• Fandom: NCIS
• Titel: “If I never see you again...“
• Disclaimer: Nix gehört mir. Muß immernoch auf Arbeit gehen.
• Lyrics: „If I never see you again“ by Wet Wet Wet
• Zeitliche Einordnung: Fortsetzung zu 6.02 „Agent Afloat“/ „Agent zur See“
• Wörter: 1.113
If I see never you again...
If I never see you again
And think of me now and then
Though it hurts so deeply
They say all good things come to an end
You've changed my life completely
I'm touched by your love
Even if I never see you
If I never see you again
And if I never see you again
No one can tell you how the story ends
Where the road will lead
When love begins
Aus der Ferne drangen gedämpfte Stimmen und ausgelassenes Lachen an mein Ohr. Ich musste nicht auf die Uhr sehen, um zu wissen, dass die jungen Männer nach dem Schichtwechsel auf dem Weg in ihre Kabinen waren. Vermutlich hatten sie sich wie so oft mit ein paar ihrer Kollegen zum Pokern verabredet. Vielleicht hätte ich es unterbinden müssen, denn 'Zusammenkünfte' wie diese schienen, langsam Überhand zu nehmen. Aber so ernst ich meinen Job normalerweise auch nahm, war mir das in diesem Moment vollkommen egal.
Ein leises Seufzen rann über meine Lippen, als ich darüber nachdachte, wie gern ich an diesem Abend mit meinem Team zusammen sitzen würde. Und wäre es nur, um zu arbeiten. Doch stattdessen stand ich allein in der Dunkelheit und starrte auf die unendliche Weite des Ozeans. Die silberne Sichel des Mondes spiegelte sich in der Wasseroberfläche und ließ das tiefe schwarz unter sich funkeln. Nicht die kleinste Bewegung zerstörte dieses Bild. Erst der Rumpf der Seahawk, der sich unaufhaltsam durch das Meer zu graben schien, ließ es in tausende ruhelose Wellen zerfallen. Tief sog ich die salzige Luft auf, ließ sie in meine Lungen strömen. Versuchte, in der Stille dieser Nacht meine Umgebung, meinen Alltag zu vergessen. Doch dies gelang mir nur leidlich.
Erschöpft lehnte ich mich an die Reling des gigantischen Flugzeugträgers und schloss meine Augen. Wie so oft in letzter Zeit versank ich vollkommen in meine Gedanken. Seit über vier Monaten war ich hier eingesperrt, auf diesem Koloss aus tausenden Tonnen Stahl. Zusammen mit über fünftausend meiner 'engsten Freunde'. Oder anders gesagt, ich war der einzige Bulle an Bord einer Stadt mit mehr als fünftausend Einwohnern. Von Anfang an war ich für sie ein Fremder, ein Eindringling gewesen, der hinter ihnen her schnüffelte. Und das blieb ich. Ständig waren sie um mich, immer auf der Hut vor dem Agenten in mir. Und es gab kein Entkommen. Nicht einmal in meiner Kabine blieb ich lange allein. Auch wenn ich es in meinem Herzen ununterbrochen war.
Seit dem Moment, als Gibbs mich zum NCIS geholt hatte, hatte ich nicht mehr diese Einsamkeit gespürt, die mich nun in jeder Sekunde des Tages begleitete. Ich vermisste sie. Sie alle. Schließlich waren sie meine Kollegen, meine Freunde, meine Familie. Doch bei dem Gedanken an Ziva breitete sich ein anderes Gefühl in meinem Inneren aus. Ich konnte mir selbst nicht erklären, was genau es war. Nur ein einziges Mal hatte ich bisher etwas in dieser Art empfunden. Aber auch diesmal begriff ich zu spät, was sie mir bedeutete, wie wichtig sie mir war. Denn in diesem Moment hatte ich sie bereits verloren. Ich hatte geahnt, dass sie vermutlich irgendwann zurückkehren durfte, aber ich würde wohl für immer ein Gefangener an einem Ort wie diesem sein.
Auch mit großer Mühe konnte ich den riesigen Kloß, der sich in meinem Hals ausbreitete, nicht hinunterschlucken. Es war erst wenige Stunden her, dass ich ihr in die Augen geblickt hatte, zum ersten Mal seit über vier Monaten. Genau in dieser Sekunde war mir bewusst geworden, wie sehr sie mir gefehlt hatte, dass ich befürchtet hatte, sie vielleicht nie wiederzusehen. Doch gemeinsam mit ihr kehrten auch die Erinnerungen zurück. Die Erinnerungen an mein Versagen. An diesen Ort verbannt zu sein, war die Strafe dafür. Das wusste ich, auch wenn Abby immer wieder versuchte, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Doch ein Brief war schnell vergessen, wenn man zu viel Zeit hatte, um über die Vergangenheit nachzudenken. Und schließlich hatte ich es akzeptiert, auch wenn ich mir gewünscht hatte, endlich nach Hause zurückkehren zu dürfen. Aber vielleicht hatte ich auch nur resigniert.
Immer wieder hatte ich mich gefragt, wie es so weit kommen konnte und doch keine Antwort gefunden. In den zwei Wochen, die ich in Cartagena hatte verbringen müssen, hatte ich mir eingeredet, endlich mein Leben weiterzuführen. Doch es war nur eine Illusion gewesen. Ich hatte gefeiert, mich mit dieser Sängerin amüsiert, aber es war nicht wie früher gewesen. Eigentlich war sie sehr attraktiv, geradezu heiß hätte ich noch vor zwei Jahren gesagt. Aber mittlerweile löste sie nichts in mir aus, außer dem Wunsch nach Vergessen. Diese Abende waren zu einer Droge für mich geworden. Ich hatte den Alkohol gebraucht, und ich hatte den Sex gebraucht. Die Vorwürfe, die Schuldgefühle, sie hatten mich aufgefressen. Und ich hatte nur noch vergessen wollen, egal zu welchem Preis. Doch dieser Preis war hoch gewesen, zu hoch. Ich hatte sie benutzt. Und mich selbst beinahe verloren.
Plötzlich kam mir meine Unterhaltung mit Ziva in den Sinn: „Und, machst du dir noch Vorwürfe wegen Jenny?“ „Nicht mehr so oft wie früher.“ „Trinkst du?“ „Nicht mehr so viel wie früher.“ Vielleicht ahnte sie bereits, wie es mir hier ging, vollkommen allein. Aber genauso wusste sie, dass sie mich nicht mit ihrer Sorge erdrücken durfte. Ich war nicht oft ehrlich, verbarg meist die Wahrheit hinter meiner üblichen Maske aus Witzen. Doch in diesem kurzen Moment hatte ich ihr offenbart, wie es wirklich in meinem Inneren aussah. Es war nur ein winziger Spalt gewesen, aber sie hatte hinter meine Fassade blicken können. Und ich wusste, dass sie mich verstand.
Erst in den letzten Tagen hatte ich endlich angefangen zu kämpfen. Um mein Leben, vielleicht auch um mich selbst. Ich wusste nicht mehr, was genau mich dazu gebracht hatte, aber ich wusste, dass ich nicht so weiter machen konnte, nicht so weiter machen wollte. Vielleicht hatte in meinem Inneren doch noch ein winziger Funken Hoffnung geglommen, dass ich in nicht allzu ferner Zukunft nach Hause zurückkehren würde. Zu meiner Familie. Und zu ihr...
Als ich die Augen öffne, umspielt ein glückliches Lächeln meine Lippen. Der Blick aus dem Fenster offenbart mir beinahe das selbe Bild, das ich vor vierundzwanzig Stunden vor Augen hatte. Doch jetzt nehme ich es aus einer anderen Perspektive wahr. Denn ich bin endlich auf dem Weg nach Hause. Während ich meinen Kopf entspannt an die unbequeme Stütze in meinem Rücken lehne, wandern meine Augen unwillkürlich nach links. Sie sitzt neben mir, beinahe als wäre es in den vergangenen vier Monaten niemals anders gewesen.
„Ich habe dir noch gar nicht gesagt, wie schön es ist, dich wiederzusehen.“ Meine Stimme ist ungewohnt rau, als ich diese Worte ausspreche. Sie wendet sich mir zu, lächelt mich sanft an, während sie mir für einen Moment in die Augen sieht. Das warme braun zieht mich unwillkürlich in seinen Bann, strahlt eine Art Normalität und auch Sicherheit auf mich aus, die mir so sehr fehlten. Wie vermisste ich es, ihr nah zu sein, einfach ihre Anwesenheit zu spüren. „Doch, das hast du“, gibt sie schließlich ein wenig verwirrt zurück, aber ich schüttle bestimmt den Kopf und flüstere kaum hörbar: „Oh nein, nicht einmal ansatzweise.“
ENDE