Fertig! Und sogar noch innerhalb der Deadline - yay! *Kathis Vermutung unauffällig übergeh*
Requiem For A Dream
Sie sah, wie er in die Tiefe stürzte. Sah den roten Lichtstrahl, der ihn mitten in die Brust traf, beobachtete, wie er plötzlich den Halt verlor, unfähig es zu verhindern. Er fiel, immer tiefer, sie wünschte sich nichts sehnlicher als zu helfen, doch ihm zu folgen hätte auch ihren Tod bedeutet.
Man zwang sie, den Blick abzuwenden, ihre Aufgabe zu Ende zu führen, sich zu konzentrieren. Nur knapp entging sie selbst einem Zauber. Es kostete sie alle Kraft, ihn abzuwehren.
Entfernt konnte sie Stimmen hören, Stimmen die ihren Namen riefen, aber die Taubheit, die sich schlagartig in ihrem Inneren auszubreiten schien, ließ ihr mit einem Mal alles egal werden. Nahezu mechanisch schleuderte sie ihren Gegnern Flüche entgegen, ohne darauf zu achten, ob sie ihr Ziel erreichten.
Unzählige Gestalten hatten sie nun umringt, alle in tiefschwarze Umhänge gehüllt, drängten sie zur Landung. Sie spürte heiße Tränen ihre Wangen hinablaufen, verdeckte hastig ihr Gesicht, wütend auf sich selbst, vor anderen Schwäche zu zeigen. Die Taubheit war verschwunden, so schnell wie sie Besitz von ihr ergriffen hatte. War ihren Gedanken gewichen, die unkontrolliert durch ihren Kopf schossen. Es waren tausende, tausend Erinnerungen, wirr und unzusammenhängend, die sie nicht mehr loszulassen schienen.
Angewidert betrachtete sie den Inhalt ihres Tellers, zuckte kaum merklich zusammen, ehe sie sich von dem Tisch abwandte und erhob. „Pfannkuchen“, zischte sie, ohne sich die Mühe zu machen die Abscheu in ihrer Stimme zu verbergen. „Dein Personal hat viel zu viele Freiheiten. Entschuldige mich bitte, mir ist der Appetit vergangen.“
Sie wandte sich zum Gehen, doch ihre Schwester, die nun ebenfalls aufgestanden war, hielt sie zurück. „Wir wissen beide, dass das nur eine schlechte Ausrede ist, Bella“, erwiderte sie, konnte ein Lächeln jedoch nicht unterdrücken. „Aber ich kann dich verstehen. Schließlich konnte ich in den Tagen vor meiner Hochzeit auch nichts essen.“
Bellatrix schwieg, verließ den Raum, ohne Narcissa eines Blickes zu würdigen. Stumm stieg sie die Treppen hoch, öffnete die Türe zum Badezimmer. Lange betrachtete sie sich im Spiegel, sah in ihr Gesicht, das noch blasser zu sein schien als gewöhnlich, blickte in ihre müden, schwarzen Augen, die innerhalb kürzester Zeit jeglichen Ausdruck verloren hatten. Sie verfluchte Narcissa dafür, es angesprochen, sie daran erinnert zu haben. Sie würde heiraten, einen Mann den sie kaum kannte. Den sie vorgab zu lieben, um der Schande zu entgehen, die es mit sich trug, den Falschen zu begehren.
Wie gerne hätte sie geschrieen, um sich geschlagen, doch sie zwang sich, zu schweigen. Starrte stumm ihrem Abbild entgegen, ohne zu realisieren, dass ihre Schwester nun ebenfalls den Raum betreten hatte.
„Was ist los?“, fragte sie leise, legte vorsichtig eine Hand auf ihre Schulter. Unwillkürlich zuckte Bellatrix zusammen. „Es... es ist nichts“, entgegenete sie, versuchte Narcissas durchdringendem Blick auszuweichen, doch diese schüttelte nur den Kopf. „Lüg mich nicht an.“
Es folgte Stille. Stille die Bellatrix nahezu zu erdrücken schien, aber sie wagte nicht zu sprechen. Schließlich war es ihre Schwester, die die Geduld verlor. „Morgen ist der Tag deiner Hochzeit, Bellatrix, du solltest dich darauf freuen! Und wir beide wissen, dass...“ Narcissa stockte.
„Bella...“, fuhr sie schließlich fort, dieses Mal viel sanfter. „Rodolphus ist ein guter Mann... Du tust das Richtige.“
Schweigen. Narcissa seufzte leise, begann jedoch im nächsten Moment zu realisieren, was in ihrer Schwester vorzugehen schien. „Liebst du ihn?“
Es war, als hätte sie ein Messer in Bellatrix’ Brust gestoßen. „Ja“, erwiderte diese, wie aus der Pistole geschossen, biss sich auf die Unterlippe, als ihre Schwester plötzlich ihr Handgelenk packte. „Lüg mich nicht an“, wiederholte sie leise. Kalt. „Ich frage dich noch ein letztes Mal, Bellatrix... Liebst du ihn?“
Bellatrix’ ganzer Körper begann zu zittern, hastig wandte sie ihren Blick ab. Ihre Kehle schien sich plötzlich zuzuschnüren, sie war kaum in der Lage zu atmen. „Nein“, flüsterte sie kaum hörbar, verzweifelt um Fassung bemüht. „Nein... Aber ich habe keine andere Wahl.“
Die Angriffe hatten nicht aufgehört, selbst als sie gelandet waren. Sie zitterte vor Kälte, versuchte mit aller Krat sich in ihren völlig zerfetzten Umhang zu hüllen. Auch ihre schwarze Strumpfhose hatte große Löcher davongetragen, bildete einen Kontrast zu ihrer weißen, nahezu dursichtigen Haut, die nn ungeschützt den eisigen Böen des Windes ausgesetzt war, der schon vor Stunden begonnen hatte, zu wehen. Sie fror, realisierte kaum, dass jemand schützend den Arm um sie gelegt hatte, mit ihr disappariert war, bevor sie etwas dagegen tun konnte. Vorsichtig öffnete er die riesige Türe, die wie aus dem Nichts vor ihren Augen aufgetaucht war. Von Weitem konnte sie die Stimme ihrer Schwester vernehmen. „Was ist geschehen?“, fragte sie leise, kam immer weiter auf sie zugelaufen. Schemenhaft konnte Bellatrix nun ihre Gestalt wahrnehmen, fühlte Narcissas Hand auf der ihren. Beinahe wäre sie zusammengezuckt, als Lucius zu sprechen begann. Lucius, der stes vermieden hatte mehr als nur das Nötigste mit ihr zu sprechen, sie nun fest im Arm hielt, sie stützte, spürend, dass sie noch immer am ganzen Leib zitterte. „Rodolphus ist tot“, entgegnete er an Narcissa gewandt, ebenso leise. Es war, als wolle er vermeiden, dass sie ihn hörte. „Yaxley hat seine Leiche gefunden, aber ich konnte sie wegbringen, bevor sie ihn gesehen hat.“
Doch sie hatte ihn gehört. Seine Worte schienen sich für immer in ihr Gedächtnis eingebrannt zu haben, schossen ihr immer wieder durch den Kopf, unerträglich laut. Sie schrie, schrie sich die Seele aus dem Leib, schloss die Augen, in der Hoffnung, es würde aufhören.
Auch von Narcissa war ein ersticktes Schluchzen zu vernehmen, erneut drückte sie ihre Hand, nun fester also zuvor. „Es tut mir so Leid, Bella“, flüsterte sie kaum hörbar. Bellatrix sah lange in das tränenüberströmte Gesicht ihrer Schwester, nicht in der Lage zu antworten. Auch ihre letzte Kraft schien nun zu schwinden, alles um sie herum begann sich zu drehen. Sie sank in Lucius’ Armen zusammen, wäre gefallen, hätte er sie nicht noch immer festgehalten. Neue Bilder tauchten vor ihren Augen auf, stets dieselben. Rodolphus’ versteinertes Gesicht, sein lebloser Körper, der hunderte Meter in die Tiefe stürzte... „Liebst du ihn?“, fragte plötzlich eine Stimme in ihrem Kopf, immer und immer wieder, bis sie antwortete. „Nein“, hörte sie sich selbst sagen, doch aus ihrem Mund drang kein Laut. „Liebst du ihn?“, fragte die Stimme erneut, dieses Mal lauter, schärfer. „Nein!“, schrie sie nun, ohne Kontrolle über ihre Worte zu haben, die in ihren Ohren widerhallten....
Als sie erwachte fand sie Narcissa an ihrem Bett sitzen, die zärtlich über ihre Wange streichelte. Sie schien völlig in Gedanken versunken, denn erst nach einiger Zeit sah sie auf, zwang sich zu einem matten Lächeln. Sie schwieg, wissend, dass Bellatrix nicht in der Lage wäre, zu antworten, denn selbst ihr Versuch sich aufzurichten scheiterte. Schwach sank ihr Kopf zurück auf das Kissen.
Wie bereits Stunden zuvor kehrte die Erinnerung an jenen Abend zurück, als ihre Schwester ihr die Frage gestellt hatte, die sie nun zu verfolgen schien, obwohl sie sie einst mit solcher Sicherheit verneint hatte. „Liebst du ihn?“
„Nein.“
Nein. Zitternd wandte sich ab, um ihr tränennasses Gesicht zu verbergen, wagte nicht Narcissa in die Augen zu sehen. Sie hatte es verneint, stets verneint...
Ihre Stimme, kaum mehr als ein Flüstern, bebte, als sie es sagte. Es sagte, als ob er in diesem Moment hier wäre, in diesem Raum, anstelle ihrer Schwester nun an Bellatrix’ Bett säße, sie mit besorgtem, zärtlichem Blick betrachtete. Endlich war sie in der Lage es auszusprechen, so schwach, so leise, dass sie selbst kaum ihre Worte verstand. „Ich liebe dich...“