Kapitel 11
Cole wusste nicht mehr, was er tat. Er sah Paige vor sich stehen, er sah ihre langen weichen Haare, ihre roten Lippen, die tiefen Augen... Sein Herz schlug schneller, wenn er ihren Körper und seine Rundungen betrachtete, und alles in ihm schrie danach, diese Frau zu berühren. Er wusste nicht, wie ihm geschah, als sein Unbewusstsein die Kontrolle über ihn übernahm, Paige zärtlich in den Arm nahm und sie küsste. Er spürte ihre weichen Lippen auf seinen, sie war ihm so nah wie schon lange keine Frau mehr, und er drückte sie an sich und küsste sie.
Minuten waren vergangen, als sie sich endlich von ihm löste. Cole blickte in ihr Gesicht, er sah diese wunderschöne Frau, und plötzlich überschwemmte ihn die Erinnerung wie eine Welle aus Bildern. Diese Frau verkörperte nicht nur alles, was er begehrte, sie war in erster Linie auch Paige, Phoebes Schwester. Sie war die Schwester seiner Freundin. Erschrocken wich Cole zurück. Er fuhr sich über die Lippen. Gott, was hatte er da getan. Was hatte er sich nur dabei gedacht.
Paige sah Coles Gesichtsausdruck, und sie wusste sofort, was er dachte. Was hab ich da getan, wie konnte ich nur. Im Gegensatz zu Cole war sie bei diesem Kuss im Vollbegriff ihrer geistigen Kräfte gewesen, sie wusste genau, was sie da tat, sie wusste, dass es falsch war, aber ihre Begierde war stärker gewesen. Nun wechselten die Gefühle. In Paige stieg das schlechte Gewissen hoch, ihr wurde richtig übel davon. Gott, das hast du vorher gewusst, du wusstest, dass du es bereuen würdest.. Paige stiegen die Tränen in die Augen. Sie blickte Cole nicht an, sie sagte nichts; sie hob ihre fallen gelassene Handtasche auf und beamte sich davon.
Ihr erster Impuls war es, ins Manor zu gehen, und Phoebe alles zu beichten. Wenn sie es sofort tat, wäre sie vielleicht nicht ganz so sauer. Paige fühlte sich schrecklich dabei, Phoebe so etwas zu verheimlichen. Doch dann zögerte sie. Und dieses Zögern machte ihr Angst. Es war die Reaktion auf die Stimme, die tief aus ihrem Inneren rief: Sag es ihr nicht. Sie wird alles kaputt machen. Was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß. Ihr könnt es noch mal tun, und sie wird es nie erfahren. Ihr könnt es noch mal tun.. Schließlich beamte sich Paige auf die Toilette eines Clubs in der Innenstadt. Nichts mehr denken, nichts mehr fühlen... sie trank an der Bar einen Cocktail und ging dann auf die Tanzfläche. Sie tanzte das Manor weg, und Phoebe, Cole, und den Kuss...
Plötzlich rempelte sie jemand an. Ein junger Mann, blond, blaue Augen. Er war im ersten Augenblick überhaupt nicht Paiges Geschmack, aber sie wollte sich ablenken von alldem, was passiert war, und so lächelte sie ihn zuckersüß an. Der Mann grinste zurück und machte eine Handbewegung zur Bar. Paige folgte ihm, und ließ sich auf ein Bier einladen. Er hieß Jeremy, das war alles, was sie mitbekam, obwohl er viel erzählte. Paige interessierte das alles nicht. Dieser Typ interessierte sie nicht. Alles, was sie brauchte, war Ablenkung, und er war da. Und so ließ sie ihn reden, lächelte nett. Sie ließ ihn gewähren, als er sie küsste und als er sie später fragte, ob er über Nacht bei ihr bleiben dürfte, sagte sie nicht nein.