Mehr als bedanken kann ich mich nicht, also, danke
Lange Zeit saß ich wie betäubt da, unfähig, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen und streichelte fassungslos den Kater, der mir auf den Schoß gesprungen war, nachdem die Gestalt meines Vaters in die Weiten der uns unbekannten Welt zurück gekehrt war; auf die elysischen Felder, in den Himmel, die Hölle, den Hades, die Unterwelt, wie man es auch nennen mochte, konnte oder wollte. Er hatte mich gewarnt, mir Informationen gegeben, und doch, ich fühlte mich beinahe dümmer, leerer und unwissender als zuvor. Und doch spürte ich einen Zug, einen Drang, ein Verlangen, das durch die Schichten meines Geistes brach, die Barrieren um den dunklen und mächtigen Teil meiner Seele umging und dieses neue berührter, das mein Vater erwähnte. Dieser Teil, den ich nicht kannte noch verstand, den ich all die Jahre nicht entdeckt hatte, reagierte auf etwas, das sich da draußen befand. Vielleicht nicht in London, vielleicht nicht in England, vielleicht nicht einmal in meiner Zeit. Doch was machte das schon? Die Zeit und ebenso der Raum spielten für Träger der
Macht keine Rolle. Mit genügend Wissen können wir die Grenzen durchbrechen, Dinge vollbringen, die anderen wie Zauberei erscheinen mögen, was es nicht ist. Zauberei existiert nicht, Magie ebenso wenig; nur Macht existiert, und jene, die dafür geschaffen sind, sie auf die eine oder andere Art und Weise zu nutzen
Es war eine Welt aus Nebel und Licht. Keine Form, keine Farbe, noch ein fester Körper hatte hier bestand. Nicht einmal Gedanken schienen real zu sein. Doch dies blieb nicht lange so
Kugeln aus Licht, gleißend, leuchtend, glimmend, hingen, aus purer Energie geformt, über dem Nebel, doch nun sanken sie gen Boden, oder zumindest in die Richtung dessen, das wie fester Grund wirkte. Sie bildeten einen Kreis, eine Kugel in der Mitte, die den Eindruck erweckte, ein Bittsteller zu sein
Dann erscholl eine Stimme; sie kam aus dem Nichts und war wie das Nichts, weich wie Schlaf und hart wie die Nacht. Zärtlich wie der Wind und grausam wie der Sturm. Sie war laut und leise, warm und kalt. „Im Namen des Herrn!“, dies waren ihre Worte, denen eine Ruhe folgte, die tiefer als das war, was vorher geherrscht hatte. Das Licht erlosch und die Welt versank, um alten Mächten Platz zu machen, um Raum für die Zeremonie zu schaffen. „Der Garten der Beratung“, ließ die Stimme erneut vernehmen, und wieder folgte augenblicklich eine Reaktion auf ihre Worte: aus den grauen Nebelschaden formten sich Konturen: Wogen wurden zu hohen, altehrwürdigen Bäumen, die sich in einem sanften Lüftchen wiegten, und Gras, saftiger und grüner als es auf der Erde jemals werden konnte. Darüber spannte sich das nachtschwarze Himmelszelt, erhellt vom Stein tausender Sterne, klarer als ein Brillant
„Der Brunnen der Wahrheit“, wieder die Stimme und diesmal erhob sich ein kleines Pavillon aus dem Boden, anmutig in seiner Gestalt, mit kunstvoll verzierten Säulen, zwischen denen sich ein kleines Rinnsal in ein kreisrundes Becken ergoß, dessen Oberfläche aber unbewegt wie die eines Spiegels blieb. „Schwestern, nun ist alles bereit. So nehmet denn Gestalt an.“ Die gleißenden, leuchtenden, glimmenden Kugeln folgten der Bitte der Stimme und sanken wie eine Einheit auf das Gras herab, erst klein und unbedeutend erscheinend, bis sie sich streckten und zu schlanken Körpern wurden, in Kleider gehüllt, aus Schall und Rauch bestanden sie und mit Haut wie der bleiche Mondenschein, alle der Mitte des Gartens zugewandt
Nur der Geist des Mittelpunktes wählte eine andere Gestalt, nicht weniger schön anzusehen und doch, stofflicher und realer als ihre Schwestern um sie herum. Sie stand hoch aufgerichtet da, mit dunklem Haar, das über ihren Rücken wallte, den Kopf erhoben und blickte ihre Schwestern beinahe schon herausfordernd an. Die Gestalten des Kreises sah man keine ihrer Gefühle an und doch, man konnte eine leichte Unsicherheit fühlen, etwas, das sie aus ihrer alten Ruhe gerissen hatte. Sie alle wussten, was sie der Frau in der Mitte angetan hatten, und doch – sie fühlten keine Reue, da sie nur nach ihren ehernen Gesetzen gehandelt hatten. Aber die Unsicherheit blieb
„Wer wurde dazu bestimmt, mich anzuhören?“, ließ sie verlauten und wie eine Welle breitete sich ihre Frage vom Mittelpunkte des Kreises aus. „SEIN Wille hat mich auserkoren, Schwester.“, antwortete eine der bleichen Gestalten und trat aus dem Kreis, um neben die dunkelhaarige Frau zu treten. „Ich heiße dich im Kreis des Rates der El-o-hym willkommen. Du warst eine der Unsrigen, bist Mensch geworden und gestorben, aber ER hat dir gestattet, wieder eine der Unseren zu werden, Maran-Shar-Inar.“ Ihr Gegenüber zuckte bei dem Namen, der der ihre warm leicht zusammen, so sehr hatte sie sich an ihren Namen in den menschlichen Gefilden, Shadow, gewöhnt, ihn akzeptiert, ihn als zweite Haut getragen und dieser Name war sie geworden – ein Schatten
„Ich danke euch, meine Schwestern, mich willkommen zu heißen.“, dankte Shadow ihnen mit einer leichten Verbeugung. „Aber nun, wo es sich zu wiederholen droht...“, begann sie, ihr Gesuch vorzutragen, wurde aber von der Vorsprecherin des Rates unterbrochen. „Wir wissen es, Schwester, und ER hat dich gewählt, ihm wieder zur Seite zu stehen.“ „Was?!“ Shadows Stimme schwankte zwischen Freude, Überraschung und, ja, und auch zwischen Entsetzen, das an nackte Panik grenzte, aber sofort wieder unterdrückt wurde. Die Vorsprecherin trat an das Becken und fuhr mit einer sechsfingrigen Hand über die Oberfläche des Wassers. Wellen liefen wie ein Schauer durch das Becken und ein Bild schien aus seinen Tiefen aufzusteigen. Es zeigte einen Mann mit einer schlohweißen, blitzförmig gezackten Haarsträhne, wie er in einem breiten Stuhl saß und einen Albinokater streichelte...