Pyro
1.000er-Club
Die Böse Macht
Der Himmel über San Francisco hatte sich verdunkelt. Dicke schwarze Wolken waren aufgezogen und hingen bedrohlich über der Stadt. Die Menschen der sonst fröhlichen sonnigen Metropole zog es nach Hause zu ihren Familien; die Straßen waren so leer wie nie zuvor. Ein Gefühl der Furcht und Kälte hatte die Leute erfasst, und mit einem Mal hatten sie alle das Bedürfnis, die Geborgenheit und Wärme ihrer Liebsten zu spüren. Die Stadt, das fühlten sie unbewusst, konnte ihnen keine Sicherheit mehr geben. Woher dieses Empfinden kam, konnte keiner erklären, aber es hatte San Franciscos Einwohner wie eine Krankheit befallen und war nicht mehr loszuwerden. Angst und Finsternis lagen über der Stadt.
Besonders die Menschen, die in der Prescott Street lebten, fühlten diese Veränderung. Kaum einer von ihnen traute sich mehr nach draußen, sie verkrochen sich in ihren Häusern und warteten, stumm und unsicher; und manch einem kam es vor, als warteten sie alle auf den Tod, der sie von ihrer Angst befreien würde.
Nur die viktorianische Villa in der Nummer 1329 war nicht von der allgemeinen Untergangsstimmung befallen. Im Gegenteil, ihre Bewohner schienen ausgelassener denn je.
Im Wohnzimmer des alten mächtigen Hauses saßen in diesem Moment drei junge Frauen: Piper, Phoebe und Paige. Jahrelang hatten sie als die stärkste gute Macht gegen das Böse auf dieser Welt gekämpft. Zahlreiche Dämonen hatten im Kampf gegen sie ihr Leben gelassen, selbst die Quelle alles Übels hatten sie mehrere Male vernichtet. Sie waren die Besten gewesen, stark und unbesiegbar. Doch dann waren sie auf Dentalien gestoßen. Schon einmal hatte diese Hohepriesterin versucht, die Drei auf die Seite des Bösen zu ziehen; damals war es ihnen jedoch gelungen, sie zu besiegen. Doch dieses Mal war es anders ausgegangen: Mit List und Tücke hatte es Dentalien geschafft, dass die Drei sich mit einer unglaublichen Intensität von der dunklen Magie angezogen gefühlt, und beinahe willenlos die Seiten gewechselt hatten. Unerfahren auf diesem Gebiet hatten sich Piper, Phoebe und Paige von Dentalien leiten und lehren lassen: Sie lernten Zaubersprüche, die sie anschließend fein säuberlich ins Buch der Schatten übertrugen; sie sahen ihr bei dunkeln Ritualen zu und merkten sich deren Abläufe; sie beobachteten Dentalien während sie Zaubertränke kochte; und abends, wenn die Drei müde und erschöpft von der Erziehung in schwarzer Magie im Wohnzimmer des Manors saßen, paukten sie Vokabeln der alten vergessenen Sprache, die nur noch in der Unterwelt gesprochen wurde. Während all der Zeit hatten sie sich Dentalien total unterworfen, sie hatten ihr gehorcht und nach ihren Regeln gelebt. Ihre Zauberkräfte hatten sie kaum eingesetzt, außer, Dentalien hatte es verlangt. Am Anfang war es ja ganz hilfreich gewesen, ein paar Sprüche und Sitten zu lernen; aber mit der Weile reichte ihnen das nicht mehr. In ihnen allen hatte es gebrodelt; sie wollten endlich töten und Blut an ihren Fingern sehen, sie waren gierig danach, anderen Schmerz zuzufügen; sie verzehrten sich danach zu sehen wie jemand leiden musste, weil sie ihn quälten. Immer ausgelaugter und aggressiver wurden die Drei, und eines Tages, als Dentalien sie damit beauftragt hatte, Fledermäuse und Ratten sammeln zu gehen, deren abgeschnitten Ohren und fein säuberlich rausgetrennten Innereien unverzichtbar für fast jeden Trank waren, da hatte es ihnen plötzlich gereicht. Anstatt Angst und Schrecken auf der Welt zu verbreiten, mussten sie Sklavenarbeiten erledigen; und anstatt der Untertanen, die ihnen treu und ergeben dienen sollten, mussten sie selbst im Dreck nach Ratten wühlen. Wer von ihnen den Gedanken zuerst geäußert hatte, wussten sie hinterher nicht mehr; aber einmal ausgesprochen, hing er in der Luft und benebelte ihre Köpfe, bis sie an nichts anderes mehr denken konnten. Und dann hatten sie es einfach getan. Dentalien getötet. Zum ersten Mal hatten sie jemanden aus purer Willkür umgebracht, einfach, weil ihnen nicht gepasst hatte, was sie von ihnen verlangt hatte. Zwar gehörte sie zu den Bösen, von denen die Drei schon viele vernichtet hatten, aber bisher nur um Unschuldige zu retten oder ihr eigenes Leben zu verteidigen. Der erste Mord aus reiner Lust am Töten war etwas ganz Besonderes gewesen, und keine von ihnen hätte gedacht, dass es ihnen so eine Befriedigung geben würde.
Nun saßen sie im Wohnzimmer des Manors und stießen auf ihren Sieg an. Grinsend füllte Piper drei Gläser mit Sekt. Ihre Schwestern nahmen sich jede eins. Paige trank einen Schluck und lachte dann höhnisch los: „Habt ihr ihre hässliche Visage gesehen, als ich ihr das Messer in den Bauch gerammt habe? Ich hätte ihr am liebsten ins Gesicht gespuckt, der alten Ziege!“ Phoebe grinste. „Ja, sie war wohl überrascht, wie mächtig wir sind. Was dachte die denn? Wir sind nach wie vor die stärkste magische Macht, die existiert. Dentalien war gegen uns doch nur ein Haufen Elend. Ihre lumpigen Kräfte im Vergleich zu unseren – es war nur eine Frage der Zeit, bis wir genug gelernt hatten, um sie zu vernichten.“ Paige nickte. „Sie hätte es von Anfang an wissen müssen. Stattdessen hat sie uns ihr ganzes Wissen beigebracht. Wie dumm kann man eigentlich sein?“ Piper brauste auf. „Uns ihr Wissen beigebracht? Na, übertreib aber mal nicht. Wir hätten das auch sonst gelernt, durch sie ging es vielleicht ein bisschen schneller. Aber eigentlich war alles, was sie getan hat, dass sie uns rumgescheucht hat. Ihre Sklavinnen waren wir, weiter nichts.“ Piper redete sich immer mehr in Rage. „Wir hatten doch gar keinen eigenen Willen mehr. Dentalien umzubringen war die beste Idee seit langem. Es war ein richtig gutes Gefühl. All mein Hass und meine Abscheu gegen sie kamen in diesem einen Akt zum Vorschein. Das hat verdammt gut getan.“ Phoebe nickte, „Oh, ja, ich versteh genau, was du meinst. Es war fantastisch. Ich habe mich noch nie so erregt, befriedigt und erlöst in einem gefühlt. Als wäre dieser Mord das, worauf ich mein Leben lang gewartet hatte. Die paar Dämonen, die wir früher vernichtet haben, das war nichts dagegen. Am liebsten würde ich schon wieder losziehen und jemanden töten.“ Piper nickte. „Schwesterherz, du sprichst mir aus der Seele. Lasst uns mal überlegen. Wer könnte der nächste auf unserer Liste sein?“
Einige hundert Meter weiter oben war die Stimmung bei weitem nicht so gut
Der Himmel über San Francisco hatte sich verdunkelt. Dicke schwarze Wolken waren aufgezogen und hingen bedrohlich über der Stadt. Die Menschen der sonst fröhlichen sonnigen Metropole zog es nach Hause zu ihren Familien; die Straßen waren so leer wie nie zuvor. Ein Gefühl der Furcht und Kälte hatte die Leute erfasst, und mit einem Mal hatten sie alle das Bedürfnis, die Geborgenheit und Wärme ihrer Liebsten zu spüren. Die Stadt, das fühlten sie unbewusst, konnte ihnen keine Sicherheit mehr geben. Woher dieses Empfinden kam, konnte keiner erklären, aber es hatte San Franciscos Einwohner wie eine Krankheit befallen und war nicht mehr loszuwerden. Angst und Finsternis lagen über der Stadt.
Besonders die Menschen, die in der Prescott Street lebten, fühlten diese Veränderung. Kaum einer von ihnen traute sich mehr nach draußen, sie verkrochen sich in ihren Häusern und warteten, stumm und unsicher; und manch einem kam es vor, als warteten sie alle auf den Tod, der sie von ihrer Angst befreien würde.
Nur die viktorianische Villa in der Nummer 1329 war nicht von der allgemeinen Untergangsstimmung befallen. Im Gegenteil, ihre Bewohner schienen ausgelassener denn je.
Im Wohnzimmer des alten mächtigen Hauses saßen in diesem Moment drei junge Frauen: Piper, Phoebe und Paige. Jahrelang hatten sie als die stärkste gute Macht gegen das Böse auf dieser Welt gekämpft. Zahlreiche Dämonen hatten im Kampf gegen sie ihr Leben gelassen, selbst die Quelle alles Übels hatten sie mehrere Male vernichtet. Sie waren die Besten gewesen, stark und unbesiegbar. Doch dann waren sie auf Dentalien gestoßen. Schon einmal hatte diese Hohepriesterin versucht, die Drei auf die Seite des Bösen zu ziehen; damals war es ihnen jedoch gelungen, sie zu besiegen. Doch dieses Mal war es anders ausgegangen: Mit List und Tücke hatte es Dentalien geschafft, dass die Drei sich mit einer unglaublichen Intensität von der dunklen Magie angezogen gefühlt, und beinahe willenlos die Seiten gewechselt hatten. Unerfahren auf diesem Gebiet hatten sich Piper, Phoebe und Paige von Dentalien leiten und lehren lassen: Sie lernten Zaubersprüche, die sie anschließend fein säuberlich ins Buch der Schatten übertrugen; sie sahen ihr bei dunkeln Ritualen zu und merkten sich deren Abläufe; sie beobachteten Dentalien während sie Zaubertränke kochte; und abends, wenn die Drei müde und erschöpft von der Erziehung in schwarzer Magie im Wohnzimmer des Manors saßen, paukten sie Vokabeln der alten vergessenen Sprache, die nur noch in der Unterwelt gesprochen wurde. Während all der Zeit hatten sie sich Dentalien total unterworfen, sie hatten ihr gehorcht und nach ihren Regeln gelebt. Ihre Zauberkräfte hatten sie kaum eingesetzt, außer, Dentalien hatte es verlangt. Am Anfang war es ja ganz hilfreich gewesen, ein paar Sprüche und Sitten zu lernen; aber mit der Weile reichte ihnen das nicht mehr. In ihnen allen hatte es gebrodelt; sie wollten endlich töten und Blut an ihren Fingern sehen, sie waren gierig danach, anderen Schmerz zuzufügen; sie verzehrten sich danach zu sehen wie jemand leiden musste, weil sie ihn quälten. Immer ausgelaugter und aggressiver wurden die Drei, und eines Tages, als Dentalien sie damit beauftragt hatte, Fledermäuse und Ratten sammeln zu gehen, deren abgeschnitten Ohren und fein säuberlich rausgetrennten Innereien unverzichtbar für fast jeden Trank waren, da hatte es ihnen plötzlich gereicht. Anstatt Angst und Schrecken auf der Welt zu verbreiten, mussten sie Sklavenarbeiten erledigen; und anstatt der Untertanen, die ihnen treu und ergeben dienen sollten, mussten sie selbst im Dreck nach Ratten wühlen. Wer von ihnen den Gedanken zuerst geäußert hatte, wussten sie hinterher nicht mehr; aber einmal ausgesprochen, hing er in der Luft und benebelte ihre Köpfe, bis sie an nichts anderes mehr denken konnten. Und dann hatten sie es einfach getan. Dentalien getötet. Zum ersten Mal hatten sie jemanden aus purer Willkür umgebracht, einfach, weil ihnen nicht gepasst hatte, was sie von ihnen verlangt hatte. Zwar gehörte sie zu den Bösen, von denen die Drei schon viele vernichtet hatten, aber bisher nur um Unschuldige zu retten oder ihr eigenes Leben zu verteidigen. Der erste Mord aus reiner Lust am Töten war etwas ganz Besonderes gewesen, und keine von ihnen hätte gedacht, dass es ihnen so eine Befriedigung geben würde.
Nun saßen sie im Wohnzimmer des Manors und stießen auf ihren Sieg an. Grinsend füllte Piper drei Gläser mit Sekt. Ihre Schwestern nahmen sich jede eins. Paige trank einen Schluck und lachte dann höhnisch los: „Habt ihr ihre hässliche Visage gesehen, als ich ihr das Messer in den Bauch gerammt habe? Ich hätte ihr am liebsten ins Gesicht gespuckt, der alten Ziege!“ Phoebe grinste. „Ja, sie war wohl überrascht, wie mächtig wir sind. Was dachte die denn? Wir sind nach wie vor die stärkste magische Macht, die existiert. Dentalien war gegen uns doch nur ein Haufen Elend. Ihre lumpigen Kräfte im Vergleich zu unseren – es war nur eine Frage der Zeit, bis wir genug gelernt hatten, um sie zu vernichten.“ Paige nickte. „Sie hätte es von Anfang an wissen müssen. Stattdessen hat sie uns ihr ganzes Wissen beigebracht. Wie dumm kann man eigentlich sein?“ Piper brauste auf. „Uns ihr Wissen beigebracht? Na, übertreib aber mal nicht. Wir hätten das auch sonst gelernt, durch sie ging es vielleicht ein bisschen schneller. Aber eigentlich war alles, was sie getan hat, dass sie uns rumgescheucht hat. Ihre Sklavinnen waren wir, weiter nichts.“ Piper redete sich immer mehr in Rage. „Wir hatten doch gar keinen eigenen Willen mehr. Dentalien umzubringen war die beste Idee seit langem. Es war ein richtig gutes Gefühl. All mein Hass und meine Abscheu gegen sie kamen in diesem einen Akt zum Vorschein. Das hat verdammt gut getan.“ Phoebe nickte, „Oh, ja, ich versteh genau, was du meinst. Es war fantastisch. Ich habe mich noch nie so erregt, befriedigt und erlöst in einem gefühlt. Als wäre dieser Mord das, worauf ich mein Leben lang gewartet hatte. Die paar Dämonen, die wir früher vernichtet haben, das war nichts dagegen. Am liebsten würde ich schon wieder losziehen und jemanden töten.“ Piper nickte. „Schwesterherz, du sprichst mir aus der Seele. Lasst uns mal überlegen. Wer könnte der nächste auf unserer Liste sein?“
Einige hundert Meter weiter oben war die Stimmung bei weitem nicht so gut