So, heute gibt es den neuen Teil! Viel Spaß damit!
Episode 10 - The prediction
Der dunkle Gang des Apartmenthauses im Randbezirk von San Francisco war nur spärlich erleuchtet. Trotzdem sah er ziemlich verwahrlost aus und die meisten Wohnungen waren leer, was man an den geöffneten Türen erkennen konnte. Ein Mann und eine Frau kamen Hand in Hand eine knarzende Treppe herauf. Beide sahen ziemlich erschöpft aus, sie waren tanzen gewesen und hatten einen schönen Abend verbracht. Der Mann sah ziemlich gut aus: ungefähr Anfang dreißig, schwarze Haare und dunkle Augen und ein gutgebauter, gebräunter Körper machten seine Erscheinung aus. Die Frau war eher unscheinbar aber mit ihren hellbraunen Haaren, den rehbraunen Augen und der schlanken Gestalt trotzdem hübsch. „Hier wohnst du?“ fragte sie den Mann skeptisch. Sie hatte sich ein schöneres Apartment vorgestellt. Der Mann lächelte. „Ich weiß, es sieht furchtbar aus, aber meine Wohnung ist eigentlich sehr schön und man wird so gut wie nie gestört.“ Er grinste vielsagend und die Frau lächelte ebenfalls. Er zog einen Schlüssel aus seiner Hosentasche und öffnete eine der Türen. Er hatte nicht zu viel versprochen. Sein Apartment war wirklich groß und gut eingerichtet. Er schloss die Tür, zog die Frau an sich und küsste sie. Sie erwiderte seinen Kuss leidenschaftlich und langsam gingen die beiden ins Schlafzimmer. Dort fielen sie fast augenblicklich auf das Bett und küssten sich weiter. Unbemerkt vollführte der Mann plötzlich eine Handbewegung und mitten in der Luft erschienen zwei Seile, die sich von selbst um das Bettgestell knoteten. Dieselbe Handbewegung und zwei weitere Seile knoteten sich am Fußende um das Bettgestell. Er löste sich von der Frau und augenblicklich umschlangen die Seile ihre Hand- und Fußgelenke und fesselten sie an das Bett. Überrascht und verängstigt zugleich riss die Frau ihre Augen auf. „Was soll das? Mach mich sofort los!“ sagte sie mit möglichst fester Stimme. Der Mann grinste nur und stand auf. Sie zerrte verzweifelt an ihren Fesseln, die aber keinen Millimeter nachgaben. Tränen stiegen in ihre Augen, als der Mann plötzlich einen Dolch aus der Luft zog. „Bitte, ... lass mich gehen! Bitte!“ flehte sie ihn an, ihre Augen fest auf den Dolch gerichtet. Der Mann erwiderte kein einziges Wort, sondern riss ihre Bluse auf. Sie schrie auf. Panik stand in ihren Augen. „Hilfe! Helft mir doch!“ rief sie. Der Mann grinste noch immer. „Hier kann dich niemand hören! Ich habe dir doch erzählt, dass hier niemand wohnt! Nur der Hausmeister im ersten Stock und der ist so gut wie taub!“ erklärte er und beugte sich mit dem Dolch über sie. Sie schloss ihre Augen, während ihr Tränen über die Wangen liefen. Der Mann holte aus und ritzte ihr über der linken Brust eine umgekehrte Triquetra in die Haut. Sie schrie vor Schmerzen auf. Die Wunde begann zu bluten. Der Mann legte den Dolch weg und verteilte fünf schwarze Kerzen um das Bett. Dann sprach er einen Spruch in Latein und zündete eine Kerze nach der anderen an. Die Frau stöhnte auf, als hätte sie große Schmerzen und wand sich. Schließlich beendete der Mann das Ritual und mit einem Schnipsen seiner Finger lösten sich die Seile. Die Triquetra auf der Brust der Frau leuchtete hell auf, die Wunden schlossen sich und zurück blieben nur dünne rote Striche. Die Frau richtete sich auf, lächelte und schloss ihre Bluse. Sie sah den Mann an. Ihre Augen hatten sich völlig schwarz verfärbt. Der Mann grinste wieder und auch seine Augen verfärbten sich schwarz. „Willkommen im Orden von Evanesco!“ sagte er mit dunkler, drohender Stimme.
Ein etwas trister Morgen war in San Francisco angebrochen und das Halliwell Manor lag noch in völliger Stille. Nur Piper war schon so früh aufgestanden, da Melinda heftigst nach ihrem Essen verlangt hatte. Die kleinste Halliwell war nun schon fast ein Jahr alt und seit ihrer Geburt schon sehr gewachsen. Sie hatte die dunklen Haare und die leuchtend braunen Augen ihrer Mutter geerbt und wurde nun von dieser gefüttert. Schlaftrunken ging Piper in der Küche hin und her, während sie Melinda auf ihrem Arm die Flasche gab. Es war erst kurz nach sechs Uhr und normalerweise hätte Piper um diese Uhrzeit noch mit Leo im Bett gelegen. Aber sie war glücklich, dass sie nun endlich ein Kind hatten. Und auch Phoebes Tochter war vor kurzem zur Welt gekommen. Die kleine Grace hatte viel von Phoebes Schönheit. „Guten Morgen, meine zwei Hübschen!“ rief Leo, der gerade die Küche betreten hatte. Er war natürlich auch von Melindas Geschrei, das aus dem Babyphon dröhnte, geweckt worden. Aber im Gegensatz zu Piper hatte er noch Zeit gehabt, sich umzuziehen. Lächelnd ging er zu den beiden, küsste Piper und gab auch Melinda einen kleinen Kuss auf die Stirn. Stöhnend tapste in diesem Moment auch Phoebe in die Küche. In ihren Armen hatte sie Grace, die in den lautesten Tönen schrie. „Morgen!“ brummte sie den anderen zu und riss einen der Hängeschränke auf, in dem seit neuestem auch ihre Babysachen verstaut waren. „Phoebe, beeil dich bitte, sonst steckt Grace Melinda auch noch mit ihrem Geschrei an und dann kriegen wir sie so schnell nicht mehr ruhig!“ meinte Piper und holte Phoebe das richtige Fläschchen aus dem Schrank. „Hier! Brei steht auf der Herdplatte! Ich hab welchen für dich mitgekocht! Ich denke, dass du ihn ihr schon geben kannst!“ Phoebe nickte dankbar, füllte das Fläschchen und gab es dann Grace, die augenblicklich aufhörte, zu schreien. Leo sah seine Schwäger misstrauisch an. „Sag mal, Phoebe, ist mit dir alles in Ordnung?“ fragte er sie plötzlich. Seine übernatürlichen Antennen hatten Phoebes sorgenvolle Gedanken gespürt. „Nein, mit mir ist nichts in Ordnung! Cole war die ganze Nacht nicht da und ich musste die fünf Mal, die Grace geschrieen hat, selbst aufstehen. Ich bin also völlig übernächtigt und mache mir Sorgen um meinen Mann! Ich denke, mir geht es nicht gut!“ erklärte sie. Piper verstand. Sie drückte Leo ihre Tochter in die Hand und umarmte Phoebe. „He, Süße, er wird wahrscheinlich nur im Büro sein. Vielleicht ist er eingeschlafen! Mach dir mal keine Sorgen! Wenn du willst, dann kann Leo ja nachsehen!“ Piper schickte einen fragenden Blick zu Leo, der ihn erwiderte. „Nein danke!“ wehrte Phoebe aber ab. „Er wird schon wieder kommen! Aber trotzdem danke! Wirklich nett von euch!“ Da kam Paige in die Küche gerauscht. Sonst war sie diejenige der Halliwells, die am längsten schlief, aber heute war sie putzmunter. „Wer ist nett? Redet ihr von mir?“ platzte sie in die Unterhaltung ihrer Schwestern. Alle grinsten. „Weißt du Paige, wenn wir von dir reden würden dann würden wir sagen: die Nervensäge, die in alle Gespräche reinplatzt!“ meinte Piper grinsend. Paige spielte beleidigt, was sich aber gleich wieder legte. „Seht mal, wer da ist!“ rief sie und winkte mit ihrer Hand. Gespannt sahen Piper, Phoebe und Leo auf die Tür und Prue erschien dort. Sie lächelte. „Guten Morgen! Also erstens bin ich her um dir, Phoebe zu deiner wundervollen kleinen Tochter zu gratulieren!“ Phoebe lächelte. „Weißt du, ich habe mir eigentlich nie vorstellen können, dass du einmal Mutter wirst, aber jetzt muss ich dir sagen, dass du in deiner Rolle einfach super wirkst!“ Phoebe war von Prues Stolz gerührt. Sie wollte schon immer, dass ihre große Schwester sie nicht als Versagerin sah. „Und zweitens...“ bohrte Paige nach. „Und zweitens wollte ich dir natürlich zu deiner Verlobung gratulieren! Ich denke, du hast eine gute Wahl getroffen!“ wandte sich Prue nun an ihre jüngste Schwester. Diese strahlte nun wie ein Honigkuchenpferd. Leo wandte plötzlich seinen Kopf nach oben. „Wirst du gerufen?“ fragte Piper ihn. „Ja! Ich muss sofort nach oben! Hier, nimm Melinda wieder!“ erklärte er und gab Piper Melinda wieder. Dann beamte er sich nach oben. „Äh, wo du gerade hier bist, Prue, hast du eine Ahnung, wie es Twilight geschafft hat, wieder zurück zu kommen?“ fragte Piper ihre ältere Schwester. „Nein, leider nicht! Der Ältestenrat arbeitet auch schon die ganze Zeit an diesem Problem! Vielleicht haben sie Leo deshalb gerufen!“ Piper zuckte nur mit den Schultern. Sie hatte sich mit Phoebe und Prue lange darüber den Kopf zerbrochen, aber sie waren zu keiner vernünftigen Erklärung gekommen. Irgendwie hatte sie das Gefühl, als würde die Lösung direkt vor ihr liegen, aber sie sahen sie nicht. „Habt ihr euch eigentlich schon mal die Sache mit der Prophezeiung überlegt? Ich meine, wir sollten dorthin, weil Twilight eine geholt hat, die ihr helfen könnte, uns zu besiegen! Aber die, die wir gefunden haben, hatte bestimmt nichts mit Twilight zu tun! Sie ist ja schließlich kein Vampir!“ meinte Paige und goss sich Kaffee in eine Tasse. „Ja, du hast völlig recht! Es ist fast, als hätten wir die falsche Prophezeiung gefunden, aber es war ja nur diese eine da!“ bekräftigte Phoebe ihre Schwester. Genau in diesem Moment erschien Leo wieder in der Küche. „Das ging ja schnell!“ meinte Piper und begrüßte ihn mit einem Kuss. „Ja, sie haben sich kurz gefasst, weil es wirklich dringend ist! Ach ja, und Prue, du sollst wieder zurückkommen!“ Prue seufzte. Sie durfte leider nie lange bei ihrer Familie bleiben. „Ja, ich bin schon so gut wie unterwegs! Also, passt auf euch auf! Bis bald!“ verabschiedete sie sich von ihren Schwestern und kehrte zurück. „Also, was ist denn nun so wichtig?“ fragte Piper nach. „Na ja, wie ihr es euch schon überlegt habt, habt ihr die falsche Prophezeiung gefunden! Es war ein ungünstiger Zeitpunkt! Ihr musstet auf die Sache mit den Vampiren vorbereitet sein, sonst wäret ihr vielleicht selbst Vampire geworden! Also habt ihr überall nur diese Prophezeiung gefunden! Ihr müsst also noch einmal in den Tempel und die richtige suchen! Und außerdem ist wieder ein Dämon der Illusionen in der Stadt. Um den müsst ihr euch auch noch kümmern.“ Nach Leos Anweisungen seufzten alle drei Schwestern gleichzeitig. „Na toll, als ob wir nichts anderes zu tun hätten!“ schimpfte Piper.