So, ich hab also mal wieder ein paar neue Sachen, sagen wir, sie sind recht...
unterschiedlich, ich fang mal mit dem neuesten an:
Glück...?
Das fröhliche Kindergesicht hinter der Glasscheibe, für immer auf Papier gebannt, zeigt wie glücklich dieses Kind doch ist, wie schön die Welt sein könnte.
Das schrille Lachen des Jungen, wenn er von seinem Papi in die Luft gehoben wird und „Flieger“ spielt, tag täglich sehe ich es wieder, spule zurück und höre es, sehe es von neuem, es zeigt wie glücklich dieser Junge doch ist, wie schön die Welt sein könnte.
Doch dieses Kind, auf dessen Lippen ein breites Lächeln zu sehen ist, dieser Junge der unbekümmert mit seinem Papi spielt, auch sie werden irgendwann nur noch ein gezwungenes Lächeln auf Fotos zeigen, nur noch mit unsichtbaren Tränen in den Augen lachen.
Denn wissen sie erst einmal, was es heißt unglücklich zu sein, Sorgen zu haben, so werden sie vergessen was es bedeutet glücklich zu sein, was es bedeutet jede Sekunde des Lebens zu genießen, so werden sie vergessen wie Zauberhaft es war durch die Luft zu wirbeln, die Welt mit ganz anderen Augen zu sehen. Doch noch ist der Weg dort hin lange, noch können sie sich in Mamas Arme fallen lassen, sich geborgen fühlen, in ihrer kleinen, sicheren Welt, einer Welt, die sie für immer verlassen werden. Sicher wird jedes Kind dieser Welt, jeder Mensch dieser Welt glückliche Momente kennen, etwa das Wiedersehen eines alten Freundes, die ersten Schritte des Nachwuchses, der erste Kuss oder dieser wahnsinnig schöne Sonnenaufgang am letzten Sonntag, dennoch wird es keinen Mensch geben der mir sagt er sei glücklich, er sei immer glück, in jeder Sekunde seines Lebens. Tag täglich gehe ich meinen Weg, einen Weg ganz für mich alleine, und hin und wieder kreuzt mein Weg den eines anderen und vielleicht bin ich einen Moment lang glücklich, doch wenn man mich fragen würde, was „Glück“ ist, so wüsste ich keine Antwort. Ich würde entgegnen, dass ich in meinem Leben viele glückliche Momente erlebt habe, und doch sei ich nie glücklich gewesen, und wenn ich es gewesen wäre, so wüsste ich es nicht, da ich vergessen habe was es bedeutet ohne Tränen in meinen Augen zu lachen, da ich vergessen hab ohne unsichtbare Tränen, die den Spiegel zu meiner Seele undurchsichtig machen, in die Welt hinaus zu blicken.
No. 2:
ES
Und es streckt mir seine Hand entgegen. Es, das ist mein Engel. Mein Engel, der mich begleitet soll, hinauf. Hinauf zu Gott, doch ich schüttle den Kopf, ziehe meine Hand zurück und sehe ihm in die Augen, lächle sanft und denke nur, dass ich noch nicht so weit bin, dass sie noch nicht so weit sind. Ich weiß, dass es das hört, dass es mich versteht. Mein Engel kniet sich neben mich. Er kniet lange so neben mir, er sagt nichts und er tut nichts, und doch weiß ich nicht, wen ich in diesem Moment lieber hier bei mir hätte. Mein Engel ist umgeben von gleißendem Licht, seine Augen funkeln und es lächelt, aber ich kann dennoch nicht erkennen, ob mein Engel nun weiblich oder männlich ist, mein Engel, ist nun mal es. Und es bleibt auch bei mir, während sie mich aus dem Wrack schneiden, mir Infusionen geben, versuchen mich zu beruhigen, sie reden auf mich ein, sie wollen nicht, dass ich das Bewusstsein verliere, doch es ist immer noch bei mir, wieder streckt es mir seine Hand entgegen, und ich überlege, ob ich sie nehmen soll, einfach zugreifen, damit ich mich endlich fallen lassen kann, doch ich tue es nicht, denn sie sind noch nicht soweit, ich werde noch gebraucht. Es nickt, geht neben mir her, als sie mich zum Hubschrauber bringen, steht ganz an die Wand gedrängt, als sich die Notärzte wieder um mich kümmern, mir gut zureden. Der Flug dauert nicht lange, und dennoch wird mir immer wieder leicht schwarz vor Augen und die Schmerzen wollen einfach nicht nachlassen. Und wieder streckt es mir seine Hand entgegen, wartet darauf, dass ich sie ergreife und mit nach oben komme, mit zu Gott. Aber meine Hand bleibt liegen, neben mir auf der Trage und mein Blick wandert zur Decke des Helikopters und wieder sehe ich dort das Gesicht meines Engels, der sanft lächelt, es sieht irgendwie verschwommen aus, und dennoch scheint es mir viel klarer als die Gesichter der Ärzte, obwohl ich bei deren Gesichtern jede Einzelheit erkennen kann. Mein Engel weicht nicht von meiner Seite, ist immer bei mir, auch als ich in der Klinik bin, es mir scheint, als würden tausende von Ärzten und Schwestern um mich herum rennen, immer wieder was anderes tun, Blutabnehmen, wieder eine Infusion, dann eine Blutkonserve und dann wieder ein Mittel gegen die schmerzen, während jemand anderes meine Wirbelsäule untersucht. Egal in welche Richtung ich blicke, egal welches Gesicht ich vor mir habe, überall sehe ich es, manchmal nur leicht, so dass ich alles was dahinter liegt gut erkennen kann, manchmal verschwindet alles andere, wird weiß, bis es nicht mehr da ist. Immer wieder streckt es mir seine Hand entgegen, lächelt noch etwas sanfter, als ich nicht darauf eingehe. Die Zeit vergeht, ohne dass ich das überhaupt wahrnehme, aber eigentlich ist es mir auch egal. Erst als meine Eltern vor dem großen, kahlen Saal stehen und ich ihre Gesichter erkennen kann merke ich, dass ich schon ewig hier liegen muss. Auch mein Engel drängt sich nicht zwischen sie und mich, lässt mir diesen Blick, bis ich schließlich die Augen schließe und die Schmerzen mich wieder überkommen und mir ein leiser Seufzer über die Lippen fließt, erst als mir eine Schwester das Kinn abwischt merke ich, dass es viel mehr Blut als ein Seufzer gewesen war. Es kommt erst nach langer Zeit wieder, stellt sich neben mich, diesmal streicht es mir sanft über die Stirn, es lächelt und nickt leicht. Die Stelle an meinem Kopf erwärmt sich schnell, es fühlt sich an, wie ein zärtlicher Kuss meines Freundes, wie diesen spüre ich auch diese Berührung noch lange nachher, doch mein Engel verschwindet wieder, mit diesem Lächeln auf dem verschwommenen Gesicht, und als ich eine Spritze bekomme und weiß, dass ich gleich nichts mehr spüren werde, weiß ich auch, dass es noch zu früh war, dass er irgendwann einmal wieder kommen wird, aber nicht jetzt, denn jetzt muss ich erst einmal wieder ganz gesund werden.