So meine Leser, ihr habt gewartet, ich möchte euch nun erlösen, ein paar Worte vorweg, es wird mal wieder düster, düsterer Sarah, aber das seid ihr ja gewohnt
Wenn ihr kombinieren könnt, bleibt aber auch die Romantik nicht aus, denn die Konsequenzen die auf diesen Teil folgen werden könnt ihr euch ausmalen, es bedarf nur einem Funken Fantasie
Die große Halle war ein Anblick der Leere, wo früher rauschende Feste stattfanden, hauchte der Tod an die beschlagenen Scheiben, kratzte der Schmerz an den verriegelten Türen und watete man noch immer durch ein Meer von Scherben der einen Uhr, die den Untergang prophezeit hatte, mit dem alles begann.
Tristan und Sonia saßen an der langen Tafel verlassen auf zwei Stühlen und schauten sich in Gedanken versunken in die Augen. Sie versuchten im Blick des anderen einen Hoffnungsschimmer zu finden, eine Antwort auf ihre brennenden Fragen, einen Lichtschein der sie wärmte oder einen Strang der sie hielt. Doch alles was sie fanden, war das gleiche Nichts was ihre Augen selbst widerspiegelten. Ein leises Seufzen Sonias durchbrach die Stille. “Worauf warten wir eigentlich? Auf den Tod? Darauf, dass sie kommen? Meine Eltern wohnten unten am Fluss nahe der Kathedrale...”führte sie den Satz ohne Worte zu Ende, sie brachte es nicht über sich an den Tod ihrer Eltern zu glauben, auch wenn die Einsamkeit stetig in ihr keimte und die Triebe sie bis an der empfindlichsten Stelle ihres Herzens berührten. Tristan schluckte schwer. Er war ein Waisenkind und hatte sich nie etwas Anderes gewünscht als eine Familie zu haben, allerdings erleichterte ihm dieses Leben auch den Umgang mit Verlusten, er konnte sie nicht nachfühlen, nur verstehen. “Das tut mir leid...”, stand er auf und hob eine der Scherben vom Boden auf, sie war glühend heiß als hielte er Kohle und das Glas schmolz in seiner Hand und hinterließ gespenstisch abstrakte Formen. Verglichen zu dem innerlichen war dieser Schmerz jedoch nur ein kurzer Moment.”Wenn ich doch eine Antwort auf all dies hätte, Gracia hat uns nie gesagt was passiert, glaubst du wirklich sie weiß es nicht?” Noch einmal fiel sein Blick auf die Muster in seiner Hand, deren Haut sich an einigen Stellen löste und das in ihr gehaltene Glas rot färbte. Rot wie das Blut der Vergessenen. “Ich gehe zu Calan! Noch heute!”, erwiderte er Sonia und presste das Glas noch einmal an sich, als stieße man einen Dorn in die zartesten Gefäße jungen Lebens, bevor es zu Boden fiel. Sonia hatte nicht die Kraft ihn davon abzuhalten, was er tat, es war ein Verzweiflungsschrei. Jedoch wollte sie ihn begleiten, noch heute...die Seele gequält von der Grausamkeit des Nichts.
Die schwarze Woge umspülte die Stadt und ihre Gestalten schlossen sie ein wie ein einsames Licht in der mondlosen Nacht. Ihre verzückten Schreie wurden verzehrt durch die Straßen getragen und ihr Morden durch Lachen von Blut quittiert. Die Dornenvögel rissen das Frischfleisch wie Seiten aus einem Buch, mit der Nacht zu einer düsteren Einheit verschmolzen und Roman wachte über ihnen. Die wohltuende Aura der Dunkelheit durchströmte ihn und nahm ihm die Sinne, seine Augen waren weiß verschleiert, so besessen war er von dem vermeintlichen Glück, was ihm die Ausrottung der Menschheit brachte. Seine Schwingen raubten ihm jegliches Verlangen nach Verstand, er urteilte nur noch danach, Art Seinesgleichen von Anderen zu unterscheiden. Er war gestorben für dieses gottlose Leben und sogar der Annahme er könne jeglichen Glauben an das Gute auslöschen. Macht durch die Erlösung jegliche Emotionen vergessen zu können, das Geschenk was er denjenigen machte, die sich im Sterben ihnen anschlossen. Ein paar hungrige Schatten wanderten auf ihn zu und hielten vor ihm inne um eine Verbeugung anzudeuten. “Meister...erhabener Meister, die Nacht ist reif, seht, der Himmel ist schwarz getränkt von eurer Bosheit, lasst uns aufbrechen. Es dürstet uns nach langersehnter Rache, wir haben Jahre gewartet.”, krächzte eine der Kreaturen und die anderen schliffen dazu im Takt ihre Klauen aneinander und raschelten mit den Schwingen. Roman betrachtete sie sich gleichgültig, wie dumm sie doch waren...ihnen fehlte der nötige Teil an menschlicher Logik, wahrscheinlich war dieser unter der Erde am Ort der Verdammnis verfault. “Noch nicht, ihr Narren!”, herrschte er sie an und ließ seine von Teer verhärtete Faust um den Hals des einen schließen. Dieser gab erstickende Laute von sich, seine Augenlider flatterten in panischer Angst. Die anderen wichen ein paar Schritte zurück und warteten auf weitere Instruktionen. Roman beendete seine Tat und ließ den Vogel zu Boden sinken. “Schafft ihn mir aus den Augen! Wir werden zuerst Milan aufsuchen, wie oft soll ich euch das noch sagen? Diese wehleidige Kreatur soll nicht unseren Ruhm teilen, nur weil sie ein Dornenvogel ist. Ich werde ihn eigenhändig aus seinem Körper herauspressen, bevor er seinen letzten Atemzug tätigen kann, das bin ich uns und unserer Art schuldig. Wenn ich es mir recht überlege...warum haben wir Magnus nicht neben seiner Zunge auch die Hände abgehackt? Er könnte schreiben...” sinnierte er, bevor anderes seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Etwas, was er nicht hier erwartet hätte...etwas welches ihn gelehrt und doch schneller ans Ziel gebracht hatte, als erwartet. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen und er fixierte jeden Zentimeter seines Gegenübers. Die Luft brannte und es bedarfte nur einem Funken um das Feuer zu entfachen, welches sich zwischen ihnen bündelte. Bodenloser Hass auf der einen und ein Akt der Hilflosigkeit auf der anderen Seite. Hätten sie geredet würde das Wortgefecht noch in Jahren auf diesem Platz widerhallen, doch sie schwiegen, bis der eine das Wort ergriff. “Roman, Herrscher über die zweite Elite der Dornenvögel, Anführer der Vergessenen, ich bitte dich mir einen Platz in deinen Reihen zu gewähren. Ich habe nachgedacht und denke, dass es das Beste ist, wenn ich dieser Qual ein Ende bereite und zwar jetzt und hier. Nimm mir meine Seele!”, warf sich der eine vor Roman nieder und sein Körper war so angespannt, als hätte sich das Innere nach außen gekehrt. Der Verzicht auf jegliche Emotion kostete ihn soviel Überwindung wie nichts anderes auf der Welt. Er spürte, wie der letzte Tropfen Lebenselixier sich in seinem Kopf zusammenkauerte und verzweifelt nach einem Versteck suchte um von der schwarzen Woge nicht überrollt zu werden, die der Dornenvogel gewittert hatte und der er gefolgt war. “Nicht so schnell mein werter Gefährte. Wer garantiert mir, dass du bereit bist alles dafür zutun, Milan?”, raunte Roman und hob Milas Kopf mit der Spitze seiner Klaue empor, sodass dieser gezwungen war ihm in die verschleierten Augen zu sehen, die trotz der Blindheit alles sahen, was sie sehen mussten, wenn nicht darüber hinaus. “Ich verspreche...es...dir!”, versuchte Milan Entschlossenheit in seine Stimme zu legen und strauchelte bei dem Versuch. Roman stieß ein heiseres, krächzendes Lachen aus und seine Mimik verzog sich zu einem infernalischen Grinsen. Er wanderte ein paar Schritte um die vor ihm sitzende Kreatur herum und stieß sie mit Füßen. “So so...aber du weißt doch genau, was ich von dir verlangen würde oder bist du so naiv? Du warst mein Lehrer, ich hab dich gehasst für das was du warst, ich hab mich gehasst für meinen dem Bösen verfallenen Verstand, doch jetzt, jetzt bin ich dir um einiges voraus, was dich so oder so zerstören wird...oder glaubst du dieses wertvolle Geschöpf in dem du dein Dasein pflichtest wird hier, vor mir, seinem Herrscher, so einfach davonlaufen können?” Milan senkte den Blick, bis sich Romans Klaue wieder wie Messers Schneide an seinen Hals legte. “Du verlangst meine Seele, damit ich kein Mensch mehr bin, damit hilfst du mir! Ich kann so nicht mehr leben! Die Gedanken an sie machen mich wahnsinnig, ich wollte, dass sie mir in die Dunkelheit folgt, denn ohne sie würde ich sterben, doch...dieser Weg ist einfacher und hoffentlich schmerzfreier. Ich war so töricht aus dem Schatten austreten zu wollen, doch das war nur der Mensch in mir, ich hab ihn unterdrückt, du musst ihn mir nur nehmen.”, versuchte er zu erklären was ihm auf dem Herzen lag, doch Roman schaute nur weiterhin überlegen auf ihn herab und kostete seinen Triumph aus. “Ich hätte nicht mal gedacht, dass du es selbst zugibst, Grazia hat dir die Sinne geraubt, sie ist der einzige Grund weshalb du noch existierst, du hättest dich doch am liebsten selbst an Alicias Stelle in der Kathedrale verbrannt...du bist ein Nichts Milan, doch ich war einmal ein Mensch und ich war kein Unmensch, ich möchte dir helfen...ich werde dir deine Seele nehmen und dich zu einem von unseren machen, wenn du sie tötest...”, erklärte Roman Milan die Bedinungen des Teufelspaktes und stoppte, um seine Reaktion abzuwarten. Milan nickte begierig, die Aussicht auf ein Leben ohne den Schmerz und die Trauer war süßer, als der bittere Beigeschmack Grazia zu verlieren, wenn er ein Dornenvogel würde, wäre sie ein Mord unter vielen, ein schwarzer Meilenstein auf einer endlosen Liste, die die Welt umrunden. “Allerdings...”, setzte Roman fort, “gibt es da einen kleinen Haken, nur eine Nebenbedingung, die ich mir erlauben will...du wolltest ja alles für mich tun, nicht wahr? Du tötest sie! Aber, du tötest sie noch bevor ich dich erlöse, ich gebe dir drei Tage Zeit dazu. Und um die Sache ein wenig weltlicher zu gestalten, da mir um ehrlich zu sein, nicht viel an dieser Frau liegt...wenn du es schaffst, werde ich dich zum Dornenvogel machen und du wirst meine rechte Hand werden. Wenn du es nicht schaffst, wirst du sehen, wie ich die Gebote der Dornenvögel mit dem Blut der Anführerin der Silbervögel begieße...und du wirst zusehen, bevor wir sie verbrennen. Doch leider werde ich dich nicht sterben lassen. Du wirst langsam an diesem Schmerz zerbrechen, Millimeter für Millimeter wird dein Herz ausbluten ohne, dass ich auch nur einen Finger gerührt habe!”