Oben angekommen fanden sie ihr Zimmer noch genauso vor, wie sie es damals verlassen hatten. An den Wänden hingen kindliche Zeichnungen, damals hatten sie ihre zarte Jugendliebe entdeckt. Sie waren allein und hatten nur einander gehabt, darum hätte niemand etwas anderes gedacht und genauso selbstverständlich waren sie als mehr Silbervögel kamen auseinandergegangen.
Jetzt lagen sie wortlos nebeneinander, bis Milan das Wort ergriff. "Grazia, ich...". "Du hast mir etwas versprochen Milan, möchtest du es halten?", fragte sie, die wusste was er sagen wollte. Ihr Kopf war nun zu ihm geneigt und sie lächelte. "Stimmt, das habe ich Grace, schau dir das an, niemand hat das Zimmer mehr betreten." "Ja, du hast Recht, es war unseres Michael, ich danke dir, dass du mit mir gekommen bist vorhin." Milan verdrängte dieses Gespräch, er wollte es vergessen, es würde die Stimmung zerstören, das Vertraute, was sie gerade empfanden. Er stand auf und breitete eine Decke für sie beide aus, sie schmiegte sich ohne zu Sprechen an ihn. Im Moment wollte sie nur eins: nicht an das denken, was gerade draußen passiert war, nicht an das Schicksal denken, was sie beinahe zugelassen hatte, nicht daran denken, wie schlimm es ist, ihm zu widerstehen, sie hatte es ja erfahren. Sie wollte nur hier und jetzt mit Milan zusammen sein, das Hier und Jetzt vom Vorhin trennen und für eine Weile vergessen. Plötzlich erfüllt sie eine ungeheure Lust zu Leben, Hitze durchrauscht ihren Körper und sie fühlt wieder wie Liebe schmeckt. "Michael." Sie konnte sich dagegen nicht wehren und wollte es auch nicht. "Psst!", legte er ihr behutsam einen Finger auf die Lippen und lächelte. Sie wusste, er wusste, was sie dachte und in diesem Lächeln lag soviel, was sie bei ihm nie mehr seit früher gesehen hatte. Liebe, Verzweiflung, Angst, er zeigte ihr, dass er verletzlich war. Sie hatte ihm schon oft vorgeworfen, dass er das Schicksal gewollt habe, doch jetzt wusste sie nicht mehr, ob es stimmte. Sie begriff nicht warum sie hier lag wie sie lag, doch dies war der Augenblick, auch wenn es tausendmal der falsche zu sein schien, jetzt war er richtig.
Nun ruhten ihre Hände auf ihrem Gewand, welches er ihr selbst angelegt hatte, der Mond verharrte vor der Dachluke und intensivierte das silberne Licht im Raum. Die Zeit blieb stehen. "Was tust du denn da?", fragte er immer noch lächelnd. "Ich schenke dir nur meine vollste Aufmerksamkeit.", erwiderte sie mit zärtlichen Gesten. Seine Bewegungen waren langsam und forschend, diese Schüchternheit rührte sie, Milan zeigte doch sonst nie Schwäche...er wagte kaum sie anzusehen und es dauerte eine Weile bis sie ihn da hatte, wo sich ihre Blicke trafen. Ein unausgesprochenes Versprechen wurde in dieser Nacht eingelöst...sie wollten sich immer Liebe schenken, wenn der Zeitpunkt gekommen war, wo sie selbst an sich zweifelten...(fortsetzung folgt!)