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Moonlight

nicht wirklich was besonderes, aber naja, wenigstens etwas...

Vince

Er war unglaublich erleichtert, dass Chloe wieder bei sich war und alles so aussah, als würde es nun wieder besser werden. Und so wurde sein Ärger über Chloes Aussage, dass es auf gar keinen Fall eine Überdosis gelegen haben kann, erst einmal in den Hintergrund gedrängt. Doch ein tiefes Seufzen konnte er nicht unterdrücken.

„Chloe, ob es eine Überdosis war oder nicht, ist mir ganz ehrlich gesagt ziemlich egal. Du wirst dieses Zeug so oder so auf keinen Fall mehr nehmen. Ich werde nicht zulassen, dass du dich damit noch umbringst. Ob Überdosis oder sonst irgendeine Nebenwirkung, tut dabei nichts zur Sache…“

Ganz leicht schüttelte er den Kopf und senkte seinen Blick, bevor er die junge Frau wieder mit einem Lächeln anblickte. Allerdings nur, um sie bei ihren nächsten Worten doch wieder etwas strenger anzuschauen. „Weißt du, vielleicht kommt meine Standpauke ja auch erst noch. Vielleicht war ich bisher einfach noch zu besorgt, um richtig Wütend zu werden. Ausserdem liegst du hier im Krankenhaus und ich denke, das wäre wohl kaum der richtige Platz, um dir so richtig die Meinung zu sagen“, begann er streng, lächelte sie dann aber schon bald wieder an. Nein, wenn er ehrlich mit sich war, dann war er gar nicht in der Lage, Chloe die Meinung zu sagen. Dafür war er definitiv zu froh, dass es ihr wieder besser ging und vor allem hatte er sie zu gerne, um sie jetzt zur Schnecke zu machen. „Ausserdem möchte ich die Zeit, die wir zusammen haben, nicht damit verbringen mich mit dir zu streiten…“

Mit diesen Worten strich er ihr sanft über die Wange, und küsste daraufhin zärtlich ihre Lippen. „Und wie du schon selbst gesagt hast, Sandrine wird dir schon noch eine Standpauke halten, wieso sollte ich das auch noch tun“, fügte er schliesslich noch mit einem leichten Grinsen hinzu und schüttelte leicht den Kopf. „Du sagst einfach, wann du bereit bist, sie zu sehen, dann ruf ich sie und Josef gleich an. Aber wenn du damit noch ein wenig warten willst, dann ist das auch in Ordnung. Ich freue mich, wenn wir noch ein wenig Zeit miteinander verbringen können…“
 
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Boah, ich hab den Post gelesen, wollte dann dran denken, dass ich antworte... und habs prompt vergessen. Schande über mich! Drum beschleunige ich das jetzt auch etwas, damit wir vll. mal wieder ein bisschen vorwärts kommen :)

Chloe

Chloe seufzte nur leicht, als Vince meinte, dass er es nicht zulassen würde, dass sie sich mit Black Crystal umbrachte.
Sie hatte ja selbst nicht vor, sich damit umzubringen - aber es war definitiv nicht so einfach, davon los zu kommen. Es war ja immerhin nicht so, dass sie es noch nie versucht hätte, auch einmal eine Party ohne auszukommen...
Allerdings musste selbst Chloe zugeben, dass es sie heute schon etwas schockiert hatte. Zuerst, das Gefühl, die Kontrolle über sich zu verlieren und anschließend der Schock, im Krankenhaus aufzuwachen - selbst mit Vince an ihrem Krankenbett.

Trotzdem war sie froh, als er meinte, dass er ihr kaum hier die Meinung sagen würde, denn sie wollte jetzt nicht wirklich mit Vince darüber diskutieren. Sie fühlte sich immer noch unglaublich müde und ihr Kopf mache den Eindruck, als hätte sie deutlich zu viel über den Durst getrunken.
"Ich möchte auch nicht mit dir streiten", sagte sie daher und genoss stattdessen Vince' sanfte Berührung auf ihrer Wange, bevor sie seinen Kuss erwiderte.
Und natürlich beantwortete sich die Frage damit auch von selbst, ob sie Sandrine sofort sehen wollte, oder erst noch ein wenig Zeit mit Vince verbringen wollte.

Sie hatte zwar ein etwas schlechtes Gewissen, da Sandrine sich so ja schließlich nicht davon überzeugen konnte, dass mit ihr alles in Ordnung war - und das würde sie mit Sicherheit wollen, dafür kannte sie Sandrine nach all den Jahren gut genug. Aber im Endeffekt ging es um eine viertel Stunde, vielleicht zwanzig Minuten, die sie mit Vince haben wollte und sie war sich ziemlich sicher, dass Sandrine das verstehen würde.

Die beiden unterhielten sich noch eine Weile lang miteinander und tauschten auch kleinere Zärtlichkeiten aus, bevor Chloe schließlich merkte, dass das ganze Gespräch sie sehr anstrengte. Sie wollte mit Sandrine und Josef wenigstens noch ein paar Minuten sprechen können und nicht sofort wieder einschlafen, sodass sie Vince bat, die beiden zu rufen.
Bis sie eintreffen würden, wollte Chloe noch ein wenig ausruhen. Vince wollte sie dabei aber nicht gehen lassen.

"Bitte bleib!", bat sie ihn daher auch, während ihre Hand die seine nahm und kaum, dass sie ihre Worte ausgesprochen hatte, war sie auch schon eingeschlafen.
 
Josef

Es fühlte sich fast normal an, Sandrine durch sein Appartement zu geleiten. Als gehörte sie zu der Einrichtung mit dazu. Nicht das Josef die junge Frau als Objekt ansah und schon gar nicht als etwas das er je besitzen könnte, auch war sie für ihn kein Statussymbol, so wie viele andere seiner Mädchen. Trotzdem schien ihm das Bild irgendwie passend. Er wollte sie kaum mehr aus seinem Umfeld wegdenken.

Der Vampir genoss den Anblick von Sandrine in dem Gästezimmer. Er schenkte ihr ein Lächeln als sie sich im Zimmer umsah und beobachtete sie, während er in der Tür stehen blieb.
"Ich habe gelernt, mich von Künstlern fern zu halten." meinte er auf ihre Bemerkung zu den Gemälden, "zu irrational für meinen Geschmack." Dass es sich tatsächlich um Originale handelte und wie er diese in seinen Besitz kamen, wollte er aus dieser Unterhaltung heraushalten, war dies doch etwas - wie so viele andere Dinge aus seiner Vergangenheit - die Sandrine nicht unbedingt erfahren sollte. Deshalb versah er die Bemerkung mit einem scherzhaften Grinsen und hoffte, das Thema damit beenden zu können.

Als die junge Frau sich schließlich auf das Bett fallen ließ, konnte er nicht anders als dem Schmunzeln auf seinen Lippen nachzugeben. Immerhin hatte es ihn einiges an Überredungskünsten gekostet, bis Sandrine dazu bereit war sich etwas auszuruhen. Doch auch andere Gedanken huschten durch seinen Kopf, als er die wunderschöne Frau auf dem Bett sah. Fast unmerklich schüttelte er den Kopf, als wolle er die Gedanken vertreiben, doch gegen seine aufkommende Lust konnte er kaum ankämpfen. Gepaart mit dieser Lust regte sich noch ein weiteres Gefühl: Hunger.

In diesem Moment wurde Josef in die Realität zurückgerufen. Was hatte er sich eigentlich gedacht? Er war ein Vampir und kein Kuscheltier. Getrieben von dem was ihm Spaß machte, ohne Rücksicht auf Verluste und bis vor einiger Zeit war er auch sehr zufrieden damit. Sandrine machte alles anders. Aber wollte er das zulassen? Durfte er das zulassen?
Ihr Lächeln und ihre Aufforderung zu ihr zu kommen löste einen schmerzhaften Konflikt in ihm aus. Er wollte bei ihr sein. Sie fühlen, sie riechen einfach nur ihre Nähe spüren. Gleichzeitig schmeckte er schon bei dem Gedanken an ihre Nähe, ihr Blut auf seinen Lippen. Er war gefährlich und das durfte er nie vergessen.

"Ich glaube es ist besser" meinte er und zwang ein Lächeln auf seine Lippen, "wenn du ein wenig Zeit für dich hast." Er warf ihr noch einen Blick zu, verließ das Zimmer und schloss die Tür.
Josef starrte noch eine ganze Weile auf die geschlossene Tür. Hatte er Sandrine nun verletzt? Das war das Letzte was er wollte. Doch vielleicht war es auch das Beste was er machen konnte? Er konnte nicht mit ihr zusammen sein. Er durfte nicht mit ihr zusammen sein. Oh, wie jede Zelle seines Körpers sich danach sehnte mit ihr zusammen zu sein.
Josef brauchte einen klaren Kopf. Er durchquerte sein Appartement zu seinem Arbeitszimmer, setzte sich an seinen Schreibtisch und nahm den Höhrer in die Hand. "Schick mit Hannah und Anette. Sofort"
 
Sandrine

Der Anblick des Zimmers hätte die junge Frau eigentlich nicht überraschen müssen. Da der Rest seines Reiches ähnlich geschmackvoll eingerichtet war hatte Sandrine nichts anderes von Josef erwartet. Dennoch war sie beeindruckt.
Ein Stil, der auch ihr gefallen könnte. Es war zwar modern eingerichtet, aber ohne den heute überall zu findenden Schnickschnack den eh kein Mensch braucht. Besonders die Gemälde gefielen ihr. Auch wenn sie selbst sich eher für die Fotografie interessierte bewunderte sie so manche Kunstwerke von denen ihr einige immer wieder den Atem verschlugen.
Auf seinen Kommentar über die Gemälde entgegnete sie mit einem Stirn runzeln, „ Künstler sind also zu irrational… Na was bin ich dann als Fotografin? “, fragte sie und grinste, „ Du hast Glück, dass ich müde bin und mich zur Zeit auf keine Diskussion mit dir einlassen kann. “, bedachte sie ihn mit erhobenem Zeigefinger.

„ Kunst und irrational. “, murmelte sie grinsend und schüttelte den Kopf während sie sich auf das beinahe schon unverschämt bequeme Bett fallen ließ.
Erst jetzt bemerkte sie wie müde sie eigentlich war. Den ganzen Abend schon hatte sie versucht dagegen anzukämpfen, doch jetzt konnte sie selbst es nicht mehr leugnen. Zu dumm, dass sie kein Vampir war. So hätte sie vielleicht noch die Chance auf ein paar mehr Stunden mit Josef gehabt. Aber wenn sie ein Vampir wäre, hätten sie dieses ganze Problem vermutlich nicht und vielleicht wären ihre Gefühle dann auch nicht so stark?! Das konnte sich Sandrine zwar kaum vorstellen, aber wie sollte sie schon wissen wie es sein würde? Sie würde wohl nie in den Genuss kommen sich wie ein Vampir zu fühlen. Und ob sie das wollte war eine andere Sache. So lange Zeit hatte sie diese Wesen verflucht und sie dafür verantwortlich gemacht ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt zu haben. Und nun konnte sie es nicht erwarten das Gesicht dieses einen Vampirs zu sehen und seine Nähe zu spüren? Das war wirklich Stoff für ein schlechtes Liebesdrama.

Erst durch seine Stimme wurde ihr bewusst, dass Josef noch immer in der Tür stand und sie fragte, ob sie noch etwas brauchte.
Doch seine Reaktion auf ihre Geste hatte sie sich anders erhofft. Sie wollte gerade ansetzen, um etwas zu erwidern als er auch schon nach draußen getreten war und die Tür hinter sich geschlossen hatte. Sie konnte das Gefühl der Enttäuschung, das in ihr aufstieg nicht verhindern. War das nun also der Abend gewesen an dem sie nicht an morgen denken wollten? Es war nicht so, dass Sandrine dabei an Sex gedacht hätte. Vielleicht ein bisschen. Aber sie wusste, dass Josef noch immer auf der Hut war und jede Bewegung genau bedachte. Es war nur einfach so, dass sie gehofft hatte ihm noch etwas nah sein zu können und vielleicht noch etwas mehr über ihn zu erfahren. Wenn sie gewusst hätte, dass der Kuss im Wohnzimmer der letzte war, hätte sie ihn vielleicht ein wenig mehr genossen. Im Grunde war ihr klar, dass das hatte so passieren müssen, doch so schnell? Hatte sie ihn mit ihrer Geste verschreckt?

Sie stieß einen Seufzer aus und zwang sich den Blick von der immer noch geschlossenen Tür abzuwenden. Er würde nicht zurückkommen, das war ihr klar. Und sie musste versuchen sich auszuruhen. Doch nur der Gedanke an Schlaf kam ihr jetzt schon wieder so absurd vor, dass sie sich nicht vorstellen konnte hier ein Auge zumachen zu können. Sie erhob sich vom Bett und schaute in den großen Spiegel, der neben dem Kleiderschrank stand.
„ Du musst versuchen zu schlafen. “, murmelte sie und dachte an Chloe. Wenn sie den Anruf vom Krankenhaus bekommen würden, wollte sie voll und ganz für ihre Freundin da sein.

Also entledigte sie sich ihrer Strickjacke und stieg in das Bett. Hier konnte man sich wirklich wohl fühlen… Sie musste lediglich den Gedanken an Josef verdrängen. Hatte sie etwas falsch gemacht? Eben noch hatten sie sich so gut verstanden. Sie hatte ja sogar endlich seinem Drängen nachgegeben sich hinzulegen. Vielleicht war ihm die ganze Sache auch einfach zu heikel geworden. Gedanken an die Konsequenzen verdrängen hin oder her, das war manchmal leichter gesagt als getan. Und sie erwischte sich bei dem Gedanken, dass es vielleicht doch besser gewesen wäre den Abstand zwischen ihnen aufrecht zu erhalten. Nicht weil sie die Zeit nicht genossen hatte, sondern einfach, weil sie jetzt wusste, was sie nicht haben konnte. Sie hatten sich darauf geeinigt sich an diesem Abend einfach mal darauf einzulassen. Vielleicht war das ein Fehler gewesen? Sie spürte noch Josefs Lippen auf ihren, als sie merkte, dass ihre Augenlider nun doch immer schwerer wurden und sie langsam aber sicher in das Land der Träume glitt…


Schweiß gebadet wacht sie auf. Der Traum an sich war nichts Neues. Es war nicht neu für sie, dass sie von dem einen Abend träumt, der ihr ganzes Leben veränderte. Doch dieses Mal war es irgendwie anders. Sollte das ein Zeichen sein? Doch ein Zeichen wofür? Sandrine schüttelte den Kopf und fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar.
Sie sah sich um und erst jetzt wurde ihr bewusst wo sie sich befand. Ein Blick auf den Wecker auf dem Nachttisch verriet ihr, dass sie immerhin beinahe zwei Stunden geschlafen haben musste. Dafür, dass sie vorhin noch der festen Überzeugung gewesen war hier kein Auge zumachen zu können war das kein schlechter Anfang gewesen. Doch jetzt konnte sie nicht ans Schlafen denken. Wie immer nach diesen Träumen war sie dazu zu aufgewühlt. Mehr als ein Mal hatte sie sich gewünscht die Sache so wie Chloe einfach hinter sich lassen zu können, doch aus irgendeinem Grund wollte ihr das einfach nicht gelingen.

Sie warf die Decke zurück und stieg aus dem Bett. Vielleicht würde ein Glas Wasser oder ein Tee ihr dabei helfen runterzukommen. Doch dann fiel ihr ein, dass sie bei Josef war. Konnte sie hier so einfach rumspazieren? Sie seufzte. Josef. Wenn sie an den heutigen Abend dachte kam ihr das alles so surreal vor. Hatte sie den Abend wirklich mit Josef Kostan verbracht? Ein Lächeln huschte über ihre Lippen.
Sie warf sich ihre Strickjacke über und entschied, dass sie es wagen konnte rauszugehen. Josef war bestimmt in seinem Arbeitszimmer verschwunden und wenn sie sich nicht allzu tollpatschig anstellte konnte sie vielleicht unbemerkt in die Küche gelangen und sich ein Glas Wasser holen.
So leise wie möglich schlich sie durch die Flure. Doch gerade als sie die Tür der Küche öffnen wollte bemerkte sie, dass sie nicht die einzige gewesen war, die diese Idee gehabt hatte. Durch den Türspalt sah sie Licht und gerade als sie sich umdrehen wollte, hörte sie die Stimmen von zwei jungen Frauen dahinter.

Und obwohl ihre innere Stimme ihr befahl umzudrehen und einfach zurückzugehen, blieb sie wie angewurzelt stehen. Mit leicht zittrigen Händen öffnete sie die Tür einen Spalt und warf einen Blick auf die zwei Frauen. Sie waren wunderschön. Vermutlich Models. Eine schöner als die andere.
„ Kein Wunder, dass er wie ausgehungert war. Hast du dir diese graue Maus schon mal genau angeschaut? Ich frag mich was Josef von ihr will. Wenn es wirklich so ist wie er sagt und sie nur die Freundin von Chloe ist frag ich mich weshalb sie hier ist. Das Mitleid das er erwähnt hat kauf ich ihm nicht ab… “, sagte sie und versuchte dabei kein Stück mit ihrer Verachtung hinterm Berg zu halten.
„ Tja, das frag ich mich auch. “, antwortete die andere, „ Aber das was er braucht kann sie ihm wahrscheinlich nicht geben. Warum sonst hätte er sofort nach uns verlangen sollen nachdem er diese Nervensäge losgeworden ist?! “, kicherte sie.

Sandrine hatte Mühe sich ruhig zu verhalten. Langsam und leise schloss sie Tür und blieb wie angewurzelt stehen. Deshalb war er also so schnell verschwunden?! Hatte er es wohl gar nicht erwarten können sich endlich mit seinen Models zu treffen. Hatte sie sich denn wirklich alles nur eingebildet? Er hatte Mitleid mit ihr gehabt und hatte sie so ruhig stellen wollen? Sie hasste sich dafür, aber sie konnte die aufsteigenden Tränen nicht verhindern. Was hatte sie denn erwartet? Dass sie jetzt glücklich bis an ihr Lebensende miteinander waren? Wohl kaum. Schnell wischte sie sich über ihre Augen. Sie wollte nur noch hier weg. Aber sie wollte sich nicht die Blöße geben und Josef eine Szene machen.
Also machte sie sich leise wieder zurück auf den Weg in ihr Zimmer. Irgendwie würde sie hier schon ausharren, bis endlich der erlösende Anruf von Vince oder dem Krankenhaus kommen würde. Und dann wäre sie hier schneller weg als er gucken konnte.
 
Josef

Als sich die Tür zum Gästezimmer schloss, schloss sich auch die Tür zu einem Leben, dass er für einen Moment dachte haben zu können. Ein Leben mit einer wundervollen Frau an seiner Seite. Ein menschliches Leben.
Josef schüttelte den Kopf. Nein, er wollte so ein Leben gar nicht. Er war Vampir und er genoss die Vorteile. Er genoss sein Leben mit den vielen Frauen an seiner Seite, Partys, Geld und vor allem Macht. Er wollte nie anders sein. Er verachtete die Vampire, die nach etwas anderem strebten. Aber wieso musste er sich dies an diesem Abend nur so stark einreden?

Er brauchte Ablenkung. Sandrine würde schlafen und er würde ein wenig Spaß haben. So wie er es immer hatte. Ohne ein schlechtes Gewissen. Nochmals schaute er auf die Tür, bevor er sich auf den Weg in sein Arbeitszimmer machte und nach seinen Freshies verlangte.
Ungeduldig wippte er auf dem Stuhl hin und her, als er auf die beiden Mädchen wartete. Es waren nur wenige Minuten, aber es schien ihm eine Ewigkeit, bis es an der Tür klopfte.
„Herein.“ orderte der Vampir und setzte sein charmantes Lächeln auf. Sie würden nicht merkten, dass es nur gespielt war. Seine Freshies kannten ihn dafür nicht gut genug. Nur Chloe vielleicht, doch auch an sie wollte er gerade nicht denken.

Er hatte Hunger und die beiden Mädchen waren versessen darauf sich ihm hinzugeben. Die drei zogen sich auf das Sofa in der Ecke zurück und Josef stillte seine Blutlust. Für einen Moment konnte er Sandrine und den Abend vergessen. Er war der alte.
„Die Kleine mit der du da aufgetaucht bist. Ist das ne Neue?“ fragte Hannah schließlich und plötzlich traf es ihn, wie einen Hieb in die Brust. Das schlechte Gewissen, welches er sich eingeredet hatte er brauche es nicht. Wenn Sandrine von dieser Aktion erfahren würde. Sie würde es ihm nicht verzeihen.
„Eine Freundin von Chloe“ winkte er ab und zog die junge Frau an sich. Fordernd drückte er seine Lippen auf ihre und verschmolz mit ihr in einem leidenschaftlichen Kuss. So würde sie zu reden aufhören. Es war nicht die Zeit um über Sandrine nachzudenken.

Doch so einfach brachte er die beiden nicht zum schweigen. Anette bohrte weiter und nachdem er einige ausweichende Floskeln murmelte, irgendetwas von wegen Mitleid und dass es die beiden nichts anginge, befahl er den beiden nicht mehr von der jungen Frau zu sprechen.
Anette hob die Augenbrauen und zuckte mit den Schultern. „Du bist heute sehr verspannt.“ meinte sie schließlich und begann seine Schultern zu massieren. Josef schloss die Augen und gab sich den Berührungen der jungen Frauen hin. Die Stimme in seinem Kopf, welche ihn an Sandrine erinnerte wurde mit jeder Berührung leiser.

Als er gerade ein weiteres Mal zu trinken begann, klingelte sein Handy. Erst wollte er es ignorieren, doch als er darauf schaute und Vince Nummer sah, schickte er die beiden Mädchen sofort aus seinem Büro und nahm den Anruf entgegen.
Chloe war aufgewacht. Ein Stein fiel ihm vom Herzen. Er versicherte Vince, dass sie so bald wie möglich im Krankenhaus sein werden und legte auf. Als er aus der Tür ging, um Sandrine zu holen stieß er fast mit ihr zusammen.
„Sandrine, alles okay?“ sie sah mitgenommen aus. Kein bisschen ausgeruht. Josef sah sie besorgt an, die Coolness und der Charme, den er seinen Freshies gegenüber zeigte, war völlig vergessen. Doch dann fiel ihm wieder ein was er eigentlich wollte.
„Chloe, sie ist wach.“ meinte er eilig. „Wir müssen ins Krankenhaus, schnell.“

Eigentlich ließ er ihr keine Zeit nur irgendwie zu reagieren. Er griff nach der Hand der jungen Frau und zog sie mit sich in den Aufzug. „Vince sagt es geht ihr gut.“ versicherte er, als sie ins Auto stiegen, aber der Rest der Fahrt verbrachten die beiden eher Schweigend.
Was sollte er auch sagen?
Mit überhöhter Geschwindigkeit raste er in Richtung Krankenhaus und in die Tiefgarage. Dann eilten sie auf die Intensivstation und Josef setzte sich mit Vince ab, um den beiden Frauen etwas Privatsphäre zu gönnen. Er ließ sich von Vince alles Wichtige erzählen. Doch so ganz war er nicht bei der Sache.
Nun, da er wieder in der Realität gelandet war und seinem Freund gegenüber stand, wusste er erst recht nicht mehr, was er denken sollte. Am liebsten würde er auf der Stelle weggehen. Ganz weit weg von diesem riesigen Chaos hier.
 
Sandrine

Sie war darauf bedacht sich leise zu verhalten. Jetzt von den beiden oder gar Josef bemerkt zu werden würde sie einiges an Überzeugungskraft kosten. Sie wollte keine Schwäche zeigen. Sie wollte ihm keinen Grund sich weiter um sie zu kümmern. Die Worte der beiden Frauen hallten noch immer in ihren Ohren. Er hätte Mitleid mit ihr gehabt und sie deshalb mit hierher genommen. Hatte sie sich denn wirklich so in ihm getäuscht?! Ein kleiner Teil in ihr konnte und wollte das nicht glauben. Auf der anderen Seite fragte sie sich die ganze Zeit schon was er von ihr wollte wo er doch jede andere haben könnte. Er verhielt sich einfach so widersprüchlich, dass sie keine Chance hatte ihn zu durchschauen. Und an einem Abend heute sowieso nicht. Also war es das Beste, wenn sie jetzt einfach in das Gästezimmer zurückkehrte, bis zum Morgen wartete und sich dann auf den Weg ins Krankenhaus machte. Egal ob Vince sich inzwischen gemeldet hatte oder nicht.

Als wenn das alles nicht schon genug wäre stieß sie nun auch noch wie aufs Stichwort beinahe mit ihm zusammen. Hatte er etwa mitbekommen, dass sie das Gespräch der beiden Freshies mit angehört hatte? Unwillkürlich beschleunigte sich ihr Puls und sie hasste sich selbst dafür, denn ihr war klar, dass Josef das sofort mitbekam.
Sie sah ihn an und hatte das Gefühl eine halbe Ewigkeit hier mit ihm im Flur zu stehen. Seine Frage nach ihrem Wohlbefinden riss sie dann aber aus den Gedanken. Mitleid? Ehrliches Interesse? Sie wusste es nicht. Aber sie glaubte tatsächlich einen Funken Sorge in seinem Blick ausmachen zu können. Doch zu diesem Zeitpunkt konnte sie gar nichts mehr bestätigen. Der Begriff „Achterbahn der Gefühle“ traf ihren jetzigen Zustand noch nicht einmal annähernd.

Sie bemühte sich einigermaßen ruhig zu bleiben und ihn anzusehen. Würde sie jetzt seinem Blick ausweichen wüsste er sofort, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Zugegeben, eine gute Schauspielerin war sie noch nie gewesen, aber sie würde sich sicherlich nicht dazu hinreißen lassen ihn auf all das jetzt anzusprechen. Was für ein Recht hätte sie dazu auch schon gehabt? Immerhin waren sie kein Paar. Sie hatte keine Ahnung was sie waren, aber das waren sie sicherlich nicht.

„ Alles ok. “, antwortete sie knapp, denn bevor sie noch etwas sagen konnte eröffnete er ihr, dass Chloe wach war und sie ins Krankenhaus fahren könnten. Das kam früher als gedacht, aber momentan war Sandrine einfach froh hier rauszukommen. Sie hatte die Hoffnung, dass der Besuch bei Chloe ihr einen klaren Kopf verschaffen würde. Bevor sie noch etwas sagen oder denken konnte hatte der Vampir schon ihre Hand gegriffen und sie in den Aufzug gezogen.
„ Gut, das ist gut. “, murmelte sie leise, als Josef ihr mitteilte, dass es Chloe laut Vince gut ging. Sie hatte die ganze Zeit über ein schlechtes Gewissen gehabt ihre Freundin einfach so im Krankenhaus allein gelassen zu haben. Auch wenn sie nach Vince gefragt hatte wäre es eigentlich ihre Aufgabe gewesen dennoch da zu bleiben. Aber jetzt war keine Zeit für Vorwürfe. Wenn Chloe wach war und es ihr einigermaßen gut ging war das die Hauptsache.

Die Autofahrt verlief schnell und schweigend. Aber was hätte Sandrine auch sagen können? Vor noch nicht einmal drei Stunden hatte sie dicht aneinandergeschmiegt auf seinem Sofa gesessen und über ihre Leben gesprochen. Gut, Sandrine mehr als Josef. Aber sie hatte sich so geborgen bei ihm gefühlt und jetzt hatte sie keine Ahnung, wie sie ihm in die Augen schauen sollte.

Sie war froh, als sie im Krankenhaus angekommen waren und sie endlich zu Chloe konnte. Die beiden Vampire zogen sich zurück und sie hatte nun Gelegenheit sich selbst davon zu überzeugen, dass es ihrer Freundin gut ging.
„ Ich erspare dir ausnahmsweise die Standpauke, die ich die ganze Zeit lang akribisch vorbereitet habe. “, sagte sie mit einem leichten Grinsen während sie sich einen Stuhl nahm und neben das Bett stellte. Zwar würde sie das alles noch zu hören kriegen, aber momentan war sie einfach nur froh, dass es Chloe gut ging. Sandrine nahm sie Hand ihrer Freundin während sie sich vergewisserte, dass es ihr wieder einigermaßen gut ging. Denn das war ihr im Moment das Wichtigste. Standpauken hin oder her. Sie hatte wieder etwas Farbe im Gesicht und auch wenn die ganzen Gerätschaften, an denen sie hing unheimlich aussahen so sah sie dennoch besser aus. Für einen kurzen Moment konnte sie sogar die Gedanken an Josef vergessen, denn im Moment war Chloe das Wichtigste.

Sie wusste nicht wie lange sie bei ihr gesessen hatte, als es plötzlich wieder an der Tür klopfte und die beiden Vampire hereinkamen.
 
Josef

Die Straßen waren leer und Josef war froh, dass es noch Nacht war, denn so waren die Straßen nicht ganz so geschäftig, wie am Tag. Josef mochte es sowieso nicht am Tag zu viel außerhalb seines Appartement zu sein, vom Verkehr ganz abgesehen.
Sandrine schien abwesend. Josef konnte ihre Schweigsamkeit nicht einordnen, war aber eigentlich ganz froh darum, deshalb tat er seinen Teil, um die weitere Fahrt ohne jegliche Worte zu verbringen. Er starrte auf die Straße und trat noch etwas mehr aufs Gas.

Im Krankenhaus führte in Vince in die wichtigsten Details ein. Es schien Chloe gut zu gehen und das war die Hauptsache. Keine Schwierigkeiten, keine weiteren Folgen.
Josef wollte auf jeden Fall noch mit einem Arzt sprechen, doch dies schien schwieriger als gedacht. Es gab in dieser Nacht wohl noch mehrere Notfälle und kein Arzt war gerade ansprechbar. Mit seiner charmanten Art gelang es Josef jedoch noch ein paar Einzelheiten von einer Krankenschwester zu bekommen.
Doch auch dies half nicht wirklich weiter. Josef wollte wissen, ob es weitere Fälle von Black Crystal Opfern gab, auf was man achten musste, wenn sie nun aus dem Krankenhaus käme. Die Krankenschwester konnte ihm allerdings nur eine sehr knappe Auskunft geben: Alle anderen Opfer, kamen nicht mehr aus dem Krankenhaus.

Zurück bei Vince besprachen die beiden Vampire noch kurz das weitere Vorgehen und beschlossen dann nach den Damen zu schauen. Es verwunderte Josef nicht, dass ‚Vince immer noch bei Chloe war. Er schob es auf sein Verantwortungsgefühl und die Tatsache, dass Chloe das Black Crystal wohl in seinem Club bekommen hatte. An seiner Stelle würde sich Josef wohl kaum anders verhalten.
Josef klopfte an die Tür und betrat das Krankenhauszimmer. Sein Blick streifte Sandrine, doch er konzentriert sich ganz auf Chloe, welche in dem Krankenhausbett einfach fehl am Platze schien. „Du hattest mehr Glück als Verstand.“ meinte er schlicht, doch weiter wollte er das Thema nicht vertiefen.
Josef machte sich selbst Vorwürfe, er wusste davon, dass Chloe das Zeug nahm und er hatte nichts dagegen getan. Der Vampir war fest davon überzeugt sein Freshie von Black Crystal loszubekommen, egal was es kosten würde. Aber das hatte Zeit. Sie sollte erst wieder zu Kräften kommen, alles andere sollte folgen.

Der Vampir war darauf bedacht, Sandrine zu ignorieren. Ihr keinen Blick zu schenken. Er redete sich ein, dies wegen Vince und Chloe zu tun. Sie sollten noch nicht einmal den Verdacht hegen, dass die beiden irgendetwas verband. Chloe würde ihm eine Standpauke halten, wüsste sie, was in dieser Nacht zwischen ihm und ihrer besten Freundin geschehen war.
Doch es war nicht nur dies. Sandrines Anblick ließ ihn sich selbst verfluchen. Wie konnte er der jungen Frau das nur antun? Hatte er sie nur benutzt? Die Situation zu seinem Besten geleitet, so wie immer? Er war ein Mistkerl.
„Ich muss mich noch um einige Dinge kümmern.“ erklärte er in die Runde und schaute schließlich nochmal zu Chloe. „Werd gesund, hast du verstanden?“ Er lächelte leicht und verließ das Zimmer.

Auf dem Flur fing er nochmals die Krankenschwester ab und bat sie ihn auf dem Laufenden zu halten. Er wollte wissen, wenn sich nur irgendetwas an Chloes Zustand veränderte und vor allem wenn sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Die Krankenschwester versicherte ihn sofort zu benachrichtigen und schenkte ihm ein gekünsteltes Lächeln. Josef ignorierte ihre Flirtversuche und griff nach seinem Handy.
„Gus, hör zu: Ich habe hier ein Mädchen… Black Crystal Overdose… nein sie hat es überlebt… ja genau… Hör zu Gus… Ich möchte alles wissen… Wie wirkt das Zeug, wieso sterben die Mädchen, wieso ist mein Freshie noch am leben… Ja… so schnell wie möglich… und alle weiteren Informationen über dieses Teufelszeug werden dir doppelt bezahlt…“
In diesem Moment war er wieder einmal sehr froh darum für alles einen Experten zur Hand zu haben.
 
Sandrine

Sie genoss die Zeit, die sie mit ihrer Freundin verbringen konnte. Ihr schien es wirklich schon wieder etwas besser zu gehen und das war das Wichtigste für Sandrine. Den ganzen Abend hatte sie ein so großes schlechtes Gewissen gehabt. Sie hatte gedacht ihre Freundin im Stich gelassen zu haben. Sie wusste zwar, dass sie bei Vince in guten Händen war und dass er momentan derjenige war, bei dem sie sein wollte, aber das machte das ließ das ungute Gefühl leider nicht verschwinden.

Sie gab ihr Bestes und versuchte ihre eigenen Sorgen vergessen. Sie wollte nicht mehr an Josef denken müssen. Wieso auch? Es würde nichts ändern. Gestern hatten sich die beiden darauf geeinigt nicht auf morgen zu denken. Sie hatte sie auf ihn eingelassen und wusste, dass es irgendwann enden musste. War sie sich dessen wirklich bewusst gewesen? Hätte sie nur ein Mal richtig darüber nachgedacht hätte sie sich vermutlich nicht darauf eingelassen. Auf der anderen Seite konnte sie diesen Abend nicht bereuen. Sie glaubte mehr über Josef erfahren zu haben. Aber vielleicht war auch das nur ein reiner Wunschtraum einer naiven jungen Frau, die aus irgendeinem Grund Gefühle für einen Vampir entwickelt hatte.

Die beiden Freundinnen sprachen noch eine Weile über dies und das ehe Vince und Josef den Raum betraten. Unwillkürlich spannte sich Sandrines Körper an. Sie hoffte nur, dass niemand der anderen es bemerkte. Vor allem Josef selbst nicht. Doch wie sollte er? Er würdigte sie keines Blickes, also musste sie sich deswegen wohl keine Sorgen machen.
Als er dann schließlich meinte, dass er noch einige Dinge zu erledigen hätte spürte sie Erleichterung und Sehnsucht zugleich. Wieso war das alles nur so kompliziert? Auf der einen Seite wollte sie in seiner Nähe sein, aber auf der anderen Seite hatte sie es satt ihm immer wieder nah sein zu können um danach sowieso nur wieder weggestoßen zu werden.

„ Bye.“, sagte sie leicht lächelnd und hob kurz die Hand als er schließlich den Raum verließ. Sie blickte zu ihrer kranken Freundin, die zu Vince rüber sah. Bildete sie sich das nun ein oder war da was zwischen den beiden? Sandrine war sich nicht mehr sicher, ob sie ihren Gefühlen vertrauen konnte. Aber ein Blick auf ihre Freundin verriet ihr, dass sie ihrem Gefühl in dieser Hinsicht ruhig vertrauen konnte.
Langsam erhob sie sich von ihrem Stuhl, „ Du solltest dich ausruhen. Ich werde nach Hause fahren und dir ein paar Sachen besorgen, okay? “, sagte sie und lächelte leicht ehe sie an sich herunter sah. Sie trug noch immer die Sachen, die ihr bei Josef hingelegt worden waren, „ Und ich brauche auch dringend neue Klamotten. “, murmelte sie und sah zu Vince.
„ Danke, dass du auf sie geachtet hast. Ich denke, ich kann dir diese Aufgabe nochmal übertragen. “, sagte sie und musste schmunzeln.

Sie verabschiedete sich von den beiden. Sie würde später mit neuen Klamotten wiederkommen, wenn sie sich selbst einigermaßen wieder gefangen hatte. Vielleicht hätte sie dann auch einen freieren Kopf und musste nicht mehr ständig an die vergangene Nacht denken.
Sie schloss die Tür hinter sich und zum zweiten Mal in dieser Nacht stieß sie beinahe mit Josef zusammen, der anscheinend noch mit einem Telefonat beschäftigt gewesen war.
„ Josef… “, murmelte sie, „ … ich dachte du wärst schon weg. “
Das hatte sie zumindest gehofft, denn in seiner Nähe konnte sie erst Recht keinen klaren Gedanken fassen. Sie musste nach Hause. Und sie wollte sich ihm nicht mehr aufdrängen. Schließlich hatte er genug mit seinen Freshies zu tun. Bei dem Gedanken an das Gespräch, das sie belauscht hatte spannten sich ihre Muskeln wieder an. Wie hatte sie so dumm sein können?!
„ Ich hatte noch keine Gelegenheit mich bei dir zu bedanken. “, sagte sie daher und versuchte so zu klingen als sei das nichts Besonderes gewesen, „ Vince bleibt bei Chloe und ich nutze die Gelegenheit um ein paar Sachen für sie zu holen. Deine bekommst du dann natürlich auch wieder… “, sagte sie während sie an sich herunter sah.
Zu sehr erinnerten sie diese Sachen an seine Berührungen, an den ganzen vergangenen Abend. Es wurde Zeit, dass sie in ihre Welt zurückkehrte.
 
Josef

Josefs Chemiker versicherte ihm, dass er sich umhöre und alles herausfände was es über Black Crystal zu wissen gab. Der Vampir war sich sicher, dass Gus mehr Informationen bekam, als die im Krankenhaus überhaupt hatten. Der Mann hatte Beziehungen und Josef wusste die Beziehungen anderer für seine Gunsten zu nutzen.

Der Vampir legte auf und wählte die nächste Nummer, während er im Flur auf und ab lief. Als er sich wieder umdrehte, stand er direkt vor Sandrine.
Josef ließ das Handy sinken, obwohl sich eine Stimme am anderen Ende meldete und nach einigen verwirrten „Hallo“ wieder auflegte.
„Sandrine… ich…“ stammelte er vor sich hin und versuchte die Fassung wieder zu bekommen. Er verfluchte sich selbst dafür, sich so überrumpelt zu fühlen. „Ja Telefonate.“ erklärte er dann, wieso er immer noch da war und steckte sein Handy in die Hosentasche.

Josef seufzte. Wie konnte er die Gedanken an den Abend verdrängen, wenn die junge Frau immer wieder vor im stand. Es war ja schon schlimm genug, dass er ihre Lippen noch immer auf seinen spürte, ihr Blut noch immer auf seiner Zunge schmeckte und ihr Geruch noch immer in seiner Nase lag. Jetzt musste sie schon wieder vor ihm stehen.
Der Vampir zwang die Coolness zurück in seine Miene. „Die Sachen kannst du behalten.“ sagte er und erschrak selbst bei der Kälte in seiner Stimme. Gab es kein Zwischending? Ihr entweder völlig verfallen oder absolut abweisend? Es musste sich etwas dazwischen arrangieren lassen.

„Ich fahre dich nach Hause.“ sagte er nach einer kurzen Pause. „Ich möchte sicher sein, dass du gut dort ankommst. Immerhin ist es noch dunkel.“
Er ließ kaum einen Spielraum zur Widerrede. Aber auch zu sonst keiner großen Reaktion, als er sich umdrehte und in Richtung Aufzug lief. Was machte er nur? Konnte er sie nicht einfach in Ruhe lassen? Würde das nicht alles einfacher machen?
Was wusste er schon? Er wusste nur, dass er sie auf keinen Fall alleine durch die Nacht wandern ließ.
 
Sandrine

Josef schien ebenso überrascht zu sein wie er als sie plötzlich wieder voreinander standen. War das Schicksal? Wenn ja konnte es ihr gepflegt den Buckel runter rutschen. Schicksalhaftes hatten diese Begegnungen nun wirklich nicht. Sie sorgten nur für noch mehr Verwirrungen.

Und da war er wieder. Der coole Josef Kostan, der nichts und niemanden an sich heranließ. Zumindest hatte sie das Gefühl. Wäre es anders würde sie doch vielleicht irgendetwas in seiner Stimme raus hören, das ihr zeigte, dass er sich irgendetwas aus ihr machte oder?
„ Nein Sandrine, vergiss es einfach … “, dachte sie, „ Er wollte sich lediglich vergewissern, dass es dir gut geht. Nicht, weil du ihm etwas bedeutest, sondern weil du Chloe´ s Freundin bist und er Manieren hat … oder Schuldgefühle. Wie auch immer. “

Sie zwang sich ihn anzusehen, „ Nein, schon gut. Ich werde dir nichts schuldig bleiben. “, sagte sie dann.
Sie hatte es satt die kleine schutzbedürftige Frau zu sein. In seiner Nähe fühlte sie sich ständig unbeholfen und wie ein kleines Kind, das vor alles und jedem beschützt werden musste. Vielleicht war es auch das, was Josef mochte. Er konnte sich als Beschützer aufspielen. Sie hatte keine Ahnung. Vielleicht täuschte sie sich auch in ihm und es war doch nicht nur reines Mitleid gewesen? Was wussten diese Freshies schon?

Und da war es wieder. Das Gefühl, das er ihr gab. Brachte er die kleine Sandrine lieber nach Hause. Sonst würde sie noch überfallen werden, am besten noch von seinesgleichen.
Doch sie hatte gar keine richtige Chance ihm zu widersprechen, da er bereits zum Aufzug ging. Seufzend verdrehte sie die Augen. Gut, würde sie sich eben von ihm nach Hause bringen lassen. Eine bessere Mitfahrgelegenheit als ein Taxi. Zumindest versuchte sie sich das einzureden …


Die Autofahrt verlief ebenso wie die von vorhin relativ schweigsam. Was hätte sie auch sagen sollen? Sie war froh über das Radio, das er angestellt hatte. Auch wenn sie kein Wort von dem hörte, was aus den Lautsprechern zu hören war gab es ihr ein kleines Stück Sicherheit zurück. Allerdings war sie dankbar, dass auch Josef nicht sprach. Er war wahrscheinlich froh, wenn er seinen Ballast endlich zu Hause absetzen und verschwinden konnte.

Als sie schließlich an ihrer Wohnung angekommen waren ließ Josef es sich nicht nehmen sie noch mit nach oben zu begleiten. Natürlich. Wenn er etwas anfing, brachte er es auch zu Ende.
Sandrine schloss die Tür auf und betrat die Wohnung. Sie war nur wenige Stunden fort gewesen, aber es kam ihr vor wie Tage. Zur ihrer Überraschung bemerkte sie, dass Josef ebenfalls eingetreten war.
Und jetzt?
„ Tja, also … danke. “, sagte sie und sah ihn an. Noch immer konnte sie nichts mehr von dem Ausdruck in seinen Augen von letzter Nacht finden. Wieso konnte er so schnell umswitchen? War er wirklich ein so guter Schauspieler? Sie spürte wie Wut in ihr hochkroch. Mehr auf sich selbst als auf Josef. Wie hatte sie ihm das abkaufen können?!


„ Ich würde dir ja noch was zu trinken anbieten, aber ich denke dein Durst scheint vorerst gestillt zu sein. “, sagte sie ohne ihn anzusehen, während sie die Schlüssel in die Schale legte, die neben der Tür auf einem Hocker stand. Wieso konnte sie nicht einfach ihre Klappe halten. Sie wollte doch einfach nur in ihren eigenen vier Wänden über das Geschehene nachdenken, duschen, sich eigene Sachen anziehen und versuchen seinen Geruch loszuwerden. Und seine Berührungen zu vergessen. Aber all das machte ihr das ziemlich schwer.
 
Josef

Er hätte auf dem Weg nach Hause telefonieren sollen. Er hätte das Krankenhaus gleich verlassen sollen. Dann würde er jetzt nicht mit der jungen Frau in einem Auto sitzen. Er würde nicht ihren Duft einatmen, ihren Herzschlag hören, ihre Anwesenheit spüren. Selbst als er das Radio aufdrehte half das nicht viel. Sie war da, saß neben ihm. Wie schon zwei Mal in dieser Nacht.
Wie gerne würde Josef die Zeit zurück drehen. Zurück auf sein Dach, zurück zu dem Moment, der alles so kompliziert machte. Sie wollten nicht an morgen denken? Was für eine furchtbare Idee das war. Morgen war noch nicht mal gekommen und es reute ihn schon. Er hätte sich nie so weit gehen lassen dürfen. Sie nie so nahe an sich heran lassen.

Josef parkte das Auto vor ihrem Haus im Halteverbot. Es geschah wie von selbst, dass er ausstieg, ihr die Tür öffnete und sie zur Wohnungstür begleitete. Schweigend, ohne einen Blick in ihre Richtung. Er war zu sehr in seine Gedanken versunken. So merkte er erst einen Moment zu spät, dass er in ihrer Wohnung stand.
Was hatte er sich denn dabei gedacht? Hatte er überhaupt gedacht? Er würde gehen. Ihr einen schönen Abend wünschen, in sein Auto steigen und nach Hause fahren. Er würde sich ein Freshie kommen lassen und seinen Spaß haben und dann den ganzen Tag schlafen. Genau das würde er jetzt tun.

Sandrines Worte rissen ihn aus seinen Gedanken. „Gern geschehen.“ Er setzte ein gespieltes Lächeln auf, dass sogar Sandrine nichts vorspielen würde. „Immer wieder…“ er stockte. Nein, nicht immer wieder. Nie wieder. Es durfte nie wieder passieren.
„Hör zu Sa…“ er wollte gerade anfangen ihr zu erklären, dass dies alles ein schlimmer Fehler war, dass sie sich von ihm fern halten solle und dass er sie von nun an in Ruhe lassen würde als ihre Worte seinen Satz abschnitten.
Erst verstand er nicht. Sie wollte, dass er von ihr trank? Der Gedanke riss ihn völlig aus der Fassung. Das würde er sicherlich nicht. Zum Glück hatte er gerade erst genug getrunken, um dieser Versuchung gut widerstehen zu können. Moment. Auch sie wusste davon. Woher?

Josef traf es wie ein Schlag. Sie hatte die Mädchen gesehen. Hatte sie wohlmöglich sogar sie alle drei gesehen? Josef schaute in Sandrines Augen. Nun erkannte er den Ausdruck in ihren Augen, den er seit der Fahrt ins Krankenhaus nicht hatte einordnen können. Er hatte sie verletzt, so sehr sie es verstecken wollte. Es gelang ihr nicht.
„Sandrine… ich…“ er könnte sich ohrfeigen. War es doch eigentlich genau was er wollte. Sie sollte ihn nicht mögen. Am besten sollte sie ihn hassen. Nie wieder etwas mit ihm zu tun haben wollen. Doch er konnte nicht. Er konnte sie nicht so stehen lassen. Sie musste wissen, dass es mit ihr etwas anderes war.

Josef rang nach Worten. Was sollte er sagen? Was würde diese Situation nur irgendwie besser machen? Wahrscheinlich ging das überhaupt nicht.
„Ich hatte Hunger, ich musste trinken“ erklärte er trocken. War das nicht die Wahrheit. Er war nun einmal ein Vampir und das machen Vampire, dem musste sich auch Sandrine bewusst werden. „Die Mädchen stehen zum Abruf bereit, ich mag keine Beutelware.“ Seine Stimme klang immer mehr nach einer Rechtfertigung. „Sie bedeuten mir nichts.“
Nicht so viel wie du. Diese Worte formten sich nur in seinem Kopf. Er würde sie nie über die Lippen bringen. „Ich hatte einen sehr schönen Abend Sandrine. Wir sollten es dabei belassen.“ Es half nichts, er musste es hinter sich bringen. Es ging nicht anders.
 
Sandrine

Er wollte ihr anscheinend gerade etwas erklären, doch soweit ließ Sandrine es gar nicht kommen. Wieso konnte sie auch nicht einfach ihren Mund halten? So sehr sie sich bemühte ihre Fassade aufrecht zu erhalten, die war jetzt dahin. Wenn es ihr egal gewesen wäre hätte sie einfach ihren Mund gehalten. Aber nein, sie musste ihn ja damit konfrontieren. Manchmal würde sie sich wirklich am liebsten selbst ohrfeigen. Es war doch so schon alles schlimm genug. Damit machte sie es nur noch schlimmer. Nicht für Josef, aber für sie selbst. Sie regte sich über Josef auf? Sie sollte sich lieber über sich selbst aufregen. War sie nicht diejenige, die immer wieder seine Nähe suchte? Wieso hatte sie sich von ihm fahren lassen? Wieso hatte sie ihm vorher am Abend nicht widersprochen und war nach Hause gegangen? Im Grunde war ihr klar, dass es dann vermutlich die gleiche Situation gewesen wäre. Vielleicht noch schlimmer? Schlimmer, weil sie sich immer fragen würde, wie es hätte sein können?

Sie stand ihm gegenüber und war mal wieder verwundert, wie sachlich und kalt er manchmal sein konnte. Aber gleichzeitig dachte sie an den liebevollen, sanften Josef, der sie noch vor ein paar Stunden auf das Dach seines Lofts geführt hatte, damit sie ein Stück Heimatgefühl bekommen konnte. Das passte doch alles nicht zusammen.
„Ich hatte Hunger. Ich musste trinken“ hörte sie ihn sagen und „Die Mädchen stehen zum Abruf bereit, ich mag keine Beutelware.“
Anscheinend war es wirklich Zeit, dass sie einen Schlussstrich zog. Vielleicht würde es das Beste sein. Aber wie sollte sie sich von ihm fernhalten? Allein schon durch Chloe ließe es sich nicht vermeiden ihn zu sehen oder zumindest von ihm zu hören. Und Chloe reinen Wein einschenken konnte sie nicht. In was hatte sie sich da bloß verrannt?!

„Ich hatte einen sehr schönen Abend Sandrine. Wir sollten es dabei belassen.“ Das war beinahe so schlimm wie das schlichte ´Danke für das Blut´ etwas vorher am Abend gewesen. Da hätte er sie auch gleich ohrfeigen können.
Sie hob abwehrend die Hände, „ Nein, weißt du was? Spar dir diese Phrasen doch für deine Freshies ok? Es war mein Fehler. Du bist mir keine Rechenschaft schuldig. “, sagte sie und sah ihn an, „ Vielleicht sollten wir es dabei belassen, ja. Aber weißt du was? Ich habe wirklich geglaubt, dass ich ein Stück von dem wahren Josef gesehen hab. Aber anscheinend bist du einfach nur ein wunderbarer Schauspieler. Aber so oder so tust du mir leid. “
Am liebsten hätte sie ihn rausgeworfen, doch aus irgendeinem Grund musste sie diese Sachen noch loswerden.

„ Das scheint meiner Meinung nach ein ganz schön trauriges Leben zu sein, gerade wenn man bedenkt, dass es wahrscheinlich noch eine ganze Weile anhalten wird. Vielleicht ist es auch nur meine Meinung und vielleicht bin ich in deinen Augen auch nur ein kleines naives Mädchen, das aus einem kleinen Dorf aus Frankreich kommt und du fragst dich wahrscheinlich was ich mir dabei denke, dir zu sagen, was für ein Leben du führst. Und vielleicht hast du sogar Recht. Vielleicht weiß ich nicht genau worauf ich mich eingelassen habe. Aber je länger ich hier stehe und mich vor dir zum Affen machte, desto stärker glaube ich, dass es genau das Richtige war das zu tun und auf mein Gefühl zu hören! “
Wahrscheinlich würde er jetzt auf der Stelle gehen oder vielleicht würde er sie anschreien, was ihr einfallen würde sich in sein Leben einzumischen. Dabei hatte er wahrscheinlich sogar Recht. Sie hatte keine Ahnung wie es für ihn war. Aber dieses auf und ab war nicht gut, für sie beide nicht.
 
Josef

Sie stand da und sah ihn an. Egal was er sagte, keine Reaktion. Zu gerne hätte er gewusst, was in ihrem Kopf. Was sie dachte, wie sie fühlte. Sie arbeitete hart daran, dass Josef nicht merkte, wie es ihr wirklich ging und auch, wenn er ihre die Anteilnahmslosigkeit nicht abkaufte, konnte er nur schlecht hinter diese Fassade schauen.
Ja, er hatte mit diesen Worten sicherlich darauf gezielt, sie zu verletzen. Das war der beste Weg, wie er sich einzureden versuchte. Er musste sie verletzen, damit sie Abstand von ihm nahm. Sie musste ihn hassen. Wenn Chloe davon erfuhr, würde sie ihn auch hassen. So verlor er gleich zwei Menschen, die ihm wichtig waren. Aber das war wahrscheinlich am besten so. Keine der beiden Frauen, hätte er je so nahe an sich heran lassen dürfen.

Nach seinem letzten Satz, hätte er sofort gehen sollen. Er hätte sich umdrehen sollen und aus der Wohnung verschwinden. Aber er konnte nicht. Etwas ihn ihm drang ihn dazu ihre Reaktion abzuwarten. Wenigstens zu sehen, dass es ihr einigermaßen gut damit ging. Ja, er wollte sie verletzen, aber gleichzeitig brach es ihm das Herz, auch wenn er sich dies in diesem Moment nicht eingestehen wollte.
Ihre erste Reaktion zwang ihn fast zu einem Schmunzeln. Sie gab ihm Kontra. War dies nicht eine der Eigenschaften, die er an der an der jungen Frau so faszinierend fand. Sie hatte ihren eigenen Kopf, sie war stolz und sie würde nicht vor ihm zurück schrecken nur weil er der einflussreichste Vampir der ganzen Stadt war.
Aber ihre Worte trafen ihn auch selbst. Sie meinte den wahren Josef kennen gelernt zu haben. Sie bezeichnete ihn als Schauspieler. Josef war sich sehr wohl bewusst, dass er eine Maske aufsetzen konnte, wann immer es ihm nützlich war. Ja, er war sogar stolz darauf. Doch was wusste Sandrine schon? Wusste er doch selbst nicht, wer der „wahre“ Josef war.

Dies wäre ein guter Moment gewesen zu gehen. Eigentlich hatte er sogar gedacht, sie würde ihn aus der Wohnung schmeißen. Es wäre gut so gewesen, doch sie sprach weiter. Worte die ihn noch mehr trafen, als die vorherigen.
War sein Leben wirklich so trist? Bis jetzt hatte er sich nie darüber Gedanken gemacht und eigentlich war er immer zufrieden mit seinem Leben gewesen. Doch der Abend mit Sandrine, der kleine Einblick in ein anderes Leben, hatten sich tief in ihn hineingefressen.
Josef schüttelte den Kopf. Nein, er durfte sie nicht so in seinen Kopf hinein lassen. Sie wollte ihm einreden, dass er nur ein richtiges Leben führen konnte, wenn er schwach war, wenn er sich seiner Leidenschaft hingab, wenn er sich verletzbar machte. Das war falsch. Er hatte es erlebt und in seiner Zeit auf dieser Welt gelernt. Willst du unbeschadet davon kommen, musst du eine Mauer um dich bauen. Du darfst dir keine Schwächen erlauben. Und diese junge Frau, die ihm gegenüberstand und mit erwartungsvollen Augen ansah, war eindeutig eine seiner Schwächen.

„Du hast recht.“ sagte er leise und gefasst. „Du hast keine Ahnung.“
Für einen Moment schaute der Vampir der jungen Frau in die Augen. Dann sprach er weiter, seine Stimme nicht mehr ganz so beherrscht. „Von meinem Leben weißt du nichts, rein gar nichts. Und wahrscheinlich ist das auch besser so. Ich bin kein Mensch, der sich seinen Gefühlen hingibt. Um es ganz genau zu sagen ich bin überhaupt kein Mensch. Es scheint mir du vergisst, was ich bin.“
In der Zwischenzeit stieg seine Wut. Nicht auf Sandrine. Auf sich selbst. Wie hatte er die junge Frau überhaupt so nahe an sich heran lassen können? „Du willst den wahren Josef kennen lernen?“ fragte er eher sarkastisch und im nächsten Moment huschte ein heißer Schauer durch seinen Körper.
Er brauchte nicht erst Sandrines Gesichtsausdruck zu interpretieren, um zu wissen, dass die junge Frau nicht mehr in sein menschliches Gesicht blickte. Sandrine hatte ihn schon so gesehen, auch dies war ihm bewusst, doch waren diese Situationen vollkommen anders. Nun war er wütend und er wusste, dass dies seinem Vampirgesicht einen düsteren Ausdruck gab.

Es war eine neue Situation für ihn. Hatte er sich nur selten aus Wut auf sich in sein Vampirselbst verwandelt. Meistens war es aus Hunger, oder die Wut auf andere Personen. Und normalerweise verspürte er sonst nicht diese Angst, die sich in diesem Moment in ihm breit machte. Die Angst, dass ihm diese Situation entgleiten könnte, dass er etwas tat, was er nicht wollte und wofür es sich später hassen würde.
„Das ist der wahre Josef.“ fauchte er, während er ein paar Schritte näher auf Sandrine zuging. „Du solltest dich von ihm fern halten, wenn du weißt was gut für dich ist.“
Josef merkte, wie sich sein Verstand langsam ausschaltete und die Triebe überhand nahmen. Mit letzter Kraft drehte er sich von Sandrine weg und eilte einige Schritte von ihr weg. Mit dem Gesicht zur Wand versuchte er sich zu konzentrieren, um das Tier in sich wieder in seinen Käfig zu zwingen.
 
Sandrine

Sie hatte damit gerechnet, dass er einfach gehen würde. Doch irgendetwas schien ihn doch noch hier verharren zu lassen. Das gehörte mit zu den Dingen, die Sandrine nicht verstand. Wenn sie ihm so egal war, wenn er wirklich nur Mitleid mit ihr hatte, wieso ging er dann nicht einfach? Wenn sie ihm so egal war, warum ließ er sie dann nicht einfach in Ruhe und hörte auf sich ständig um sie zu kümmern. Konnte sie ihm dann also wirklich so egal sein? Oder war es einfach seine Art. Er fühlte sich vielleicht für sie verantwortlich und wollte sich wirklich nur versichern, dass es ihr gut ging. Das war frustrierend. Er konnte einen so großen Einblick in ihre Gefühlswelt gewinnen, allein schon dadurch, dass er jede kleine Beschleunigung ihres Pulses wahrnahm. Aber sie hatte einfach keine Chance durch seine Fassade hindurch zu blicken.

„Ich bin kein Mensch, der sich seinen Gefühlen hingibt.“ Nein, das war er wirklich nicht. Aber was war das heute Nacht gewesen? Erst der Kuss im Club und dann später auf dem Dach, in seinem Wohnzimmer. Was zum Teufel war das dann?! Vertreiben der Langeweile?
„ Wie könnte ich das vergessen? Du erinnerst mich ständig daran. “, sagte sie nur und sah ihn an. Ja, vielleicht hatte er sogar Recht. Natürlich war sie sich bewusst, dass er anders als alle anderen Männer war, die sie zuvor kennengelernt hatte. Und dieser Unterschied bestand natürlich in erster Linie darin, dass er eben ein Vampir war und sie wusste nur allzu gut wie gefährlich diese Wesen waren. Aber sie war nicht dumm. Da war auch noch was anderes. Denn sonst hätte sie sich niemals darauf eingelassen. Wahrscheinlich glaubte Josef das, aber er kannte auch ihre Vergangenheit nicht. Sie kannte Vampire nur allzu gut und wusste wie gefährlich das hier war.

Als er sie dann fragte, ob sie den wahren Josef kennenlernen wollte war sie sich plötzlich nicht mehr so sicher. Sie glaubte zu wissen was er vorhatte und noch bevor sie irgendetwas sagen geschweige denn denken konnte sah sie auch schon in sein „wahres Gesicht“.
Ihr Herzschlag beschleunigte sich und sie spürte wie sie leicht zu zittern begann als er einige Schritte auf sie zukam. Augenblicklich trat sie einige Schritte zurück. Er wollte ihr Angst machen? Das hatte er geschafft. Hatte ihr der Traum heute Nacht etwas sagen wollen? Zu real waren die Bilder der Metzelei die die Vampire in ihrem Dorf angerichtet hatten.
Aber das hier war Josef. Vielleicht hatte sie sich ja wirklich in ihm getäuscht, aber er würde ihr nichts tun. Oder doch? Sie war sich nicht sicher. Und vielleicht hatte er in dieser Hinsicht dann doch Recht. Sie wollte nicht glauben, dass er ihr irgendetwas tun würde.

Als er dann einige Schritte zurücktrat entspannte sie sich wieder etwas. Vielleicht wäre es besser gewesen ihn rauszuwerfen, aber wieso fiel ihr das so schwer? Sie war schlau genug sich ihm in diesem Moment nicht zu nähern. Auch wenn sie wusste, dass er ihr nichts tun würde, so konnte sie sich vorstellen, dass es sehr schwer sein musste sich zu beherrschen. Obwohl, konnte sie es sich vorstellen? Wahrscheinlich nicht. Aber musste er sich wirklich hinter dieser Fassade verstecken?
„ Vielleicht habe ich keine Ahnung…“, sagte sie und bemerkte selbst, dass ihre Stimme noch etwas zitterte. Dafür hasste sie sich.
„ … und hab keine Ahnung was gut für mich ist. Ich bin mir der Gefahr durchaus bewusst. Aber wenigstens verstecke ich mich nicht dahinter. Oder vielleicht tust du es auch nicht und das bist du. Vielleicht war ich auch nur eine nette kleine Abwechslung zu den sonstigen Freshies. Die hast du nun gehabt. Jetzt kannst du jedem deiner Vampirfreunde von der dummen, naiven Französin erzählen. Herzlichen Glückwunsch, Josef. Vielleicht schickst du ja auch noch ein paar von ihnen vorbei. Das wäre doch ein herrlicher Spaß. “, sagte sie und machte sich keine Mühe den Sarkasmus in ihrer Stimme zu verbergen. Er wollte sie verletzen? Das hatte er geschafft. Was sie sich allerdings fragte war warum sie dann immer weiter auf ihn einredete? Glaubte sie wirklich, dass sie ihn ändern könnte? Dass sie glücklich miteinander werden konnten? Sie war keine fünf mehr. Vielleicht musste sie auch einfach einsehen, dass dieses Abenteuer hier und jetzt endete.
 
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Josef

In Vampirgestalt nahm Josef alles viel deutlicher wahr. Sandrines Duft, ihren Herzschlag, das Blut, dass durch ihre Adern floss. Er hörte den Sekundenzeiger der Küchenuhr und sah die Schweißperlen, die sich auf Sandrines Oberlippe bildeten.
Getrieben von der Wut auf sich selbst, darauf, dass er sich hatte so gehen lassen. Fauchte er seine Worte, die an Sandrine gerichtet waren gerade so. Doch mehr und mehr schwand die Wut und alles an das er denken konnte, war ihr süßes Blut, ihr warmer Körper an seiner Haut und das Verlangen, welches sie in ihm auslöste.
Es war sicherlich nicht der richtige Moment über sie herzufallen. Aber soweit diese Nacht schon gekommen war, gab es höchst wahrscheinlich nichts, was diesen Moment richtig machen könnte. Doch konnte Josef noch soviel Verstand aufbringen sich Sandrine nicht mehr zu nähern, sondern auf Abstand zu gehen. So weit, wie es das kleine Zimmer ermöglichte.

Mit dem Gesicht zur Wand, hörte er Sandrines Worten zu. Seine Gefühle fuhren Achterbahn, zusammen mit seinem Verstand und seinen Instinkten. Josef konnte keinen klaren Gedanken fassen. Dass er sich gerade verwandelt hatte, half in dieser Situation nicht gerade weiter.
Er wusste nicht was er wollte. Er fühlte sich extrem zu der jungen Frau hingezogen, sein Verstand sagte ihm allerdings, dass er so viel Abstand wie möglich zwischen sich und Sandrine bringen sollte. Ja, und seine Instinkte würden sich am liebsten sofort auf sie stürzen. Wahrscheinlich wäre es das Beste, diese Situation zu verlassen, einen klaren Kopf zu bekommen.
Doch Sandrines Worte machten das unmöglich. Er konnte diese nicht einfach unkommentiert stehen lassen. Er wollte nicht, dass sich dieses Bild von ihm, in ihrem Kopf festsetzte. Auch, wenn es wohl das Beste gewesen wäre, er eigentlich das erreicht hatte, was er wollte. Er konnte so nicht gehen. Sie musste wissen, dass nicht sie das Problem war, dass er sich selbst im Weg stand.

Langsam drehte er sich wieder zu ihr. Sie hatte sich kaum bewegt, sie stand noch an derselben Stelle als einige Momente zuvor und auch Josef bewegte sich nicht auf sie zu. Er war wieder menschlich geworden und somit verblassten zumindest einige seiner Sinneseindrücke zu einem ertragbaren Pensum.
„Hör auf“ sagte er schließlich, als Sandrine damit begann, dass er seinen anderen Vampirfreunden von ihr erzählen sollte. „Sandrine, hör bitte auf.“
Josef schüttelte den Kopf. „Das ist nicht richtig was du sagst und das weißt du auch. Ich…“ nochmals schüttelte er den Kopf und ließ sich auf der Armlehne des Sofas neben ihm nieder. „…ich weiß nicht was richtig ist. Ich weiß nicht was wahr ist. Sandrine, so etwas wie mit dir, das ist anders… unbeschreiblich.“

Josef stand wieder auf, er ging ein paar Schritte auf Sandrine zu, dann drehte er sich wieder um und setzte sich ein weiteres Mal auf die Sofalehne. „Ja, vielleicht habe ich Angst. Vielleicht verstecke ich mich vor meinen Gefühlen, ich weiß es nicht.“
Er seufzte und suchte Sandrines Blick. „Aber wann immer ich dir zu nahe komme, sehe ich im nächsten Moment die Konsequenzen, die Gefahren. Nicht nur für mich, vor allem für dich. Ist dir klar, dass ich dich jedes Mal töten könnte, wenn ich dir nahe bin?“
Ein weiteres Mal stand Josef auf, doch er blieb stehe, rührte sich keinen Millimeter. „Du bist besser dran ohne mich. Kannst du das denn nicht verstehen? Mein Leben war gut bis jetzt. Ich komme gut zurecht. Du hast so viel mehr verdient, als einen Kerl, wie mich.“
 
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