Zu Rorys Abschluss in Yale macht Logan ihr einen Heiratsantrag, über den Rory erst einmal nachdenken möchte. Schließlich erklärt sie ihm, dass sie zwar mit ihm zusammen bleiben möchte, aber noch nicht heiraten will. Logan jedoch will keinen Schritt zurück in der Beziehung machen, sodass die beiden sich trennen und jeder seine eigenen Wege geht.
Ich traf Rory zum ersten Mal wieder, wenige Wochen nachdem sie Logans Heiratsantrag abgelehnt hatte. Sie war als freie Journalistin unterwegs und begegnete mir auf einer Buchmesse, bei der ich meinen kleinen Roman vorstellte, der ihr so gefallen hatte. Ganz anders, als ich es früher bei ihr gewohnt war, war sie völlig spontan und ließ die Zukunft einfach auf sich zukommen. Das musste ich diesem Logan lassen, er hatte ihr ein wenig Spontaneität beibringen können. Aber das war auch das einzig Positive, was ich über diesen verzogenen Schönling sagen konnte. Wir hatten uns von Anfang an gegenseitig nicht leiden können, weshalb ich natürlich froh war, dass sie seinen Antrag abgelehnt hatte. Denn meine Gefühle für sie waren nach wie vor vorhanden, weshalb ich sie auch noch am gleichen Abend zum Essen einlud.
Etwa ein halbes Jahr später lebten wir zusammen in Hartford. Rory arbeitete inzwischen fest angestellt bei einer lokalen Zeitung und ich schrieb weiter meine Bücher. Zudem war Hartford von der Entfernung zu Stars Hollow her ideal. So konnten wir jederzeit ihre Mutter und meinen Onkel Luke besuchen, durch ihre Heirat war dies inzwischen ja in einem Aufwasch möglich. Auch meine Mutter lebte nach wie vor mit T.J. und der kleinen Doola dort. Nicht, dass ich den Namen mögen würde, aber mit der Zeit war mir meine kleine Halbschwester doch sehr ans Herz gewachsen. Und dafür, dass T.J. so ein Vollidiot war, konnte die Kleine ja schließlich nichts.
Es war das, was ich mir immer gewünscht hatte. Wenn es die eine Frau für mich gab, dann war es Rory und diesmal hatte es auch vom Timing her endlich gepasst. Ich war erwachsen genug für eine reife Beziehung geworden und im Gegensatz zu unserer letzten entscheidenden Begegnung war Rory eben nicht mehr mit Logan zusammen gewesen. Diesmal war es einfach richtig, das spürte ich.
Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass wir in Hartford eines Tages Logan über den Weg liefen, der eine unbekannte blonde Schönheit an seiner Seite hatte. Trotzdem legte ich unbewusst meinen Arm um Rorys Taille, um sie zu mir zu ziehen und Logan zu zeigen, für wen sie sich entschieden hatte. Aber die beiden wechselten ohnehin nur einige belanglose und gezwungen klingende Worte, bevor sie sich wieder voneinander verabschiedeten. Bereits im Gehen sah ich aber trotzdem noch einen Blick zurück von Rory, die Logan dabei beobachtete, wie er die Hand der Blonden nahm. Wahrscheinlich war dies allerdings völlig normal, dachte ich damals, schließlich waren die beiden lange Zeit zusammen gewesen. Und auch, wenn Rory den Antrag abgelehnt hatte, bedeutete dies ja nicht, dass sie keine Gefühle für Logan hatte. Sie hatte mir erzählt, dass es sein Ultimatum gewesen war, das ihr Angst gemacht hatte, aber für mich zählte ohnehin nur, dass es bei den beiden vorbei war – das Wie und Warum interessierte mich nicht weiter. Jedenfalls nicht damals.
Es war wohl kaum drei Monate später, als Rory eine ziemlich teuer aussehende Einladung in der Post fand, die an uns beide adressiert war. Erst, nachdem sie diese völlig wortlos gelesen und wieder zur Seite gelegt hatte, nahm ich sie zur Hand und stellte fest, dass es sich dabei um die Einladung zu Logans Hochzeit mit jener ominösen Blonden handelte. Ein kurzer Blick über den Papierrand zu Rory zeigte mir meine Freundin, während sie etwas zu teilnahmslos mit den Schultern zuckte. Nun gut, ich persönlich hielt es für eine ziemliche Unverschämtheit, gerade die Frau einzuladen, die man ursprünglich hatte heiraten wollen, aber das war Logans Entscheidung. Rory zumindest schien aus reiner Höflichkeit hingehen zu wollen, also würde ich sie wohl oder übel begleiten.
Bei einem der viel zu häufigen Abendessen bei Rorys Großeltern schließlich erreichte uns sogar der stadtbekannte Klatsch über Logan und seine Zukünftige. Angeblich, so hieß es, habe nicht er den Heiratsantrag gemacht, sondern sie, was gerade für Emily einfach ungehörig schien. Zwar erzählte mir Rory nie, was ihre Großmutter damals unter vier Augen mit ihr hatte besprechen wollen, aber ich war mir sicher, dass diese nach wie vor lieber Logan an Rorys Seite gesehen hätte als mich und sie darauf hinwies, dass dieser idiotische Huntzberger nur ihr einen Antrag gemacht habe, nicht aber seiner jetzigen Verlobten. Was immer es auch war, was sie ihrer Enkelin hatte einreden wollen, Rory ließ sich davon nicht beeindrucken.
Wir besuchten zusammen die kirchliche Trauung von Logan und seiner Norah, um danach Monate nicht mehr über die beiden zu sprechen. Doch dass all dies unbeeindruckt an Rory vorbei ging, mochte ich mir wahrscheinlich nur eingeredet haben. Wahrscheinlich wollte ich einfach übersehen, was sie schon damals wirklich beschäftigte. Erst jetzt gestand sie mir, dass sie sich damals sehr wohl von Emily hatte beeinflussen lassen und noch vor Logans Hochzeit bei ihm gewesen war. Sie hatte mit ihm darüber reden wollen, was damals passiert war, weshalb sie noch nicht heiraten wollte. Und dabei hatte sie gehofft, dass er erkennen würde, dass sie ihn trotzdem liebte und es ihr nur zu früh für eine Hochzeit gewesen war. Aber Logan hatte ihr scheinbar gar nicht zuhören wollen. Er hatte ihr nur erklärt, dass er verlobt war und sein Wort gegeben hatte, Norah zu heiraten – was er auch tun würde.
Nur darum war Rory wieder zu mir zurück gekommen. Damals ahnte ich nichts davon, wollte vielleicht auch nichts ahnen, denn ich war glücklich. Ich war mit meiner Traumfrau zusammen, Logan war verheiratet und alles schien einfach perfekt.
Zwei Jahre, nachdem wir wieder zusammen gekommen waren, machte ich ihr Weihnachten schließlich einen Heiratsantrag, den sie auch annahm. Und zu keinem Zeitpunkt als in diesen ersten Wochen in dem Haus, das wir uns gekauft hatten, waren wir glücklicher. Selbst in Rorys Augen war zu diesem Zeitpunkt ein gewissen Funkeln zu sehen, das ich zuvor lange vermisst hatte. Sie war glücklich und ich war es auch.
Doch all dies änderte sich mit dem Tag, als Logans Frau im Kindbett starb und ihn allein mit der gemeinsamen Tochter zurück ließ. Da der Kontakt zwischen Rory und Logan niemals ganz abgebrochen war, war ich keineswegs verwundert, als sie zu ihm ging, um ihm Beistand zu leisten und ihm mit seiner Kleinen zu helfen. Und da wir inzwischen selbst verheiratet waren, dachte ich ohnehin, dass ich mir keine Sorgen zu machen brauchte, schließlich war Vertrauen die Basis einer glücklichen Beziehung. Und ich vertraute ihr.
Ich vertraute ihr, obwohl es spätestens seit jenem Tag in unserer Beziehung kriselte. Wir stritten immer öfter und waren uns auch um unsere weitere Zukunft keineswegs einig. Und das nicht nur, was Kinder anging...
Jedenfalls war sie gerade in dieser Zeit oft bei Logan und wie ich ebenfalls erst jetzt erfuhr, knisterte es wohl gewaltig bei den beiden. Aber wegen seiner kleinen Tochter schien Logan doch ein gewisses Ehrgefühl entwickelt zu haben, weshalb die beiden trotz alledem lediglich auf rein platonischer Ebene miteinander verkehrten.
Ein weiteres halbes Jahr überlebte unsere Beziehung noch – gerade so, wie ich manchmal das Gefühl hatte. Das eine oder andere Mal mussten wir sie auch mit einem kleinen Elektroschock wieder beleben. Aber als sie schließlich mit diesem unglaublich traurigen Gesichtsausdruck von Logan wieder nach Hause kam, wusste ich bereits, was Sache war. Es schien mein Schicksal zu sein, immer wieder von dieser bezaubernden Frau verlassen zu werden und sie trotzdem nie aufgeben zu können.
Jetzt erst erfuhr ich von ihren diversen Treffen mit Logan, die sie mir bisher verheimlicht hatte und davon, dass sie ihn immer geliebt hatte und es ihr damals mit dem Heiratsantrag nur zu schnell gegangen war. Sie war noch nicht so weit gewesen und er hatte keinen Schritt mehr zurück machen wollen. Alles in allem waren sie damals einfach in einer Sackgasse gewesen und ab da war das Timing jedes Mal miserabel gewesen – wie zuvor bei uns beiden.
„Du musst mir glauben, Jess, ich liebe dich... Ich habe dich immer geliebt, aber ich liebe Logan nun einmal mehr. Ich wollte dir nie etwas vormachen oder dich verletzen, auch wenn ich es wahrscheinlich doch getan habe, oder spätestens jetzt tue. Ich wollte, dass unsere Beziehung funktioniert, aber es wäre unfair von mir, wenn ich die Sache jetzt nicht beenden würde. Jetzt weiß ich, dass ich ihn damals nicht einfach so gehen lassen hätte dürfen, ich hätte die Sache nicht einfach so beenden dürfen. Es tut mir leid, wie alles gelaufen ist... und wie es jetzt endet.“, erklärte sie mir und ich kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie es ehrlich meinte, wenn sie sagte, dass sie mich nie hatte verletzen wollen. Wenn ich ehrlich war, hatte ich wahrscheinlich die ganze Zeit gewusst, dass Logan nie völlig aus ihrem Herzen verschwunden war, aber ich hatte einfach gehofft, dass sie mit der Zeit erkennen würde, dass wir beide zusammen gehörten. Ich wollte ihr keine Vorwürfe machen, hatte ich doch schon geahnt, was passieren würde, seit Logans Frau gestorben war. Ich wusste, was in ihr vorging –
Und trotzdem wollte ich sie hassen, wollte ihr an den Kopf schmeißen, dass sie mein Herz brach, mein Leben zerstörte und die Zukunft ruinierte, die ich für uns beide geplant hatte.
Aber dieses unschuldige Gesicht, ihr aufrichtiges Mitfühlen und das schlechte Gewissen, dass aus ihren Augen sprach, ließen mich meine Gefühle für mich behalten. Ich wollte nicht, dass sie sich meinetwegen noch schlechter fühlte, schließlich liebte ich sie immer noch. Und würde sie wohl auch immer lieben, weshalb ich ihre Hand nach einigem Zögern schließlich in meine nahm.
„Weißt du, du hättest das alles viel einfacher haben können, wenn du seinen Antrag angenommen hättest...“, meinte ich mit einer ziemlichen Portion Galgenhumor, während ich wenigstens ein kleines Lächeln auf meine Lippen zwang – auch wenn ich nicht mehr sagen könnte, wie ich das zustande gebracht hatte. Schließlich gab ich ihr einen sanften Kuss auf die Stirn und schickte sie weg. Diesmal würde es für immer sein...