AW: Die Schule der Magie
Chris – Magieunterricht
Als Max sich als erstes meldete, lauschte er mit halbem Ohr ihren Worten. Denn irgendwie fand er es eben spannender, sich leise mit Natascha zu unterhalten und sie über die Neue auszufragen, mit welcher sie zuvor noch ein paar Worte gewechselt hatte, als Max zuzuhören. Als Max schliesslich geendet hatte und sich wieder auf ihren Platz gesetzt hatte, fragte Miss Kuskabe nach, wer denn gerne als nächstes einen kleinen Vortrag halten wolle. Eisige Stille bereitete sich im Klassenraum aus, da niemand wirklich heiss darauf war, aus dem Nichts heraus einen Vortrag bestreiten zu müssen. Chris konnte beinahe hören, wie Miss Kuskabe seufzte und dann den Blick über die Klasse gleiten liess, um sich ein Opfer auszusuchen. Als ihr Blick an ihm hängen blieb, senkte er schnell den Kopf, doch es half alles nichts. Sie rief ausgerechnet ihn dazu auf, seine Hausarbeit vorzustellen…
Er zögerte noch einen Augenblick, bis er schliesslich seufzend aufstand, seinen Aufsatz zur Hand nahm und nach vorne ging. Dort legte er die ziemlich lange Niederschrift auf den Tisch von Miss Kuskabe und überlegte, wie er beginnen sollte. Noch einmal nahm er den Aufsatz zur Hand und liess seinen Blick über die ersten Worte gleiten, welche er geschrieben hatte. Etwas, was eigentlich völlig unnötig war, denn er kannte die Person, über welche er geschrieben hatte, ziemlich gut und er wusste auch genau, was er aufgeschrieben hatte. Doch schliesslich legte er den Aufsatz wieder beiseite und blickte in die Klasse.
„Die Frau, über welche ich meine Arbeit geschrieben habe, starb am 6. August im Jahre 1969. An diesem Tag hinterliess sie nicht nur einen trauernden Ehemann, sondern auch ein kleines Mädchen. Das Mädchen, verlor an diesem Tag, mit gerade mal 6 Jahren seine Mutter…
Ich weiss, dass euch dieses Datum überhaupt nichts sagt. Und das braucht es auch nicht. Es hat nichts zu bedeuten, in der Geschichte, dieser Frau. Es ist einzig und allein der Tag, von ihrem viel zu frühen Tod.
Es gibt vieles, welches ich über diese Frau erzählen könnte, doch ich werde wohl kaum die Zeit haben, alles zu berichten. Und glaubt mir, ihr werdet mir das danken. Doch nun zum wichtigen Teil. Die Frau, über welche ich euch ein paar Worte erzählen möchte, hiess Elanora Merrique. Sie stammte aus einem ziemlich alten Hexergeschlecht, welches vielleicht nicht über die grössten magischen Fähigkeiten verfügte, dafür aber immer für das Gute eingetreten ist. Jeder einzelne Hexer aus ihrer Familie, hat versucht das Böse zu bekämpfen. Und schlussendlich haben sie alle es mit dem Leben bezahlt. Und so verlor auch Elanora schon ziemlich früh ihre Eltern, woraufhin sie dann hierher kam, um den richtigen Umgang mit der Magie zu erlernen. Sie war eine gute Schülerin, lernte ziemlich leicht, hatte jedoch auch immer eine Menge Unsinn im Kopf.
Kennt ihr den grossen Brandfleck in der Eingangshalle, welcher mit einem Bild zu verstecken versucht wird?“, fragend blickte er in die Runde und sah die meisten seiner Mitschüler nicken. „Der Brandfleck war ihr Werk. Weshalb es genau an jener Stelle zu einer Explosion gekommen ist, ist zwar nicht überliefert, doch offensichtlich ist eines von Elanoras zahlreichen verbotenen Experimenten schief gelaufen… Sie lag nach jenem Ereignis über eine Woche im Krankenflügel, was im Nachhinein eine ziemlich glückliche Fügung war. Denn genau an jenem Tag, an welchem sie den Krankenflügel hätte verlassen können, wurde die Schule angegriffen und von Magiern besetzt. Sie nahmen alle als Geiseln und vergassen einzig und allein den Krankenflügel, weil sie von diesem her keine Gefahr vermuteten. Doch womit sie nicht gerechnet hatten war, dass es dort ein Mädchen gab, welches bereits wieder voll und ganz gesund war.
Elanora verliess guten Mutes den Krankenflügel und wurde daraufhin Zeuge eines Gespräches, welches nicht für Ihre Ohren bestimmt war. Die Besetzter unterhielten sich über eine Elfe, welche wohl eines Tages eines der Elfenkönigreiche regieren sollte. Sie wollten diese Elfe als Geisel nehmen und ihren Vater erpressen. Weshalb, das bekam Elanora nicht mit, doch die Elfe, um welche es sich handelte, war eine gute Freundin von ihr und sie wusste, dass sie die Prinzessin nicht im Stich lassen durfte. Sie schaffte es, die Elfe zu finden, bevor die Magier es taten und brachte die Elfe in einer Höhle in Sicherheit, die sie einmal bei einem ihrer Streifzüge durchs Gelände entdeckt hatte, per Zufall, versteht sich. Drei lange Tage vergingen, in welchen sich die beiden nur von Wasser und essbaren Wurzeln ernähren konnten, weil sie nicht in die Schule zurückkehren konnten, ehe die Magier wieder abzogen, weil sie eingesehen hatten, dass sie nicht finden würden, wonach sie gesucht hatten.
Als die beiden zum Schloss zurückkehrten, waren alle krank vor Sorge um die beiden, aber auch überglücklich, dass keiner der beiden etwas passiert war. Denn wie sich herausstellte, hatten die Magier ein Druckmittel gesucht, um den König der Heimat der Elfenprinzessin zu zwingen, seine Krone niederzulegen und abzudanken. Wäre das geschehen, hätte es vielleicht das ganze Elfenreich in eine Katastrophe gestürzt.
Als Andenken an dieses Ereignis, liess man den Brandfleck schliesslich wo er war, denn ohne ihn, wäre Elanora nicht in der Lage gewesen, die Elfe zu verstecken“, schloss er schliesslich die kurze Geschichte und überlegte, was er noch dazu sagen sollte. „Ich weiss, dass es sich hierbei vielleicht nicht um eine grosse Heldentat handelt. Und ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob alle diese Angaben auch stimmen, da sie aus einem autobiografischen Buch stammen. Doch diese Frau bedeutet mir ziemlich viel und ich bedauere, dass ich sie nicht kennen lernen durfte“, schloss er dann und ging an seinen Platz zurück. Weshalb sie ihm etwas bedeutete, verschwieg er. Das sollte sein Geheimnis bleiben. Doch vielleicht würde er zumindest Natascha irgendwann einmal mehr davon erzählen, was er über seine Grossmutter herausgefunden hatte.