicht gelingen. Nachdem mehrere Seiten zerknüllt im Papierkorb gelandet sind, bin ich endlich mit dem Ergebnis einigermaßen zufrieden, obwohl ich lediglich sage, dass ich Zeit und Abstand zum Nachdenken brauche. Danach gehe ich zum Blumenladen, um Logan den Brief mit einem Strauß schicken zu lassen. Ich versuche, mein schlechtes Gewissen, ihn im Krankenhaus sich selbst zu überlassen und mit einem Brief abzuspeisen, zu verdrängen, als ich das Geschäft wieder verlasse. Im Moment kann ich ihm jedoch weder gegenüber treten, noch in die Augen sehen und schon gar nicht mit ihm sprechen.

Nur wenig später sitze ich in Luke's Diner und stochere gedankenverloren in meinen Pancakes. Noch immer bin ich unsicher, was genau ich eigentlich will oder tun soll. Als Luke an meinen Tisch kommt, höre ich mich plötzlich nach Jess fragen, so dass ich erschrocken aufblicke. Er erklärt mir überrascht, dass dieser gestern Nacht plötzlich vor seiner Tür gestanden hätte und bei ihm übernachten wollte, aber kein Wort über seinen Besuch verloren hat. Überstürzt springe ich auf, verlasse das Lokal und lasse einen verdutzten Luke zurück, bevor ich die nächsten Stunden ziellos durch die Straßen von Stars Hollow laufe. Die frische Luft scheint mir gut zu tun, denn endlich gelingt es mir, ein wenig Ordnung in das Chaos meiner Gedanken zu bringen und einen klaren Kopf zu bekommen. Kurzerhand fasse ich schließlich einen Entschluss, obwohl die Unsicherheit noch immer an mir nagt, doch so kenne ich mich. Dieses Problem ist jedoch keins, das sich durch das Verfassen von Pro-und-Contra-Listen lösen lässt, sondern ich muss einfach auf mein Herz hören. Als ich wenig später nach Hause komme, nehme ich entschlossen das Telefon und rufe Logan im Krankenhaus an, um ihm den Brief und meine Gefühle zu erklären. Mir ist in den letzten Tagen endgültig klar geworden, dass mein Leben so wie bisher nicht mehr weiter gehen kann.

Eine halbe Stunde später schließe ich bereits die Tür wieder hinter mir und laufe erneut durch die Straßen der Stadt, doch diesmal führt mich mein Weg zu einem bestimmten Ziel. Ich hoffe inständig, dass es noch nicht zu spät sein wird, um mit Jess zu reden. Kurz darauf bin ich mit ihm allein in Lukes Wohnung, und wir stehen uns minutenlang wortlos gegenüber. Ein unangenehmer Kloß hat sich in meinem Hals gebildet, der sich einfach nicht auflösen will. All die Worte die ich ihm sagen wollte, sind plötzlich wie weggeblasen, als ich ihm in die Augen sehe. Die Unsicherheit darüber, wie ich ihm meine Entscheidung erklären soll, breitet sich unaufhörlich in meinem Inneren aus. Für einen Moment schließe ich die Augen, nehme all meinen Mut zusammen und hauche einen sanften Kuss auf seine Lippen. Sein überraschter und gleichzeitig fragender Blick ruht auf mir und entlockt mir ein leichtes Lächeln, bevor ich einfach schweigend nicke. Nach dieser Antwort strahlt Jess mich an und zieht mich für einen leidenschaftlichen Kuss an sich...


ENDE
 
[Vampire Diaries] But in the End...

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But in the End...


Those who stand with them, those who bring Shame to their Families will be destroyed as well.


Jeder Mensch sehnt sich nach einem Halt in seinem Leben.
Nach einer Familie, die ihm Geborgenheit vermittelt.
Geborgenheit in einer Welt, in der das Gute nicht selbstverständlich ist.
In der Dinge geschehen, die den Menschen die Hoffnung nehmen.
Die Hoffnung, eben dieses Glück zu erfahren.

Einer dieser Menschen ist Zach Salvatore.
Doch sein tiefster Wunsch wird unterdrückt.
Der Wunsch nach Liebe.
Nach einer Frau an seiner Seite. Nach Kindern.
Wird unterdrückt von der Angst, genau das zu verlieren.
Zu verlieren, was ihm in seinem Leben am wichtigsten ist.
Er musste bereits früh lernen, das Schicksal seiner Familie zu akzeptieren.
Ein Schicksal, darin begründet, gegen grausame Morde in seiner Heimat zu kämpfen.
Und diesen Kampf früher oder später zu verlieren.
Sein Dasein in Mystic Falls, über Jahre hinweg immer wieder von Vampiren bestimmt.
Von Vampiren, durch die jeder seiner Vorfahren irgendwann sein Leben lassen musste.
Bis er als der Letzte seiner Linie, der letzte Salvatore verblieben war.

Niemals wieder würde er dieses Gefühl verspüren.
Das Gefühl von Nähe. Geborgenheit. Liebe.
Dazu war er ein zu großer Rationalist.
Hatte zu viel gesehen. Zu viel erlebt.
Zu viele Menschen verloren, die ihm nahe gestanden hatten.
Menschen, die Teil seines Ichs gewesen waren. Seine Familie.
Doch vor allem der Tod seines Vaters hatte sich tief in sein Gedächtnis eingebrannt.
Die letzten Momente seines Lebens. Die letzten Atemzüge.
Er hatte seinen Schmerz förmlich fühlen können.
Hatte das Leben in seinen Augen erlöschen sehen.
Und dieses Erlebnis hatte ihn schließlich endgültig gebrochen.
Seit diesem Tag hatte er seine Empfindungen ausgeblendet.
War nur noch eine leere Hülle.
All seine Emotionen blieben für immer abgeschottet. Verborgen.
Anfänglich hatte er wohl noch eine Illusion gehabt.
Die Illusion, er könnte dem Schicksal der Salvatores entkommen.
Hatte es in seinem Inneren gehofft.
Gehofft, der Wunsch nach Familie könnte doch für ihn in Erfüllung gehen.
Eine naive Hoffnung, vorgegaukelt von der Phantasie eines Kindes.
Eines Jungen, der ohne Eltern aufwuchs.
Aber am Ende war nichts übrig geblieben als die Gewissheit.
Die Gewissheit, keinen weiteren Verlust verkrampften zu können.
Nichts als der Entschluss, niemals einen geliebten Menschen dieser Gefahr auszusetzen.
Am Ende waren die Vernunft und die Angst größer als die Sehnsucht.
Die Sehnsucht nach Nähe. Nach Geborgenheit. Nach Liebe.

*****

Zum wiederholten Mal fährt sich die junge Frau durch ihre langen Haare.
Streicht nervös die Manschetten ihrer schwarzen Bluse glatt.
Wie sehr sie Blind Dates doch hasst.
Wieso hatte sie sich nur darauf eingelassen?
Genau. Logan Fell.
Er hatte ihr das Herz gebrochen. Wieder einmal.
War einfach verschwunden. Wie schon so oft.
Und sie war allein zurückgeblieben. Allein und verzweifelt.
Auch dies war nicht das erste Mal.

Doch heute soll endlich alles anders werden.
Sie will nicht länger einem Mann nachtrauern, der sie nicht liebt.
So sehr sie sich dies auch stets gewünscht hatte.
Seit Jahren immer wieder gehofft hatte, er hätte aufrichtige Gefühle für sie.
Gefühle, die ihm wichtiger waren als seine Karriere. Sein Ego.
Wichtiger als er selbst.
Niemals jedoch war dies mehr als Wunschdenken.
Mehr als der Traum einer jungen Frau.
Einer Frau, die viel zu lange ihrer High School Liebe nachhing.
Aber am Ende waren lediglich die Erinnerungen zurückgeblieben.
Erinnerungen, die stetig verblassen.

Aus diesen Grund sitzt sie hier.
Umwerfend anzusehen und gleichzeitig unvorstellbar nervös.
Sitzt an einem Freitagabend im Mystic Grill und wartet auf einen ihr völlig Fremden.
Bereit, die Vergangenheit endgültig hinter sich zu lassen.
Sich dem Leben und der Liebe zu öffnen. Der wahren Liebe.
Im Grunde hatte Elena sie dazu überredet.
Sie förmlich zu diesem Schritt gedrängt.
Doch vielleicht hatte sie diesen Schubs gebraucht.
Nur selbst nicht gewagt, ihn zu gehen.
Vielleicht kann sie dies heute noch nicht würdigen.
Aber irgendwann würde sie ihrer Nichte wohl für ihre Einmischung dankbar sein.
Auch wenn dieser Abend in einem kompletten Desaster enden sollte.
Und falls dem nicht so wäre.
Falls er tatsächlich der Richtige sein würde, dann umso mehr.
Diese kleine Hoffnung glimmt in ihrem Herzen.
Das vor Aufregung heftig klopft.

Noch immer in ihre Gedanken versunken.
In dem Moment, als ein Mann an ihren Tisch tritt.
Ihre Finger trommeln in ungeduldigem Rhythmus auf der hölzernen Platte.
Ein dumpfes Geräusch verursachend.
Im Gemurmel der übrigen Gäste ungehört verhallend.
Ihre Körperhaltung erinnert ihn augenblicklich an seine Verspätung.
Und trotz seines inneren Unwillen macht sich das schlechte Gewissen in ihm breit.
Immerhin lässt man Frauen nicht warten.
Vor allem wenn die Frau so schön ist wie diese.
Aber da ist noch immer sein eiserner Vorsatz, der ihm im Weg steht.
Es ist, als könne er bereits vor seinem inneren Augen sehen, wie es enden würde.
Wie es zwangsläufig enden muss.
Noch nie hatte die Liebe einem seiner Vorfahren zu dauerhaftem Glück verholfen.
Früher oder später wurde es zerstört.
Hatten sie es zerstört.

Nur Stefans Hartnäckigkeit war es zu verdanken, dass er nun hier ist.
Hatte er ihn doch förmlich dazu gezwungen.
Ihn beinahe erpresst.
Nur für einige Stunden sollte er das Haus verlassen.
Seinem Gefängnis entkommen.
Sicher, er will nur das Beste für ihn.
Das Beste für seinen Großneffen.
Will ihn einmal in seinem Leben glücklich sehen. Ungezwungen.
Einmal soll er sein Schicksal vergessen. Es loslassen.
Und schließlich hatte er sich geschlagen gegeben.
Hatte dem Date zugestimmt.
Diesen einen Abend würde er wohl überstehen.
Und dann hoffentlich wieder in Ruhe sein Leben leben können.
Denn dass es so enden würde, steht für ihn fest.
Niemals würde er seinen eigenen Schwur brechen.
Jenen Schwur, den er sich selbst am Grab seines Vaters gegeben hatte.
Vielleicht würden sie ein paar schöne Stunden verbringen.
Gemeinsam essen. Reden. Lachen.
Aber Ende würde jeder von ihnen allein nach Hause gehen.

Dieser Gedanke lässt ihn zurück in das hier und jetzt kehren.
Lässt endlich seine volle Aufmerksamkeit wieder zu der jungen Frau gleiten.
Deren Bild, den Blick in die Ferne gewandt, ihm die Sprache verschlägt.
Etwas Mysteriöses an ihr zieht ihn unvermittelt in seinen Bann.
Dunkelblonde Haare fallen in langen Wellen auf ihre schmalen Schultern hinab.
Der schlanke Körper, verdeckt von dem Tisch, in ein schwarzes Kleid gehüllt.
Strahlend grüne Augen, die unerwartet auf die seinen treffen.
Sich darin verfangen.
Und ihn in den glitzernden Seen versinken lassen.
Unfähig sich von ihnen loszureißen.
Sich zu bewegen.
Oder auch nur ein Wort zu sagen.

Innerlich schüttelt er bestimmt den Kopf, um dieses Gefühl zu vertreiben.
Um seine Selbstkontrolle zu behalten.
Seine Mauer nicht bröckeln zu lassen.
Immerhin ist er kein Teenager mehr, der sich von seinen Emotionen leiten lässt.
Dem ein hübsches Mädchen so einfach den Kopf verdreht.
Ihn seinen Vorsatz und vielleicht noch mehr vergessen lässt.
Stattdessen besinnt er sich wieder auf seinen Plan, diesen Abend zu überstehen.
Mit einem Räuspern zieht er ihre Aufmerksamkeit endgültig auf sich.
Streckt ihr seine rechte Hand entgegen.
Und stellt sich lapidar vor: „Zach.“
Für einen Moment verblüfft, erlangt sie schnell die Kontrolle zurück.
„Jenna.“ Auch ihre Antwort ist kurz. Prägnant. Beinahe kühl.
Es scheint, als könne sie seine innere Abwehr spüren.
Dennoch gibt sie diesem Abend, gibt ihm eine Chance.
Deutet ihm wortlos, Platz zu nehmen.

Angespanntes Schweigen.
Der perfekte Anfang eines arrangierten Dates.
Wenige Stunden, in denen sie gemeinsam essen.
Gemeinsam reden. Gemeinsam lachen.
So sollte es zumindest sein.
Stattdessen starren sie sich in die Augen.
Sie, enttäuscht. Niedergeschlagen. Entmutigt.
Er, weiterhin verbissen um Distanz bemüht.
Doch seine Fassade zeigt erste Risse.
Die Mauer, die er um sich errichtet hatte, kommt ins Wanken.
Etwas an ihr lässt seine innere Anspannung allmählich verfliegen.
Ihre freundliche, lebenslustige Aura, scheint, förmlich auf ihn überzugehen.
Eine Aura, lediglich verborgen von ihrer Unsicherheit.
Von ihrer Angst, erneut verletzt zu werden.

Dennoch will sie sich ihm öffnen.
Ihm und einer Chance auf die wahre Liebe.
Denn sie hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, diese zu finden.
Und so ist sie es, die den ersten Schritt macht.
Die mit einem unsicheren Lächeln beginnt zu erzählen.
Von sich. Ihrem Leben. Ihrer Familie.
Es scheint, als verlassen die Worte wie von selbst ihre Lippen.
Während sie ihn immer stärker in ihren Bann zieht.
Ihn dazu bringt, ihre Offenheit zu erwidern.
Zuerst nur bruchstückhaft.
Immer darauf bedacht, nichts preiszugeben.
Seine Familiengeschichte vor ihr zu verbergen.
Doch mit jeder Minute, die vergeht, rückt dies weiter in den Hintergrund.
Bis diese Tatsache für ihn nicht länger existiert.
Er sein wahres Ich hinter sich lässt.
Für diesen Abend einfach vergisst.
Ungezwungen ihre Gegenwart genießt.

Irgendwann sitzen sie sich erneut schweigend gegenüber.
Diesmal jedoch fühlt sich die Situation anders an als zuvor.
Entspannt. Beschwingt. Hoffnungsvoll.
Es ist, als wäre das Eis zwischen ihnen gebrochen.
Die Barrieren verschwunden.
Als hätten sie eine unsichtbare Verbindung zueinander gefunden.
Eine Verbindung, der auch er sich nicht länger verwehren kann.
Denn allmählich regt sich in ihm das Gefühl, sie könnte die Richtige sein.
Dass sich Träume erfüllen könnten, die er niemals gewagt hatte zu träumen.
Dass er die Liebe seines Lebens gefunden haben könnte.
Die Liebe, die er niemals gewagt hatte zu suchen.
Aber am Ende würde es dennoch niemals gut gehen.
Am Ende würden sie, würde er in ständiger Angst leben.
Dessen ist er sich vollkommen sicher.
Und das könnte er nicht ertragen.

*****

Jener Abend ist nunmehr sechzig Jahre her.
Sechzig Jahre, die sein gesamtes Leben auf den Kopf stellten.
Die alles veränderten. Ihn veränderten.
Aber sogar nach all der Zeit scheint es ihm, als sei es erst gestern gewesen.
Sieht er doch noch immer ihre wunderschönen grünen Augen vor sich.
Hört ihre sanfte Stimme, die ihm ein helles Lachen schenkte.
Und spürt ihre weichen Lippen, als er einen zaghaften Gute-Nacht-Kuss wagte.
Trotz seiner Vorbehalte. Seiner Angst. Seiner Abwehr.
Diese Erinnerung ist etwas ganz besonderes.
Eingeschlossen in seinem Herzen.
Auch wenn er seit damals ununterbrochen in ihre Augen blickt.
Sich bis heute nicht an ihnen satt sehen kann.
Auch wenn er jeden Tag mit einem liebevollen Kuss beendet.
Ihr fröhliches Lachen nun regelmäßig an sein Ohr dringt.

Wenn er daran zurückdenkt, wird ihm das große Ganze erst wirklich klar.
Wird ihm erst wirklich klar, dass nichts mehr ist wie damals.
Er ist nicht mehr der Mann, der nur von seiner Angst bestimmt wurde.
Der keinen Menschen in sein Leben ließ, den er irgendwann wieder verlieren könnte.
Sie hatte ihm die Augen geöffnet.
Hatte ihm gezeigt, was es hieß, wirklich zu lieben.
Dass ihr Verlust niemals derart schmerzen könnte, wie die Möglichkeit, sie niemals gefunden zu haben.
Doch er hatte sie gefunden. Und nicht wieder gehen lassen.
Gemeinsam hatten sie sich ein Heim geschaffen. Eine Familie gegründet.
Zuerst hatte sie sein Herz erobert. Und ihm schließlich Kinder geschenkt.
Zwei kleine Wesen, deren trappelnde Füße dem alten Gemäuer wieder Leben einhauchten.

Was als Fehlschlag begann, entwickelte sich zu einem beinahe märchenhaften Happy End.
Alles ist anders gekommen, als er erwartet, als er befürchtet hatte.
Natürlich schlummert tief in seinem Inneren noch immer die Furcht.
Die Furcht, seine Familie irgendwann zu verlieren.
Doch mittlerweile hat er das wahre Glück gespürt.
Glück, das er er niemals missen möchte.
In den vergangenen Jahren hatte er gelernt, die Gegenwart zu genießen.
Die Zeit mit seinen Liebsten auszukosten.
Doch nun ist der Moment gekommen, dieses Leben hinter sich zu lassen.
Gemeinsam mit seiner Frau ihr Dasein loszulassen.
Beide sind müde. Möchten nur ihre Augen schließen.
Die glücklichen Erinnerungen in ihrem Herzen.
Und ein Lächeln auf den Lippen.

Jeder Mensch sehnt sich nach einem Halt in seinem Leben.
Nach einer Familie, die ihm Geborgenheit vermittelt.
Geborgenheit in einer Welt, in der das Gute nicht selbstverständlich ist.
In der Dinge geschehen, die den Menschen die Hoffnung nehmen.
Die Hoffnung, eben dieses Glück zu erfahren.
Sie beide haben das es gefunden. Haben es gelebt.
Gelebt in einer Stadt, in der das Böse zu Hause ist.
Das Böse allgegenwärtig ist.
Eine Stadt, in der ein Vampir ihnen jederzeit das Liebste nehmen könnte.
Diese Gewissheit begleitete sie in all den Jahren.
Die Möglichkeit, dass sich das Schicksal der Familie Salvatore erfüllte.
Aber am Ende obsiegt manchmal auch einfach das Gute.


But in the End… the Good sometimes just prevails.


ENDE
 
[NCIS] Jeder Tag zählt

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Jeder Tag zählt


Als er an diesem Morgen das Unglück, das auf sie zu kam, realisierte, war es bereits zu spät, um es zu verhindern. Es waren nur wenige Sekunden, die über die Zukunft seines Teams entscheiden sollten. So sehr er sich auch bemühte, hatte er nicht abwenden können, was ihn in den nächsten 36 Stunden erwarten sollte.

Special Agent Gibbs steht in der Isolierstation des Bethesda Naval Medical Centers am Krankenbett seines Agenten und hat sich über ihn gebeugt. „Du wirst nicht sterben, Tony! Hast du mich verstanden?“ hört er sich sagen. Selbst in seinen Ohren klingt dieser Satz nicht wie ein Versprechen, sondern wie der Befehl eines Vorgesetzten. Noch immer hat er Kates angsterfüllte Worte im Kopf, als sie dem Gerichtsmediziner Dr. Mallard weinend in die Arme fiel, hört ihre Angst und ihre Trauer: „Er stirbt, Ducky.“ Doch Gibbs hatte es nicht hören wollen. „Den Teufel tut er“, hatte er laut und bestimmt geantwortet, bevor er die Station betreten und sich an Tonys Krankenbett begeben hatte. Dort steht er nun seit einer halben Stunde im blauen Zwielicht der UV-Lampen, sieht auf das in weiße Bettwäsche gehüllte Bett, in dem sein Agent liegt, seitdem bei ihm die Lungenpest diagnostiziert wurde. Er redet beschwörend auf die fahle Gestalt ein, zu der der junge Mann in den letzten Stunden geworden war, ohne eine Antwort zu erhalten, denn DiNozzo war nach seinem letzten Hustenanfall in einen unruhigen schlafähnlichen Zustand gefallen.

Ein leises Zischen ertönt, die Türen zur Schleuse der Isolation, die verhindert, dass die tödliche Krankheit die Station verlassen kann, öffnen sich und Sekunden später betritt Dr. Pitt, Tonys behandelnder Arzt, den Raum, um nach seinem Patienten zu sehen und mit dem Agenten zu sprechen. „Wie geht es ihm?“ fragt dieser den Doktor sofort leise, ohne seinen Blick vom Bett zu wenden. „Leider gibt es keine Veränderung“, beginnt der Arzt zu erklären. Gibbs wendet ihm nun den Kopf zu und versucht, in seinen Augen einen Funken Hoffnung zu erkennen, doch vergeblich. „Seine Lungen sind stark angegriffen und schon extrem geschwächt. Es gibt nicht mehr viel, was wir noch für ihn tun können.“ Normalerweise würde Gibbs nach einer solchen Information darauf bestehen, dass die Ärzte einen anderen Weg finden müssen, ihm zu helfen. Doch jetzt steht er nur da, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, unfähig, ein Wort zu sagen. Er fühlt sich nur müde und hilflos. „Agent Gibbs, sind sie in Ordnung?“, fragte der junge Arzt besorgt. „Nein, ich bin ganz sicher nicht in Ordnung. Mein Agent liegt im Sterben und es gibt nichts, was ich dagegen tun könnte.“ Den ganzen Tag hatte er Beweise ausgewertet und versucht, ein Gegenmittel zu bekommen, wenn nötig mit Gewalt, doch es war umsonst gewesen. Das Labor, aus dem der Erreger gestohlen worden war, hatte diesen genetisch verändert und noch kein Mittel zur Heilung gefunden.

Ein leises krampfartiges Atmen und Röcheln reißt Jethro Gibbs aus seinen Gedanken, doch als er Tony ansieht, bemerkt er, dass dieser noch immer nicht aufgewacht ist. Als er sich nach einem Stuhl umsieht, stellt er fest, dass der Arzt die Station bereits wieder verlassen und vor seinen Monitoren Platz genommen hatte. Auch Kate und Ducky waren nicht mehr da, vermutlich hatte der Gerichtsmediziner die völlig aufgelöste junge Frau nach Hause gebracht. Gibbs lässt sich auf dem Stuhl nieder und nimmt Tonys Hand in seine. Plötzlich verspürt er einen leichten Druck, und sein Agent kommt wieder zu Bewusstsein, so dass er leise fragt: „DiNozzo, kannst du mich hören?“ Aus dem bleichen zerbrechlichen Gesicht starren ihm zwei blutunterlaufene matte Augen entgegen, und der Grauhaarige kann sich nur mit Mühe ein Lächeln abringen. „Kate... Wo ist... Kate?“ flüstert er mit seiner von der Krankheit heiseren Stimme. „Ich habe sie weggeschickt, Ducky hat sie nach Hause gebracht.“ „Sie ist... sag ihr...“, versucht Tony seinem Boss aufzutragen. „Was immer es ist, du wirst es ihr selbst sagen, wenn du wieder gesund bist“, erwidert er bestimmt. Gibbs ist sich nicht mehr ganz sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, als er Caitlin nach Hause geschickt hatte, doch der junge Mann hat seine Augen bereits wieder geschlossen. „Du stehst am Strand und schmeckst den salzigen Geruch des Windes, der über das Meer kommt“, beginnt Tony, all seine Kraft sammelnd, zu zitieren. „Im Bauch das warme Gefühl grenzenloser Freiheit und auf Deinen Lippen den bitteren, Tränen durchtränkten Kuss Deiner Geliebten.“ Auf Gibbs' Gesicht erscheint ein leichtes, kaum wahrnehmbares Lächeln. Wie sehr war er ihm und auch Kate in den letzten Jahren mit seinen Filmzitaten auf die Nerven gegangen. „Hörst du mich? Tony! Hör mir zu!“ „Ja Boss, bin ganz Ohr“, bringt er nur noch mühevoll hervor. Dann beugt Gibbs sich über seinen Agenten: „Du wirst nicht sterben, Tony! Hast hast du mich verstanden?“ Doch dieser gibt nur ein Husten und Röcheln von sich. „Ich hab gesagt, du wirst nicht sterben“, wiederholt Gibbs noch einmal langsam und beinahe befehlend. „Verstanden, Boss“, antwortet Tony schließlich, bevor er erneut von einem starken Hustenanfall geschüttelt wird. Nur Augenblicke darauf kommen der Arzt und die Krankenschwester in den Quarantänebereich gehastet. „Sie müssen zur Seite gehen“, befiehlt Dr. Pitt und hilft Schwester Emma, Tony im Bett aufzurichten, um ihm das Husten zu erleichtern und ein Ersticken zu vermeiden. Gibbs steht nur schweigend daneben und beobachtet untätig das Geschehen. Die beklemmende Enge der sterilen Station verstärkt bei ihm das Gefühl der Hilflosigkeit noch zusätzlich. Als er kurz seine Augen schließt, lässt ihn das Husten und Röcheln stärker zusammenzucken als jede Explosion, die er in seinem Leben schon erlebt hatte. Er verflucht Situationen wie diese, in denen er nichts tun kann als warten und hoffen, denn das ist nun einmal nicht seine Stärke.

Es vergehen qualvolle Minuten ehe Tonys Hustenanfall nachlässt und die Schwester und der Arzt die Station wieder verlassen, um seinen Zustand über die Monitore weiter zu verfolgen. Dr. Pitt hatte auf Gibbs' fragenden Blick nur langsam den Kopf geschüttelt und doch dauert es eine Weile, bis er dies wirklich wahrnimmt und verarbeitet. Als die beiden wieder allein sind, lässt sich der Agent zurück auf den Stuhl sinken und nimmt Tonys Hand, um ihm zu zeigen, dass er nicht allein ist. Er sieht auf die kraftlose Gestalt hinab, sieht die Schläuche, die ihn mit den leise piepsenden Maschinen verbinden, die ihm das Atmen erleichtern sollen. Der Anblick des bleichen zerbrechlichen Körpers lässt Jethro verzweifeln. Sein Senior Field Agent liegt vor ihm im Krankenbett, seine Atemzüge werden immer schwerfälliger, und es gibt nichts, was er dagegen tun könnte, also beginnt er wieder, aufmunternd auf ihn einzureden: „Du wirst nicht sterben, Tony! Du wirst nicht sterben!“, wiederholt er immer und immer wieder. Er versucht schon, es sich selbst einzureden und würde Tony am liebsten schütteln und es ihm befehlen, doch auch das wäre umsonst. „Knockin'... on Heaven's Door...“, krächzt Tony plötzlich. „Ein deutscher...“ weiter kommt er nicht, doch Gibbs versteht sofort, was er ihm damit sagen will. „Du wirst mich noch lange mit deinen Filmen nerven. Du darfst nicht sterben!“, flüstert er schließlich schon beinahe flehend. Es ist ihm kaum noch möglich, seine Emotionen zu verbergen. „Es tut mir leid..., Boss. Ich... kann nicht.“ Diese Worte schnüren Gibbs die Kehle zu, sie fühlen sich an wie ein tödlicher Schuss. Tony hat diese Worte nur noch gequält hervorgepresst, und schließlich lässt der Druck seiner Hand langsam nach. „Nein, Tony, ich brauche dich doch. Du bist mein ranghöchster Agent. Was sollte ich denn ohne dich tun?“ Gibbs kann das Zittern in seiner Stimme nun nicht mehr unterdrücken, fest umklammert hält er die Hand, als könne er ihn dadurch festhalten und verhindern, dass er ihn verlässt. DiNozzo beginnt erneut zu röcheln, und seine Augenlider flattern. Es gelingt ihm nur noch keuchend zu flüstern: „Jeder...“ Ein erneuter Hustenanfall unterbricht ihn und mit letzter Kraft krächzt er: „Jeder Tag zählt.“ Gibbs lächelt traurig: „Ich werde es mir merken, Tony.“ Und während er die nun leblose Hand drückt, glitzert es in seinen Augenwinkeln verräterisch, doch die Tränen seines Vorgesetzten und auch Freundes sieht Tony DiNozzo nicht mehr...

Obwohl die Sonne von einem wolkenlosen Himmel strahlt, ist es eiskalt in Washington D.C. Es ist ein Tag wie jeder andere in dieser großen hektischen Stadt, doch auf einige wenige Menschen wirkt diese Tatsache wie blanker Hohn. Der Friedhof hatte sich mittlerweile geleert, nur ein Mann steht allein an dem Platz, an dem die Trauernden noch kurz zuvor Abschied genommen hatten. Er hatte mit niemandem reden wollen, denn in Situationen wie dieser schienen Worte jeglichen Sinn zu verlieren, sobald sie ausgesprochen werden. Ein Sonnenstrahl fällt auf das erschöpft wirkende Gesicht des Grauhaarigen, zwingt ihn dazu, für einen Moment seine Augen zusammenzukneifen. Doch gleichzeitig schlägt ihm der eisige Wind entgegen und lässt ihn frösteln. Die Kälte, die sich auf seinem Körper ausbreitet, gleicht der, die in seinem Inneren, seiner Seele und seinem Herzen, herrscht. Eine Kälte, die auch das größte Feuer oder die engste Umarmung nicht zu vertreiben mag. Seine Hand krampft sich immer stärker um eine einzelne weiße Rose, deren Dornen sich von ihm unbemerkt in seine Haut bohren. Nach einer Ewigkeit scheint er aus seiner Starre zu erwachen, öffnet die Augen und blickt auf das offene Grab. Dann endlich lässt er sich gehen, lockert den Zwang, durch den er seinen Körper dazu gebracht hatte, ihm zu gehorchen, nicht nachzugeben und sinkt auf die Knie. Er hatte bereits Männer im Feld verloren, aber das war nicht dasselbe. Diesmal war es eine Krankheit, die seinen Agenten getötet hatte, ohne dass er es hätte verhindern können. Nicht eine Sekunde hatte er inne gehalten, hatte bis weit über die seelische und körperliche Müdigkeit hinaus nach nach einem Ausweg gesucht, vergeblich. Seit Tagen quält ihn dieses lähmende Gefühl von Schuld, dass er erneut einen ihm wichtigen Menschen nicht hatte beschützen können. Der sonst so harte Marine verzweifelte beinahe an dem erneuten Verlust, er hatte gekämpft und doch verloren. Es lag nicht in seiner Natur, an etwas wie Schicksal zu glauben, und doch schien es Dinge zu geben, die unausweichlich waren, so sehr man sich auch auch dagegen wehrte. Den Blick auf die zarte Pflanze in seiner Hand gerichtet, lockert er schließlich die Umklammerung seiner Finger, die kaum merklich zittern, und die weiße Blume gleitet langsam und lautlos hinab auf den Sarg. „Jeder Tag zählt.“ Seine geflüsterten Worte werden ungehört von dem eisigen Wind davon getragen, als er erneut die Augen schließt und sich erhebt. Für einige Sekunden zögert er und starrt in das gähnende Loch, das vor ihm liegt, doch dann wendet er sich ab von diesem Bild, das sich für immer in sein Gedächtnis eingebrannt hat. Als er schließlich den Weg entlang geht, knirscht der Kies leise unter seinen schweren Schritten. Ohne auch nur einen Blick zurück auf die letzte Ruhestätte von Anthony DiNozzo zu werfen, verlässt er den Friedhof.


ENDE
 
So still...

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So still...


Familie. Zwei Menschen, die sich liebten. Die sich immerwährende Treue und Verbundenheit versprochen hatten.
Die den Rest ihres Lebens miteinander verbringen wollten. Miteinander alt werden. Die Ewigkeit gemeinsam verleben.
Seit Jahren hatten sie Pläne gemacht. Sich ihre Träume zu erfüllen. Jetzt, da ihr Alter es noch zuließ. Bevor es zu spät war.
Wollten die Kontinente bereisen. Fremde Welten, fremde Kulturen kennenlernen. Kleine Abenteuer erleben. Zusammen.
Sie glaubten, sie hätten alle Zeit dieser Erde. Mehr als genug Zeit füreinander. Die besten Jahre noch vor sich.

So Still,
Dass jeder von uns wusste,
Das hier ist für immer.
Für immer und ein Leben.
Und es war so still,
Dass jeder von uns ahnte,
Hierfür gibt's kein Wort,
Das jemals das Gefühl beschreiben kann.


Doch manchmal ist dieser Rest des gemeinsamen Lebens nicht mehr als ein Augenblick. Nicht mehr als ein Wimpernschlag. Und schon vorbei.
Flüchtig. Zu kurz, um ihn festzuhalten. Um ihn auskosten zu können. Während nicht mehr zurückbleibt als eine verblassende Erinnerung.
Es geschehen Dinge, die man nicht voraussehen kann. Die einen überraschen. Förmlich überrumpeln. Und zu Boden zwingen.
In einem Moment werden wir auseinander gerissen. Gerät meine Welt aus den Angeln. Wird in ihren Grundfesten erschüttert.
Von unseren Plänen bleiben schlagartig nur geplatzte Seifenblasen zurück. Unsere gemeinsame Zukunft ist nichts als ein unwirklicher Wunschtraum.
Sicher, jeder spürt tief in seinem Inneren die Angst, den Partner zu verlieren. Doch bisher dachte ich nie wirklich darüber nach.
Niemals hätte ich erwartet, was dies bedeuten würde. Wie tief mich dieser Schicksalsschlag in den Abgrund reißen würde.
Du warst alles für mich. Du warst mein Leben. Und nun, da du nicht mehr da bist, fehlt das Fundament, das es zu diesem machte.
Alles, was ich fühle, ist Hilflosigkeit. Einsamkeit. Leere. Seit du gegangen bist. Einfach so. Ohne ein Wort. Ohne einen Abschied.
In einer einzigen Sekunde war alles, woran ich glaubte, wofür ich lebte, unwiederbringlich ausgelöscht. Für immer aus meinem Leben entschwunden.
Ich weiß nicht, wie ich weitermachen soll. Wie ich weitermachen kann. Ohne dich. Ohne meinen Halt. Meinen Freund. Meine Liebe.

So still,
Dass alle Uhren schwiegen.
Ja, die Zeit kam zum Erliegen.
So still und so verloren gingst du fort.
So still und so verloren gingst du fort.


Doch die Welt dreht sich unermüdlich weiter. Hält nicht einen Augenblick inne. Wandert von Tag zu Nacht. Von Nacht zu Tag.
Sekunde um Sekunde verstreicht. Lässt die Zeiger der Uhr ausdauernd ihre Kreise ziehen. In unerträglicher Monotonie.
Das Leben geht weiter. Für jeden Menschen um mich herum. Jeden einzelnen. Ausgenommen mir.
Sie tun, was sie stets taten. Gehen zur Arbeit. Nach Hause. Zu ihren Familien. Lachen mit ihnen. Schweigen. Jeden Tag.
Doch nicht ich. Mein Dasein hörte in diesem kurzen Moment auf. Meine Welt steht seitdem still. Und die Zeit ist bedeutungslos.
Mittlerweile weiß ich nicht einmal mehr, wie viel davon vergangen ist. Wie lange ich nun bereits ohne dich bin.
Auch an mir gehen die Sekunden, die Minuten und Stunden nicht spurlos vorbei. Aber ich nehme sie nicht länger wahr.
Für mich existieren weder Zeit noch Raum. Denn nur weil die Uhr sich weiter dreht, heißt dass nicht, dass mein Leben weitergeht.
Mein Leben - mein wahres Leben - war zu Ende, als ich allein darin zurückblieb. Wie in einem Gefängnis, aus dem es kein Entrinnen gibt.
Ob ich auch wünsche, hoffe, bete, es wäre anders. Ich habe nicht die Macht. Hatte sie im Grunde wohl nie.
Auch wenn ich glaube, davon überzeugt bin, ich hätte etwas ändern können. Deinen Entschluss verhindern. Wäre ich nur da gewesen.
Dann wäre alles anders gekommen. Mein Leben würde weitergehen. Unser gemeinsames Leben weiter seine geregelten Bahnen ziehen.
Krampfhaft halte ich diese Überzeugung fest. Meine eigene Realität. Eine Welt jenseits der Wirklichkeit, in die ich mich flüchten kann.
Und auch wenn ich weiß, dass es in Wahrheit kein Entkommen gibt, bin ich dort nicht allein. Bist du bei mir. Solange, bis ich wieder erwache.

Ich hab so viel gehört, und doch kommt's niemals bei mir an.
Das ist der Grund, warum ich Nachts nicht schlafen kann.
Wenn ich auch tausend Lieder vom Vermissen schreib',
Heißt das noch nicht, dass ich versteh',
Warum dieses Gefühl für immer bleibt.


Jeder neue Tag ist ein Grauen für mich. Doch schlimmer sind die Nächte. Wenn ich abermals Schweiß gebadet aus einem weiteren Albtraum aufwache.
Versuche, die Bilder der vergangenen Minuten abzuschütteln. Bilder, die mich dennoch verfolgen. Sich nicht vertreiben lassen.
Meine Gedanken kreisen fortwährend um einen bestimmten Moment. Ist stets vor meinem inneren Auge präsent. Ununterbrochen.
Jenen Moment, als ich die Nachricht erhielt. Und damit meine Welt innerhalb weniger Sekunden in sich zusammenstürzte.
Zwei fremde Männer vor der Tür standen. Vor unserem gemeinsamen Haus. Um mir zu sagen, was kurz zuvor geschehen war.
Noch immer sehe ich ihre korrekten Uniformen. Ihre Mützen, die sie in meiner Gegenwart unter den Arm geklemmt hielten.
Ich nehme wahr, wie sich ihre Lippen bewegten. Aber ihre Stimmen drangen nicht in mein Unterbewusstsein vor.
Beinahe als wollte es mich schützen. Schützen vor dem unabwendbaren Unheil, das wie eine Gewitterwolke über mir schwebte.
Doch in meinen Träumen mischt sich eine andere Szene darunter. Verschwimmt mit dieser zu einer bizarren Illusion.
Ich sehe dich. Sehe dich allein an diesem abgeschiedenen Ort. Jenem Ort, an dem du mich verlassen hattest.
Auch wenn ich in Wirklichkeit niemals da war. Dieses Bild nur meiner Fantasie entspringt. Habe ich es dennoch vor Augen.
Als stünde ich unter dieser Brücke und verfolgte jede deiner Bewegungen. Lediglich deine Miene ist förmlich zu Stein erstarrt.
Sehe dich unbeweglich da oben stehen. In die Tiefe starren. Bevor du dich langsam der Brüstung näherst. Sie mit den Händen umklammerst.
Ich will schreien, doch kein Ton verlässt meine Kehle. Ich will loslaufen. Zu dir. Doch mein Körper ist vollkommen erstarrt.
Alles, was ich tun kann, ist zusehen. Zusehen, wie du deinem Leben ein Ende setzt. Wie du unser gemeinsames Leben beendest.
Es erscheint mir beinahe absurd. Als könne so etwas niemals mir passieren. Niemals uns. Nein. Es muss eine Illusion sein.
Nicht mehr als die Kulisse eines schlechten Filmes. Die Kulisse eines Albtraumes. Ein Albtraum, der bittere Realität ist. Meine Realität.

So laut,
Die Stunden nach dem Aufschlag,
Als es galt, das alles zu erfassen und verstehen.
Und es war so laut,
Dass alles, was wir dachten, nichts als Leere zu uns brachte.
So laut und so verloren war es hier,
Als Stille bei uns wohnte anstatt Dir.


Unzählige Menschen sind indessen um mich. Bin mitten unter ihnen. Nicht eine Sekunde allein. Und doch fühle ich mich einsam. Fühle mich leer.
Ich höre ihre leise Musik. Traurige Musik. Vermischt mit ihren Stimmen. Weinen. Lachen. Laut und unerträglich. Unaufhörlich.
Nur in meinem Kopf herrscht absolute Stille. Totenstille. Beinahe angenehme Stille. Und dennoch gleichzeitig quälende Stille.
Doch die absurde Hoffnung, ein vertrautes Geräusch würde diese durchbrechen, wird bitter enttäuscht. Die Stille bleibt.
Jene Stille, die allmählich alles zu verschlingen scheint. Jedes Geräusch. Meine vertraute Umgebung. Die gesamte Realität.
Sogar meine Gefühle sind plötzlich verschwunden. Jedes einzelne. Die Trauer. Die Verzweiflung. Die Wut. Der Schmerz.
Zurück bleibt nichts als Leere. Lähmende Leere. Hält mich fest in ihren Krallen, aus denen ein Entkommen unmöglich scheint.
Ich tue nichts, als unbeweglich auszuharren. Das wahre Leben an mir vorbeiziehen zu lassen. Das Leben der Anderen.
Aber worauf ich warte, kann ich nicht einmal selbst erklären. Dass du zurückkommst? Unvermittelt wieder vor mir stehst?
Obwohl ich weiß, dass dies unmöglich ist. Diese Gewissheit hat sich in meinem Kopf festgesetzt. Lässt sich nicht mehr abschütteln.

Ich hab so viel gehört, und doch kommt's niemals bei mir an,
Das ist der Grund, warum ich Nachts nicht schlafen kann.
Wenn ich auch tausend Lieder vom Vermissen schreib',
Heißt das noch nicht, dass ich versteh',
Warum dieses Gefühl für immer bleibt.


Ich versuche zu vergessen. Krampfhaft. Fortwährend. Vergessen, dass ich dich, meinen geliebten Ehemann, verloren habe.
Dass du niemals zurückkehren wirst. Dass du dieser Welt endgültig den Rücken gekehrt hast. Und damit auch mir.
Denn du hast mich einfach zurückgelassen. Mein Herz in Flammen gesteckt. Ein loderndes Feuer darin entfacht.
Und nun muss ich damit weiterleben. Allein. Ohne dich. Verfolgt von meinen Schuldgefühlen. Weil ich nicht da war, als du mich brauchtest.
Mit der Ungewissheit, ich hätte vielleicht etwas ändern können. Hätte dich davon abhalten können. Wäre ich nur da gewesen.
Hätte deinen quälenden Schmerz lindern können. Schmerz, der nicht nur in deinem Körper wütete. Sondern auch in deiner Seele.
Selbst wenn ich es tief in meinem Inneren besser weiß, werde ich mir vermutlich immer die Frage stellen, was wäre, wenn...?
Was wäre, wenn die Ärzte dir hätten helfen können? Was wäre, wenn ich gesehen hätte, was in dir vorgeht? Was wäre, wenn ich dagewesen wäre?
Unzählige Fragen, die ich mir niemals würde beantworten können. Auf die es eben keine Antworten gibt. Und die mich ewig quälen würden.
Denn nichts kann etwas an der Tatsache ändern, dass du einfach gegangen bist. Dass du mich allein gelassen hast.
Alles, was du zurückgelassen hast, ist Leere. Leere, die ich nicht zu füllen vermag. Und Stille. Stille, die ich nicht zu übertönen vermag.
Ich kann nicht einfach weitermachen. So tun, als wäre nichts passiert. Als hätte es dich nie gegeben. Denn du fehlst mir.

So still,
Obwohl ich dich mit jedem Tag vermiss'.
Und wo immer du auch gerade bist,
Du zeigst mir, dass Stille jetzt Dein Freund geworden ist.


Man sagt, die Zeit heile alle Wunden. Für viele Menschen mag diese Aussage zutreffen. Womöglich auch für mich. Irgendwie.
Ich jedoch glaube vielmehr, dass ich erst jetzt wirklich verstanden habe. Verstanden, warum du dieses Leben verließest.
Gegangen in eine bessere Welt. Eine Welt ohne Schmerzen. Ohne Qualen. Davon getragen auf den lautlosen Schwingen der Schwerelosigkeit.
Habe verstanden, dass du nicht mich zurückließest. Sondern nur den Schmerz. Die Verzweiflung. Die Angst. Wie eine leblose Hülle abstreiftest.
Und doch wird mich die Stille, die an deiner Stelle hier zurückgeblieben ist, vermutlich für den Rest meines Lebens begleiten.
Genauso wie ich wohl niemals werde aufhören können, darauf zu hoffen, dass ein vertrautes Geräusch diese durchbricht.
Aber ich werde irgendwann lernen, damit zu leben. Wenn auch nicht heute. Oder morgen. Irgendwann wird die Stille Normalität für mich sein.


ENDE
 
For once in your Life [Aaron Hotchner POV]

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For once in your Life


The Family is a Haven in a heartless World
Christopher Lasch

„Kann dir nicht ein einziges Mal in deinem Leben deine Familie wichtiger als deine Arbeit sein?
Verdammt, wir brauchen dich, Aaron. Jack braucht dich. Und ich brauche dich.“


Die Entscheidung war so einfach. Die einfachste, die ich wohl jemals in meinem Leben treffen musste.
Es gab nur eine einzige Frage, die ich mir selbst beantworten musste: Was war der beste Weg, deine Familie zu schützen?
Ich würde alles für Jack und Haley tun. Mein eigenes Leben für das ihre geben.
Doch diesmal gab es für mich keine Möglichkeit, ihnen zu helfen. Nicht, solange dieses Schwein frei war.
Alles, was ich tun konnte, war, sie in Sicherheit zu bringen. Und zu warten...

Dennoch wollte ich kämpfen. Und ich würde kämpfen.
Als Ehefrau hatte ich sie bereits verloren. Ich würde nicht zulassen, nun auch meinen Sohn und meine Liebe zu verlieren.
Aber was konnte ich schon tun? Er war untergetaucht, der Fall lag auf Eis. Ich musste wohl oder übel warten. Warten, bis er sich zeigte.
Niemand wusste, wie lange es dauern würde. Wochen? Monate? Jahre?
Nur eines war sicher: er würde es zu Ende bringen. Mich für meine Ablehnung, meine Arroganz bestrafen.

Ich wusste, dass er früher oder später zuschlagen würde.
Dass ihn etwas aus seinem Versteck locken würde. Dass ich ihn aus seinem Versteck locken würde.
Doch nicht ich war es, den er wollte. Er wollte mir nehmen, was mir das wichtigste in meinem Leben war.
Ich hatte seinen Deal ausgeschlagen. Hatte ihm die Macht genommen, die er fühlen wollte. Fühlen musste.
Und doch hatte er sie sich zurückgeholt. Nun hatte er Macht über mich. Größere, als ihm jeder Deal eingebracht hätte.

Noch nie hatte ich dies gekonnt. Warten, auf etwas, von dem man nicht wusste, ob und wann es eintrat.
In meinem Beruf musste man oft Geduld beweisen. Bei einem Verhör. Einer Observation.
Doch wenn man auf einen Geist wartete, einen Schatten, der irgendwann, vielleicht auch niemals auftauchte, zweifelte man bald an sich selbst. An seinem Verstand.
Irgendwann fragte man sich selbst, ob es die richtige Entscheidung gewesen war, die man getroffen hatte.
Selbst, wenn es die einzige Möglichkeit, der einzige Ausweg gewesen war.

Er wusste, wie unerträglich bereits der Gedanke für mich war, meine Familie nicht bei mir zu wissen.
Aber das Risiko, dass er sie aufspürte und tötete, war zu groß, als das ich auch nur in Erwägung ziehen würde, es einzugehen.
Damit hatte er mich im Grunde in der Hand. Quälte mich, weil ich keine andere Wahl hatte.
Doch es gab sie. Ich hatte nur niemals auch nur einen Gedanken daran verschwendet. Die Möglichkeit in Betracht gezogen.
Ich wollte bei Jack und Haley sein. Wollte sie selbst beschützen. Und genau dies würde ich tun.

Mein Team war das beste des ganzen FBI. Das wusste ich. Immerhin hatte ich die Agenten zur BAU geholt und zu diesem gemacht.
Sie wussten, was zu tun war. Und das würden sie tun. Ohne sich beirren zu lassen.
Alles, um meine Familie sicher zurück nach Hause zu bringen. Alles, was ich tun würde. Was ich tun konnte.
Vermutlich wäre ich nur im Weg. Würde mit meiner Verbissenheit die Ermittlungen mehr behindern als vorantreiben.
Ginge es um einen anderen Agenten, wäre mein Urteil klar: persönliche Verwicklung.

Vielleicht sollte ich gerade in diesem Fall auf meine Gefühle hören. Die Stimme des Profilers in mir ignorieren.
Nur einmal sollte ich meinen Wunsch nach Gerechtigkeit - vermutlich auch ein wenig nach Vergeltung - vergessen.
Konnte ich mehr tun, als mein Team allein es konnte?
Konnte ich meine Familie besser schützen, wenn ich nicht bei ihr war?
Konnte ich Jack und Haley gehen lassen, ohne sicher zu sein, dass sie wirklich in Sicherheit waren?

Ich musste bei meiner Familie sein. Und ich würde bei meiner Familie sein.
Niemals durfte ich diesem Monster Macht über mich geben.
Und nichts anderes würde ich tun, ließe ich sie allein gehen.
Er hätte mich in der Hand. Würde sich an meinem Schmerz, meiner Einsamkeit weiden.
Das würde ich nicht zulassen. Nicht für mich. Und auch nicht für Jack und Haley.

Ich wusste, wenn wir gingen, ein neues Leben anfingen, konnte es für immer sein.
Doch es war mir egal. Denn wenn, dann sollte es gemeinsam mit ihnen sein.
Lieber würde ich mein Team allein lassen als meine Familie.
Sie waren alles, was ich hatte. Sie waren mein Leben.
Und ich konnte es keinem Fremden überlassen, sie zu beschützen.

*****​

Nun sitze ich hier. Sitze auf dem Boden eines mir fremden Schlafzimmers und halte meine tote Liebe im Arm.
Ich halte ihren blutüberströmten Körper an den meinen gepresst. Wiege ihn wie in Trance hin und her.
In der Hoffnung, ich könnte ihr damit erneut Leben einhauchen.
Könnte einen Funken meiner eigenen Existenz auf die ihre erloschene übertreten lassen.
Alles würde ich dafür geben. Doch mein eigener Herzschlag würde niemals den ihren wiederbeleben können.

Er hatte zugeschlagen. Er hatte sie bekommen. Und Haley eiskalt getötet.
Damit hatte er seine Macht bis zum Ende ausgekostet. Hatte mir die größtmögliche Qual beschert.
Und ich hatte es zugelassen. Hatte nichts tun können, als zuzuhören, wie sie starb.
Ich hätte sie beschützen müssen. Wie es meine Aufgabe gewesen war.
Doch ich hatte versagt. Und er hatte gewonnen.

Es ist unwichtig, dass auch er sein Leben gelassen hatte. Dass ich es beendet hatte.
Ich hatte verbissen kämpfen müssen. Und es hatte mich viel Kraft gekostet.
Kraft, die Anwesenheit meiner toten Liebe zu ignorieren. Sie zu vergessen.
Nicht an Jack zu denken, der sich irgendwo versteckte. Der die Angst in seinem Inneren spürte.
In diesem Augenblick war er alles gewesen, auf das ich mich hatte konzentrieren müssen.

Doch als schließlich eine Kugel aus meiner Waffe in seinen Körper drang, ihn niederstreckte, hatte ich nur noch einen Gedanken: Haley.
Ich musste zu ihr. Musste sie in meinem Arm halten. Wenigstens noch ein einziges Mal.
Ein letztes Mal wollte ich durch ihr seidiges Haar streichen, das nun ungewöhnlich, beinahe unnatürlich dunkel war.
Das Gefühl ihrer weichen Haut unter meinen Fingern spüren.
Wollte jenen ihr eigenen Duft in mich aufzunehmen, um ihn nie wieder zu vergessen.

Unwillkürlich rasen unzählige verpasste Chancen durch meinen Kopf.
Stets hatte mein Job an erster Stelle gestanden. Vor meiner Frau und meinem Sohn.
Ich hatte es nicht wahrhaben wollen, aber ich hatte mich ihr entzogen. Sie förmlich dazu getrieben, mich zu verlassen.
Hatte damit zuerst unsere Ehe aufgegeben. Und sie schließlich ganz aus meinem Leben verschwinden lassen.
Anstatt zu kämpfen. Um sie. Um Jack. Unsere Familie.

Die eiskalte Hand, die mein Herz umklammert hält, schnürt förmlich jedes Leben darin ab.
Lässt dessen zuvor noch hektisch pochenden Schlag verstummen. Und raubt mir damit praktisch den Atem.
Das Adrenalin, das bis vor Sekunden durch meine Adern strömte, hat sich von einem Moment auf den anderen verflüchtigt.
Mein Körper ist wie gelähmt. Ich kann mich nicht von ihr lösen. Und ich will sie nicht wieder loslassen.
Würde dies doch bedeuten, dass es für immer wäre. Endgültig.

Der unbändige Schmerz des Verlustes ist derart übermächtig, dass er mich beinahe zu Boden zwingt.
In diesem Moment kann mir sogar die Tatsache nur mit Mühe Trost spenden, dass wenigstens Jack noch immer bei mir sein würde.
Dass mein Sohn sich vor diesem Monster in Sicherheit bringen konnte.
Denn ich weiß, dass mein Kleiner klug genug war, meinen versteckten Hinweis zu verstehen.
Sich aus der Gefahr befreien konnte, in die ich ihn gebracht hatte. Ihn und seine Mutter.

Das ist Tatsache. Eine Tatsache, die ich nicht vergessen kann. Viel zu beherrschend ist das Gefühl des Versagens.
Das Wissen, den größten Fehler meines Lebens begangen zu haben.
Die beiden für mich wichtigsten Menschen allein gelassen zu haben.
Ihre Sicherheit einem Fremden überlassen zu haben. Anstatt selbst für sie da zu sein.
Und damit Haleys Tod im Grunde verschuldet, ihm dadurch größtmögliche Macht über mich gegeben zu haben.

Die Entscheidung wäre so einfach gewesen. Und ich wünsche nichts sehnlicher, als sie getroffen zu haben.


So much of what is best in us is bound up in our Love of Family
that it remains the Measure of our Stability because it measures our Sense of Loyalty.
Haniel Long



ENDE
 
AW: FanFiction by *PiperHalliwell - NCIS and more...

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Killing Nikki Heat


Nikki Heat. Dieser Name schwirrte in den vergangenen Tagen beharrlich durch meinen Kopf. Schien, ununterbrochen darin widerzuhallen. Mich förmlich zu verhöhnen. Es war kaum mehr zu ertragen. Und als wäre dies noch nicht genug, musste ich mich von einem Psychopathen wieder und wieder mit diesem unfreiwilligen Pseudonym ansprechen lassen. Wie sehr musste ich mich beherrschen, nicht in den Telefonhörer zu schreien: Mein Name ist Kate Beckett.

Zugegeben, ich hatte mich tief in meinem Inneren ein wenig geschmeichelt gefühlt. Die Inspiration, die Vorlage für die Hauptfigur seines Romans zu sein, war mir wie die Bestätigung meiner Bestrebungen nach Gerechtigkeit erschienen. Zumindest damals. Denn in Situationen wie dieser hasste ich diese Tatsache. Für einen winzigen Moment hasste ich sogar ihn dafür. Hasste ihn dafür, von ihm zu einer Figur gemacht worden zu sein, für die ein Mann tötete.
Auch wenn ihm dieses Gefühl Unrecht tat, konnte ich es für diesen kurzen Augenblick nicht abwehren. Gefühle ließen sich nun einmal nicht von Vernunft beeindrucken. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass ich Detective war und es im Grunde besser wusste. Dennoch war ich nur ein Mensch. Ein Mensch, der damit fertig werden musste, dass in seinem Namen grausame Morde begangen wurden. Und das war etwas, das ich nur schwer ertragen konnte.
Meine anfänglichen Versuche, professionell mit diesem Fall umzugehen, konnten jedoch nicht auf Dauer erfolgreich sein. Es war einfach unmöglich für mich, Distanz zu wahren, immerhin war ich persönlich in die Ermittlungen verwickelt. Wenn auch nur stellvertretend als Nikki Heat. Aber dies machte für mich keinen Unterschied, denn für ihn war ich Nikki. Und so blieb es eben nicht aus, dass ich tiefer und tiefer in dieser Sache versank. Dass ich emotional hineingezogen wurde.
Ich spürte eine unbändige Wut in mir brodeln. Wut, dass ich ihn nicht stoppen konnte. Dass er uns, dass er mir stets einen Schritt voraus war und wieder eine Leiche zurückließ. Es schien, als würde er mir mit dieser blutigen Spur zeigen, dass ich ihm nicht gewachsen war. Und auch wenn ich dagegen ankämpfte, fühlte ich mich tief in meinem Inneren hilflos. Aber wenn ich so leicht aufgeben, ihn seinen Triumph über mich auskosten lassen würde, wäre ich nicht Kate Beckett.

Als nun das angenehm warme Wasser über meinen Körper rinnt, fällt meine innere Anspannung mehr und mehr von mir ab. Scheint, durch den Strudel des Abflusses in die Unendlichkeit der Kanalisation zu verschwinden. Erst jetzt realisiere ich wirklich, wie sehr mich dieser Fall mitnahm, mich psychisch belastete. Ich fühlte mich verantwortlich. Verantwortlich für die Opfer, die wegen meines Alter Egos sterben mussten. Die ich nicht beschützen, deren Mörder ich nicht aufhalten konnte.
Es erfüllt mich nur unwesentlich mit Genugtuung, dass dieser Mann tot ist. Dass er sich selbst richtete. Immerhin wäre es mir um ein Vielfaches lieber gewesen, ihn festzunehmen und damit seiner gerechten Strafe zuzuführen. Zumindest wollte ich selbst es sein, die ihn stoppt. Die die blutige Serie seiner Taten beendet. Alles, was mir nun bleibt, ist die Gewissheit, dass es zu Ende ist. Dass keine weitere Leiche seinen Weg pflastern wird.

Ein genervtes Seufzen rinnt über meine Lippen, als das penetrante Klingeln des Telefons an mein Ohr dringt. Das ungute Gefühl eines neuen Falles breitet sich mit diesem beharrlichen Geräusch unvermittelt in meinem Inneren aus. Nach den vergangenen Tagen habe ich mir einen freien Abend eigentlich mehr als verdient. Da ich den Anruf jedoch nicht ignorieren kann, bleibt mir nichts übrig, als das Wasser abzustellen und ein Handtuch um meinen Körper zu schlingen.
Die Tatsache, dass ich den Hörer in die Hand nehme, dass ich einige Worte mit Castle wechsele, verblasst so schnell wie die beinahe unmittelbar folgende Explosion mein Heim in Schutt und Asche legt. Doch all diese Geschehnisse ziehen an mir vorbei, als würde ich diese unbeteiligt aus der Ferne beobachten. Als wäre nicht ich diejenige, die sich mit einem halsbrecherischen Sprung in letzter Sekunde in die Badewanne rettet. Um in verlockender Schwärze zu versinken.

Allmählich kämpft sich ein hartnäckiges Klingeln in meinen Ohren durch die Watte, die mein Bewusstsein zu umhüllen scheint. Als dieses unangenehme Geräusch schließlich seine volle Lautstärke erreicht zu haben scheint, breitet sich gleichzeitig ein unerträgliches Hämmern, begleitet von einem lästigen Schwindel, in meinem Kopf aus. Ein Zustand der mir sogar vorgaukelt, fremde Stimmen zu hören. Eine männliche, um genau zu sein, die sich hastig nähert.
Doch es ist nicht jener hämische Tonfall, der ein „Auf Wiedersehen, Nikki.“ auf meinem Anrufbeantworter hinterließ. Nein, dieser lässt ein vertrautes Gefühl durch mein Inneres strömen. Im ersten Moment fällt es mir schwer, den Klang einzuordnen, zu sehr ist mein Kopf damit beschäftigt, meine Umgebung zu analysieren. Zu begreifen, was geschehen ist. Der laute Knall ist mir im Gedächtnis haften geblieben, aber die übrigen Puzzleteile verbinden sich erst nach und nach zu einem Ganzen.
Als ich mich langsam aufrappele, kann ich nur mit Mühe ein gequältes Stöhnen unterdrücken, was diverse blaue Flecken in den nächsten Tagen mit Sicherheit noch belegen werden. Der Aufprall in meiner Badewanne war wohl um einiges härter, als ich mir eingeredet habe. Mein Blick wandert langsam über den weißen Rand nach oben und bleibt schließlich an einem Paar vertrauter Augen hängen. Augen, die eine unerklärliche Sicherheit auf mich ausstrahlen.

*****​

In dem Moment, als ich das verwüstete Appartement betrete, die verkohlten Überreste von Möbeln, Habseligkeiten und Erinnerungsstücken darin erblicke, stockt mir schlagartig der Atem. Ich vergesse sogar die Euphorie, die mich noch vor einer Sekunde durchströmte, als ich erfolgreich die Wohnungstür aufgebrochen hatte. Es ist der kleine Junge, der noch immer in mir steckt und der erst in Situationen wie dieser meinem erwachsenen, rationalen Ich das Feld überlässt.
Als Beckett jedoch endlich auf meine besorgten Rufe reagiert und ihr Kopf aus der Badewanne auftaucht, lässt die Erleichterung für einen Moment erneut meine kindliche Seite die Oberhand gewinnen. Aber nur ein einziger Blick in ihr fahles Gesicht, in ihre matten Augen, die ihre Angst nicht verbergen können, lässt mich umgehend verstummen. Stattdessen verharre ich kurz in meiner Bewegung, ohne mich von ihr abwenden zu können.
Auch wenn in mir alles danach schreit, sie in den Arm zu nehmen, meine Emotionen verrückt zu spielen scheinen, reiche ich ihr zuvorkommend mein Jackett und drehe mich schließlich weg, um ihr die Möglichkeit zu geben, ihren Körper zu bedecken. Natürlich ist mir die nackte Haut nicht entgangen, die sie, nur bedeckt von einem Film grauen Ruß und einigen Fetzen eines Handtuchs, vor mir zu verbergen sucht. Nicht beschämt, sondern noch immer schockiert. Erschüttert.
Was jedoch in diesem Augenblick in mir vor sich geht, kann ich weder verstehen noch erklären. Die Gefühle, die durch mein Inneres toben, reichen von Schuld über Erleichterung bis hin zu Angst. Angst, nicht nur dass ich sie beinahe verloren hätte, sondern auch dass es jederzeit wieder geschehen könnte. Dass ich sie in eine Situation gebracht hatte, in der ich sie niemals würde beschützen können. Und dass dieses Wissen nur schwer zu ertragen ist.
Doch schließlich bekomme eine kleine Chance. Die Chance, sie aus diesem Trümmerfeld zu befreien. Meinen Arm um ihren plötzlich so zerbrechlich anmutenden Körper zu legen und sie aus dem Haus zu begleiten. Etwas in mir genießt es, ihr so nah zu sein. Zu glauben, ich könnte sie auffangen, wenn sie fällt. Aber die Wahrheit ist, dass Kate Beckett eine starke Frau ist. Eine Frau, die kämpfen wird. Die Wahrheit ist, dass mein Gewissen mir nur vorgaukelt, ich wäre ihr Retter.

Während ich Kate aus einiger Entfernung mustere, beobachte, wie sie verarztet wird, fühle ich mich einmal mehr hilflos. Hilflos und schuldig. Meine übliche lockere Überlegenheit ist verblasst. Ich selbst war es, der ihr die Selbstvorwürfe ausredete. Doch nicht sie sollte sich mit diesen plagen. Denn auch wenn mein Buch lediglich ein winziger Tropfen in einem überlaufenden Fass war, habe ich dennoch das Gefühl, dass all dies meinetwegen geschah. Dass ich sie zur Zielscheibe machte.
Egal wie oft ich mir sage, dass nicht ich es war, der ihm die Bombe in die Hand legte, nagen dennoch Zweifel unermüdlich an mir. Ich habe diese Welt, die Welt von Nikki Heat erschaffen. Ich habe einem Psychopathen, der nicht zwischen Wirklichkeit und Fiktion unterscheiden kann, der mehr in Büchern lebt als im realen New York, einen für ihn perfekt erscheinenden Gegenspieler erschaffen. Denn für ihn sind Kate Beckett und Nikki Heat eins. Ist sie Nikki.
Diese bohrenden Gewissensbisse wüten unbeirrbar in mir, während meine Augen mittlerweile ins Leere starren. Erst aus meiner Trance erwachend, als ich ihren Blick auf mir spüre und schließlich beinahe automatisch erwidere. Es ist, als könne sie jeden Gedanken, der meinen Verstand nicht zur Ruhe kommen lässt, ohne Schwierigkeiten lesen. Als spüre sie die Vorwürfe, die mich nicht loslassen. Die selben Vorwürfe, die auch sie quälten.
Ohne einen Ton von sich zu geben, lässt sie die Sanitäter stehen und kommt auf mich zu. Wie von Geisterhand geführt. Direkt vor mir bleibt sie schließlich stehen, ohne auch nur für einen Moment ihre Augen von den meinen abgewandt zu haben. Die Spannung, die unvermittelt in der Luft liegt, schnürt mir die Kehle zu, nimmt mir förmlich den Atem. Dennoch hält mich etwas davon ab, einen meiner üblichen Sprüche von mir zu geben. Beinahe als warte ich auf ein Wort von ihr.
Mehrfach setzt sie an, nur um doch stumm zu bleiben. Bis sie schließlich den Kopf schüttelt und ein geflüstertes aber ehrliches „Danke.“ über ihre Lippen rinnt. Fünf einfache Buchstaben, die jedoch so viel mehr auszudrücken vermögen. Die versuchen, die Angst, den Schock, die Erleichterung zu verstecken. Aber mir bleiben sie nicht verborgen. Denn genau diese Gefühle sind mir nur zu bekannt. Zusammen mit dem Wissen, wie es hätte ausgehen können.
Diese plötzliche innere Verbundenheit lässt jedoch die uns gemeinsamen Empfindungen vollkommen verrückt spielen. Ruft eine Reaktion in uns hervor, zu der es unter normalen Umständen vermutlich niemals kommen würde. Synchron strecken wir die Hand nach unserem Gegenüber aus. Lasse ich meine Finger über den Kratzer an ihrer Stirn wandern, während die ihren sich in meinem Hemd verfangen. Und unsere Blick miteinander verbunden verharren.
Es ist nicht einmal ein Schritt, der uns noch zu trennen vermag. Und doch ist dieser wie eine unsichtbare Grenze. Nur die unbeschreibliche Dankbarkeit, der Explosion entkommen zu sein, sie gerettet zu haben, lässt uns diese überschreiten. Lässt uns die Realität vergessen. Seit jenem Moment vor fünfzehn Minuten sehne ich mich gleichsam danach, sie einfach festzuhalten. Ihr Halt zu geben und diesen bei ihr zu finden.
Ich klammere mich förmlich an ihren schlanken Körper wie ein Ertrinkender an den für ihn rettenden Anker. Doch auch sie hat ihre Arme fest um meinen Hals geschlungen. Presst sich an mich und lässt ihren Kopf erschöpft an meine Schulter sinken. Es ist das Bedürfnis nach Nähe, nach Kraft, die wir uns in dieser Situation gegenseitig schenken. Und doch niemals eingestehen. Während wir gleichzeitig die Zweifel, die Schuldgefühle im Herzen des Anderen ausräumen. Sie einfach verschwinden lassen.
In diesem Moment sind wir niemand anderer als Richard Castle und Kate Beckett. Hier und jetzt - in unserer eigenen kleinen Welt - existieren weder Rick Castle, der Schriftsteller noch seine Romanheldin, Nikki Heat. Nur zwei Menschen, die sich nahe stehen. Die füreinander da sind. Die einander mehr brauchen, als sie auszudrücken vermögen. Zwei Menschen, denen mit einem lauten Knall klar geworden ist, dass sie einander beinahe verloren hätten. Und jederzeit tatsächlich verlieren könnten.


ENDE
 
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Streets of Philadelphia
I was bruised and battered
I couldn't tell what I felt
I was unrecognizable to myself
I saw my reflection in a window
I didn't know my own face
Oh brother are you gonna leave me wastin' away
On the streets of Philadelphia
I walked the avenue 'til my legs felt like stone
I heard voices of friends vanished and gone
At night I hear the blood in my veins
Just as black and whispering as the rain
On the streets of Philadelphia
'Streets of Philadelphia' - Bruce Springsteen


Ein dumpfes Schlagen der Autotür. Leises Seufzen. Dann Stille. Ein kurzer Augenblick wohltuender Stille. Stille und tiefer Dunkelheit.
Bevor die Ereignisse unvermittelt wieder auf mich einstürmen. Sich zu überschlagen, mich zu erdrücken scheinen.
Dieser Abend war unerwartet lang gewesen. Und so... Diese letzten Stunden hatte ich mir jedenfalls anders ausgemalt. Vollkommen anders.
Zurückgeblieben ist ein merkwürdiges Gefühl. Ein Gefühl, das sich nicht beschreiben lässt. Das eine ungekannte Ungewissheit zurücklässt.

Zwei Jahre auf Wahlkampftour mit dem zukünftigen Präsidenten. Denn an seinem Sieg gibt es für mich bis heute nicht den leisesten Zweifel.
Zwei lange Jahre voller ungewisser Ziele. Zwei Jahre, die dennoch wie im Fluge vergingen. In denen ich fünfzig Bundesstaaten und wohl jeden Ort der Vereinigten Staaten bereiste.
In denen ich lernte. Meiner Leidenschaft folgte. Sie Tag für Tag auslebte. Und schließlich endgültig erwachsen wurde. Es mit eigenen Augen zu erleben, darüber zu berichten, hatte mich reifen lassen.
Und nun ist diese ereignisreiche Zeit zu Ende. Von einem Moment zum anderen. Die aufregenden Erlebnisse hinterlassen eine unerwartete Leere.
Die unzähligen Menschen, mit denen ich in all den Monaten Tag und Nacht verbrachte, sind fort. In alle Winde zerstreut. Zurückgekehrt, woher sie kamen.
Ihrer Heimat entgegen, wohin auch mein Weg mich nun endlich führen soll. In die Heimat, der ich in den letzten Tagen bereits ungeduldig entgegen fieberte.
Egal wie aufregend die vergangenen zwei Jahre auch waren. Mein Herz sehnt sich nach einem zu Hause. Meinem zu Hause. Sehnt sich nach der Liebe und Geborgenheit, die mich dort erwarten.
Es scheint, als sei es erst gestern gewesen. Mein Abschied. Von meiner Mutter. Meinen Freunden. Von Stars Hollow. Ausgelassen. Tränenreich. Mit dem Gefühl im Herzen, ganz am Anfang meines Lebens zu stehen.
Und doch weiß ich, dass nunmehr alles anders sein wird. Mein Weggang hat alles verändert. So wie meine Rückkehr erneut alles verändern wird.
Aber trotz meines Heimwehs bin ich nicht sicher, ob ich dafür bereit bin. Bereit für all die Emotionen, die in diesem Augenblick unweigerlich auf mich einstürmen werden.
Zu sehr bin ich damit beschäftigt, die vergangenen Monate zu verarbeiten. Die Eindrücke, die sich vor meinem inneren Auge überschlagen. Mich kaum zur Ruhe kommen lassen.

Die Sehnsucht nach der Heimat ist groß. Doch gleichzeitig hält mich etwas an diesem Ort. Beinahe als würde eine unvollendete Angelegenheit mich nicht loslassen.
Lässt mich aus meinem Auto steigen. Dem Wunsch nach einem klaren Kopf folgen. Ein wenig frische Luft sollte mir gut tun. Und mir helfen, Abschied zu nehmen. Abschied von diesem aufregenden Kapitel meines Lebens.
Im Moment kann ich mir meine eigenen Gefühle nicht erklären. Konnte ich es doch noch vor wenigen Stunden kaum erwarten, endlich nach Hause zurückzukehren.
Schon jetzt kann ich genau vorhersagen, was mich dort erwarten würde. Den Empfang beschreiben, den ich genießen würde. Im Grunde hat sich nichts verändert. Und gleichzeitig doch alles.
Mein Leben in Stars Hollow würde wieder dasselbe sein. Doch bin ich das noch? Bin ich noch immer die Frau, die vor zwei Jahren das kleine Städtchen verließ?
In diesen Monaten hatte ich so viel von der großen weiten Welt gesehen. Die Welt der Vereinigten Staaten kennengelernt. Großstadtluft geschnuppert.
Eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Auch wenn sich mein Herz tief im Inneren stets nach dem Schutz und der Geborgenheit meiner Heimat sehnte.

Die kühle Abendluft verfängt sich in meinen Haaren. Lässt sie im sanften Wind treiben. Um meinen Kopf tanzen. Sodass ich einige Strähnen, in meine Gedanken versunken, zurück streiche.
Tief nehme ich die Atmosphäre, die hier herrscht, in mich auf. Das quirlige Treiben einer amerikanischen Großstadt. Verbunden mit der unbeschwerten Stimmung eines Frühherbsttages.
Längst ist die Dunkelheit über die Wolkenkratzer hereingebrochen. Hat den romantisch anmutenden Sonnenuntergang endgültig verdrängt. Ihn im tiefdunklen Blau des Himmels verblassen lassen.
Mit einem Lächeln auf den Lippen schlendere ich durch die nächtlichen Straßen. Beobachte, wie ein Licht nach dem anderen diesen neues Leben einhaucht.
Nicht mehr als das imposante Kongresszentrum habe ich bisher von dieser beeindruckenden Stadt gesehen. Und nicht einmal die Stunden dieser Nacht könnten dieses Versäumnis wettmachen.
Im Stillen wünsche ich mir, mehr Zeit zu haben. Zeit, durch die Gassen zu streifen. Die Menschen und jeden noch so versteckten Winkel ihrer Heimat kennenzulernen.
Wenige Tage in der Fremde verleben zu können. In sie einzutauchen. Sie zu erleben. Und tief in mich aufzusaugen. Um sie nie wieder zu vergessen.
Doch wenn ich ehrlich bin, ist mir diese Stadt nicht vollkommen fremd. Einen Ort in ihrem Herzen hatte ich kennen und schätzen gelernt. Damals. Vor über drei Jahren.

Ein tiefer Atemzug. Mit geschlossenen Augen. Lässt die Ruhe durch jede Faser meines Körpers strömen. Und die hinter meinen Lidern aufflammende Erinnerung langsam wieder verblassen.
Doch der Gedanke an die Vergangenheit lässt sich nicht abschütteln. Scheint wie ein unverwüstlicher Fels in der stürmischen Brandung einer Großstadt.
Unvermittelt schlagen die Wellen der Sehnsucht nach oben. Eine Sehnsucht, die in meinem Inneren wohl niemals völlig verstummt ist. Sondern stets leise schluchzte.
Lediglich unterdrückt von meiner Rebellion. Und einem Gefühl von Leichtigkeit. Von Unbeschwertheit. Ein Gefühl, das dennoch niemals wahre Liebe war.
Es war nichts als der Wunsch, aus meinem behüteten und vorbestimmten Leben in Stars Hollow auszubrechen. Die wirkliche Welt kennenzulernen. Etwas, was er mir ermöglichte.
Vielleicht habe ich die vergangenen Jahre gebraucht, um endgültig erwachsen zu werden. Um zu erkennen, dass dieses Dasein nichts als Leere zurückließ.
Und nun, da ich wieder hier in dieser Stadt und ihm damit so viel näher bin, ist sie zurück. Die Sehnsucht. Sehnsucht, die mich schon damals unaufhaltsam zu ihm zog.

Vermutlich brauchte ich einfach die Zeit, um mir über meine wahren Empfindungen klar zu werden. Doch nun bin ich dazu bereit. Sind wir vielleicht beide bereit.
Stets stand unserer Liebe etwas im Weg. Die Sterne. Das Schicksal. Aber vorrangig waren wir es selbst, die im Grunde unsere eigene Beziehung sabotierten.
Ob es einfach das Timing zwischen uns war, das niemals stimmte, kann ich im Nachhinein nicht einmal mehr mit Sicherheit sagen. Auch wenn unsere Herzen eine andere Sprache sprachen, passten wir niemals wirklich zueinander.
Hatten wir stets unterschiedliche Prioritäten. Unterschiedliche Ziele. Und mit der Zeit hatten wir uns nur noch weiter voneinander entfernt. Hatten uns in verschiedene Richtungen entwickelt.
Jedes einzelne Mal, das wir in den letzten Jahren aufeinander trafen, standen wir an unterschiedlichen Punkten in unserem Leben. Doch niemals beide an dem gleichen.
War ich das pflichtbewusste Mädchen, das strebsam auf seine Aufnahme in Havard hinarbeitete, schwänzte er die Schule und verfolgte lediglich ein Ziel. Endlich aus Stars Hollow wegzukommen.
Aber schließlich wurde er irgendwann erwachsen. Schrieb ein Buch. Fand einen Job, eine Berufung, die er liebte. Er hatte alles erreicht, was ich mir für ihn immer gewünscht hatte.
Und wo stand ich? Mit einem Bein auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung meiner Großmutter und mit dem anderen auf einer der zahllosen Kneipentouren meines Freundes.
Ich hatte alles, wofür ich stets gearbeitet, ja sogar gekämpft hatte, aufgegeben. Es förmlich weggeworfen. Gewissermaßen vergessen. Ich tat, was ich früher verabscheut und verachtet hatte.
So wie ich erst geglaubt hatte, Jess und unserer Beziehung entwachsen zu sein, war er es bald darauf mir und meiner Welt, bestehend aus Logan, sinnlosen Partys und Benefizgalas.
Die Wahrheit ist, er war erwachsen geworden und ich stattdessen in meinem spätpubertären, gegen meine Mutter aufbegehrenden Verhalten haften geblieben.

In diesem Augenblick, in dem ich scheinbar ziellos durch die Straßen von Philadelphia streife, meine Gedanken der Vergangenheit nachhängen, erkennt mein Verstand endlich, was mein Herz schon lange weiß.
Wir gehören zusammen. Wir vervollständigen das Leben des Anderen. Und auch wenn wir bisher niemals den richtigen Moment fanden, bin ich nicht bereit, aufzugeben und damit diesen Moment vielleicht zu verpassen.
Mit einem Mal haben sich meine Überlegungen verselbständigt. Treiben mich förmlich dazu, mich endlich meinen Empfindungen zu stellen. Dafür zu kämpfen.
Doch kaum dass ich mir darüber klar werde, es mir endlich eingestehe, bin ich mir schlagartig vollkommen sicher, dass wir zueinander finden werden. Dass vielleicht genau jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist.
Beinahe unbewusst lenken mich nun meine Schritte zu diesem einen mir bekannten Ort in dieser riesigen Stadt. Dem Ort, an dem ich schon einmal war. Führen mich zu ihm.
Die historischen Gebäude, in der Dunkelheit nicht mehr als schwarze Riesen mit leuchtenden Augen, ziehen ungesehen an mir vorbei. In diesen Minuten habe ich keinen einzigen Blick für meine Umgebung.
Nichts ist nun noch länger wichtig. Nicht der Weg. Nur mein Ziel. Und das, was mich dort erwartet. Vorfreude und Hoffnung haben sich in meinem Inneren breit gemacht. Die Unsicherheit zurückgedrängt.
Jeder meiner Schritte bringt mich ihm näher. Und lässt gleichzeitig meine Sehnsucht ins Unermessliche wachsen. Je näher ich ihm komme, umso weniger kann ich es erwarten, ihn endlich zu sehen.

Als ich endlich auf das winzige Schild an der Tür blicke, bestätigt sich meine Hoffnung, dass er noch immer das kleine Appartement über dem Verlag bewohnt. Nur durch die Stufen einer alten Eisentreppe zu erreichen.
Ich ignoriere das nervöse Pulsieren meines Herzens, das Flattern der Schmetterlinge in meinem Bauch, als ich zaghaft an das dunkle Holz klopfe und dem dumpfen Echo lausche.
Das unvermittelte Rauschen meines Blutes in den Ohren übertönt sogar die leisen Schritte im Inneren, sodass mich das Auftauchen seiner Gestalt in der offenen Tür förmlich überrascht.
Es sind keine Worte nötig. Dazu kennt er mich zu gut. Weiß er zu genau, wann mich meine tobenden Gefühle nicht zur Ruhe kommen lassen. Aber heute ist mein Verstand vollkommen klar. Weiß ich, was ich will.
Ein winziger Schritt von ihm gibt mir den Blick auf sein kleines Reich frei. Lässt mich eintreten an den Ort, der seine geheimsten Gedanken und Ideen beherbergt. Und doch habe ich nur Augen für ihn.
Es ist, als müssten wir beide erst begreifen, dass wir voreinander stehen. Und was dieser Moment bedeuten könnte. Dass diese Begegnung vielleicht endlich den richtigen Zeitpunkt gefunden hat.
Es ist so schön, dich zu sehen.“ Seine Worte sind nur ein Flüstern. Beinahe als könnte seine Stimme die Magie dieses Augenblicks und damit die Zukunft zerstören.
Keiner von uns bewegt sich von der Stelle. Lediglich die Tür fällt wie von selbst ins Schloss. Ein metallisches Geräusch, dem erneut absolute Stille folgt.
Ich bin es, die sich schließlich zuerst rührt. Deren Hand beinahe automatisch nach der seinen greift. Nur um sicher zu gehen, dass er tatsächlich vor mir steht. In der Hoffnung, nicht aus diesem Traum zu erwachen.


ENDE
 
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