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Moonlight

Sandrine

Für Josef schien das alles kein Problem sein. Er wollte ihr etwas Gutes tun und das wusste sie auch durchaus zu schätzen. Doch dass er dabei genau das Gegenteil bewirkte schien ihm nicht bewusst zu sein.
Als er dann auch noch sagte, dass sie Chloe mitnehmen würden nahm er ihr vollkommen den Wind aus den Segeln. Würde es nun wirklich darauf hinauslaufen, dass sie ihm die Wahrheit sagen musste? Nein, das konnte sie nicht. Zu lange schon hatte sie dieses Geheimnis für sich behalten und auch wenn sie das Gefühl hatte, dass sie sich schon eine halbe Ewigkeit kannten war das für sie kein Grund ihm nun von ihrer Vergangenheit zu erzählen.

„ Josef, ich halte das für keine gute Idee… “, begann sie zögernd. Als er ihr über die Arme strich, schloss sie kurz die Augen. Er würde sich kümmern, sagte er. Und dass sie sich keine Sorgen machen müsse. Sie wünschte sich, dass es so einfach wäre, doch das war es nicht. Zumindest für sie nicht. So viele Jahren vergangen und ganz abgesehen davon, dass sie ihre Familie eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte würde sie niemanden von den Menschen, die ihr am wichtigsten waren in Gefahr bringen.

Ehe sie etwas darauf antworten konnte, hatte er sie bereits zu sich gezogen und geküsst. Unter anderem Umständen hätte sie nichts dagegen gehabt, aber ihr gefiel nicht in welche Richtung diese Unterhaltung ging. Es fiel ihr nicht leicht, aber irgendwie schaffte sie es, sich von ihm zu lösen und setzte sich im Bett auf.

„ Okay, ich weiß, dass du es gut meinst. Und glaube mir, ich weiß das wirklich zu schätzen… “, sagte sie und drehte ihren Kopf, sodass sie ihn ansehen konnte, „ Vielleicht hast du Recht, aber ich kann das nicht, okay? Ich werde nicht nach Frankreich reisen. “

Sie glaubte selbst kaum, welche Wendung dieser Tag soeben nahm. War sie nicht eben noch so glücklich gewesen über diese Unbeschwertheit? Und nun waren diese ganzen Gedanken und Erinnerung mit einer Heftigkeit zurück gekehrt, dass sie gar nicht wusste, woher das plötzlich kam. Josef meinte es nur gut und sie wusste zum Teil sogar, dass er Recht hatte. Es würde ihr gut tun. Und so gern würde sie ihre Familie wiedersehen. Aber damit würde sie sich, aber vor allem andere in Gefahr bringen. Ganz abgesehen davon, dass es sie einige Überwindung kosten würde zurückzugehen an den Ort, der ihr so viele Alpträume bereitet hatte.
 
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Josef

Der Vampir verstand nicht recht was gerade gschah. Aus der vormaligen Ahnung, dass die Stimmung gerade ihns Schwanken geriet, wurde eine klare Überzeugung, dass jetzt gerade nichts mehr so war wie noch vor wenigen Minuten. Vielleicht holte ihn das gerade wieder in die Realität zurück.
Als Sandrine sich von ihm entfernte und im Bett aufsetzte, richtete sich auch Josef auf. Die junge Frau hielt seinen Vorschlag für keine gute Idee und das musste er wohl akzeptieren.

Josef nickte schweiged, während er vermied in die wunderschönen Augen der jungen Frau ihm gegenüber zu blicken. Plötzlich huschten tausende Gedanken in seinem Kopf herum, was sicherlich etwas mit der abgekühlten Stimmung im Zimmer zu tun hatte.
Hatte er gerade wirklich vorgeschlagen mit Sandrine nach Frankreich zu reisen? Wie kam er überhaupt auf so eine Idee? Er, der seit Jahrzehnten nicht mehr wirklich gereist war. Hatte ihm die junge Frau nun vollkommen den Kopf vernebelt?

Langsam wurde dem Vampir etwas weiteres bewusst. Dies hier war ein Abenteuer, auf das sich beide eingelassen hatten. Sie wollten nicht über morgen nachdenken sondern den Moment genießen. Sandrine bedauerte immer wieder, dass es ihr nichts ausmachen würde, dass er ein Vampir ist, sie hätte keine Angst vor ihm.
Aber sein alberner Gedanke mit ihr zu verreisen, der schien ihr doch unheimlich zu sein. Vielleicht sogar Angst zu machen?
"Ich verstehe schon..." sagte Josef, als er sich vom Bett erhob und nach seiner Hose suchte. "Es war eine dumme Idee vergiss es einfach."

Josef hatte sich zu etwas hinreisen lassen, was er schon ewig nicht mehr gemacht hatte. Er hatte Dinge gefühlt, die er schon lange nicht mehr gefühlt hatte und er merkte nun einmal mehr, dass dies ein großer Fehler war. Etwas, dass er hätte nie zulassen dürfen.
Wahrscheinlch hatte dies auch Sandrine gemerkt. Letzendlich war sie doch nur ein Mensch. Jemand der von dem übernatürlichen von dem gefährlichen angezogen wurde.
Der Vampir streifte sich sein Hemd über und begann es zuzuknöpfen. "Sandrine, mach dir keine Gedanken, ich hätte gar nicht erst damit anfangen dürfen.'" sagte er kühl. "Wir wussten beide, dass dies hier keine Zukunft hat. Das hatte ich wohl kurzzeitig vergessen."

Er setzte sich ein letztes Mal aufs Bett, um dort seine Schuhe anzuzuiehen. "Ich denke es wird das Beste sein, wenn ich jetzt gehe." Bis jetzt hatte er sie immer noch nicht wirklich angeschaut. Jetzt hob er den Blick auf die junge Frau, doch von Zärtlichkeit konnte man in seinen Augen wohl nur noch wenig erkennen.
"Falls du irgendetwas brauchst, melde dich."
 
Sandrine

Es war erstaunlich, wie schlagartig sich die Stimmung im Zimmer der jungen Frau verändert hatte. Gerade das war bis gestern so bezeichnend für die beiden gewesen und sie dachte, dass sie das hinter sich hätten. Diese Achterbahnfahrt von sanft, zärtlich und liebevoll bis kalt und abweisend. Als Josef meinte, dass er schon verstehen würde runzelte sie die Stirn. Er verstand schon? Was verstand er? Er verstand diese Absage ihrerseits als eine Abweisung ihm gegenüber. Doch eigentlich war doch genau das Gegenteil der Fall. Sie sorgte sich um ihn. Sie wollte ihn nicht in diese ganze Geschichte mit hineinziehen und auch wenn sie wusste, dass er sagen würde, dass er die Situation unter Kontrolle hatte würde sie dieses Risiko nicht eingehen.

Sie schaute ihn ungläubig an, „ Ist das dein Ernst? Ich möchte nicht nach Frankreich reisen und du stellst alles in Frage? “, fragte sie und sah dabei zu, wie er sich seine Sachen zusammen suchte, sich anzog und dabei kein einziges Mal ansah.
„ Kannst du vielleicht mal aufhören dich anzuziehen und mich ansehen?! Dann könnte ich dir vielleicht etwas erklären! “, fragte sie ihn während er weiter damit beschäftigt war seine Sachen zu suchen. Es tat ihr weh, dass er sofort alles in Frage stellte. Sicherlich war die Situation keine angenehme und sicherlich hätte sie vielleicht auch etwas anders darauf reagieren können. Vielleicht sollte sie doch ein bisschen mehr zu ihm sagen sollen als lediglich den Satz, dass sie nicht mit ihm verreisen will. Dabei hatte sie noch nicht mal gesagt, dass sie nicht mit ihm verreisen will. Es ging ihr doch lediglich darum, dass sie nicht zurück nach Frankreich gehen konnte. Doch den Grund dafür konnte sie ihm auch nicht nennen.
Doch dass er sofort alles in Frage stellte und diese Beziehung oder was auch immer sie seit gestern hatten sofort beendete, erschien ihr total übertrieben. Durfte sie nun nicht mehr sagen, was sie dachte?

Sie griff nach ihrem Morgenmantel, den sie sich überstreifte, doch als sie seinen Satz hörte musste sie mit sich kämpfen. Kehrte er nun wirklich zu dieser Masche zurück?! Sie versuchte krampfhaft die Tränen, die Wut, die Enttäuschung zurückzuhalten.
„ Kurzzeitig vergessen … “, wiederholte sie leise, stand vom Bett und trat ans Fenster. Sie versuchte wirklich nicht allzu verletzt auszusehen und zu wirken, aber diese Fassade aufrecht zu erhalten war in diesem Augenblick beinahe unmöglich für sie.
Sie drehte sich wieder um, sah ihn an und bemerkte, dass er auch sie nun endlich ansah, „ Du willst jetzt wirklich wieder dahin zurück?! “, fragte sie ihn und schnaubte verächtlich, „Du setzt wieder diese coole Maske auf und wirst wieder zu diesem kalten Arschloch? Ach ja, jetzt kommt bestimmt gleich wieder der Satz, dass ich davon ja gar keine Ahnung hätte. Und vielleicht hast du da sogar Recht und ich hab mich tatsächlich in dir getäuscht… “

Ich wünschte nur, das wäre mir aufgefallen, bevor ich dich so nah an mich heran gelassen habe. “ dachte sie und zog ihren Morgenmantel etwas enger um sich.
„ Falls ich etwas brauche? “, fragte sie und funkelte ihn an, „ Nein, von dir brauche ich rein gar nichts mehr. Glückwunsch, Josef. Du kannst endlich deiner Wege ziehen und sagen, dass du ja von Anfang an gewusst hast, dass das hier keine Zukunft hat. “
 
Josef

Für den Vampir war die Sache glasklar und er würde sich auch von nichts anderem überzeugen lassen. Er hatte sich schon viel zu lange auf seine menschliche Seite eingelassen. Das hatte bis jetzt immer nur Ärger gebracht und würde es auch diesmal, wenn er nicht sofort einen Schlussstrich ziehen würde. Wahrscheinlich war es eh schon zu spät.
Josef nahm Sandrines Worte wahr, auch den verletzten Ton in ihrer Stimme, aber er entschied sich dazu, dass es ihn nicht weiter stören würde, auch wenn es ihn enorme Überwindung kostete. Dies war sicherlich einer der Gründe, wieso er der jungen Frau nicht in die Augen blickte. Es tat ihm weh sie so zu sehen und genau dies versuchte er gerade krampfhaft zu unterdrücken.

Als sich ihre Blicke schließlich trafen, waren Sandrines Worte mehr von Zorn begleitet. Damit konnte Josef um einiges besser umgehen. Sollte sie wütend auf ihn sein, dass war wahrscheinlich das beste. Aber ihre Worte machten auch ihn zornig.
"Ich glaube du hast mehr Ahnung als du dir selbst zugestehst." antwortete er ruhig aber eiskalt. "Du wusstest von Anfang an auf was du dich einlässt, du wolltest es nicht anders. Du wolltest mich kennenlernen und es tut mir leid, wenn dir nicht gefällt was du erfahren hast." Langsam ging er um das Bett auf sie zu und festigte seinen Blick. "Ich bin genau das... Darf ich vorstellen: Josef Kostan , mächtigster Vampir LAs und ein Arschloch. Komm endlich damit klar."

Er drehte sich zur Tür und lachte leise auf. Den Josef den Sandrine kennen gelernt hatte, hatte er schon lange begraben. Und es war ein Fehler diesen überhaupt wieder heraus zu lassen.
"Denke nicht, dass du mich kennst. So wenig wie ich dich kenne, denn ganz tief in die drin weißt du, dass es besser ist mich nicht zu nahe an dich heran zu lassen." Josef wusste sehr wohl, dass Sandrine ihn nahe an sich heran gelassen hatte, aber er spürte auch diese vielen kleinen Dinge, die sie vor ihm verschlossen hielt.
Vielleicht war genau dies der Knackpunkt. Er hatte sich schon ewig nicht mehr so sehr geöffnet. Kein Vampir und schon gar kein Mensch, hatte seit langem eine menschliche Seite an Josef gesehen. Er war unvorsichtig geworden und Sandrines zögern zeigte ihm, dass sie eine gewisse Distanz bewahrte. Dies verletzte seinen Stolz, auch wenn er es nie zugeben würde, dies zeigte ihm, dass es dumm von ihm war genau diese Distanz brechen zu wollen.

Er hatte mit ihren Worten gerechnet, welche sie ihm entgegen warf, als er ihr anbot, ihr immer behilflich zu sein, wenn sie es bräuchte. Auch sie war stolz und würde sich auf so etwas in einem Streit nie einlassen.
Ein letztes Mal, schaute er in ihre Augen und hoffte, dass wenn es zu einer Situation käme, in der sie seine Hilfe benötigte dieser Stolz ihr nicht im Weg stehen würde. Dann verließ er das Zimmer und kurz darauf die Wohnung.
Vor der Tür blieb er einen Moment stehen. Sollte es nun wirklich das letzte Mal gewesen sein, dass er Sandrine gesehen hatte? Das Beste würde es wohl sein.

Mit schnellen Schritten entfernte er sich von der Wohnung und dem Wohnhaus. Auf seinem Handy wählte er eine altbekannte Nummer und seufzte, als ein weiteres Mal nur die Mailbox antwortete. "Mensch Mick, wo bist du? Ich könnte dich im Moment echt gut gebrauchen."
 
Sandrine

Was für eine absurde Situation sich hier bot. Eben noch hatten die beiden im Bett gelegen und waren glücklich. Zumindest hatte dies den Anschein gehabt. Und nun? Sie machten sich beide Vorwürfe und sagten Dinge, die den anderen verletzten. Wobei Sandrine sich bei Josef nicht sicher war. Denn genau diese Aktionen waren es, die ihn noch undurchschaubarer machten. Seine Worte trafen sie tief, denn sie hatte das Gefühl, dass er wirklich dachte, dass sie lediglich auf den Rausch aus gewesen war. Was sonst sollte es heißen, wenn er ihr unterstellte, dass sie genau wusste, worauf sie sich eingelassen hatte?

Als er auf sie zukam flackerte die Situation von gestern auf und sie fragte sich für eine Sekunde, ob er nun wieder sein „wahres“ Gesicht zeigen würde.
Seine Worte verletzten sie und dass sie es taten, ärgerte sie beinahe noch mehr. Hatte sie doch so lange Zeit auf sich aufgepasst und es darauf angelegt, niemanden -vor allem keinen Mann- so nah an sich herankommen zu lassen. Und jetzt sollte sie die Rechnung dafür bekommen.
„ Ja, vielleicht sollte ich das. “, erwiderte sie einfach nur, als er ein weiteres Mal zu verdeutlichte, dass es auch noch eine andere Seite von ihm gab.

Beinahe hilflos sah sie dabei zu, wie er sich umdrehte und Richtung Tür wandte. Wann war dieser Tag zu einem solchen Alptraum verlaufen?
„ So wenig wie ich dich kenne “ hallte es in ihren Ohren. Sie hatte seinen Vorschlag nach Frankreich zu gehen abgewiesen, ohne jegliche weitere Erklärung. Und genau an diesem Punkt hatte sich das Blatt gewendet. Wie gerne hätte sie ihm erzählt, aus welchen Gründen sie auf keinen Fall zurückkehren konnte. Auf der anderen Seite hielt auch Josef viele Dinge für sich, was auch vollkommen in Ordnung war. Sicherlich würde sie manches gerne genauer wissen, aber auch wenn sie ein anderes Gefühl hatte, kannten die beiden sich noch nicht so lang und gut, als dass sie ihm alles von sich erzählen würde. Und das hatte rein gar nichts damit zu tun, dass er ein Vampir war oder nicht.

Der Blick, den er ihr zuwarf, bevor er letztlich dann doch ihre Wohnung verließ war beinahe noch das Schlimmste an diesem ganzen Streit. Josef beherrschte dieses Wechseln der Stimmung hervorragend, sodass Sandrine zu einem gewissen Teil glaubte, dass er froh war, sich so aus der Affäre ziehen zu können.

Als sie die Tür ins Schloss fallen hörte fiel ihr erst auf wie angespannt sie die ganze Zeit über da gestanden hatte. Langsam entspannte sie sich und bemerkte, dass sie zitterte. Für einen kurzen Augenblick schloss sie die Augen und versuchte sich zu konzentrieren. Diese ganze Situation kam ihr vollkommen surreal vor. Normalerweise würde sie nun rüber zu Chloe gehen, an ihrer Tür klopfen und diese wüsste dann schon, wie sie Sandrine aufheitern konnte. Doch Chloe war im Krankenhaus und hatte definitiv andere Sorgen. Ganz abgesehen davon, dass ihre Freundin nichts von Josef und Sandrine wusste.

Sollte es das nun wirklich das Ende gewesen sein? Vielleicht war sie ja wirklich naiv, aber ein kleiner Teil von ihr hatte wirklich geglaubt, dass diese Sache zwischen ihnen etwas Besonderes war. Und das war wohl auch der Teil gewesen, der gehofft hatte, dass es eine Zukunft hatte. Zu gerne hätte sie sich einfach zurück in ihr Bett geworfen und sich die Decke über den Kopf ziehen und in Selbstmitleid baden. Aber was brachte ihr das? Josef schien es sehr leicht zu fallen seine Gefühle abzuschalten. Vielleicht sollte auch sie das einfach probieren. Also fasste sie den Entschluss nicht weiter über diesen Vampir nachzudenken und ihre Wut und die damit verbundene Energie stattdessen in Sinnvolles zu investieren ...




Das erneute Klingeln ihres Weckers zwang Sandrine dazu die Augen zu öffnen und langsam aber sicher wach zu werden. Ihr Entschluss, den sie vor ca. einer Woche gefasst hatte war ihr in der Ausführung mehr oder weniger gut gelungen. Sie erwischte sich häufig dabei, dass sie an Josef dachte und sich fragte, was gewesen wäre, wenn sie einfach auf seinen Vorschlag eingegangen wäre. Doch da sie diese Situation nun einmal nicht mehr ändern konnte, zwang sie sich nicht mehr daran zu denken. Oft hatte sie mit dem Gedanken gespielt ihn anzurufen, das Handy schon in der Hand haltend, hatte sich dann aber immer wieder dagegen entschieden. Sie wusste, dass sie stolz war. Manchmal vielleicht zu stolz. Aber er hatte ihr mehr als ein Mal deutlich gemacht, dass er scheinbar nicht in der Lage war sich auf jemanden einzulassen. Und das konnte Sandrine sogar verstehen. Er war über 400 Jahre alt und ein Vampir. Vielleicht hatte es genau das gebraucht, um sich darüber klar zu werden. Zumindest redete sie sich das ein.

Sie schwang sich aus dem Bett und machte sich fertig. Sie hatte einiges zu erledigen. Wie in den letzten Tagen hatte sie wieder vermehrt bei Buzzwire gearbeitet und ein Mal mehr festgestellt, dass dies nicht die Art von Arbeit war, die sie machen wollte. Aber es brachte das Geld ein, das sie brauchte, um Rechnungen zu bezahlen und zu leben. Also hangelte sie sich durch. Aber statt darüber zu klagen, was ihr fehlte, hatte sie sich dazu entschlossen selbst etwas zu tun, damit sie etwas veränderte. Nach Feierabend war sie oft noch unterwegs gewesen, um Fotos zu schießen. Im Bad hatte sie sich ihre eigene kleine Dunkelkammer eingerichtet. Erst dadurch hatte sie gemerkt, wie sehr es ihr gefehlt hatte als Fotografin aktiv zu sein, ohne für Buzzwire hinter irgendwelchen absurden Geschichten herzusagen und das Foto zu schießen.

Ihr Tag verlief relativ unspektakulär. Mit lediglich einem Auftrag konnte sie sich nicht beklagen. Sie sollte für irgendein Portrait eines ihr unbekannten neuen Sternchens am Starhimmel Fotos machen. Es war einer dieser Termine, die relativ schnell abgehandelt waren, was ihr heute ganz gelegen kam, da sie danach noch zu Chloe ins Krankenhaus fahren wollte. Ihrer Freundin ging es inzwischen schon wieder besser, aber sie hatte die Anweisung bekommen noch für ein paar Tage im Krankenhaus zu bleiben. Da Vince ebenfalls recht häufig bei ihr gewesen war, hatte sie ohne schlechtes Gewissen arbeiten können. Josef hatte ebenfalls ein Auge auf Chloe und sie besucht. Sandrine war heilfroh, dass sie sich nicht über den Weg gelaufen waren. Zwar sah sie in die Zukunft, zumindest redete sie sich das erfolgreich ein, aber ihm über den Weg zu laufen würde wohl wieder Gefühle zum Vorschein bringen, von denen sie sich vorgenommen hatte sie zu unterdrücken.

Auch an diesem Tag machte sie sich also auf den Weg ins Krankenhaus, um ihre Freundin zu besuchen. Im Gepäck ein paar Klamotten, um die Chloe sie gebeten hatte, ebenso wie etwas essen, da das Krankenhaus Essen laut Chloe kaum zu ertragen war.
Die beiden Freundinnen unterhielten sich eine ganze Weile, wobei sie nicht noch ein Mal über das Drogenthema sprachen. Irgendwie war nicht die Zeit dafür und Sandrine hatte entschlossen ihre Freundin erst mal wieder zu Kräften kommen zu lassen.

Die Zeit flog nur so dahin, aber da Sandrine noch ein paar Fotos schießen wollte, verabschiedete sich von ihr. Wahrscheinlich würde Vince heute Abend noch vorbeikommen, sodass Chloe dann nicht alleine war. Sie griff also nach ihrer Kamera Tasche und verließ das Krankenhauszimmer. Gerade als sie am Schwesternzimmer vorbei gegangen war, summte ihr Handy. Eine Information von Beth für Auftrag, den sie beiden morgen gemeinsam haben würden. Sie freute sich auf die Zusammenarbeit mit Beth. Sie mochte die junge Frau und sie hatten sich von Anfang gut verstanden. Die Zusammenarbeit mit ihr machte so manchen Auftrag etwas erträglicher. Sie schrieb ihr schnell eine Antwort und packte ihr Handy dann zurück in die Tasche, während sie schon einmal loslief und sich auf den Weg zum Ausgang machte, ohne großartig auf ihre Umgebung zu achten.
 
Josef

Die vergangene Woche war für Josef sehr arbeitsreich. Er stürtze sich in mehrere neue Projekte. Dort wollten Aktien verkauft werden, da wollte ein neues Unternehmen gekauft werden und wieder wo anders musste man Verhandlungen über neue Verträge führen. Josef war hart und gnadenlos. So wie seine Geschäftspartner es von ihm erwarteten, vielleicht sogar oft ein wenig mehr.
Seine Bediensteten hatten es nicht besonders leicht mit ihm. Er donnerte Anweisungen und brüllte Dienstboten an, auch wenn sie nichts für die Probleme konnten, die sie übergeben hatten. Ja, Josef war durch und durch das kalte Arschloch, welches Sandrine ihn geschimpft hatte. Und es war gut so, zumindest dachte er so die meiste Zeit.

Seine Nächte verbrachte der Vampir in sämlichen Nachtclubs in denen er ohne Probleme an warmes Blut kommen konnte. Er verbrachte nur selten mehr als ein paar Stunden mit einem Freshie und hatte jede Nacht einen anderen Übernachtungsgast.
Es führte ein Leben, dass er als Vampir schon öfter gelebt hatte, aber schon seit langem lebte er nicht mehr so wild. Doch in diesen Tagen brauchte er dies. Er musste sich selbst beweisen, dass er für ein solchen Leben geschaffen war, dass ihn dieser Lifestyle erfüllte und er nichts anderes brauchte. Und dies klappte auch vorzüglich.

Nur eine junge Dame brachte diese Lebensweise durcheinander: Chloe. Er machte sich immernoch Vorwürfe, dass es seinem Freshie so ergangen war. Er hätte ihr die Droge verbieten müssen, irgendetwas dafür tun, dass sie die Finger davon hielt. Er besuchte sie oft, wenn auch nur sehr kurz im Krankenhaus. Erkundigte sich nach ihrem Befinden bei den Ärzten und redete ihr oft ins Gewissen. Er brachte die junge Frau ab und z zur Weißglut, aber hatte das Gefühl doch manchmal zu ihr durchzudringen.
Lange hielt er sich nie im Krankenhaus auf, denn auch er vermied eher unbewusst ein Aufeinandertreffen mit Sandrine, auch wenn er sich wünschte, sie nur einmal kurz zu sehen, fürchtete er sich doch vor einem Widersehen, denn er würde weder Schmerz noch Hass oder Gleichgültigkeit in ihren Blicken verkraften können.
So verabschiedete er sich oft schon nach kurzer Zeit wieder von Chloe was wahrscheinlich auch dazu beitrug, dass er Vince nie über den Weg lief.

Weiterhin ließ Josef von seinen Leuten Nachforschungen über Black Crystal anstellen. Leider kamen die Informationen eher schlepped und wenig hilfreich bei ihm an. Er hatte das Gefühl er stünd vor einem Puzzel mit 1000 Teilen und er hatte gerade mal 50 Teile entziffert. Doch aufgeben wollte er nicht.
So hing er auch an diesem Tag eine längere Zeit am Telefon. Bekam neue Namen und informationen und beauftragte neue Beschattungen.
Die Sonne ging gerade unter als er sich in seinen Wagen setzte und den Weg ins Krankenhaus einschlug. Dort angekommen machte er sich schnellen Schrittens auf den Weg zu Chloes Station. Als sich der Fahrstuhl öfnete zögert er, denn wie schon so oft spürte er Sandrines Anwesenheit.

Auch dies war wohl ein Grund, dass er nicht lange bei Chloe verweilte, ihre ganzers Zimmer duftete nach der jungen Frau, die ihm, ob er es wolllte oder nicht, den Kopf verdrehte. Er schaffte es nur selten, die Bilder der letzten gemeinsamen Nacht aus dem Kopf zu halten, wenn er bei Chloe zu besuch war und so schien es ihm erst nicht sonderlich verwunderlich, dass er Sandrines Duft schon auf der Station wahrnahm, musse Sandrine am heutigen Tag auch bei ihrer Freundin zu besuch gewesen sein.
Doch leider schien sich das Glück, das ihn die letzte Woche begleitet hatte nun verabschiedet zu haben, denn an diesem Tag hatten sie sich nicht verpasst. Nein, Sandrine stand mit ihrem Handy beschäftigt auf dem Stationsflur und nahm ihn nicht wahr.

Josef starrte in ihre Richtung, fast wie gelähmt mit dem Verlangen sie zu sich zu ziehen, ihre sanfte Haut zu spüren und sie zu fragen wie es ihr ginge.
Erst als sich die Tür des Fahrstuhls wieder schloss, merkte der Vampir, dass er noch keinen Schritt gegangen war. Er drückte schnell auf einen Knopf und die Tür öffnete sich wieder sodass er nach draussen gehen konnte. Es war sein Glück, dass die junge Frau völlig in Gedanken versunken war, denn so konnte er sich sammeln und seine Fassung wieder finden, bis es sich nicht vermeiden ließ, er an ihr vorbei ging und sich ihre Blicke trafen.
Es war wohl nur eine Sekunde, aber es schien Josef wie eine Ewigkeit, noch einmal unterdrückte er jegliches Verlangen ihr nahe zu sein, zwang sich zu einem beiläufigen Lächeln und versuchte so förmlich wie möglich zu klingen.
"Sandrine, wie geht es Chloe?"
 
Sandrine


Die junge Frau war so damit beschäftigt ihr Handy wieder in ihrer Tasche zu verstauen, dass sie Josefs Anwesenheit gar nicht merkte. Erst als er neben ihr stand und sie ansprach, schaute sie auf.
„ Josef …“ Und mit einem Schlag den sie nicht hatte kommen sehen kamen sofort alle Gefühle in ihr hoch, die sie in den letzten Tagen so erfolgreich versucht hatte zu verdrängen. Sie spürte wie ihr Herz schneller schlug und war sich nur allzu bewusst, dass auch Josef dies registrieren würde. Ein weiteres Mal verfluchte sie sich in diesen Situationen und gerade ihm gegenüber so durchschaubar.

Seine Frage nach Chloe riss sie aus den Gedanken. Chloe. Mit dem Thema konnte sie etwas anfangen. Wenn sie sich nur darauf konzentrierte konnte sie dieses Aufeinander treffen vielleicht mit einer gewissen Würde verlassen.
„ Ihr geht es besser. “, antwortete sie schließlich auf seine Frage, „ Sie hat die Nase voll von dem Krankenhaus, dem Zimmer und vor allem dem Essen. Daher hab ich sie wenigstens mit Letzterem versorgt. “, sagte sie und lächelte schwach.

Sollte es nun wirklich immer so ablaufen, wenn sie sich über den Weg liefen? Denn das würden sie wohl zwangsläufig immer mal wieder. Sandrine tat sich schwer damit sich auf die Unterhaltung zu konzentrieren. Sie ertappte sich dabei, wie sie ihn ansah und nach irgendeinem Anzeichen von Gefühl in seinem Ausdruck suchte. Gut, sie hatte verstanden, dass sie ihn nicht so gut kannte wie sie vielleicht geglaubt hatte. Aber dennoch hatte sie eine ganz andere Seite an ihm gesehen und kennengelernt, die auch in der Lage war Gefühle zuzulassen. Sie hatte keine Ahnung wie schwer das für ihn sein musste, denn immerhin war er über 300 Jahre älter als sie.

„ Dann übernimmst du nun den Unterhaltungs-Part? Sie beschwert sich nämlich auch über das Fernsehprogramm. “, sagte sie und zwang sich zu lächeln, obwohl sie dabei immer wieder daran dachte, wie sie noch vor wenigen Tagen an seiner Seite neben ihm gelegen hatte. Für diese wenigstens Stunden hatte sie tatsächlich geglaubt, dass die beiden irgendeine Art von Zukunft hatten, zumindest für eine gewisse Zeit. Dass diese dann so abrupt enden würde, damit hatte sie nicht gerechnet. Natürlich war sie nicht so naiv zu glauben, dass sie zusammen in ein Haus ziehen, heiraten und Kinder kriegen würden. Aber ein kleiner Teil in ihr hatte schon die Hoffnung gehabt, dass es irgendwie klappen könnte. Dass sie zumindest für eine gewisse Zeit relativ unbeschwert sein könnten. Doch diese Hoffnung schien nun zerschlagen zu sein.
 
Josef

Wäre er ein Mensch, hätte er sicherlich Probleme zu atmen. er konzentrierte sich auf viele Dinge. Die Fliesen an der Wand hinter Sandrine, die Gespräche der Schwestern im Schwesternzimmer, das Pipen, der Gerätschaften in der Nähe, nur um sich nicht zu sehr auf die junge Frau vor ihm konzentrieren zu müssen.
Er konnte nicht garantieren, was geschehen würde, wenn er ihr nur einen Moment zu nahe käme. Ginge es nach seinen Instinkten, seinen Trieben, hätte er Sandrine am liebsten jetzt gleich an sich gezogen. Er kannte niemanden, der einen solchen Effekt auf ihn hatte.

Die junge Frau sprach von ihrer Freundin und Josef nickte wohlwollend. Er freute sich wirklich, dass es Chloe wieder besser ging, auch wenn sie bei der Anwesenheit Sandrines völlig in den Hintergrund seiner Gedanken rückte. "Sehr gut," in die kurze Stille zwischen den beiden hinein. "ich meine mit dem Essen. Chloe ist dünner geworden seit dem sie hier ist. Ich mache mir Sorgen."
Es war einfach mit Sandrine über ihre Freundin zu reden. Ein Thema, dass sie schon gemeinsam hatten, bevor sie sich kennen lernten. Etwas, bei dem er sich nicht verstellen musste, denn bei allem anderen wusste er nicht wie er sich Sandrine gegenüber verhalten sollte. Er verfluchte sich ein weiteres Mal für die ganze Situation. Hätte er das Mädchen nicht so nahe an sich heran gelassen, dann hätte er auch jetzt kein Problem sich mit ihr in einem Raum aufzuhalten.

In Gedanken überhöre er fast, dass Sandrine weiter sprach und so lachte er nur leicht als antwort auf ihre letzten Worte. "Ich werde nicht lange bleiben. Ich wollte nur nach ihr sehen. Glaube mir, ich bin gerade nicht die beste Unterhaltung für sie."
Josef hätte gedacht, dass die Frauen sich eventuell über ihr unterhielten. Chloe war oft sauer, dass er das Drogenthema nicht einfach ruhen ließ und er ging davon aus, dass sich die junge Frau über ihn beschwerte, doch vielleicht schaffte es Sandrine auch dieses Thema zu vermeiden. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie momentan gerne über ihn sprach, geschweige denn an ihn dachte. Doch was in ihrem Kopf vorging, war für ihn eh ein Rätsel.

Als er da stand und in Sandrines Augen blickte, regte sich den Impuls in ihm, ihr eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen. Seine Hand hob sich wie von selbst, doch auf halber Bewegung siegte die Vernunft und Josef ballte stattdessen die Hand zur Faus und ließ diese wieder sinken.
"Ich habe ein paar weitere Namen und Fakten erhalten, denen ich später noch nachgehen möchte." lenkte er ab. "Ich werde das Schwein schon noch kriegen, der ihr das angetan hat."
Er nickte ihr nochmals kurz zu und wandt sich dann von ihr ab, um weiter zu Chloe zu kommen. Doch er kam nur wenige Schritte, bevor er sich ein weiteres Mal umdrehte. "Und, wie geht es dir?"
 
Sandrine

Sie war froh, sich auf das Chloe-Thema konzentrieren zu können. Auch wenn ihr das schwer fiel. Aber so fiel es ihr doch leichter nicht von Josefs Bewegungen, seinem Blick und den Erinnerung an seinen Berührungen abgelenkt zu werden.
Sie nickte zustimmend, auch wenn sie nur die Hälfte mitbekommen hatte, „ Ich kümmer mich um sie. Sie wird mit ihren Lieblingsspeisen schnell wieder zu Kräften kommen. “

Er erzählte ihr von weiteren Fakten, die er gesammelt hatte und sie merkte wie wichtig ihm war, diese Sache zu klären. Man konnte Josef viel nachsagen, aber er kümmerte sich um Chloe. Und sie wusste, dass sie ihm wichtig war. Das war der einzige Punkt, bei dem sie sich zu 100% sicher war. Daher nickte sie nur beiläufig, „ Okay, gut. Sei trotzdem vorsichtig. “, sagte sie und bereute es schon während sie es sagte. Doch dafür war es zu spät.

Als er sich umdrehte durchlebte sie ein weiteres Wechselbad der Gefühle. Auf der einen Seite war sie für einen kurzen Moment froh und erleichtert und auf der anderen Seite spürte sie, dass sie auf gewisse Art und Weise traurig und enttäuscht war. Aber das hatte sie sich ja vielleicht auch selbst zuzuschreiben. Was redete sie von Unterhaltungsprogramm? Sie hätte einfach gehen sollen, nachdem sie auf seine Frage geantwortet hatte.
Doch gerade als sie dachte sie könnte sich in ihre Arbeit stürzen und diese Gedanken über diesen Mann, der sie verrückt machte, weiter verdrängen drehte er sich noch einmal zu ihr um. Der Blick mit dem er sie dabei bedachte, fuhr durch ihren ganzen Körper.

„Wie es mir geht? “ Sie spürte den Schauer, der über ihren Rücken lief und ihre so hart erkämpfte Fassade begann zu bröckeln. Im ersten Augenblick merkte sie wie die Wut wieder in ihr hochkroch. Wieso fragte er wie es ihr ging?! Was interessierte es ihn? Er hatte ihr nur allzu deutlich gemacht, dass er kein Interesse an ihr hatte beziehungsweise dass alles was sie in ihrer gemeinsamen Nacht und auch vorher zusammen erlebt hatten, ein großer Fehler gewesen war.
Und dennoch war da noch dieses andere Gefühl, das die Wut völlig in den Schatten stellte. Sie machte zwei Schritte auf ihn zu und hielt dann inne. Sie unterdrückte den Drang zu ihm zu gehen und sich an ihn zu schmiegen. Auch wenn sie an nichts anderes denken konnte.

„Ich vermisse dich.“
wollte sie sagen, aber konnte sich gerade noch zurückhalten, auch wenn das wohl genau das sagte, was ihr seit Tagen durch den Kopf ging.
„ Welche Antwort erwartest du jetzt von mir, Josef? “, fragte sie leise und sah ihn an, „ Ich bin momentan auch nicht die beste Unterhaltung, aber vielleicht aus anderen Gründen als bei dir. Ich weiß es nicht. “
Sie zuckte mit den Schultern und sah ihn an. Sie wollte nicht mehr streiten. Am liebsten wollte sie den Streit vor ein paar Tagen vergessen. Auch sie hatte einiges gesagt, das sie im Nachhinein bereute. Aber was sollte sie tun, wenn Josef das alles in Frage stellte?
„ Wie geht es dir? “, stellte sie ihm die Gegenfrage.
 
Josef

Es war fast ein normales Gespräch, als sich die beiden über Chloe unterhielten. Die Vertrautheit, die vor einer Woche noch so intensiv zu spüren war, war zwar vollkommen verschwunden, aber das Gespräch mit Sandrine tat Josef gut. Er hätte es wohl nie zugegeben, aber sie zu sehen und zu wissen, dass es ihr gut ging, bedeuteten him viel.
"Ich hatte nichts anderes erwartet." antwortete er auf Sandrines beteuern, dass sie sich um Chloe kümmern würde.

Als der Vampir Sandrine von seinem Vorhaben und den neuesten Informationen erzählte, war er fest davon überzeugt bald etwas erreichen zu können. Zwar sahen die Chancen nicht besonders gut aus, aber die neue Spur klang vielversprechend und aufgeben würde er sowieso nie.
Dass die junge Frau ihn bat auf sich aufzupassen, nahm er mit einem Schmunzeln entgegen. Sie wusste sehr wohl, dass er alleine zurecht kam und doch konnte sie nicht aufhören sich zu sorgen. In dieser Hinsicht erinnerte sie ihn stark an Mick.

Als er davon ging, um weiter zu Chloes Zimmer zu gelangen, war ihm klar, dass dieses Treffen mit Sandrine fürs erste das letzte gewesen war. Sie hatten sich eine Woche erfolgreich gemieden und es würde wahrscheinlich wieder so lange, wenn nicht länger, dauern, bis der Zufall es mal wieder geschehen ließ.
Dieser Gedanke hinderte ihn am Weiterlaufen und zwang ihn dazu nach Sandrines Befinden zu fragen. Regungslos stand der Vampir im Krankenhausflur und wartete auf Sandrines Reaktion.

Nachdem die junge Frau seine Frage wiederholt hatte, schien eine Ewigkeit des Schweigens zu folgen. Josef fragte sich, was nun geschehen würde. Er malte sich mehrere Zenarien aus. Würde sie ihn anschreien, weinen, völlig normal reagieen? Er konnte sie nicht lesen, er hatte keine Ahnung was in ihr vorging und dies machte ihn verrückt.
Als sie näher kam und er ihren Duft einsog, musste er schlucken. Es fehlte nicht viel und er würde über sie herfallen. Was löste dieses Mädchen nur in ihm aus?
Als Sandrine endlich sprach, verfolgte er ihre Worte, doch konnte sie nicht genau einordnen. Er nickte leicht und hielt die Unterhaltung somit für beendet.

Gerade wollte er sich wieder umdrehen, als auch Sandrine in fragte, wie es ihm ginge. Er lachte leise auf. "Es geht mit wunderbar, ich habe viel mit der Arbeit zu tun und an Beschäftigungen fehlt es nicht." sagte er, doch einen Sarkastischen Unterton, auch wenn er ihn verbergen wollte, war deutlich rauszuhören.
Auch er ging noch ein paar Schritte auf Sandrine zu und er war sich gar nicht bewusst, wie nahe sie sich waren, bis seine Hand sanft ihren Arm berührte.
Langsam und fast ferngesteuert, fanden seine Finger von dort den Weg in ihre Haare und er schaute ihr tief in die Augen. Er bewegte sich noch ein Stück auf sie zu und schloss die Augen. Es war als würde jeder Moment mit der jungen Frau vor seinem inneren Auge nochmals abgespielt.
"Sandrine, ich kann das nicht."
 
Sandrine

Sie vernahm den deutlich sarkastischen Unterton in seiner Stimme, aber wusste dennoch nicht wie sie diesen zu deuten hatte. Hieß das nun, dass es auch ihm ähnlich wie ihr ging? Dass er sich mit der Arbeit und anderen Dingen ablenken musste, um nicht an sie zu denken? Aber dass es auch ihm nur selten gelang und dass vor allem die Bilder ihrer letzten Nacht immer wieder in seinem Kopf herum schwirrten?
Was machte dieser Mann mit ihr? Sie erkannte sich nicht wieder und auch wenn es ihr gefiel, wie leicht und unbeschwert sie sich manchmal fühlte wenn sie mit ihm zusammen war, waren diese Situationen und Begegnungen unerträglich.

Sie hatte mit allem gerechnet, denn immerhin hatte er die ganze Zeit über Haltung bewahrt und darauf geachtet Abstand zu ihr zu halten. Ihm jetzt so nah gegenüber zu stehen und dann auch seine Berührungen zu spüren, war die reinste Folter. Hatte sie sich die letzten Tage doch so sehr bemüht diese Fassade aufzubauen und es sogar vor Chloe geschafft sich nichts anmerken zu lassen. Und genau das machte Josef mit diesem einen Treffen, diesen paar Worten zu Nichte.

Er sah sie an, fasste sie an und alles was sie tun konnte war einfach nur da zu stehen. Sie merkte, wie sie die Luft anhielt, als hätte das irgendwelche Auswirkungen auf diese Situation. Ihre Haut brannte unter seine Berührung und auch sie schloss die Augen, um -so hoffe sie- sich sammeln zu können.
„Was kannst du nicht?“ wollte sie fragen, doch aus ihrem Mund kam kein Wort heraus. Konnte er nicht mit ihr zusammen sein oder sie sehen. Oder, und das war wieder diese kleine Hoffnung in ihr, konnte er sich nicht von ihr fernhalten und irgendwo konnte er doch seine Gefühle, sofern er wirklich welche für sie hatte, zulassen.

Was meinte er? Und was sollte diese Annäherung falls er sie gleich doch wieder zurückstoßen würde? Sie verspürte den Drang sich aus seinen Berührungen zu lösen und am liebsten hätte sie ihm auf der Stelle eine verpasst. Doch abgesehen davon, dass dies wahrscheinlich schmerzhafter für sie als für ihn enden würde, bewegte sie sich kein Stück.

„ Du kannst wirklich froh sein, dass ich dir keine verpasse, denn mit diesem Gedanken spiele ich gerade tatsächlich. “, sagte sie dann schließlich ehrlich und sah ihn an, „ Josef, das geht so nicht. Das hier … Du kannst nicht sagen, dass du es versuchen willst, nach einem Streit sofort alles in Frage stellen und gehen, und dann bei einem Wiedersehen … “ Sie schluckte. Sie standen noch immer dicht bei einander und die ganze Zeit über unterdrückte sie den Drang die letzten Zentimeter zu überwinden und ihn einfach zu küssen. Es schien ihr eine Ewigkeit her zu sein, dass sie seine Lippen auf ihren gespürt hatte.

Es ging ihr nicht darum, ihn von sich zu stoßen, denn im Grunde war es doch genau das Gegenteil das sie wollte. Doch dieses hin und her brachte sie noch um den Verstand.
„ Ich weiß nicht, was das zwischen uns ist und wir waren uns auch einig, dass wir beide nicht wissen wohin das führt, aber das hier… Was willst du? “, schaffte sie es endlich ihn zu fragen.
 
Josef

Waren sie nicht in dieser Situation schon öfter gewesen? Diese unerträgliche Anziehung zwischen den beiden und dieser unüberhörbare Schrei der Vernunft, dass es total falsch ist.
Josef stand so dicht an Sandrine, dass er alles von ihr verstärkt wahr nahm. Ihren Herzschlag, ihre Atmung, ihren Duft. Sogar das Blut in ihren Ader hörte er fließen und alleine bei dem Gedanken an ihr Blut pochten seine Eckzähne mit Verlangen.

Erst als seine Finger sich in Sandrines sanften braunen Haaren vergruben, merkte er, was er gerade dabei war zu tun und in seinem Kopf explodierte ein Feuerwerk der Gedanken.
Einerseits konnte er sich in diesem Moment nichts besseres vorstellen, als Sandrine so nahe zu sein wie möglich, er wollte sie spüren, schmecken, erleben mit jeder Faser seines Körpers. Andererseits wusste er, dass es genauso enden würde wie das letzte Mal. Sie würden über eine Kleinigkeit in eine Diskussion gelangen, die Josef ein weiteres Mal klar machen würde, dass er nicht der Mann für die junge Frau war, den sie verdient hatte. Er würde sie und damit auch sich immer und immer wieder verletzten und das würde er mit der Zeit nicht ertragen.

Er konnte ihr nicht so nahe sein und genau das war es, was er in Worte fasste, auch wenn ihm klar war, dass Sandrine nicht verstehen konnte was er meinte.
Ihre Worte zwangen ihn die Augen zu öffnen. Eine Ohrfeige würde ihm gerade sicherlich gut tun, dachte er und ein Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit. Doch dieses verschwand wieder, als er ihr weiter zuhörte. Sie hatte recht, genau das war es was er machte und genau das würde er immer wieder machen. Langsam löste er sich wieder von ihr, seine Hand blieb kurz auf ihre Wange liegen, bevor er sie ganz zurück zog.

Eigentlich wäre es das beste gewesen hier den Schlussstrich zu ziehen. Sie würden sich beide wieder daran gewöhnen wie es vorher war und sie würden auch einen Weg finden miteinander irgendwie umzugehen, doch als er in Sandrines Augen sah und die Verletzbarkeit darin wahrnahm, konnte er nicht anders, als zu mindest zu versuchen sich zu erklären.
"Ich habe es dir schon einmal gesagt." sagte er sehr leise aber für sie sehr gut hörbar. "Sandrine, ich will dich. Mit jeder Faser meines Körpers." Seine Hände ballte sich ein weiteres Mal zu Fäusten, wenn er nur daran dachte.
"Aber es ist nicht nur das was ich will. Es ist mir selbst neu, aber ich will dich kennen lernen ich will alles von dir und ich war bereit dir alles von mir zu geben. Das ist nicht gut, das hast du selbst gemerkt. Dir alles von mir zu offenbaren bringt dich in irre Gefahren und dass du mir nicht alles von dir zeigen willst ist nur zu verständlich. Aber ich bin zu egoistisch, ich kann nicht anders und wir werden immer wieder am gleichen Punkt ändern. Sandrine, so gerne ich wollte, ich bin kein Kuscheltier, ich bin und bleibe das kalte Arschloch, dass du nun auch schon kennen gelernt hast."

So lange er redete gab er der jungen Frau keine Möglichkeit zu antworten. Würde er sich selbst verstehen, wäre diese Situation vielleicht einfacher.
"Es ist nicht die Frage was ich will. Denn ich will zu viel, ich wollte schon immer zu viel und war bereit dafür über Leichen zu gehen. Das ist hier nicht möglich, denn es geht nicht nur um mich."
 
Sandrine

Unter anderen Umständen hätte sie sein Grinsen noch wütender gemacht, doch gerade in diesem Augenblick war so sehr damit beschäftigt ihre Gefühle zu sortieren, dass sie kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Als er genau das auf ihre Frage antwortete, was dieser kleine Teil in ihr gehofft hatte zu hören, begann ihr Herz schneller zu schlagen. Wieder tauchten Bilder der Erinnerungen auf, an die sie sich noch allzu gut erinnerte. Immerhin waren diese Szenen erst wenige Tage her. Doch bevor sie etwas darauf erwidern konnte, begann er bereits weiter zu sprechen.

Sie hörte ihm zu, wobei ihr auch nichts anderes übrig blieb, da er ihr keine Gelegenheit gab zwischendurch etwas zu sagen. Und vielleicht lag es gerade daran, aber sie hatte zum ersten Mal das Gefühl das was er sagte zumindest zu einem gewissen Teil nachvollziehen zu können. Zum ersten Mal, aus welchem Grund auch immer, glaubte sie tatsächlich, dass er mit ihr zusammen sein wollte. Nicht, dass sie ihm nicht vertraute, aber sie hatte sich nicht vorstellen können, was ein Vampir, ein Mann wie er von einer Frau wie ihr wollte. Es war mehr zwischen ihnen als das reine sich gut verstehen, auf einer Wellenlänger sein und sich anziehend finden.

Sie schienen die Tatsache, den anderen beschützen zu wollen gemeinsam zu haben. Wobei Josef mit übernatürlichen Gefahren durchaus besser zu Recht kam als Sandrine. Dessen war sie sich schon bewusst. Und dennoch wollte sie ihn nicht mit in ihre Vergangenheit ziehen und ihm dadurch wohlmöglich einer Gefahr aussetzen. Und dennoch schien es beiden schwer zu fallen sich von dem anderen richtig zu lösen und waren in dieser Hinsicht dann egoistisch.

Am liebsten hätte sie ihm gesagt, dass er eben nicht dieses kalte Arschloch war. Nicht nur. Er hatte auch eine andere Seite und das wusste Sandrine jetzt. Wohlmöglich hatte er Angst diese durchaus menschliche Seite, die verletzbar war zu zeigen, aber sie war da. Auch wenn er über 400 Jahre als Vampir gelebt und dieses Leben genossen hatte.

Als er zu Ende geredet hatte schloss sie kurz die Augen und atmete tief ein. Sie würde ihm nicht genau das sagen, was sie eben gedacht hatte. Aber sie musste etwas dazu sagen. So war sie nun einmal. Und sie war ein Gefühls-Mensch, wohl das komplette Gegenteil von dem was Josef in den letzten Jahrhunderten gewesen war. Aber auf irgendeine Art und Weise schienen sie sich ja anzuziehen und sie konnte sich kaum vorstellen, ihn nicht mehr zu sehen. Oder was beinahe noch schlimmer war, ihn nur ab und an zufällig zu sehen und dann ein Gespräch wie das eben zu führen, obwohl sie beide an etwas komplett anderes dachten.

Sah ihn wieder an, „ Ich weiß nicht, was ich dem entgegen setzen kann. Ich wünschte ich könnte dir die passenden Gegenargumente für all deine Begründungen liefern, die du mir hier gerade auf dem Silbertablett serviert hast und sie dir an den Kopf werfen... “, sagte sie und zuckte mit den Schultern, „ Aber ich weiß, dass du Recht hast. Das hier, das ist gefährlich, für uns beide. Das Problem ist nur, dass mich das nicht kümmert. Die Alternative, die sich daraus ergeben würde, ist für mich keine Alternative. Ich habe mir die letzten Tage mit Arbeit eingedeckt, weil ich dachte, das würde mir dabei helfen. Und das hat es auch, zumindest habe ich versucht mir das einzureden. Vielleicht schaffst du es nicht egoistisch zu sein. Ich schaffe es nicht. “
Ohne es bewusst zu merken streckte sie ihre Hand aus, um nach seiner zu greifen, „ Ich habe keine Lösung für unser Problem, aber die letzte Woche hat mir klar gemacht, dass das keine Lösung ist. Keine, mit der ich leben und die ich einfach hinnehmen will. “

Ob sie sich damit zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte? Auch jetzt konnte Josef sie zurückstoßen. Sie wusste nicht mehr, was das Richtige war. Aber sie hatte beschlossen auf ihr Gefühl zu hören und zumindest ehrlich das auszusprechen, was sie dachte. Wobei ihr schleierhaft war, wie der Vampir darauf reagieren würde.
 
Josef

Der Vampir hatte keine Ahnung was er mit seiner Argumentation erreichen wollte. Er wollte Sandrine nicht wegstoßen, aber auch nicht für sich gwinnen. Er wollt wohl, dass sie verstand, in welcher Lage sie sich befanden. In einer ausweglosen. Egal was sie machen, glücklich würde keiner von beiden werden.
Die Worte der jungen Frau bestätigten dies nur all zu sehr. Sie würde nicht aufgeben, nicht so einfach wie er es gerne hätte. Einmal mehr verfluchte er sich, dass er sich überhaupt auf Sandrine eingelassen hatte, denn wäre er auf Abstand geblieben, hätte sie nie so ein Verlagen nach ihm, wie sie ihm gerade jetzt gestand.

Als Sandrine seine Hand berührte zuckte er leicht zusammen. Ihre weiche Haut fühlte sich so unglaublich gut an und doch war es im Moment nicht ihre Berührung über die er nachdenken wollte. Er musste so weit es gerade noch ginge einen klaren Kopf bewahren und zog auch deshalb seine Hand aus ihrer Reichweite.
Der Vampir schaute sich kurz um. Dies war nicht der Ort, an dem er diese Unterhaltung gerne geführt hätte. Doch wo sollte sie hin, wollte er doch auf keinen Fall nun mit Sandrine alleine sein.

Erst als die junge Frau ihn erwartungsvoll anblickte, merkte er, dass es nun wohl sein Zug war zu antworten. Er verstand ihre Argumentation, ging es ihm doch genauso. Doch auch die Alternative schien für ihn keine Lösung.
"Es gibt keine Lösung." antwortete er trocken und trat dann doch wieder einige Schritte an Sandrine heran, denn was er nun sagen würde war nur für ihre Ohren bestimmt.
"Wann immer ich dich sehe, muss ich mich zwingen dir nicht sofort die Kleider vom Leib zu reisen. Ich sehne mich so sehr nach dir, dass ich kaum einen klaren Gedanken fassen kann. Das hat noch keine Frau je mit mir gemacht."

Langsam trat er wieder ein paar Schritte zurück. "Verstehst du, dass dies nicht normal ist? Die Realität ist, dass wir nicht unser ganzes Leben im Bett verbringen können und es scheint mir als wäre das momentan das einzige was wirklich gut funktioniert hat."
Es hörte sich schrecklich an, wenn er es so sagte, aber eigentlich sprach er nur die Wahrheit. "Ich sage ja nicht das, dies was schlechtes ist." musste er dann allerdins doch grinsend anmerken, "Doch wenn das hier irgendwie weiter gehen soll, dann müssen wir es schaffen auch normal miteinander umgehen zu können. Ohne diese unerträgliche Spannung zwischen uns und ich habe keine Ahnung wie das gehen soll."

Josef merkte, dass sie schon furchtbar lange herum standen und erinnerte sich dann wieder an seinen Gedanken von vor wenigen Minuten. "Lass uns irgendwo einen Kaffee trinken gehen." meinte er schließlich, obwohl Kaffee wohl das letzte war, wo nach ihm gerade gelüstete.
"Vielleicht sollten wir es mal wie normale Menschen versuchen. Wir lernen uns erst ein bisschen besser kennen bevor wir in der Kiste landen, oder der eine von dem anderen Blut trinkt." fügte er mit eine Zwinkern hinzu. Weglaufen war keine Lösung, das hatte er mittlerweile erkannt. Einfach so tun, als gäbe es die Probleme nicht, war auch in die Hose gegangen. Also war wohl der nächste Weg die Konfrontation. Er würde sich extrem beherrschen müssen, um Sandrine nicht zu nahe zu kommen, war es doch oft das einzige an das er denken konnte, doch diese Frau war es ihm Wert einen erneuten Versuch zu wagen.
"Komm schon, starten wir bei Null."
 
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Sandrine

Sie wusste nicht mit welcher Reaktion seinerseits sie gerechnet hatte. Es hätte so oder so weitergehen können. Sie hatte sich auf eine Abfuhr eingestellt, als Josef seine Hand zurückzog. Was sie sich dabei gedacht hatte wusste sie selbst nicht. Sie hatte sich nichts dabei gedacht, denn wenn sie mit ihm zusammen war passierte vieles unbewusst, das war ihr nun klar.
Sie steckten in einer Sackgasse und wie Josef es soeben treffend bemerkte gab es keine Lösung. Sie hatten versucht sich aufeinander einzulassen und das hatte bis zu einem gewissen Punkt auch gut funktioniert. Sie hatten das Gegenteil versucht und waren, das zeigte dieses Gespräch nur allzu deutlich, gescheitert.
Sie konnten eben kaum ein normales Gespräch führen, was er ihr durch das, was er ihr soeben ins Ohr flüsterte bestätigte. Sie spürte das Blut in ihre Wangen steigen und selbst wenn sie etwas hätte darauf sagen können hätte sie vermutlich nicht gewusst was.

Zwischen den beiden war etwas, das die normale Anziehungskraft zwischen zwei Menschen, die sich erst kennengelernt hatten, überstieg.
„ Naja, nicht normal würde ich nicht direkt sagen… “, begann sie und musste sogar grinsen, „ … aber ich weiß, was du meinst, ja. “
Sicher konnten sie sich eben nicht ständig die Kleider vom Leib reißen und Tage im Bett verbringen. Dieses Verlangen war zwar nicht unbedingt unnormal, gerade wenn man jemand Neuen kennenlernte für den man sich interessierte, aber nahm es zwischen ihnen beiden Ausmaße an, die Sandrine bisher noch nicht erlebt hatte. Es schien, zumindest für die junge Frau, intensiver zu sein als alles was sie vorher erlebt und gefühlt hatte. Allein die Tatsache, dass sie noch heute an seine Berührungen zurück dachte und seine Lippen praktisch an ihrem Hals spüren konnte … Und genau das war es, was er meinte. Was hatte er eben gesagt? Sie musste sich irgendwie zusammen reißen und dazu passte sein Kommentar, dass sie irgendwie normal miteinander umgehen mussten.

Ihre erste Reaktion auf seinen Vorschlag, ließ sie die Stirn runzeln. Einen Kaffee trinken gehen? Doch seine weiteren Erklärungen ergaben Sinn. Nichts von dem, was sie bislang getan hatten, hatte funktioniert. Vielleicht mussten sie einfach den Reset-Knopf drücken und sich, wie normale Menschen, erst ein klein wenig besser kennenlernen.
Sie legte ihren Kopf schief und musterte ihn, „ Okay. Eine Alternative, die es wert ist sie auszuprobieren. “, nickte sie schließlich, wobei sie sich bewusst war, dass dies für sie vielleicht doch einfacher sein würde. Immerhin war sie nicht diejenige, die sich vom Blut anderer ernähren musste. Konnte man einen Kaffee da überhaupt genießen? Sandrine musste über ihre eignen Gedanken den Kopf schütteln und sah zu Josef, „ Bei Null, okay. Darauf kann ich mich einlassen. “, lächelte sie. Normalerweise würde sie ihm nun die Hand geben, um dieses Vorhaben zu besiegeln, doch unter diesen Umständen verzichtete sie darauf.

Gemeinsam machten sie sich schließlich auf den Weg in die Cafeteria um sich einen Kaffee zu holen. Erst jetzt merkte Sandrine wie erleichtert sie war von diesem Flur wegzukommen. Vielleicht hatten sie auch schon einige Blicke auf sich gezogen, sie wusste es nicht. Im Grunde war es ihr auch egal, aber sie spürte die Erleichterung sich endlich zu bewegen, vielleicht auch nach vorne zu bewegen. Das würde sich noch herausstellen.

Mit ihren Bechern Kaffee setzten sich die beiden an einen freien Tisch. Die Cafeteria war relativ gut besucht, aber nicht so voll, dass man sich nicht unterhalten konnte. Eigentlich genau richtig für ihr Vorhaben sich ungezwungen irgendwo anzunähern ohne sich nah zu kommen.
„ Also Josef … “, begann sie grinsend, „ … erzähl mir was über dich. Wo bist du geboren und aufgewachsen? “

Es war noch ein komisches und irgendwie auch ungewohntes Gefühl, aber es war eine gute Idee. Die Frage nach seiner Herkunft war vielleicht nicht die zündende Idee, aber wenn sie sich in Erinnerung rief, dass sie sich wie zwei normale Menschen verhalten wollten, war das doch einer der elementaren Fragen, die sie stellen würde. Sie war gespannt darauf mehr über Josef zu erfahren, aus der Zeit in der er aufgewachsen und noch ein Mensch gewesen war. Sicherlich könnten sie heute nicht alles übereinander erfahren, aber es war ein Anfang.
 
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