Währenddessen auf der Schaltstelle:
"ten-chi-yon.......," sagte Phoebe nachdenklich, "und diese Namen: Kokoro, Pau-Ling und letztere......Das hört sich für mich chinesisch an."
"Japanisch," verbesserte Cole, "Es ist ein japanischer Zirkel."
"Was bedeutet dieser Name: ten-chi-yon?" Es war Piper, welche das gefragt hatte.
"Ten-chi bedeutet Erde-Himmel und yon steht für die Zahl 4."
"Logisch," sagte Prue. Sie wandte sich an Reyno, welcher geschwiegen hatte, "in wieweit wird uns die Bruderschaft unterstützen?"
"Sagt mir, was ihr braucht und ich werde mich darum kümmern."
Piper sah ihm in die Augen: "Wie würde die Bruderschaft vorgehen?"
Sie hasste es zwar, wenn sie jemand anderen um Rat bitten musste, aber diese Hexenzirkel waren die grösste Herausforderung, vor der sie je gestanden waren.
"Ihr müsst die Hexen kennen, besser als sie sich selbst. Ihr müsst verstehen, wie sie vorgehen, warum sie das tun und was ihr Stärken und Schwächen sind. Ein kleiner Tipp: Sie mögen zwar Hexen sein, aber noch sind sie Menschen und haben deren Gefühle..........Emotionen machen verletzlich. Erst wenn ihr alles über sie wisst, was es zu wissen gibt, dürft ihr sie angreifen.?"Sein typischer Mentortonfall war warnend.
"Klar," sagte Phoebe, ihre kalten Augen blitzten amüsiert auf, "bevor wir uns mit den Hexen anlegen, werden wir alles vernichten, was ihnen lieb und teuer ist."
"Seid vorsichtig damit," warnte Balthasar, "Aus Erfahrung weiss ich, dass man damit auch sehr schnell den Zorn von Hexen entfachen kann. Rache ist süss."
"Na ja, gute Hexen haben es aber nicht so mit der süssen Rache, das wissen WIR aus Erfahrung," entgegnete Prue kalt.
"Moment mal," sagte Piper, "Wir könnten sie in Versuchung führen, genau wie Dant...." Noch im selben Atemzug widerlegte sie ihre Aussage, "Nein, dieser Heiratszauber funktioniert nur bei Schwestern."
Plötzlich sahen alle auf. Sie fühlten die näherkommende Quelle. In einem Flammenmeer tauchte sie auf. Alle standen von ihren Plätzen auf.
"Einen schönen Tag wünsche ich euch." Die Stimme der Quelle war laut und grausam. Wie immer kam auch die Triade nicht umhin den Anführer der Unterwelt zu fürchten.
"Meister," sagte Prue überrascht, "was wollt Ihr denn hier, dux?"
"Ich wollte nur nachsehen, ob ihr euch auch versteht."
"Das tun wir, Meister," sagte Piper rasch. Auch wenn sie noch so gerne die Quelle werden wollte, so musste sie zugeben, dass die Kraft des Anführers der Bösen gewaltig war.
Die Kapuze verdeckte ihr Gesicht, deswegen konnte man auch ihre Reaktion auf Pipers Worte nicht erkennen.
"Dann will ich nicht wissen, wie es gewesen wäre, wenn ihr euch nicht ausstehen könntet. Denn so harmonisch kann es ja nichts gewesen sein, wenn Clea so heftig gegen eine Wand geschleudert wird, dass diese nachgibt und Bane von dir eingefroren wird, Piper."
"Woher wisst....." begann Phoebe, doch Reyno unterbrach: "Anfangsschwierigkeiten. Wir mussten zuerst lernen uns gegenseitig zu respektieren."
Die Quelle nickte nur.
Dann wandte sie sich an den Halbdämon, welcher den Kopf senkte, auch wenn er das schon immer gehasst hatte.
"Ich habe einen Auftrag für sich, Balthasar."
Jahrelangem Training hatte Cole es zu verdanken, dass er seine Gesichtszüge kontrollieren konnte, aber innerlich zog ihm alles zusammen. Das hatte er befürchtet.
"Ich bin ganz Ohr," sagte er stattdessen.
"In San Francisco gibt es eine junge Hexe. Ihre Kräfte sind nicht völlig entwickelt, aber sie hat hohes Potential und ihr Wissen in Kräuterkunde ist gross. Ich will, dass du sie tötest, damit sie nicht mit den Feinden der Triade in Kontakt treten kann."
"Eine junge Hexe?" fragte Cole ungläubig. In Wahrheit war er dankbar dafür, denn vielleicht konnte er sich noch mal rausstehlen, "Ihr wollt, dass ich eine Hexe töte, deren Kräfte noch nicht einmal voll entwickelt sind?" Er liess ein Schnauben hören, "kaum ist man auf der Flucht gewesen schon bekommt man Aufträge, die unter dem eigentlichen Niveau sind."
"Vorsicht, Balthasar," zischte die Quelle und ihre Stimme wurde sehr bedrohlich, "ich habe dir verziehen, weil du nun einmal einer der Besten bis, aber das heisst nicht, dass alles vom Tisch ist. Ausserdem ist in der selben Stadt der zusammengeschlossene Zirkel von ignua-terraer-spiritus und ten-chi-yon, also denke ich, dass es deinem Niveau gerecht ist." Beim Wort Niveau war der spöttische Unterton unüberhörbar.
"Wahrscheinlich werden wir jedoch seine Hilfe brauchen," erklärte Prue, "Im direkten Kampf gegen die beiden Zirkel, welche Ihr eben genannt habt. Da wäre es sehr unklug, ausgerechnet ihn in diese Stadt zu schicken." Phoebe sah sie eiskalt und wütend an, sagte aber nichts.
"Das stimmt wohl," gab die Quelle zu, "Ich werde Sykes schicken."
Cole lächelte grimmig: "Darüber wird er sich sicher freuen."
Die Quelle brachte ihn mit einem Blick zu Schweigen.
"Sykes hat sich in den letzten paar Monaten, seit deinem Verschwinden, sehr bezahlt gemacht. Du dagegen hast dir einen Fehler nach dem anderen erlaubt. Du kannst wirklich nicht froh sein, wenn er nicht bald deine Stellung in der Hierarchie einnimmt."
Balthasar merkte die Drohung der Quelle, er wusste, dass ein falsches Wort sein Leben kosten könnte, aber schon immer war er zu stolz gewesen, als dass er so eine Bemerkung einfach so hinnahm.
"Wenn Ihr dieser Meinung seid, könnt ihr ruhig einmal den kleinen Speichellecker zu mir schicken, dann werdet Ihr sehen, wer von uns beiden der Bessere ist," Coles Stimme war kalt mit einem arroganten Unterton.
Diesen Tonfall liess Phoebe fast ihre Geduld verlieren.
Die Stimme der Quelle wurde nun laut und drohend: "Es geht mir im Moment nicht darum, wer von euch beiden mächtiger ist, sondern bei wem ich mir sicher sein kann, dass er mir nicht in den Rücken fällt und da hat Sykes eindeutig mehr gepunktet als du."
Balthasar beliess es dabei. Er war nicht so töricht und forderte das noch hinaus.
Dann sah der Anführer der Unterwelt zur Triade. Nun wurde seine Stimme etwas leiser und sanfter. Er mochte seine drei loyalen Schönheiten und er zeigte immer wieder gerne, wer zu seinen Lieblingen gehörte.
"Braucht ihr drei noch etwas Bestimmtes?"
"Nein, aber danke, Meister. Alles, was wir noch brauchen könnten ist in der Bruderschaft und unserer Macht vorhanden."
"Gut!"
"Ich gehe davon aus," die Quelle wandte sich ganz geschäftlich an den Anführer der Bruderschaft, "dass die Bruderschaft unsere Triade noch immer mit allen Mitteln unterstützt, auch wenn es zu Disziplinarschwierigkeiten zu beiden Seiten kam."
"Darauf könnt Ihr Euch verlassen."
"Gut, denn ich werde kein zweites Mal wegen Banalitäten hierher kommen. Wegen der Sydneyschaltstelle reden wir nachher noch. Ich bin in meinen Gemächern."
Reyno verneigte sich: "Ihr werdet ganz bestimmt nicht mehr herkommen müssen und ja, ich werde da sein."
Ohne weitere Kommentare oder einem Abschiedsgruss verschwand die Quelle auf die gleiche Weise, wie sie erschienen war.
Ein feiner Geruch von Rauch und Schwefel lag im Vorstandszimmer, welcher jedoch schnell wieder verschwand.
Kaum war die Quelle verschwunden, sah Reyno seinen Schüler an und stand auf. Ein spöttisches Lächeln war in seinem Gesicht: "Was war denn mit dir los? Normalerweise wärst du jetzt der Quelle noch einmal über den Mund gefahren."
"Ich bin erfahrender als vor 50 Jahren. Du warst ja derjenige, welcher mir sagte , dass ich auf solche Andeutungen nicht reagieren soll," grinste Cole wissend und erhob sich ebenfalls.
"Ich kann mich aber nicht daran erinnern, dass du auf diesen Rat je gehört hättest." Reyno lächelte nicht mehr, sein Blick war ernst und durchdringend, auch Coles Grinsen verschwand ziemlich schnell.
"Meine Flucht hat mich Geduld gelernt."
"Wenn du meinst."
Einen Moment sahen sich die beiden kalt an, längst hatten sie vergessen, dass die Triade mit ihnen in einem Raum war.
Stille breitete sich aus.
Es war Piper, welche sie brach: "Nun, wir sollten dann auch gehen und planen, wie wir vorgehen sollen." Sie kommentierte den kleinen Streit nicht, da er sie nicht interessierte. Was kümmerte es sie, wenn der Anführer der Bruderschaft und ein Mitglied ebendieser Meinungsverschiedenheiten hatten.
Prue bestätigte mit einem Nicken: "Du hast recht," sie blickte zu Reyno, welche es aber nicht erwiderte, noch immer sahen seine Augen in die des Halbdämons, "Wir würden gerne alle privaten und beruflichen Informationen über die Hexen. Kann uns die Bruderschaft das beschaffen?"
"Das haben wir längst. Balthasar wird euch die Akten geben."
"Gut," sagte Piper, "dann werden wir gehen. Bis später, Reyno."
Phoebe stand wortlos, aber mit einem angedeuteten, triumphierenden Lächeln auf, die Spannung zwischen den zwei Dämonen amüsierten sie.
Sie stellte sich neben ihre Schwestern, welche sich zur Tür bewegt hatten.
"Ja," sagte Prue, "wir sehen uns."
"Es war mir ein Vergnügen, ladies," sagte Reyno und unterbrach den Blickkontakt zu Balthasar. Denn er hasste Unhöflichkeit und wenn er sich von der Triade verabschiedet hätte, ohne denen ins Gesicht zu sehen, dann wäre das eine Form der Unhöflichkeit gewesen.
Er verneigte sich galant, dann schimmerte er weg.
Einen Moment war der Halbdämon schweigsam, dann sagte er: "Kommt! Ich zeige es euch."
Phoebe konnte eine spöttische Bemerkung nicht unterdrücken: "Hat der kleine, unschuldige Cole etwa Probleme mit seinem Daddy," dann musste sie leise lachen, "oh nein, der ist ja schon lange tot, ermordet von der eigenen Mutter. Ts, ts, ts!"
Coles Gesichtszüge entgleisten, seine Augen wurden so kalt, dass selbst Phoebe nicht mehr wohl dabei war. Er atmete tief ein und kontrollierte sich wieder, wobei innerlich sein Herz brach; der Kommentar war so kalt und herzlos, so gar nicht jene Phoebe, in welche er sich verliebt hatte. Er fragte sich, ob denn überhaupt noch ein Teil von der menschlichen Phoebe da war und er bezweifelte es.